Zu den auffälligsten Begleiterscheinungen des Angriffs von USA und Nato auf Libyen gehört die breite Unterstützung linksliberaler Parteien für diesen Krieg. Sie stützen sich auf das Milieu des gut situierten Kleinbürgertums, das einen wichtigen Teil ihrer gesellschaftlichen Basis ausmacht. Die Linksliberalen schwenken die Fahne der „Menschenrechte“, – der heuchlerischsten und betrügerischsten aller Rechtfertigungen für imperialistischen Krieg – und machen diesen Krieg zu ihrem. Man könnte meinen, es sei das erste Mal in der Geschichte, dass der Imperialismus „Menschenrechte“ und Demokratie als Deckmantel für seine räuberischen Interessen wählt!
Die linksliberale Rechtfertigung für die Bombardierung Libyens durch USA und Nato trieft vor moralischer Empörung über Oberst Gaddafi, aber sie liefert praktisch keine Analyse der Motive und Interessen der libyschen und internationalen Kräfte, die seinen Sturz anstreben. Die Apologeten argumentieren und schreiben, als litten sie alle an Gedächtnisverlust. Es gibt keine Geschichte. Nichts, was in der Geschichte geschehen ist, ist im Gedächtnis haften geblieben. Die unmoralische und völkermörderische Bilanz des imperialistischen Kolonialismus wird ignoriert. Die Auslöschung fast der Hälfte der libyschen Bevölkerung durch den italienischen Kolonialismus von 1911 bis 1942 kommt in ihren Schriften nicht vor. Auch vergessen sie, dass die letzte größere gemeinsame britisch-französische militärische Aktion in Nordafrika im Oktober-November 1956 die Invasion in Ägypten war. Mit der Aktion versuchten sie damals in Zusammenarbeit mit Israel das nationalistische Regime eines anderen arabischen Obersten, nämlich Gamal Abdel Nassers, zu stürzen und die Kontrolle über den verstaatlichten Suezkanal zurückzugewinnen. Nasser wurde in der britischen Presse allenthalben als „verrückter Hund“ verleumdet, und Premierminister Anthony Eden plante seine Ermordung. Die britisch-französische Invasion scheiterte jedoch, weil die Vereinigten Staaten, die ihre eigenen Pläne für die Region hatten, den Versuch der europäischen Imperialisten nicht duldeten, ihre Kolonialreiche wiederherzustellen. Präsident Eisenhower zwang die Franzosen, Briten und Israelis zu einem erniedrigenden Rückzug.
Die Schichten, die den Angriff auf Libyen als Triumph für die Menschenrechte bejubeln, scheinen völlig zu vergessen, welche monströse Rolle die Vereinigten Staaten gespielt haben, als sie Länder angriffen und unterminierten, die in der einen oder anderen Weise ihren strategischen Interessen in die Quere kamen. Nicht nur die Vergangenheit ist in Vergessenheit geraten (Vietnam, der brutale Krieg der „Contras“ in Nicaragua, das Anheizen von Bürgerkriegen in Angola und Mosambik, der Sturz von Lumumba im Kongo, die langjährige Unterstützung für das Apartheid-Regime in Südafrika, die Invasion im Irak); auch die Gegenwart wird ignoriert. Die kriegswütige „Linke“ weist den Vereinigten Staaten die Aufgabe zu, Gaddafi zu stürzen, weil er auf sein eigenes Volk schießen lässt, obwohl gleichzeitig Raketen aus amerikanischen Predator-Drohnen auf Afghanistan und Pakistan fallen und täglich Zivilisten töten.
Ein gutes Beispiel für die Reaktion linksliberaler Intellektueller auf den Krieg ist die Erklärung von Professor Juan Cole von der Universität von Michigan auf seinem viel beachteten Blog „Informed Comment” (http://www.juancole.com) vom 27. März, die dann auch in dem Magazin Nation abgedruckt wurde. Unter dem Titel „Ein offener Brief an die Linke“ verteidigt Professor Cole, ein bekannter Historiker mit Schwerpunkt Naher Osten, vehement seine Unterstützung für den Angriff auf Libyen.
“Ich möchte die Linke dringend auffordern, zu lernen, gleichzeitig Kaugummi zu kauen und spazieren zu gehen”, schreibt er sarkastisch. Das Problem mit der Linken sei, argumentiert Cole, dass es ihr nicht gelinge, ihre traditionellen Anti-Kriegs-Prinzipien auf einen Nenner mit den vorherrschenden Umständen zu bringen. Er argumentiert, die Linke müsse ihre Haltung zu Kriegen der USA „von Fall zu Fall entscheiden“. „[Sie] sollte vermeiden‚ ‚ausländische Interventionen’ als absolutes Tabu zu behandeln, so wie die Rechten Abtreibung zu einem absoluten Tabu machen, das dann zu einer herzlosen Position führt. (Unflexible a priori Positionen führen oft zu Herzlosigkeit)“. Mit anderen Worten, Cole tritt für eine pragmatische Anpassung an den Imperialismus ein. „Antiimperialismus ohne Verstand über alle anderen Werte zu stellen”, schreibt er, “führt offen gesagt zu absurden Positionen.“
Aus diesen Bemerkungen spricht eine ordentliche Portion intellektueller Verwirrung, wenn nicht sogar Unaufrichtigkeit. „Antiimperialismus“ ist kein „Wert“, der pragmatisch gegen andere Werte abgewogen werden muss, sondern eine politische Haltung, die theoretisch in einer Analyse der objektiven ökonomischen, sozialen und politischen Struktur des globalen Kapitalismus begründet ist. Cole versucht, einer solchen Analyse aus dem Weg zu gehen, die die Interessen der herrschenden kapitalistischen Elite offenlegen würde, die hinter dem Angriff auf Libyen stecken.
So bestehen Coles Kriegsgründe hauptsächlich aus einer Denunzierung des herrschenden libyschen Regimes, und sein Hauptfokus ist auf dessen tatsächliche und angenommene Verbrechen gerichtet. „Ich mache der Befreiungsbewegung ungeniert Mut, weiterzumachen, und bin froh, dass die vom Sicherheitsrat genehmigte Intervention sie vor der Zerschlagung gerettet hat.“ Er behauptet, ohne die Intervention würde „Gaddafi wieder fest im Sattel sitzen, die Befreiungsbewegung wäre wie ein Wurm zerquetscht worden und das Land stünde wieder unter der Fuchtel der Geheimpolizei“.
Professor Cole gibt uns keine ernstzunehmende Analyse der Zusammensetzung der “Befreiungsbewegung” und macht sich über eine Beteiligung von al-Qaida an den Protesten lustig: eine solche sei „frei erfunden“. Niemand, der mit der jüngeren Geschichte Libyens oder den Konflikten in Nordafrika und dem Nahen Osten vertraut ist, würde Professor Coles Urteil in dieser Frage zustimmen. Al-Qaida spielt in der politischen Situation des islamischen Maghrab, namentlich in Libyen und in Algerien, eine signifikante Rolle. Die Libyan Islamic Fighting Group (LIFG), die gemeinhin als Ableger von al-Qaida gilt, forderte das Gaddafi-Regime in den 1990er Jahren massiv heraus. Die destabilisierende Wirkung dieser Herausforderung trug nicht wenig dazu bei, dass das Gaddafi-Regime seine traditionelle antiimperialistische Rhetorik aufgab und einen Ausgleich mit Europa und den Vereinigten Staaten anstrebte. Noch 2007 machte sich die libysche Regierung Berichten zufolge auf Terrorangriffe gefasst.
Die Frage der Beteiligung al-Qaidas an der libyschen Opposition ist im Zusammenhang des amerikanischen “Kriegs gegen den Terror” nicht unwichtig, besonders hinsichtlich der Motive der Intervention von USA und Nato. Es ist bekannt, dass Kräfte in der LIFG, die im Kampf gegen Gaddafi in den 1990er Jahren aktiv waren, und die nach der Niederschlagung der Rebellion aus Libyen entkommen konnten, „eng mit transnationalen Netzwerken außerhalb Libyens zu kooperieren begannen. So sind alle Feldkommandeure al-Qaidas in Afghanistan, deren Namen bekannt sind, Libyer. Inzwischen scheint auch in Libyen selbst ein beträchtliches Rekrutierungspotential für militante Islamisten zu existieren.“ [“Between the ‘Near’ and the ‘Far’ Enemy: Al-Qaeda in the Islamic Maghreb,” von Guido Steinberg and Isabelle Werenfels, Mediterranean Politics, 12: 3, 407-413; aus dem Englischen]
Der gleichen Studie zufolge betrachten europäische Sicherheitsdienste “al-Qaida im islamischen Maghreb als die größte Terrorbedrohung für die westeuropäischen Länder, besonders Frankreich und Spanien, wo die Organisation über beträchtliche logistische Strukturen verfügt“. [ibid] Warum arbeiten die USA und die Nato also mit diesen Kräften zusammen?
Professor Cole kennt diese Fakten sicherlich, zieht aber vor, sie zu ignorieren. Die de facto Allianz zwischen den USA und al-Qaida im Kampf gegen Gaddafi entlarvt aber nicht nur die Verlogenheit des globalen „Kriegs gegen den Terror“. Sie verlangt darüber hinaus eine tiefere Untersuchung der Gründe für den Angriff auf Libyen.
Professor Cole ist schnell bei der Hand mit der Vermutung, dass die Intervention von USA und Nato wohl nichts Geringerem als den reinsten humanitären Motiven entspringe. Besonders weit hergeholt ist ihm der Gedanke, dass die USA und die Nato sich nicht deswegen zum Sturz Gaddafis verschwören, „um sein Volk vor ihm zu schützen, sondern um Libyen für die Beherrschung durch die USA, Großbritannien und Frankreich reif zu schießen. Das ist ein bizarres Argument“.
Cole behauptet steif und fest, bei den Überlegungen Amerikas und Europas spiele Öl keine Rolle. Aber nicht nur das. Der Professor erklärt: „Es gibt keine Hoffnung für westliche Firmen, libysche Ölfelder besitzen zu dürfen, die schon vor Jahrzehnten verstaatlicht wurden.“ Man fragt sich, wer Professor Cole diese Versicherungen gegeben hat.
Professor Cole fährt fort: “Schließlich ist es auch nicht immer im Interesse der Ölkonzerne, mehr Öl auf den Markt zu bringen, weil das den Preis und damit potentiell auch die Profite senkt. Ein Krieg gegen Libyen, um mehr und bessere Verträge an Land zu ziehen, um den Weltölpreis zu senken, macht keinen Sinn in einer Welt, in der Verträge schon jetzt leicht zu haben sind, und in der hohe Preise schon jetzt Rekordprofite generieren. Ich kann in diesem Krieg-für-Öl Argument in Bezug auf Libyen wirklich keinen Sinn erkennen.“
Professor Cole argumentiert aber nicht nur gegen die “vulgärmarxistischen” Kritiker, die daran festhalten, dass es eine Beziehung zwischen imperialistischem Militarismus und den wirtschaftlichen Interessen der transnationalen Konzerne gibt. Wie eine Untersuchung seiner eigenen Schriften in der Vergangenheit zeigt, argumentiert er auch gegen sich selbst.
In einem “Informed Comment” Blog vom 6. August 2006 wandte sich Professor Cole gegen die „Zerstörung des Libanon durch Israel und das Pentagon“. Damals präsentierte der Professor eine überzeugende, und wie die weitere Entwicklung zeigen sollte, vorausschauende Analyse der Beziehung zwischen dem Öl des Nahen Ostens und den militärischen Operationen der Vereinigten Staaten. Er erklärte die Ereignisse im Libanon als Teil einer breiteren, langfristigen Strategie der Vereinigten Staaten, die Kontrolle über große Öl- und Gasvorkommen zu erlangen. Die Vereinigten Staaten waren, erklärte Cole damals, waren nicht nur deswegen entschlossen, dieses Ziel zu erreichen, weil sie Öl und Gas benötigten. Die Vereinigten Staaten wollten auch den Zugang potentieller Konkurrenten wie China und Indien zu diesen Rohstoffen einschränken.
Cole widersprach damals genau der Behauptung, dass das normale Funktionieren des Marktes die Notwendigkeit der physischen Kontrolle der Ölquellen verringere. „Ich sollte bemerken, dass die ‚Fungibilität’ (der leichte Austausch) von Öl in der neuen Umgebung weniger wichtig ist als früher. Amerikanische Ölfirmen würden gerne wieder eigene Ölfelder im Nahen Osten besitzen, weil es hohe Profite verspricht, wenn man selbst entscheiden kann, wann wie viel gefördert wird… In unserer neuen Umgebung wird Öl wieder zu einer Ware, über deren Kontrolle es sich lohnt, Krieg zu führen.“ [Hervorhebung hinzugefügt]
Professor Cole warnte, dass der Kampf um die Kontrolle über die Ölfelder ein wesentlicher Faktor für die amerikanischen Vorbereitungen auf einen Krieg gegen den Iran sei. „In einem Worst Case Szenarium“, schrieb er, „würde Washington die militärische Option gegen den Iran auf dem Tisch haben, um Zugang zu seinen Bodenschätzen zu erlangen und ihn seinen Rivalen zu versperren.“
Cole brachte die israelischen Operationen im Libanon mit breiteren geostrategischen Erwägungen zusammen und gab die folgende scharfsinnige Zusammenfassung der langfristigen Pläne Amerikas:
“Falken denken vielleicht: Zerstört den Libanon, zerstört Hisbollah, und ihr verringert die strategische Tiefe des Iran. Zerstört das iranische Atomprogramm, und ihr macht ihn hilflos und verletzbar gegen das, was Israel dem Libanon angetan hat. Er wird anfällig für Regimewechsel und dafür, wieder unter den Einfluss der USA zu geraten. China wird der Weg versperrt, und die riesigen Mengen Erdgas werden für amerikanische Konzerne reserviert. Wenn Saddam und Khamenei weg sind, kann der ganze Golf neu auf die USA orientiert werden. Voilà: die USA vermeiden Probleme mit dem Öl in kritischen Zeiten, bis eine technologische Lösung gefunden ist, und sie vermeiden eine Situation, in der China und Indien bevorzugten Zugang zum Iran und zum Golf haben.
Das zweite amerikanische Jahrhundert beginnt. Der ‚Neue Nahe Osten’ ist der ‚Amerikanische Nahe Osten’.
Und alles beginnt mit der Zerstörung des Libanon.
In diesem Szenarium wird es noch mehr Kriege geben, weil der Schlag gegen den Libanon wie der Schlag gegen den Bodyguard eines Politikers ist. Den Bodyguard tötet man nicht, nur um den Bodyguard zu töten. Es ist nur die erste Phase einer größeren Operation.“
Heute scheint Professor Cole seine eigene Analyse zu widerrufen, ohne dass er erklärt, warum. Aber auch wenn Professor Cole seine Meinung geändert hat, sind seine Schriften von 2006 eine wirksame Widerlegung seiner heutigen Kriegsbefürwortung.
Würde Cole wie ein Historiker vorgehen, dann würde er seine Leser darauf hinweisen, dass die Feindschaft zwischen Libyen und den Vereinigten Staaten von Gaddafis Entscheidung herrührt, den Ölpreis drastisch zu erhöhen. Das war kurz nach dem Putsch vom September 1969, mit dem Gaddafi den von den USA unterstützten König Idris stürzte. Bis zur Machteroberung von Gaddafis radikal-nationalistischem Regime wurden die OPEC-Preise mehr oder weniger von den Vereinigten Staaten, mittels ihrer saudischen Marionetten, diktiert. Gaddafis Entscheidung bedeutete, dass der Ölpreis der amerikanischen Kontrolle entglitten war und von nun an von den politischen Absichten radikaler Nationalisten beeinflusst wurde.
Einer der ersten, die erkannten, welche Gefahr aus diesem neuen Kräfteverhältnis erwuchs, war der CIA-Mann Dr. Henry Kissinger, nationaler Sicherheitsberater (und später Außenminister) der Nixon-Regierung. Kissinger erinnert sich in seinen Memoiren, dass Gaddafi „ein bekennender Radikaler“ war, der „westlichen Einfluss ausmerzen wollte. Es war ihm egal, ob dadurch die globale Wirtschaft geschwächt wurde.“ [Years of Upheaval, Boston 1982, S. 859, aus dem Englischen]. Kissinger wurde sofort aktiv. “In einem Treffen am 24. November 1969”, erinnerte er sich, “warf ich die Frage auf, ob wir das Komitee der vierzig beauftragen sollten, die Möglichkeit verdeckter Operationen zu prüfen.“ [Ibid, S. 859-86] Zu Kissingers Enttäuschung drang er zu dem Zeitpunkt mit seinem Vorschlag nicht durch. Zehn Jahre später aber nahm die Reagan-Regierung einen Terroranschlag in Berlin zum Vorwand, um Tripolis zu bombardieren und Gaddafi selbst aufs Korn zu nehmen.
Cole lässt die Geschichte der letzten vierzig Jahre ruhen. Er sagt nichts zu der entscheidenden Rolle des libyschen Öls in den strategischen Plänen Europas und der Vereinigten Staaten, obwohl diese Frage in Fachjournalen, die sich mit zeitgenössischen geostrategischen Fragen befassen, ausführlich analysiert wird. Weder erwähnt er, noch erklärt er uns, warum die Europäische Union 2004 in Brüssel, 2007 in Paris und 2009 in Rom den „verrückten Hund“ Gaddafi mit offenen Armen aufnahm, oder warum Hillary Clinton 2009 Gaddafis Sohn Seif el-Islam offiziell im Außenministerium Willkommen hieß.
Eine Erklärung dafür liefern die Professoren Derek Lutterbeck und Georgij Engelbrecht, beides Experten für die Geopolitik Nordafrikas. Im November 2009 erklärten sie, dass Libyen „sich jetzt an einer Schnittstelle zwischen westlichen und russischen Energieinteressen befindet…“ In einer Analyse, die die Argumente von Cole von 2006 stützen, weisen sie darauf hin, dass der Westen es mit Sorge sah, als Libyen sich gegenüber Russlands Wunsch offen zeigte, Zugang zu seinen riesigen Öl- und Gasvorräten zu erlangen. [“The West and Russia in the Mediterranean: Towards a Renewed Rivalry,” Mediterranean Politics, 14: 3, S. 385-406, aus dem Englischen]
Staaten haben ein langes Gedächtnis und handeln langfristig. Die Unruhen in Libyen, die im Februar ausbrachen, boten den Vereinigten Staaten und Europa die Möglichkeit, sich eines politischen und ökonomischen Stachels im Fleisch zu entledigen, durch den vor über vierzig Jahren ihre Kontrolle über den globalen Ölmarkt unterminiert wurde. Unter dem Deckmantel von Volksbewegungen für Demokratie und sozialen Wandel im benachbarten Ägypten und Tunesien entschlossen sich die Vereinigten Staaten und Europa, Gaddafi loszuwerden. Obwohl Gaddafi sich in den letzten zehn Jahren verzweifelt um die Gunst der imperialistischen Mächte bemühte und sich auf eine enge Wirtschafts- und Sicherheitszusammenarbeit einließ, entschlossen sich Washington, London und Paris, ihn durch ein offen koloniales Marionettenregime in Tripolis zu ersetzen und die Uhr um 42 Jahre zurückzudrehen. Deshalb gerieten die Proteste in Bengasi, – was auch immer ihre anfänglichen Motive waren – rasch unter die Fittiche der imperialistischen Mächte. Ihre Agenten sorgten für militärische Konfrontationen mit dem Regime, die dann den Vorwand der „Menschenrechte“ für die Intervention der USA und der Nato lieferten. Dieses Szenarium hat der Imperialismus in der Vergangenheit schon oftmals mit Erfolg angewandt.
Professor Cole, der die Geschichte vergisst, zurückweist, was er gestern geschrieben hat, und die aktuellen geostrategischen und Klassenfragen ignoriert, vermitteln in seinen Schriften den Eindruck eines Mannes, der vollkommen den Boden unter den Füßen verloren hat. In einem neuen Blog schreibt er am 30. März: „Wenn die Nato mich braucht, dann bin ich bereit.“
Es ist eine Schande, dass Professor Cole, ein hervorragender Gelehrter, sich keine Sache vorstellen kann, die es mehr wert wäre, dass er sein Leben dafür einsetzt.