Opposition made in USA

Wie internationale Institutionen die ukrainische Opposition beeinflussen

Glaubt man den westlichen Medien, so hat sich die ukrainische Oppositionsbewegung völlig unabhängig entwickelt, als Ergebnis einer spontanen Volksbewegung für Freiheit und Demokratie, die sich gegen ein korruptes und autoritäres Regime richtet. Kritischer Journalismus: fast durchwegs Fehlanzeige. Kaum ein Medienorgan macht sich die Mühe, zu recherchieren, von wem die so genannte Demokratiebewegung getragen wird, wer hinter ihr steht und was ihr politisches Programm ist.

Dabei machen die tragenden Kräfte der Bewegung kein Geheimnis aus ihren Hintermännern. Die meisten Informationen sind über deren eigene Internetseiten verfügbar. Kratzt man ein wenig an den diversen Organisationen, wird schnell deutlich, dass sie nicht spontan entstanden sind. Ein rechtes, neoliberales Netzwerk, das weitgehend von amerikanischen Organisationen aufgebaut wurde, hat die verbreitete Opposition ausgenutzt, um einen lange vorbereiteten Plan umzusetzen. Er soll die Ukraine verstärkt unter den Einfluss der USA bringen und dem internationalen Kapital öffnen.

Die aktivste Gruppierung ist das Netzwerk PORA ("Es ist Zeit"). Es wird hauptsächlich von Universitätsstudenten getragen und ist maßgeblich an der Organisation der zahlreichen Demonstrationen, Rockkonzerte und anderen Veranstaltungen gegen das Regierungslager und dessen Kandidaten Janukowitsch beteiligt.

Ihrer Selbstdarstellung zufolge geht PORA auf eine Entscheidung der Freedom of Choice Coalition von ukrainischen Nichtregierungsorganisationen zurück, "ein breites Netzwerk von Freiwilligen zu schaffen, um eine landesweite Informations- und Aufklärungskampagne durchzuführen, die sich die Sicherung des Wählerwillens zum Ziel setzt".

PORA beruft sich ausdrücklich auf die "erfolgreichen Aktivitäten von Freiwilligen-Netzwerken" in Serbien (OTPOR, 2000), Georgien (Khmara 2003) und anderen Ländern, in denen amerikafreundliche Regierungen an die Macht gebracht wurden. Sie bekennt sich stolz dazu, von diesen Gruppen beraten worden zu sein.

Freedom of Choice ist eine 1999 gegründete Dachorganisation von angeblich über 300 verschiedener Gruppen. Laut eigenem Bekunden wird sie von folgenden Institutionen unterstützt: der amerikanischen, britischen und kanadischen Botschaft; dem National Democratic Institute unter Vorsitz von Ex-US-Außenministerin Madeleine Albright; der International Renaissance Foundation (IRF), dem ukrainischen Ableger des von George Soros finanzierten Open Society Institutes ; der Eurasia Foundation, die ebenfalls von Soros und der US-Regierung finanziert wird; der Weltbank; der OSZE; von USAID; von Freedom House unter Vorsitz von ex-CIA-Chef James Woolsey (langjähriger Mitarbeiter war auch Zbigniew Brzezinski); sowie der Konrad-Adenauer-Stiftung der deutschen CDU.

Das politische Ideal von PORA ist der Neoliberalismus. In ihrer Selbstdarstellung preist sie die kurze Regierungszeit Wiktor Juschtschenkos, weil er die Ukraine für das internationale Kapital geöffnet und radikale Privatisierungsprogramme verwirklicht habe: "Eine kurze Regierungszeit eines Reformerteams im Jahr 2000 führte zur Reduzierung der Schattenwirtschaft und trug dazu bei, dass nicht mehr nur russische, sondern auch westliche Firmen gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem ukrainischen Markt hatten. (...) Des weiteren hat die Ukraine die euro-atlantische Kooperation intensiviert und die Geschäftsbeziehungen mit Russland neu geregelt (besonders in Bezug auf den Energietransport)."

Die führenden Mitglieder und Aktivisten der PORA sind von den USA ausgebildet worden. In einem Bericht der Jamestown Foundation, einem Think tank, in dessen Vorstand wiederum James Woolsey und Zbigniew Brzezinski sitzen, heißt es dazu: "Unter Anleitung des ‚Programms Bürgerbeteiligung an den Wahlen in der Ukraine’, das von Freedom House, dem National Democratic Institute, dem International Republican Institute durchgeführt und von der U.S. Agency for International Development finanziert wird, hat OTPOR PORA -Mitglieder ausgebildet."

Die serbische Organisation OTPOR organisierte im Jahr 2000 die Demonstrationen, die zum Sturz von Slobodan Milosevic führten. Nun wird dieselbe Organisation eingesetzt, um in der Ukraine einen Regimewechsel herbeizuführen, unterstützt von einem Institut, das der Demokratischen Partei, und einem, das der Republikanischen Partei nahesteht, und finanziert von einer amerikanischen Regierungsagentur.

Auch das Center for Political Education und das Ukrainian Centre for Independent Political Research haben politischen Aktivisten der "Demokratiebewegung" ausgebildet. Das Center for Political Education arbeitet laut eigener Darstellung mit dem Jungunternehmerverband der Ukraine und dem International Republican Institute der US-Republikaner zusammen, während das Ukrainian Centre for Independent Political Research nach eigenen Angaben seit vielen Jahren vom amerikanischen National Endowment for Democracy, der IRF von George Soros, der amerikanischen Botschaft und der britischen und kanadischen Regierung finanziert wird.

Neben den Aktivisten der Opposition wurden auch zahlreiche Wahlbeobachter durch amerikanische Institutionen gesponsert. Ihre Unparteilichkeit dürfte daher höchst fraglich sein. Ein großer Teil wurde vom Committee of Voters of Ukraine (CVU) unter Vorsitz von Igor Popov und von New Choice - 2004 organisiert. New Choice - 2004 wurde vom CVU ins Leben gerufen und (nach deren eigener Darstellung) von Soros’ IRF aufgebaut. Hinter der CVU wiederum stehen die Eurasia Foundation und das National Democratic Institute. Im Februar dieses Jahres hielt New Choice ein Arbeitstreffen mit Madeleine Albright ab.

Die International Renaissance Foundation (IRF) hat nach eigenen Angaben seit 1990 über 50 Millionen Dollar in den Aufbau verschiedener ukrainischer "Nichtregierungsorganisationen" gepumpt. In den letzten Jahren hat die IRF nach eigenem Bekunden jedes Jahr NGOs mit jährlich über 5 Mio Dollar unterstützt.

Bezeichnenderweise wurden auch die Wahlumfragen, die den Oppositionskandidaten Juschtschenko unmittelbar nach Schließung der Wahllokale mit deutlichem Vorsprung in Führung zeigten, von den gleichen Quellen finanziert. Sie wurden von der Democratic Initiatives Foundation initiiert und gemeinsam mit dem Razumkov Centre for Political and Economic Research (finanziert von der IRF) und dem Kyiv International Institute of Sociology durchgeführt. Die Democratic Initiatives Foundation gehört zu New Choice - 2004 und zum World Democracy Movement, einem Kind der National Endowment of Democracy. Eines von deren letzten Projekten war die Unterstützung des Putschversuchs gegen Hugo Chavez in Venezuela.

Finanziert wurde die Wahlumfrage außerdem von der IRF, der Eurasia Foundation (ebenfalls Soros) und den Botschaften der USA, Großbritanniens, Kanadas, Hollands, Schwedens, Norwegens, Dänemarks und der Schweiz.

Bisher sind keine Erkenntnisse über Manipulationen oder Fälschungen bei den Umfragen bekannt geworden. Doch allein die Tatsache, dass sie von denselben Kräften finanziert wurden, die auch die Kampagne des Oppositionskandidaten steuerten, lässt sich nicht mit demokratischen Grundsätzen vereinbaren. Die Diskrepanz zwischen diesen Umfragen und dem offiziellen Endergebnis wurde dann als Beweis für Wahlmanipulationen gewertet. Die Taktik, noch vor Ende der Stimmauszählung durch angeblich unabhängige Institutionen und Medien den Sieg des eigenen Kandidaten zu verkünden, erinnert stark an die Präsidentenwahl in den USA 2000.

Siehe auch:
Machtkampf in der Ukraine verschärft internationale Spannungen
(25. November 2004) Wofür stehen Juschtschenko und Janukowitsch?
( 1. Dezember 2004) Machtkampf in der Ukraine spitzt sich zu
( 1. Dezember 2004)

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