Die Socialist Equality Party (USA) hat vom 3. bis 9. August 2008 ihren Gründungskongress abgehalten. Wir veröffentlichen hier die Grundsatzerklärung, die vom Kongress einstimmig verabschiedet wurde.
Die internationalen Aufgaben der Socialist Equality Party
1. Die Socialist Equality Party (SEP) erklärt sich politisch solidarisch mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale, der 1938 von Leo Trotzki gegründeten Weltpartei der sozialistischen Revolution, und achtet seine politische Autorität. Die Grundsätze der SEP beinhalten die wesentlichen Erfahrungen aus den revolutionären Umwälzungen des 20. Jahrhunderts und dem damit verbundenen Kampf der Marxisten für das Programm der sozialistischen Weltrevolution. Die sozialistische Revolution bedeutet das machtvolle Eingreifen der Massen in den bewussten politischen Kampf und hat die größte und fortschrittlichste gesellschaftliche Umgestaltung in der Menschheitsgeschichte zum Ziel - die Beseitigung der Klassengesellschaft und damit der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Eine derart gewaltige Transformation nimmt eine gesamte historische Epoche in Anspruch. Die Prinzipien der SEP sind aus den Erfahrungen dieser Epoche abgeleitet und verweisen notwendigerweise auf sie. Diese Epoche begann mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914, auf den schon bald die Eroberung der Macht durch die russische Arbeiterklasse in der Oktoberrevolution von 1917 folgte.
2. Die Vierte Internationale, nach der sich die SEP ausrichtet, entstand durch einen unerbittlichen Kampf der marxistischen Internationalisten, angeführt von Leo Trotzki, gegen die bürokratische Degeneration der Sowjetunion und gegen den Verrat der sozialistischen Weltrevolution durch das diktatorische Regime Josef Stalins und seiner Helfershelfer. Dieser Verrat, der schließlich zur Auflösung der UdSSR im Jahre 1991 führte, wurzelte politisch darin, dass das stalinistische Regime den Internationalismus durch Nationalismus ersetzte.
3. Die sozialistische Revolution ist international ausgerichtet. Trotzki schrieb: "Die sozialistische Revolution beginnt auf nationalem Boden, entwickelt sich international und wird vollendet in der Weltarena. Folglich wird die sozialistische Revolution in einem neuen, breiteren Sinne des Wortes zu einer permanenten Revolution: Sie findet ihren Abschluss nicht vor dem endgültigen Siege der neuen Gesellschaft auf unserem ganzen Planeten." Dieses grundlegende Prinzip der Vierten Internationale, von dem Programm und die politische Identität der SEP in erster Linie geprägt sind, wurde im Kampf gegen die stalinistische "Theorie" des "Sozialismus in einem Land" herausgearbeitet. Die Strategie der Arbeiterklasse, in den USA wie in allen anderen Ländern, muss von einer Analyse der Weltlage ausgehen. Die Ära nationaler Programme kam mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges an ihr Ende. Beinahe einhundert Jahre später, nach einem enormen Wachstum der Weltwirtschaft und ihrer globalen Integration, wird das Leben der Nationalstaaten vor allem von der Weltwirtschaft und inter-imperialistischen wie inter-kapitalistischen Rivalitäten beherrscht. Daher gilt, wie Trotzki erklärte, "die nationale Orientierung des Proletariats muss und kann nur aus der internationalen Orientierung hervorgehen und nicht umgekehrt".
4. Ob revolutionäre Kämpfe der Arbeiterklasse zuerst in fortgeschrittenen oder weniger entwickelten kapitalistischen Ländern ausbrechen, in Nord- oder Südamerika, Europa, Afrika, Asien oder Australien, ein solches gesellschaftliches Großereignis wird unvermeidliche globale Dimensionen annehmen. Die sozialistische Revolution wird und kann nicht im nationalen Rahmen vollendet werden, sondern nur auf Weltebene, wie es Trotzki in seiner Theorie der Permanenten Revolution vorhersah.
5. Das Programm der Socialist Equality Party drückt die Interessen der Arbeiterklasse aus, die auf Weltebene die führende und entscheidende revolutionäre Kraft in der modernen kapitalistischen Gesellschaft ist. Die zentrale Aufgabe der SEP besteht darin, die amerikanischen Arbeiter für das Programm des internationalen Sozialismus zu gewinnen. Die SEP will auf Basis dieses Programms die Arbeiterklasse zur Eroberung der politischen Macht und Errichtung eines Arbeiterstaates in den Vereinigten Staaten vereinen und mobilisieren. Dadurch sollen die objektiven Voraussetzungen für die Entwicklung einer wirklich demokratischen, egalitären und sozialistischen Gesellschaft geschaffen werden. Diese Ziele sind nur im Rahmen einer internationalen Strategie zu verwirklichen, die letztlich die weltweite Vereinigung der Arbeiter aller Länder und die Schaffung der Vereinigten Sozialistischen Staaten der Welt anstrebt.
Die Krise des Kapitalismus
6. Der Kapitalismus und das imperialistische System, das auf seinen ökonomischen Grundlagen entsteht, sind die Hauptursache für Armut, Ausbeutung, Gewalt und Leid in der modernen Welt. Als System sozioökonomischer Organisation hat der Kapitalismus seine historisch progressive Rolle längst ausgespielt. Die blutige Geschichte des 20. Jahrhunderts - zwei Weltkriege, unzählige "lokale" Konflikte, der Albtraum der Nazi-Herrschaft und andere Formen von Polizei- und Militärdiktaturen, Völkermorde und ethnisch-religiös motivierte Pogrome - ist eine vernichtende Anklage gegen das kapitalistische System. Die Opferzahl der vom Kapitalismus verursachten Gewalt geht in die Hunderte von Millionen. Nicht mitgezählt ist dabei noch die Bevölkerung ganzer Kontinente, die nicht endender Armut ausgesetzt ist, mit allem damit einhergehenden Leid.
7. Dank des gigantischen Ausmaßes der heutigen Produktivkräfte und der außergewöhnlichen technischen Fortschritte kann nicht nur die Armut besiegt, sondern auch jedem Menschen auf dieser Welt ein hoher Lebensstandard ermöglicht werden. Nie da gewesener Reichtum sollte eigentlich das kulturelle Leben blühen lassen. Stattdessen aber verschlechtern sich die Lebensbedingungen für die Arbeiterklasse, und die menschliche Kultur, ohne Perspektive und Hoffnung auf die Zukunft, befindet sich in einer tiefen Krise. Dieser Widerspruch zwischen dem, was ist, und dem, was sein sollte, entspringt einem weltweiten Wirtschaftssystem, das sich auf das Privateigentum an Produktionsmitteln und die irrationale Aufteilung der Welt in konkurrierende Nationalstaaten stützt.
8. Alle Bestrebungen, den Lebensstandard der Arbeiterklasse zu erhöhen und drängende soziale Probleme anzupacken, geraten in Konflikt mit dem Privateigentum an Produktionsmitteln, der Anarchie des kapitalistischen Marktes, den ökonomischen Erfordernissen des Profitsystems und nicht zuletzt der unstillbaren Habgier und Geldbesessenheit der herrschenden Klasse selbst. Die Behauptung, der kapitalistische Markt sorge für die optimale Verteilung der Ressourcen und entscheide mit weiser Autorität, was die Bedürfnisse der Gesellschaft sind, ist durch die nicht endenden Spekulationsskandale und milliardenschweren Insolvenzen, die das Weltwirtschaftssystem in den letzten zehn Jahren erschüttert haben, völlig unglaubwürdig geworden. Die Grenze zwischen rechtlich "einwandfreien" Finanztransaktionen und kriminellem Gebaren ist beinahe bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Dass die Anhäufung persönlichen Reichtums völlig losgelöst von der Produktion und der Schaffung realer Werte verläuft, bringt die allgemeine Fäulnis des kapitalistischen Systems zum Ausdruck.
9. Der unüberbrückbare Konflikt zwischen dem Profitsystem und dem Überleben der Menschheit selbst findet seinen unmittelbarsten Ausdruck in der Umweltkrise und der Erderwärmung. Ursache dieser Krise ist nicht, wie von den bürgerlichen Medien fälschlich behauptet, das Bevölkerungswachstum. Sie entspringt ebenfalls nicht Wissenschaft und Technik, deren Entwicklung für den Fortschritt der menschlichen Zivilisation entscheidend ist, sondern vielmehr deren Missbrauch durch eine irrationale und überholte Wirtschaftsordnung. Die Unmöglichkeit, im Rahmen des Profitsystems eine echte Lösung für das immer ernstere Problem des Klimawandels und anderer Umweltprobleme zu finden, ist eine "unbequeme Wahrheit", die selbst solche bürgerlichen Politiker nicht eingestehen, die den Umweltschutz zur wichtigen Aufgabe erklären. Nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen kann nur eine sozialistische Umgestaltung der Weltwirtschaft den Treibhausgasausstoß derart reduzieren, dass eine Katastrophe abzuwenden ist. Nur so kann verhindert werden, dass die Umwelt des Planeten dem Profitstreben oder zerstörerischen nationalen Interessen unterworfen bleibt.
10. Die fortschreitende Wirtschaftskrise und die immer schlechtere soziale Stellung der Arbeiterklasse lassen sich nicht durch eine Reform des Kapitalismus beheben, da dieser nicht reformierbar ist. Die Krise hat systemischen und historischen Charakter. Wie der Feudalismus dem Kapitalismus so muss der Kapitalismus dem Sozialismus weichen. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln, an natürlichen Ressourcen, an den großen Unternehmen und Finanzinstitutionen ist abzuschaffen. Die entscheidenden industriellen, finanziellen, technologischen und natürlichen Ressourcen müssen der Kontrolle des kapitalistischen Marktes und des Privateigentums entrissen werden, in gesellschaftlichen Besitz übergehen und der demokratischen Aufsicht und Kontrolle der Arbeiterklasse unterstellt werden. Die Organisation des Wirtschaftslebens auf der Grundlage des kapitalistischen Wertgesetzes ist durch eine sozialistische Neuorganisation auf der Basis demokratischer Wirtschaftsplanung zu ersetzen, deren Zweck die Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse ist.
Imperialismus und Krieg
11. Während das Wirtschaftssystem weltweit operiert und Industrie wie Finanzwesen von transnationalen Konzernen geleitet werden, bleibt der Kapitalismus weiterhin im Nationalstaatensystem verankert. Letztlich dient der Nationalstaat der herrschenden Klasse jedes Landes als Operationsbasis, um ihre Interessen in der Weltarena zu verfolgen. Der unbezähmbare Drang der wichtigsten imperialistischen Staaten - an erster Stelle hier natürlich die Vereinigten Staaten - weltpolitische Vorherrschaft auszuüben, Einflusssphären und Märkte zu sichern, unverzichtbare Ressourcen zu kontrollieren und über billige Arbeitskräfte zu verfügen, führt unausweichlich zum Krieg. Die von Bush im Jahre 2002 verkündete "Präventivkrieg"-Doktrin erklärt - in Verletzung völkerrechtlicher Grundsätze, die im Zuge der Nürnberger Prozesse 1946 verbindlich festgelegt wurden - den Krieg als Instrument der Politik für rechtens und bereitet den Boden für endlose und eskalierende Gewalt.
12. Die Socialist Equality Party verurteilt den "Krieg gegen den Terror" unmissverständlich als betrügerischen Vorwand höchster Wirtschafts- und Finanzkreise in den Vereinigten Staaten für den Einsatz militärischer Gewalt, um ihre globalen Ambitionen zu verfolgen. Amerikanische Staats- und die Medienvertreter vergessen die revolutionären Ursprünge der Vereinigten Staaten im Kampf gegen koloniale Tyrannei und bezeichnen alle, die gegen die Besetzung ihres Landes durch ausländische Armeen Widerstand leisten, als "Terroristen". Die SEP verurteilt diese Verleumdungen im imperialistischen Interesse und verteidigt das Grundrecht der Bevölkerung, sich selbst, ihre Heimat und ihr Land gegen neokoloniale Invasoren zu verteidigen. Dieser prinzipielle Standpunkt mindert nicht unsere Ablehnung von Gewalttaten gegen unschuldige Zivilisten, sowohl in den besetzten Ländern als auch in anderen Teilen der Welt. Derartige Gewalt, die mit Recht als terroristisch bezeichnet wird, ist politisch reaktionär. Der Mord an unschuldigen Zivilisten empört die Öffentlichkeit, desorientiert und verwirrt sie. Dieser Terrorismus vertieft ethnisch-religiöse Spannungen in den besetzten Ländern. Auf internationaler Ebene untergräbt er den Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse und spielt den Elementen des US-Establishments in die Hände, die mit derartigen Ereignissen ihren Einsatz kriegerischer Mittel rechtfertigen wollen.
13. Die SEP fordert den sofortigen Rückzug aller amerikanischen Truppen aus dem Irak und Afghanistan. Ebenso müssen die Kriegsdrohungen gegen den Iran und andere Länder enden, die aus dem einen oder anderen Grund vom Weißen Haus und Pentagon als Hindernisse für die globalen Interessen des US-Imperialismus angesehen werden. Die SEP ruft zu Massenprotesten gegen den US-Militarismus und seine Kriegspläne auf und unterstützt sie. Da aber die Kriegsursachen in der wirtschaftlichen Gesellschaftsstruktur und der politischen Spaltung in Nationalstaaten liegen, kann der Kampf gegen imperialistischen Militarismus und Krieg nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Arbeiterklasse auf der Grundlage einer internationalen revolutionären Strategie und dem entsprechenden Programm zu mobilisieren.
Kapitalistischer Staat und Demokratie
14. Entscheidende Bedingungen für die Einführung sozialistischer Politik sind die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse und die Errichtung eines Arbeiterstaates. Während die Arbeiterklasse im Kampf um die Macht sich aller zur Verfügung stehenden demokratischen und gesetzlich verbrieften Rechte bedienen muss, zeigt die große historische Erfahrung doch, dass sie die sozialistische Neugestaltung der Gesellschaft nicht im Rahmen der existierenden Einrichtungen der bürgerlichen Demokratie und des kapitalistischen Staates verwirklichen kann. Die klassische Definition des Staates als Instrument der Klassenherrschaft, der "nicht bloß aus bewaffneten Menschen, sondern auch aus sachlichen Anhängseln, Gefängnissen und Zwangsanstalten aller Art" (Engels) besteht, ist heute noch zutreffender als vor hundert Jahren. Der Staat steht nicht, wie es Reformisten immer wieder beteuern, als neutraler Schiedsrichter über den sozialen Konflikten. Schon seine bloße Existenz beweist, dass die Gesellschaft in einander unversöhnlich gegenüberstehende Klassen gespalten ist. Der bürgerliche Staat ist ein Instrument, das die politische Herrschaft der kapitalistischen Klasse aufrechterhält. Auch gesetzlich behält sich die Bourgeoisie das Recht vor, von der Verfassung garantierte Rechte und Verfahren über Bord zu werfen, wenn diese eine "deutliche und unmittelbare Gefahr" (so die Worte des Richters am Obersten US-Gericht Oliver Wendell Holmes) für ihre grundlegenden Klasseninteressen darstellen.
15. Der amerikanische Staat legitimiert seine Herrschaft innerhalb der Vereinigten Staaten und sein gewaltsames Eingreifen überall auf der Welt, indem er sich als Vertreter und Verteidiger der Demokratie ausgibt. Dabei bedient er sich Unterdrückungsmechanismen von unvorstellbaren Ausmaßen: Das US-Gefängnissystem, in dem mehr als 2 Millionen Menschen hinter Gittern sitzen, ist das größte der Welt. Die Vereinigten Staaten verfügen über massive und schwer bewaffnete Polizeikräfte und dazu ein Justizsystem, das jährlich mehr als 14 Millionen Haftstrafen verhängt und die Todesstrafe aussprechen kann, sowie eine ungeheuer mächtige und üppig ausgestattete Militärmacht, der militaristische und antidemokratische Auffassungen eingeimpft sind. Darüber hinaus besitzt der amerikanische Staat einen gewaltigen Apparat für "nationale Sicherheit", dem außerordentlich weitgehende Befugnisse zur Ausspähung privater Angelegenheiten der Bevölkerung verliehen wurden. All diese Institutionen sind der wirksamen Kontrolle durch die amerikanische Bevölkerung entzogen. Folter wurde zur staatlichen Politik, die Habeas-Corpus-Rechte zum Schutz der persönlichen Freiheit wurden drastisch beschnitten und der Staat betreibt neben den öffentlichen Gefängnissen innerhalb der Vereinigten Staaten noch ein internationales Gulag-System von Geheimgefängnissen, in dem er ungenannte Menschen als "feindliche Kämpfer" verschwinden lässt.
16. Demokratische Rechte aus einer früheren historischen Epoche sind inzwischen stark eingeschränkt. Lincolns demokratische Vision einer "Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk" ist schon lange heruntergekommen zu einer Herrschaft der Reichen durch die Reichen und für die Reichen. Das Recht zu wählen bedeutet wenig, wenn der politische Prozess von einem institutionalisierten Zweiparteiensystem bestimmt wird, das die Monopolisierung der Wahlkämpfe durch die beiden vom Großkapital unterstützten Parteien garantiert. Das gegenwärtige Wahlsystem schließt eine wirksame Teilnahme von Parteien aus, die in Opposition zu Demokraten und Republikanern stehen. Die Gesetze, die die Wahlteilnahme regeln, sind so abgefasst, dass sie eine Infragestellung dieser Zweiparteiendiktatur verhindern. Auch die Pressefreiheit bedeutet wenig, wenn die wichtigsten Medien von mächtigen Wirtschaftsinteressen kontrolliert werden. Darüber hinaus gibt es viele Anzeichen, dass das Internet, das die Verbreitung alternativer Meinungen zulässt, immer strengerer Regulierung unterworfen wird.
Der Kampf für Arbeitermacht
17. Die Verteidigung demokratischer Rechte ist untrennbar verbunden mit dem Kampf für Sozialismus. Genauso wie es keinen Sozialismus ohne Demokratie geben kann, wird es auch keine Demokratie ohne Sozialismus geben. Politische Gleichheit ist unmöglich ohne wirtschaftliche Gleichheit. Ebenso wie der Kampf gegen Krieg erfordert der Kampf zur Verteidigung und Verbreitung demokratischer Rechte die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms zur Eroberung der Macht.
18. Die Errichtung der Arbeitermacht erfordert weit mehr als die Wahl sozialistischer Kandidaten in die vorhandenen Institutionen des bürgerlichen Staates. Neue Formen und Strukturen wirklicher demokratischer Teilhabe - die im Verlauf revolutionärer Massenkämpfe entstehen und die Mehrheit der Arbeiterklasse repräsentieren - müssen sich herausbilden, um die Grundlage für eine Arbeiterregierung zu schaffen, d.h. eine Regierung der Arbeiter durch die Arbeiter und für die Arbeiter. Die Politik einer derartigen Regierung, die Maßnahmen zur sozialistischen Umgestaltung des Wirtschaftslebens einführt, wird darauf ausgerichtet sein, die demokratische Partizipation der Arbeiterklasse und ihre Kontrolle über die Entscheidungsprozesse zu fördern und aktiv voranzubringen. Sie wird für die Abschaffung von derzeit vorhandenen Institutionen eintreten, die entweder demokratische Prozesse beschränken oder als Zentren der Verschwörung gegen das Volk dienen (wie die Machtfülle des Präsidenten, das stehende Heer und der nationale Sicherheitsapparat). Diese und andere notwendige Veränderungen zutiefst demokratischer Natur, die von der Bevölkerungsmasse getragen werden, sind nur möglich im Zusammenhang mit der Massenmobilisierung einer Arbeiterklasse, die von sozialistischem Bewusstsein erfüllt ist.
Die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse
19. Der Kampf um die Macht erfordert unbedingt die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse von den Parteien, politischen Repräsentanten und Erfüllungsgehilfen der Kapitalistenklasse. Die Arbeiterklasse kann nicht an die Macht gelangen oder gar ein sozialistisches Programm verwirklichen, wenn ihre Hände durch unvorteilhafte Kompromisse mit den politischen Vertretern anderer Klasseninteressen gebunden sind. Dies bedeutet vor allem eine strikte Zurückweisung des alten und falschen Mythos, die Demokratische Partei sei im Vergleich zur Republikanischen Partei das "kleinere Übel". Die Unterordnung der Arbeiterklasse unter diese reaktionäre kapitalistische Partei - die ursprünglich die Sklavenhalter in der Zeit vor dem Bürgerkrieg repräsentierte - war historisch immer die Achillesferse der Arbeiterbewegung der Vereinigten Staaten. Trotz einer Tradition gewaltsamer Klassenkonflikte und gewerkschaftlicher Militanz hat die Abhängigkeit der Arbeiterbewegung von der Demokratischen Partei, die von der Gewerkschaftsbürokratie, den Stalinisten der Kommunistischen Partei und zahllosen kleinbürgerlichen politischen Tendenzen unterstützt wurde, auf wirksame Weise verhindert, dass sich eine unabhängige und politisch klassenbewusste Bewegung der Arbeiterklasse herausbilden konnte, die für ihr eigenes Programm unter ihrer eigenen Fahne kämpft. Zu den wichtigsten politischen Aufgaben der Socialist Equality Party gehört es, für einen entschiedenen und unwiderruflichen Bruch der Arbeiterklasse mit der Demokratischen Partei und dem gesamten Zweiparteiensystem einzutreten und ihn voranzutreiben.
20. Die Opposition der SEP zur Demokratischen und Republikanischen Partei ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Unterstützung für irgendeine andere politische Opposition, die gegen die beiden etablierten Parteien auftritt, unabhängig von ihrem Programm. In den USA gibt es eine lange Geschichte von dritten "Protestparteien", die an die allgemeine Unzufriedenheit mit dem Zweiparteiensystem appellieren, ohne ausgehend von den Interessen der Arbeiterklasse eine wirkliche politische und programmatische Alternative zu den Demokraten und Republikanern anzubieten. In jüngster Zeit lieferte die Bewegung der Reformpartei von Ross Perot, die beträchtliche Unterstützung gewann, ein Beispiel dafür, wie die Unzufriedenheit der Massen durch die Bourgeoisie manipuliert und politisch wirkungslos gemacht werden kann, vorausgesetzt ausreichende finanzielle Ressourcen und Medienunterstützung stehen zur Verfügung. Was die Grüne Partei angeht, die an etlichen Wahlen auf nationaler, bundesstaatlicher und kommunaler Ebene teilgenommen hat, so handelt es sich um eine Organisation, die für Teile der Mittelschichten spricht und beschränkte Reformen vor allem im Umweltbereich befürwortet. Viele ihrer politischen Funktionäre stehen der Demokratischen Partei nahe. Darüber hinaus haben Grüne Politiker in anderen Ländern in bürgerlichen Regierungen mitgearbeitet und dem kapitalistischen Staat wertvolle Dienste erwiesen.
21. Wenn die SEP politische Organisationen einschätzt, dann ist das entscheidende Kriterium nicht deren Haltung zu dieser oder jener Einzelfrage, sondern vielmehr ihre Geschichte, ihr Programm, ihre Perspektive sowie ihre Klassengrundlage und -orientierung. Die Geschichte bietet unzählige Beispiele dafür, wie die Arbeiterklasse in politische Sackgassen geführt wurde durch Bündnisse, die von den Arbeitern im Interesse kurzlebiger Erfolge an der Wahlurne forderten, ihre wichtigsten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen aufzugeben. Die "Volksfrontbündnisse", von den Stalinisten und sozialdemokratischen Parteien in den 1930er Jahren geschlossen, liefern die tragischsten Beispiele für die Folgen solcher Politik. Um breite Mehrklassen- und deshalb schwache Koalitionen zu schmieden, die von unvereinbaren sozialen Interessen gekennzeichnet waren, wurden die historischen und langfristigen Interessen der Arbeiterklasse kurzsichtig und verräterisch geopfert.
Gegen Opportunismus
22. Die Socialist Equality Party betrachtet alle politischen Fragen und Entscheidungen zur angemessenen Taktik ausgehend von den grundlegenden Interessen der Arbeiterklasse. Sie stützt sich dabei auf ein wissenschaftliches Verständnis der Gesetzmäßigkeit im kapitalistischen System und der politischen Dynamik der Klassengesellschaft sowie auf eine systematische Aneignung der Lehren aus der Geschichte. Mit dieser Herangehensweise bezieht die SEP unversöhnlich Stellung gegen opportunistische Politik, die im Interesse kurzfristiger taktische Gewinne die langfristigen Interessen der Arbeiterklasse opfert. Immer wieder verteidigen Opportunisten ihren Verrat von Prinzipien mit der Behauptung, nicht nach "unflexiblen" Dogmen sondern als realistische Politiker zu handeln und ihre Praxis den Erfordernissen der jeweiligen Situation anzupassen. Eine derartige "realistische" Politik hat regelmäßig zu Katastrophen geführt - gerade weil sie sich auf oberflächliche, unreflektierte, unmarxistische und infolgedessen unrealistische und falsche Einschätzungen der objektiven Bedingungen und der Dynamik des Klassenkampfs gründet.
23. Aber Opportunismus ist nicht in erster Linie ein Ergebnis intellektueller und theoretischer Irrtümer. Er hat sozioökonomische Wurzeln in der kapitalistischen Gesellschaft und entwickelt sich innerhalb der Arbeiterbewegung durch den Druck feindlicher Klassenkräfte. Alle bedeutenden Ausprägungen des Opportunismus - anfangen bei dem Bernsteins, der sich in der deutschen Sozialdemokratie gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte, und dem Stalins, der in den 1920er Jahren innerhalb der bolschewistischen Partei entstand, bis hin zu dem Pablos und Mandels, der sich Anfang der 1950er Jahre in der Vierten Internationale ausbreitete, und schließlich dem der britischen Workers Revolutionary Party, der Mitte der 1980er Jahre zum Bruch mit dem IKVI führte - lassen sich auf den Einfluss bürgerlicher und kleinbürgerlicher Kräfte auf die Arbeiterklasse zurückführen. Dies sind die tiefere Ursache und die Bedeutung des Revisionismus und der opportunistischen Politik. Die Auseinandersetzung mit derartigen Strömungen ist keine Ablenkung vom Aufbau der Partei sondern vielmehr die entscheidende Ebene, um für den Marxismus in der Arbeiterklasse zu kämpfen.
Sozialistisches Bewusstsein und die Krise der Führung
24. Die Socialist Equality Party verteidigt gemeinsam mit dem IKVI die klassische marxistische Auffassung, dass revolutionäres sozialistisches Bewusstsein in der Arbeiterklasse nicht spontan entsteht. Diese Konzeption wurde von Lenin während des Aufbaus der Bolschewistischen Partei systematisch ausgearbeitet und von Trotzki fortgeführt, als er für Gründung und Aufbau der Vierten Internationale eintrat. Sozialistisches Bewusstsein erfordert wissenschaftliche Erkenntnis bezüglich der Gesetze der historischen Entwicklung und der kapitalistischen Produktionsweise. Dieses Wissen und Verständnis muss in die Arbeiterklasse hineingetragen werden, und das ist die entscheidende Aufgabe der marxistischen Bewegung. Genau dies meinte Lenin, als er in Was tun? betonte: "Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben." Ohne die Anstrengungen der revolutionären Partei, die marxistische Theorie in der Arbeiterbewegung zu verbreiten, würde die vorherrschende Form des Bewusstseins der Arbeiterklasse auf dem Niveau des Gewerkschaftertums verharren, was Lenin als "bürgerliches Bewusstsein" der Arbeiterklasse bezeichnete. Die Verunglimpfung des Kampfs für revolutionäres Bewusstsein, die gemeinhin mit demagogischen Angriffen auf intellektuelles und marxistisches "Elitedenken" verbunden ist, gehört zum Standardrepertoire reaktionärer Akademiker und politischer Opportunisten.
25. Der Sieg des Sozialismus - und damit auch das Überleben und die fortschrittliche Weiterentwicklung der menschlichen Zivilisation - erfordert den Aufbau der Vierten Internationale auf Grundlage marxistischer Theorie als Weltpartei der sozialistischen Revolution. Der Sozialismus wird nicht verwirklicht als unvermeidliches Ergebnis eines unbewussten historischen Prozesses. Die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts ist ein Beweis gegen diese fatalistische "Unvermeidbarkeit", die eine Karikatur der deterministischen Elemente im historischen Materialismus ist und nichts gemein hat mit der dynamischen Interaktion von Erkenntnis, Theorie und Praxis, wie sie im Werk von Marx, Engels, Lenin und Trotzki beispielhaft zu sehen ist. Der Kapitalismus überlebte das 20. Jahrhundert nicht, weil die objektiven Bedingungen für Sozialismus nicht reif genug waren, sondern weil die Führung der Arbeitermassenparteien für die sozialistische Revolution nicht "ausreichend" war. Die Arbeiterklasse ging immer wieder in heldenhafte Kämpfe. Aber diese Kämpfe wurden von den Stalinisten und Sozialdemokraten, Zentristen und reformistischen Organisationen in die Irre geführt und endeten in Niederlagen.
26. Der Kapitalismus existiert heute, weil die Arbeiterklasse von ihren eigenen Organisationen verraten wurde - von den politischen Massenparteien und den Gewerkschaften. "Die politische Weltlage als Ganzes ist vor allem durch eine historische Krise der proletarischen Führung gekennzeichnet." Diese Worte, die Trotzki an den Anfang des Gründungsprogramms der Vierten Internationale setzte, bleiben höchst relevant zur Beschreibung der gegenwärtigen politischen Realität. Es gibt heute nicht eine Massenorganisation auf der Welt, die sich als Gegner der bestehenden kapitalistischen Weltordnung versteht, geschweige denn die Arbeiterklasse zum revolutionären Kampf vereint. Dies hat eine surreale Situation entstehen lassen, in der Wut und Unzufriedenheit der Arbeiterklasse von den alten, politisch verkalkten Organisationen unterdrückt werden. Aber wie Trotzki ebenfalls im Gründungsdokument der Vierten internationale, dem Übergangsprogramm, schrieb: "Die Orientierung der Massen ist einerseits von den objektiven Bedingungen des faulenden Kapitalismus, andererseits durch die verräterische Politik der alten Arbeiterorganisationen bestimmt. Entscheidend ist von diesen beiden Faktoren natürlich der erste: Die Gesetze der Geschichte sind stärker als die bürokratischen Apparate."
Marxistische Theorie und die Arbeiterklasse
27. Die Widersprüche des kapitalistischen Systems werden die Arbeiterklasse in Kämpfe treiben, die eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft auf die Tagesordnung setzen. Diese Kämpfe werden einen ausdrücklich internationalen Charakter annehmen, da sie objektiv auf dem hoch entwickelten Niveau einer globalen Integration der Produktivkräfte stattfinden. Daher besteht die große strategische Aufgabe der modernen Epoche darin, die politische Einheit der Arbeiter aller Länder als entscheidende revolutionäre Kraft herzustellen.
28. Die Aktivitäten der Socialist Equality Party beruhen auf eine Analyse der objektiven Gesetze von Geschichte und Gesellschaft, wie sie sich insbesondere in den Widersprüchen der kapitalistischen Produktionsweise zeigen. Der Marxismus, der seine Wurzeln im philosophischen Materialismus hat, geht vom Primat der Materie über das Bewusstsein aus. "Bei mir", schrieb Marx, "ist umgekehrt das Ideelle nichts anderes als das im Menschenkopf umgesetzte und übersetzte Materielle." Der Materialismus von Marx ist dialektisch. Daher betrachtet er die Welt und die Formen, in denen sie sich im Denken reflektiert, nicht als Ansammlung fester Objekte und Begriffe in sich undifferenziert, sondern als einen Komplex von Prozessen, in beständiger Bewegung und Interaktion mit widersprüchlichen und auseinanderstrebenden Tendenzen.
29. Die SEP will bei fortschrittlichen Arbeitern ein wissenschaftliches Verständnis der Geschichte entwickeln, Wissen vermitteln über die kapitalistische Produktionsweise und über die gesellschaftlichen Beziehungen, die aus ihr entstanden sind, sowie Einblick gewähren in den wirklichen Charakter der gegenwärtigen Krise und ihre welthistorischen Folgewirkungen. Die SEP will aus dem materiell vorhandenen Potenzial der sozialen Revolution, das die objektive historische Entwicklung in sich birgt, eine klassenbewusste und selbstbewusste politische Bewegung schaffen. Gestützt auf eine historisch-materialistische Analyse der Weltereignisse geht die SEP von einer Verschärfung der kapitalistischen Weltkrise aus und bereitet sich auf die Folgen vor. Sie legt die Logik der Ereignisse dar und formuliert die angemessene strategische und taktische Antwort darauf. Nach Überzeugung der SEP kann die fortschrittliche und sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft nur durch Massenkämpfe der politisch bewussten Arbeiterklasse erreicht werden. Aktionen isolierter Individuen, die zu Gewalt greifen, können niemals den kollektiven Kampf der Arbeiterklasse ersetzen. Wie die politische Erfahrung zeigt, werden Akte individueller Gewalt häufig von Provokateuren herbeigeführt und spielen in die Hände des Staates.
30. Die SEP hält unter allen Umständen an dem wesentlichen revolutionären Prinzip fest, der Arbeiterklasse die Wahrheit zu sagen. Das Programm der Partei muss auf einer wissenschaftlichen und objektiven Einschätzung der politischen Realität beruhen. Eine besonders heimtückische Form des Opportunismus besteht in der Behauptung, die Arbeiter seien nicht reif für die Wahrheit, und Marxisten müssten daher den vorherrschenden Bewusstseinsstand der Massen - oder vielmehr das, was die Opportunisten dafür halten - zum Ausgangspunkt nehmen und ihr Programm an die Vorurteile und die Verwirrung anpassen, die derzeit in breiten Schichten der Bevölkerung vorherrschen. Ein derart feiges Vorgehen ist das Gegenteil einer prinzipiellen revolutionären Politik. "Das Programm", erklärte Trotzki 1938, "muss eher die objektiven Aufgaben der Arbeiterklasse als die Rückständigkeit der Arbeiter ausdrücken. Es muss die Gesellschaft so widerspiegeln, wie sie ist, und nicht die Rückständigkeit der Arbeiterklasse. Es ist ein Werkzeug, die Rückständigkeit zu überwinden und zu besiegen. Deshalb müssen wir in unserem Programm die sozialen Krisen der kapitalistischen Gesellschaft, einschließlich und gerade der in den Vereinigten Staaten in ihrer ganzen Schärfe ausdrücken." Die Partei sei vor allem dafür verantwortlich, so Trotzki, "ein klares, aufrichtiges Bild der objektiven Lage und der historischen Aufgaben [zu] geben, die sich aus ihr ergeben, unabhängig davon, ob die Arbeiter heute dafür reif sind oder nicht. Unsere Aufgaben hängen nicht vom Bewusstsein der Arbeiter ab. Unsere Aufgabe besteht darin, das Bewusstsein der Arbeiter zu entwickeln. Das ist es, was das Programm formulieren und den fortgeschrittenen Arbeitern darlegen sollte." Diese Worte beschreiben aufs Genauste die Herangehensweise der SEP.
Der Verrat der Gewerkschaften
31. Die Abneigung der Opportunisten, den Arbeitern die Wahrheit zu sagen, geht buchstäblich immer einher mit Bestrebungen, den alten reaktionären, bürokratisierten sowie durch und durch korporatistischen Gewerkschaften und politischen Organisationen einen Deckmantel zu verschaffen und ihre Autorität aufrechtzuerhalten. Diese Organisationen sorgen dafür, dass die Arbeiterklasse sich dem kapitalistischen System unterordnet. Im Gegensatz zu den Opportunisten will die SEP der Arbeiterklasse klar machen, welchen Charakter die alten Organisationen haben - in den Vereinigten Staaten insbesondere die Gewerkschaften - die angeblich die arbeitende Bevölkerung vertreten. Der amerikanische Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO wie auch seine Konkurrenz von der so genannten "Change to Win"-Koalition werden von einer mittelständischen Funktionärsschicht kontrolliert und wahren eben deren Interessen. Sie beziehen ihr persönliches Einkommen daraus, aktiv und bewusst die Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Konzerne zu erleichtern. Während des vergangenen Vierteljahrhunderts haben die Gewerkschaften eine wesentliche Rolle dabei gespielt, Streiks zu brechen, Löhne zu senken, Sozialleistungen abzubauen, Arbeitsplätze zu vernichten und Fabriken zu schließen. Trotz des Mitgliederschwundes hat sich das Einkommen der Funktionäre in dieser Zeit beständig erhöht. Isoliert von ihrer Mitgliedschaft und gleichgültig gegenüber deren Problemen, geschützt vor Protesten der einfachen Mitglieder durch Zwangsbeiträge und die Arbeitsgesetzgebung, sind die Gewerkschaften tausendfach mit den Konzernen und dem Staat einschließlich seiner Geheimdienste verbunden. Die Socialist Equality Party ruft zu einer Rebellion gegen diese korrupten Organisationen und zum Bruch mit ihnen auf, da sie die Arbeiterklasse nicht vertreten. Das heißt nicht, dass die SEP sich der Arbeit innerhalb solcher Organisationen enthält, wenn derartige Aktivitäten erforderlich sind, um Zugang zu Arbeitern zu finden und denen beizustehen, die von Unternehmern und Gewerkschaftsfunktionären doppelt unterdrückt sind. Aber die SEP führt diese Arbeit mit einer revolutionären Perspektive durch und ruft bei jeder Gelegenheit dazu auf, neue und unabhängige Organisationen - wie Fabrik- und Arbeiterkomitees - zu bilden, die wirklich die Interessen der einfachen Arbeiter vertreten und unter demokratischer Kontrolle stehen.
Klasseneinheit statt Identitätspolitik
32. Eine weitere Form des Opportunismus, die den Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse untergraben und das Klassenbewusstsein unter Arbeitern deutlich geschwächt hat, ist die in unzähligen Varianten auftretende "Identitätspolitik" - die Unterschiede in Nationalität, ethnischer Herkunft, Sprache, Religion, Geschlecht oder sexueller Präferenz für bedeutsamer hält als die Klassenzugehörigkeit. Dieser Verschiebung von Klasse zu Identität geht zu Lasten eines Verständnisses der wirklichen, im kapitalistischen System liegenden Ursachen für die Entbehrungen, unter denen alle arbeitenden Menschen leiden. In ihren schlimmsten Formen hat diese Politik einen Konkurrenzkampf zwischen verschiedenen "Identitätsgruppen" um Zugang zu Bildungseinrichtungen, Arbeitsplätzen und anderen "Chancen" hervorgebracht, die in einer sozialistischen Gesellschaft allen Menschen ungehindert zur Verfügung ständen, ohne solch erniedrigende, entmenschlichende und willkürliche Unterscheidungen voranzustellen. Von den so genannten "Affirmative Action"-Programmen in den Vereinigten Staaten (zur Gleichstellung insbesondere der schwarzen Bevölkerung) hat überwiegend nur ein kleiner Teil der Mittelschicht profitiert. Die Forderung nach rechtlicher und sozialer Gleichheit, die in der Bürgerrechtsbewegung der afroamerikanischen Bevölkerung in den 1950er und 1960er Jahren vorherrschte, wurde unterlaufen, als die Klassenorientierung aus dem politischen Fokus geriet und der Kampf gegen Massenarmut aufgegeben wurde zugunsten von Vorzugsbehandlung und Privilegien für einige Wenige. Diese Verschiebung, die von der Demokratischen Partei und den Befürwortern einer kleinbürgerlichen Identitätspolitik getragen wurde, hatte schreckliche Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der breiten Masse von Arbeitern aus Minderheitengruppen. Die SEP fordert volle Gleichheit für alle Menschen und verteidigt unterschiedslos ihre demokratischen Rechte. Alle Formen der Diskriminierung auf Grundlage von nationaler, ethnischer, sprachlicher Herkunft oder Geschlecht und sexueller Orientierung müssen beseitigt werden. Aber die SEP kämpft für diesen wichtigen demokratischen Bestandteil ihres Programms im Rahmen des Kampfes für den Sozialismus, der sich auf die politische Vereinigung aller Teile der Arbeiterklasse stützt.
Für die Rechte von Einwanderern und amerikanischen Ureinwohnern
33. Eine wesentliche Vorbedingung für die Schaffung dieser Einheit ist die bedingungslose Verteidigung der demokratischen Rechte von Einwanderern, die in den Vereinigten Staaten leben. Die Socialist Equality Party steht für das bedingungslose Recht der Arbeiter eines jeden Landes, dort zu leben und zu arbeiten, wo sie wollen. Wir fordern volle demokratische Rechte und Bürgerrechte für alle Einwanderer, auch für die zwölf Millionen oder mehr, die derzeit nicht registriert sind und als "illegal" gelten. Darüber hinaus gilt die besondere Aufmerksamkeit der Socialist Equality Party dem Elend der indianischen Urbevölkerung, deren fürchterliche Lebensbedingungen auf den blutigen Aufstieg des Kapitalismus auf dem amerikanischen Kontinent zurückgehen. Wer von der Geschichte der amerikanischen Demokratie spricht und dabei die weitreichenden Folgen jener Verbrechen verschweigt, die an den bereits in Nordamerika lebenden Menschen begangen wurden, ist nichts als ein Heuchler. Die gesellschaftlichen Folgen dieser Verbrechen - extreme Armut, eine gegenüber der Gesamtbevölkerung um 20 Jahre geringere Lebenserwartung, das Fehlen vernünftiger Wohnungen und Häuser und eine generelle Vernachlässigung der sozialen Bedürfnisse in den Reservaten der indianischen Bevölkerung durch die Behörden - sind bis zum heutigen Tag wirksam.
Sozialistische Politik statt Protektionismus und "Freihandel"
34. Die Behauptung von Chauvinisten, unterstützt von den Gewerkschaften, die Antwort auf Arbeitsplatzverluste in den Vereinigten Staaten sei im Protektionismus zu finden, ist falsch. Rein praktisch betrachtet kann es im Zeitalter der Globalisierung kein Zurück zum Wirtschaftsnationalismus geben. Gleichzeitig ist die Lobpreisung des "Freihandels" durch die Vertreter transnationaler Monopole genau so ein Betrug wie ihr anderes Gerede über "Freiheit". Die SEP tritt weder für Protektionismus noch für "Freihandel" ein, sondern kämpft stattdessen für die Vergesellschaftung der Produktivkräfte, die Beseitigung nationaler Grenzen und die Schaffung einer geplanten, auf rationale Weise miteinander verwobenen globalen Wirtschaft. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel wäre die Schaffung einer Vereinigten Sozialistischen Föderation von Nord-, Zentral- und Südamerika auf freiwilliger Basis.
Demokratischer Zentralismus
35. Der revolutionäre Kampf der Arbeiterklasse erfordert Organisation, und Organisation ist unmöglich ohne Disziplin. Aber die für den revolutionären Kampf notwendige Disziplin kann nicht bürokratisch von oben verhängt werden. Sie muss sich auf Grundlage einer freien Übereinstimmung über Prinzipien und Programm entwickeln. Diese Überzeugung findet ihren Ausdruck in der Organisationsstruktur der Socialist Equality Party, die auf den Grundsätzen des demokratischen Zentralismus beruht. Um das politische Programm und die angemessene Taktik zu formulieren, muss vollste Demokratie innerhalb der Partei herrschen. Keine anderen Einschränkungen als die Parteistatuten sind den internen Diskussionen über Politik und Aktivitäten der SEP auferlegt. Die Parteispitze wird von der Mitgliedschaft demokratisch gewählt und unterliegt ihrer Kritik und Kontrolle. Wer zur Parteiführung gehören will und Kritik nicht aushalten kann, sollte sich die Worte von James P. Cannon, dem Gründer der trotzkistischen Bewegung in den Vereinigten Staaten, zu Herzen nehmen: "Die Wahrheit verletzt nie jemanden, solange er sich selbst daran gehalten hat." Doch während die Formulierung des Programms die breiteste Diskussion sowie offene und ehrliche Kritik erfordert, so verlangt seine Umsetzung die strikteste Disziplin. Die Entscheidungen, zu denen die Partei auf demokratischem Wege gelangt ist, sind bindend für alle Mitglieder. Wer gegen dieses Wesenselement des Zentralismus bei der Umsetzung von Entscheidungen etwas auszusetzen hat, wer in jeder Forderung nach Disziplin eine Verletzung seiner persönlichen Freiheit sieht, ist kein revolutionärer Sozialist, sondern ein anarchistischer Individualist, der nicht versteht, was der revolutionäre Kampf erfordert.
Klassenbewusstsein, Kultur und die World Socialist Web Site
36. Der Kampf für Sozialismus erfordert ein gewaltiges Wachstum der Arbeiterbewegung im politischen, intellektuellen und kulturellen Bereich, in den Vereinigten Staaten sowie international. Im Gegensatz zu den Verfechtern einer pragmatischen und opportunistischen Politik ist die SEP davon überzeugt, dass nur eine Bewegung, die auf höchstem theoretischen Niveau arbeitet, die Arbeiterklasse auf ihre Seite ziehen, sie auf den Kampf gegen den Kapitalismus vorbereiten und darüber hinaus eine sozialistische Gesellschaft aufbauen kann. Während die bürgerlichen Politiker die Arbeiterklasse auf ihr eigenes niedriges intellektuelles Niveau herunterziehen wollen, will die SEP die Arbeiterklasse auf das Niveau heben, das durch ihre historischen Aufgaben vorgegeben ist. Nicht nur Politik sondern auch die Naturwissenschaften, Geschichte, Philosophie, Literatur, Filme, Musik, die schönen Künste und alle Bereiche der Kultur fallen in den Bereich der sozialistischen Bildung. Das wichtigste Instrument der SEP für die Entwicklung sozialistischen Bewusstseins innerhalb der Arbeiterklasse ist die World Socialist Web Site (www.wsws.org). Mit ihren täglichen Analysen zu weltpolitischen und ökonomischen Entwicklungen, Enthüllungen zur gesellschaftlichen Realität des Kapitalismus, Kommentaren zu wichtigen Kulturfragen, Diskussionen zu historischen und philosophischen Themen und Untersuchungen zu kritischen Fragen der revolutionären Strategie, Taktik und Praxis spielt die WSWS eine entscheidende Rolle dabei, eine zeitgemäße marxistische Weltbewegung ins Lebens zu rufen.
Revolutionäre Strategie und Übergangsforderungen
37. Die Socialist Equality Party verfolgt gemeinsam mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationalen das strategische Ziel, die Arbeiterklasse zu bilden und auf den revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus, die Errichtung der Arbeitermacht sowie die Schaffung einer sozialistischen Gesellschaft vorzubereiten. Unser Ziel ist nicht eine Reform des Kapitalismus sondern sein Sturz. Dieses strategische Ziel erreicht man jedoch nur, wenn man den Lebensbedingungen der breiten Masse von Arbeitern größte Aufmerksamkeit schenkt und Forderungen formuliert, die sich an ihren Bedürfnissen orientieren. Die SEP sieht die Notwendigkeit, in der Praxis eine Verbindung zu schaffen zwischen der Perspektive der sozialistischen Revolution und den konkreten Kämpfen, in die die Arbeiterklasse verwickelt ist. Dabei richtet sich die Arbeit der SEP nach der Herangehensweise, die schon Leo Trotzki im Übergangsprogramm vorschlug: "Man muss den Massen im Verlauf ihres täglichen Kampfes helfen", schrieb er, "die Brücke zwischen ihren augenblicklichen Forderungen und dem sozialistischen Programm der Revolution zu finden. Diese Brücke muss aus einem System vom Übergangsforderungen bestehen, die von den heutigen Bedingungen und dem heutigen Bewusstsein breiter Schichten der Arbeiterklasse ausgehen und stets zu ein und demselben Schluss führen: zur Machteroberung des Proletariats."
38. Dazu zählen die Forderungen nach Vollbeschäftigung, einem unbeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung und Bildungseinrichtungen, vernünftigem Wohnraum und einem Stopp von Zwangsräumungen, automatischer Anpassung der Löhne an die Inflationsrate, der Einführung von demokratischen Entscheidungs- und Umgangsformen am Arbeitsplatz, unbeschränktem Einblick der Öffentlichkeit in die Finanzen von Unternehmen und Geldinstituten, Gehaltsobergrenzen für Manager, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, einer echten progressiven Einkommenssteuer und deutlichen Obergrenzen bezüglich der Vererbbarkeit von persönlichem Vermögen, Verstaatlichung und der Errichtung einer demokratischen Kontrolle der Arbeiter über Großunternehmen, die in der Volks- und Weltwirtschaft eine wichtige Rolle spielen, der Abschaffung der nationalen "Freiwilligen"-Armee und Übertragung der Autorität auf Volksmilizen, die unter Kontrolle der Arbeiterklasse stehen und deren Offiziere demokratisch gewählt wurden, sowie weitere Forderungen mit demokratischen und sozialem Charakter.
39. Übergangsforderungen werden eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung der Arbeiterklasse spielen, sofern sie Teil einer größeren Kampagne zur Entwicklung sozialistischen Bewusstseins innerhalb der Arbeiterklasse sind. Das Übergangsprogramm ist keine Speisekarte, aus der man willkürlich Forderungen auswählen und den Arbeitern ohne angemessenen politischen Kontext oder Bezug zu weiteren politischen Zielen servieren kann. Wenn das Übergangsprogramm als Brücke zum Sozialismus dienen soll, darf das Ziel vor den Arbeitern nicht geheim gehalten werden.
Die Arbeiterklasse und die sozialistische Revolution
40. Aufbauend auf wissenschaftlicher Theorie und reicher historischer Erfahrung liegt der Arbeit der SEP das tiefe Vertrauen in die revolutionäre Rolle und Bestimmung der Arbeiterklasse zugrunde. Aber der Sieg der sozialistischen Revolution hängt vom bewussten Kampf der Arbeiter ab. Die Emanzipation der Arbeiterklasse ist am Ende die Aufgabe der Arbeiter selbst. Wie es Engels so trefflich ausdrückte: "Wo es sich um eine vollständige Umgestaltung der gesellschaftlichen Organisation handelt, da müssen die Massen selbst mit dabei sein, selbst schon begriffen haben, worum es sich handelt, für was sie mit Leib und Leben eintreten." Daher kann der Sozialismus nur erreicht werden, wenn die Arbeiter selbst ihn wollen. Und umgekehrt: Wenn die Entscheidung unter den Schlägen des krisengeschüttelten Kapitalismus gefallen ist, dann wird keine Macht der Welt die amerikanischen Arbeiter davon abhalten, sich an die Spitze der sozialistischen Weltrevolution zu stellen.
Siehe auch:
Gründungskongress der Socialist Equality Party
(20. September 2008)