Grubenunglück entlarvt die brutale Realität des amerikanischen Kapitalismus

Die massive Explosion vor neun Tagen in der Upper Big Branch Kohlegrube in Montcoal, Virginia, brachte 29 Bergleuten den Tod. Parallel dazu wurden weitere Beweise zusammengetragen, die auf die verbrecherische Handlungsweise des Minenbetreibers, Massey Energy, und auf die Komplizenschaft der Bundes- und Staatsbehörden hinweisen, die die Arbeit in der der Mine trotz zahlreicher Warnungen vor einer bevorstehenden Katastrophe nicht untersagten.

Nach dem Tod von zwölf Bergleuten in der Sago-Grube in West Virginia vor vier Jahren und zwei weiteren Todesfällen in der zu Massey gehörenden Kohlegrube in Aracoma gab es Anhörungen im Kongress. Es wurde versprochen, die Sicherheitsregeln nachzubessern und von den Kohlengrubenbetreibern wurde eine größere Verantwortlichkeit gefordert. Der unnötige Tod von 29 Bergleuten durch die Explosion vom 5. April - das Unglück mit den meisten Toten in den letzten 40 Jahren - zeigt, dass der Machtwechsel im Weißen Haus und dem Kongress an die Demokraten keinerlei Veränderung mit sich gebracht hat. Nach wie vor wird das Leben der Bergleute mutwillig dem Profit geopfert.

Am vergangenen Freitag verkündete Präsident Obama, dass die Leitung der Mine Safety and Health Administration (MSHA) - unter der Leitung des ehemaligen United Mine Workers Sicherheitsdirektors Joe Main - ihm einen vorläufigen Bericht darüber vorlegen werde "was falsch gelaufen ist und warum es derart falsch gelaufen ist, so dass wir die notwendigen Maßnahmen ergreifen können, um solche Unfälle in Zukunft auszuschließen".

Solch eine Untersuchung, die von von Beamten duchgeführt wird, die routinemäßig mit den Kohlegrubenbetreibern zusammenarbeiten und ihnen Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, bedeutet nichts anderes als eine Art Persilschein. Diejenigen, die für den Tod der Grubenarbeiter verantwortlich sind - der Geschäftsfüher von Massey Don Blankenship und andere leitende Angestellte - werden nicht zur Verantwortung gezogen werden und sie werden ihre tödliche Politik fortsetzen.

In seiner Rede zitierte Obama aus einem Brief des bei der Explosion getöteten fünfundzwanzig jährigen Bergarbeiters Josh Napper. Der Arbeiter hatte den Brief für seine Freundin hinterlassen, bevor er am Montagmorgen, am 5. April, zur Arbeit ging. Er hatte geschrieben: "Wenn mir etwas passiert, werde ich vom Himmel auf euch alle herab schauen."

Obama ging nicht darauf ein, was dieser Brief über die lebensbedrohlichen Bedingungen aussagt, unter denen man die Bergleute in der Upper Big Branch Grube zum Arbeiten zwingt. Wenn Napper das Bedürfnis hatte, einen solchen Brief an seine Nächsten zu schreiben, dann war ihm - wie allen anderen Bergleuten auch - bewusst, dass er sich in ein Pulverfass begab.

Obama zitierte Nappers Brief nicht, um Masseys Verantwortung für den Tod des jungen Mannes anzuprangern, sondern benutzte ihn für die zynische Propaganda der Regierung und der Medien, dass die leidgeprüften Bergleute Tod und Verletzung als einen unvermeidlichen Begleitumstand des Lebens in den Kohlerevieren akzeptieren. Bergarbeiter, sagte der Präsident, ist "ein Beruf, der mit Risiken und Gefahren verbunden ist, und die Arbeiter und ihre Familien wissen das."

Die Explosion in der Upper Big Branch Grube war jedoch weder ein unerklärlicher noch unvorhersehbarer "Akt Gottes". Sie war das Ergebnis von wohlüberlegten Entscheidungen der Geschäftsleitung von Massey und der Regulierungsbehörde, die sich mehr Gedanken um Produktion und Profit machen, als um das Leben der Bergarbeiter.

Um diese Tatsache zu verstecken, behauptete Obama, "Ihre Regierung und ihr Unternehmen wissen, dass sie es diesen Familien schuldig sind, alles zu tun, um ihre Sicherheit zu gewährleisten, wenn sie täglich zur Arbeit gehen."

Die Tatsachen zeigen, dass das genaue Gegenteil der Fall ist. Beide, sowohl die Regierung als auch Massey haben die Weiterführung des Betriebs in der Upper Big Branch Kohlegrube erlaubt, obwohl es wiederholt Anzeichen gegeben hatte, dass sich explosives Methan und Kohlenstaub auf ein gefährliches und vorschriftswidriges Maß aufkonzentriert hatten.

Nur drei Tage vor der Katastrophe hatte Josh Napper seine Mutter angerufen, um ihr zu erzählen, dass die gesamte Belegschaft wegen der schlechten Belüftung früher nach Hause geschickt worden war. "Ich wusste nur, dass Josh tief in seinem Innern wusste, dass irgendetwas passieren würde", sagte die Mutter, die einen Sohn, einen Bruder und einen Neffen bei der Explosion verloren hat.

Seit 2009 haben die Verantwortlichen bei der MSHA einundsechzig Mal verfügt, in Teilen oder dem gesamten Bergwerk die Arbeit vorübergehend einzustellen, sieben Mal schon in diesem Jahr. Allein im letzten Monat erhielt die Grubenleitung 50 Rügen wegen Sicherheitsverletzungen, einschließlich der letzten drei, die sie wegen unzureichender Entlüftung des Methans erhielt. Sicherheitsexperten fanden heraus, dass die Luftzirkulation in der Grube nur halb so stark war wie sie hätte sein müssen, um die Ansammlung von Methan und Kohlenstaub zu verhindern.

Die eklatante Missachtung von Sicherheitsregeln fiel mit der Verdreifachung der Produktion im letzten Jahr und einem drastischen Sparkurs von Massey in allen seinen Kohlegruben zusammen, der auch die Entlassung von 700 Bergleuten, Lohn- und Leistungskürzungen und regelmäßige 12-Stunden Schichten beinhalteten.

Trotz der drohenden Gefahren unternahm die MSHA keinerlei Schritte, um die Grube zu schließen. Stattdessen führten die Aufsicht führenden Beamten der Regierung die Inspektionen der Grube nur halbherzig durch und sprachen Beanstandungen wegen der Sicherheitsverletzungen aus, wohl wissend, dass das Unternehmen Widerspruch dagegen einlegen würde.

Die Medien und verschiedene staatliche Politiker haben versucht, Massey als schwarzes Schaf in einer ansonsten sicheren und gewissenhaften Branche darzustellen. Der demokratische Sanator John D. Rockefeller z.B. charakterisierte Massey Energy als einen "Schurken" unter den Grubenbetreibern.

Massey und seine Geschäftsführung sind keine Ausnahmen. Sie sind echte Repräsentanten des Geschäftsmodells des amerikanischen Kapitalismus. Sie gehen dabei vielleicht etwas offener vor, als die anderen. Die Verhältnisse in den Gruben sind ein konzentrierter Ausdruck der Klassenbeziehungen im Rahmen des Profitsystems - der skrupellosen Ausbeutung der Mehrheit durch eine kleine und sagenhaft reiche Minderheit, die von allen Institutionen des Staates und des herrschenden Gesellschaftssystems gedeckt wird.

Während sie Billionen in die Wall Street gepumpt hat, ist die Obama-Administration zu einer Offensive gegen die Arbeiterklasse übergegangen, die noch weitreichender ist als die Reagans in den 1980er Jahren.

In den 1980er Jahren fand eine heftige gewerkschaftsfeindliche Kampagne gegen die Bergarbeiter statt, die darauf zielte, den Widerstand des militantesten und klassenbewusstesten Teils der amerikanischen Arbeiterklasse zu brechen.

Sie wurde von der damaligen AT Massey Coal und von Blankenship angeführt und wurde von der Reagan Administration, dem Staat und Lokalpolitikern beider Parteien unterstützt.

Der Schlüssel für die Niederlage der Massey-Bergarbeiter war der Verrat der Führung der Gewerkschaft United Mine Workers, deren Präsident Richard Trumka (der heutige Chef des AFL-CIO) sich weigerte, die Beragarbeiter auf nationaler Ebene zum Kampf aufzurufen, und dadurch die streikenden Massey-Arbeiter isolierte, bis die UMW den Streik schließlich abbrach.

Heute ähneln die Bedingungen in den Kohlegruben der Appalachen denen von vor hundert Jahren. Die Bergarbeiter haben heute keine Organisation, mit der sie sich gegen die brutale Ausbeutung und eine Regierung, die den Konzernen und der Wall Street hörig ist, wehren können. Unter diesen Bedingungen haben die Kohleunternehmen alle Freiheit, wissentlich und straffrei eine Politik zu betreiben, die für die Arbeiter eine Gefahr für Leib und Leben bedeutet.

Alle für die Toten in der Upper Big Branch Kohlegrube Verantwortlichen sollten strafrechtlich belangt werden, angefangen mit Blankenship. Das ist ein unerlässlicher Schritt für den Umbau der Kohleindustrie, um die Gesundheit und die Sicherheit der Bergleute zu garantieren und gut bezahlte Arbeitsplätze mit vernünftigen Leistungen für alle zur Verfügung zu stellen, die in den Kohlegruben arbeiten wollen. Die Wirtschaft muss mit dem Ziel organisiert werden, den gesellschaftlichen Bedürfnissen zu dienen und nicht dem privatem Profit.

Nichts von alledem kann durch Appelle an "die da oben" erreicht werden. Die Bergarbeiter und die Arbeiterklasse als Ganzes können nur für ihre Interessen kämpfen, wenn sie sich als Klasse organisieren, um die Konzerne und ihre korrupten Vertreter in beiden Parteien zu bekämpfen. Dieser Kampf muss eine bewusste und revolutionäre Form auf der Basis eines sozialistischen Programms annehmen.

Das Blutbad in den Gruben kann nur beendet werden, wenn die Arbeiter die Industrie in gesellschaftliches Eigentum überführen und sie unter die demokratische und kollektive Kontrolle der arbeitenden Menschen selbst stellen.

Siehe auch:
Das Bergwerksunglück in West Virginia und der Zusammenbruch der Bergarbeitergewerkschaft
(14 April 2010)
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