Ein Werkzeug des Imperialismus: Frankreichs Neue Antikapitalistische Partei unterstützt den Krieg gegen Libyen

Die neue anti-kapitalistische Partei und ihre Gesinnungsgenossen im pablistischen Vereinigten Sekretariat der Vierten Internationale (VS) haben ihre Unterstützung für die grundlose militärische Aggression der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen Libyen erklärt. Sie haben ihre Politik schamlos mit den Zielen der Großmächte in Einklang gebracht und argumentieren offen, dass der imperialistische Charakter des Angriffes auf Libyen irrelevant sei.

Ein Artikel vom 21. März (“Bomben über Libyen”) von Bertil Videt, einem Wissenschaftler des Internationalen Instituts für Forschung und Erziehung in den Niederlanden, auf dem International Viewpoint, der Website des VS, übernimmt uneingeschränkt die Begründung des französischen Imperialismus für den Krieg – d.h. dass das Eingreifen zur Unterstützung des Nationalrates der Rebellen in Bengasi gegen das Regime von Oberst Muammar Gaddafi auf Grund „humanitärer Erwägungen“ erfolge.

Videt beginnt: “Ist die Militäraktion gegen Libyen notwendig und hilfreich, um den Angriff von Gaddafis Regime auf seine Widersacher zu stoppen oder ist sie eine imperialistische Aggression aufgrund von strategischem Eigeninteresse, die die Situation des libyschen Volkes nur verschlechtern wird? Die internationale Linke ist in dieser Frage gespalten. Und die Frage ist wahrhaftig komplex und kann nicht durch vorgefasste Parolen wie die grundsätzliche Opposition gegen imperialistische Aggression oder die uneingeschränkte Unterstützung der Rebellen beantwortet werden.“

Die Frage, die Videt stellt, ist von abscheulicher Arglist. Das VS weiß genau, dass es sich bei diesem Krieg um einen Akt imperialistischer Aggression handelt, und es unterstützt ihn. Videt selber gesteht kurz ein, dass „wir alle natürlich wissen, dass Frankreich, Großbritannien und die USA nicht von einer plötzlichen freundlichen Anwandlung überkommen worden sind, sondern nach strategischen Interessen in der ölreichen Region handeln.“

Er erwähnt sogar die “Doppelmoral des Westens” bei der Behauptung, man bombardiere Libyen, um Leben zu retten. „Wie können wir glauben, dass Führer, die Mubarak bis zum Ende unterstützt haben und die sich noch immer weigern, das bahrainische Königshaus für seinen Einsatz tödlicher Waffen gegen friedliche Demonstranten zu verurteilen, ernsthaft durch die Situation der Menschenrechte in Libyen bewegt werden?“

Nachdem er diese Argumente vorgebracht hat, wischt Videt sie allesamt beiseite: “Keiner dieser Punkte ist, für sich gesehen, ein Argument, sich einer Flugverbotszone über Libyen zu widersetzen. Die Ablehnung eines militärischen Eingreifens durch den Westen erfordert eine bessere Analyse der Risiken und möglicher Szenarien am Boden. Und wir müssen uns auch einigen recht schwierigen Gegenargumenten widmen – namentlich der Tatsache, dass die Führer der Oppositionskräfte eine Flugverbotszone verlangt haben und dass wir bessere Alternativen bieten müssen, als nur Solidaritäts- und Anti-Imperialismus-Blogs zu posten.“

Mit einer solchen Erklärung offenbart das VS seine offene Feindseligkeit gegenüber dem Marxismus, der darauf besteht, dass sich die Haltung einer Arbeiterpartei gegenüber einem Krieg immer auf den sozialen Charakter und den Klassencharakter der Regimes gründen muss, die ihn führen. Insbesondere widersetzen sich Marxisten grundsätzlich einem Krieg, der von führenden imperialistischen Mächten wie den USA, Großbritannien und Frankreich gegen ein unterdrücktes, ex-koloniales Land wie Libyen geführt wird. Videt dagegen hat es viel zu eilig, als dass er sich mit politischen Prinzipien abgeben würde.

Seine “Alternative”, die vollständig mit der Politik der imperialistischen Mächte übereinstimmt, lautet, die vom Westen unterstützten Kräfte in Libyen zu bewaffnen: “Wir können und sollten uns dafür einsetzen, Luftabwehrgerät und andere Waffen an die Rebellen zu liefern – damit sie bessere Chancen haben, gegen die Gaddafi-Kräfte vorzugehen, die seit Jahrzehnten vom Westen ausgerüstet wurden. Glücklicherweise schickt die derzeitige Interims-Regierung in Ägypten (dessen Grenze nahe Bengasi verläuft) Waffen auf dem Seeweg über die Grenze.“

Olivier Besancenot, Sprecher der NPA, macht ähnliche Vorschläge und empfiehlt Frankreich, Waffen an die libysche Opposition zu senden: „Unsere ganze Solidarität gilt dem libyschen Volk, dem wir die Mittel zu seiner Selbstverteidigung und die Waffen, die es braucht, um den Diktator zu vertreiben und Freiheit und Demokratie zu erlangen, zur Verfügung stellen sollten.“

Die Erklärungen des VS zielen darauf ab, die Politik von Regierung und Medien in Frankreich und anderswo zu unterstützen: Keine Opposition gegen das Prinzip der Intervention ist möglich, denn sie ist mit dem heiligen Ziel der Verteidigung der „revolutionären“ Anti-Gaddafi-Kräfte versehen. Am drastischsten trat diese Position in einem Interview („Was passiert in Libyen?“) mit Gilbert Achcar von der Londoner School of Oriental und African Studies zutage, das von der NPA und dem VS veröffentlicht wurde.

Er sagte: “Würde es Gaddafi erlaubt, seine militärische Offensive fortzusetzen und Bengasi einzunehmen, dann käme es zu einem riesigen Massaker. Hier ist ein Fall, in dem eine Bevölkerung sich in wirklicher Gefahr befindet, und es gibt keine plausible Alternative, die sie schützen könnte. Es blieben nur noch Stunden oder bestenfalls Tage, bis es zum Angriff von Gaddafis Kräften gekommen wäre. Du kannst dich nicht im Namen antiimperialistischer Prinzipien einer Aktion widersetzen, die ein Massaker an Zivilisten verhindert.“

Schon die Ausdrücke, die das VS benutzt, verleihen seiner Haltung einen kleinbürgerlichen, pro-imperialistischen Charakter. Was sich in Libyen abspielt, ist keine „Situation humanitärer Rechte“ und schon gar nicht ist es das Ziel westlicher Mächte, eine „Flugverbotszone“ durchzusetzen, um in Bengasi den Frieden aufrecht zu erhalten.

Dass westliche Streitkräfte große Teile der libyschen Luftwaffe und Armee zerstören und Bomben auf Tripolis und andere libysche Städte regnen lassen, bedeutet eine massive Intervention in den Bürgerkrieg in Libyen. Ziel ist es, die rechtsgerichtete Clique in Bengasi zu benutzen, um Libyen einzunehmen. Diese rechte Clique wird vom VS regelmäßig als „das libysche Volk“ dargestellt, über deren Charakter sich das Vereinigte Sekretariat (VS) praktisch ausschweigt. Das Ergebnis wird ein unterwürfiges pro-westliches Regime in einer strategischen, ölreichen Region sein, die von revolutionären Kämpfen gegen westlich gestützte Diktatoren erschüttert wird.

Die erfundenen “humanitären” Argumente, mit denen der Libyen-Krieg gerechtfertigt wird, entlarven die NPA und ihre Gesinnungsgenossen im VS als pro-imperialistische Parteien.

Derartige “humanitäre” Gründe für den Krieg sind im gesamten zwanzigsten Jahrhundert immer wieder angeführt worden, oft ohne jede Berechtigung, um imperialistische Invasionen zu legitimieren. Ein neuerliches Beispiel hierfür waren die Bombenangriffe der Nato auf den Kosovo im Jahr 1999, die durch wild übertriebene Pressebehauptungen gerechtfertigt wurden, dass der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic Hunderttausende von Kosovo-Albanern massakriere. Obwohl man heute davon ausgeht, dass die Zahl der Opfer der jugoslawischen Operationen nur einige hundert betrug, nahm die Nato dies als Vorwand, um Serbien und den Kosovo zu bombardieren. Dagegen wurde mit der kosovarischen Befreiungsarmee eine kriminelle Organisation unterstützt, die, wie man heute weiß, aktiv am illegalen Organhandel beteiligt war.

Wenn man alle politischen Prinzipien über Bord wirft und nur noch das Kriterium, „Leben zu retten“ gelten lässt, dann gibt es praktisch kein Land im Nahen Osten, Afrika oder Asien mehr, dessen Invasion das VS nicht unterstützen könnte. In Regionen, in denen jedes Land mit ethnischen Konflikten und Ablösungstendenzen zu kämpfen hat, können die Westmächte eine Invasion immer mit der Rettung des Lebens der Kräfte rechtfertigen, die sie unterstützen.

Im Falle Libyens trug das VS von Anfang an seinen Anteil zur Kriegspropaganda in den imperialistischen Ländern bei, die Anfang März begann.

Am 3. März – dem Tag, nachdem der Nationalrat ein westliches militärisches Eingreifen in Libyen gefordert hatte – veröffentlichte es eine Erklärung mit dem Titel „Unterstützt die libysche Revolution! Weg mit Gaddafi!“ und lobte den „Kampf bis auf den Tod zwischen dem Volk und der Diktatur“ in Libyen.

Diese Aggressivität bei der Unterstützung des Krieges war umso aufschlussreicher, da es der französische Imperialismus war, der die führende Rolle bei der Kriegstreiberei spielte. Wenn man nur die Kommentare der NPA und des VS las, wäre man nie auf die Idee gekommen, dass es sich bei der Kraft, von der sie behaupteten, sie unterstütze eine „Revolution“ in Libyen, um die zutiefst unpopuläre rechtsgerichtete Regierung des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy handelte.

Bezeichnenderweise haben solche Positionen das VS in Konflikt mit politischen Kräften gebracht, die es jahrzehntelang als Vorbilder präsentiert hat: die lateinamerikanischen bürgerlich-nationalistischen Regimes von Hugo Chavez in Venezuela, Daniel Ortega in Nicaragua und Fidel Castro in Kuba. Die lateinamerikanischen Regimes warnten aufgrund langer Erfahrungen mit US-gestützten Putschs vor dem Risiko westlicher Intervention. Sie kennen den Militärpusch von 2002 gegen Chaves in Venezuela, den konterrevolutionären Contra-Aufstand in Nicaragua und die Schweinebucht-Invasion in Kuba.

Die VS-Erklärung verurteilte deshalb auch die lateinamerikanischen Nationalisten. Es hieß: „Wir stimmen absolut nicht mit den Positionen ein, die Hugo Chavez, Daniel Ortega und Fidel Castro eingenommen haben. Fidel Castro hat das Risiko einer Intervention durch den amerikanischen Imperialismus verurteilt, anstatt den Kampf des libyschen Volkes zu unterstützen. Was Hugo Chavez angeht, so hat er seine Unterstützung für den Diktator Gaddafi wiederholt.“

Die Erklärung versuchte, ihre pro-imperialistische Linie hinter pseudo-linkem Jargon zu verstecken: “Diese Positionen sind inakzeptabel für die revolutionären, progressiven und antiimperialistischen Kräfte der gesamten Welt. Man stellt sich dem Imperialismus nicht in den Weg, indem man Diktatoren unterstützt, die ihr Volk massakrieren, das sich revolutionär erhebt. Das kann nur den Imperialismus stärken. Die fundamentale Aufgabe der revolutionären Bewegung auf internationaler Ebene ist es, diese Revolutionen zu verteidigen und sich dem Imperialismus zu widersetzen, indem sie diese Revolutionen unterstützt, und nicht die Diktatoren.“

Diese Passage ist ein klassisches Beispiel für die betrügerische Phrasendrescherei des VS. Die Erklärungen der lateinamerikanischen Nationalisten waren für das VS nicht deshalb inakzeptabel, weil es für „antiimperialistische Kräfte“ sprach, sondern weil es die Unterstützung eines reaktionären Krieges durch den westlichen Imperialismus vorbereitete.

Um den Warnungen der lateinamerikanischen Nationalisten vor dem Risiko des Krieges entgegenzuwirken, veröffentlichte das VS sogar eine von ihrer belgischen Partei, der LCR-SAP (Revolutionary Communist League-Socialist Workers Party) verfasste Erklärung, die insbesondere den „Bankrott des Chavismus“ verurteilte.

Sie warf Chavez und Castro vor, anzudeuten, dass es „nicht dringend geboten sei, das Blutbad zu verurteilen, das von Gaddafi an seinem Volk verübt wurde, und sich dem Lager des Volksaufstandes anzuschließen, sondern dass es in ihren Augen dringlich sei, gegen eine zukünftige und hypothetische Intervention der Nato zu demonstrieren. Deshalb sollten wir im Namen eines Verbrechens, das nicht mehr als eine vage Möglichkeit darstellt, über ein tatsächliches Verbrechen, das wirklich stattfindet „den Mund halten“.

Wie die Ereignisse gezeigt haben, gab es nichts “Vages” oder “Hypothetisches” am Risiko eines Nato-Krieges gegen Libyen. Nichtsdestoweniger stritt das VS hysterisch ab, dass eine imperialistische Intervention möglich war.

Die LCR-SAP tat solche Warnungen als “wahnsinnige Verschwörungstheorien” ab und schrieb: “Es gibt nichts ‚Einzigartiges‘ oder ‚Besonderes‘ an der Revolution in Libyen, keine vom CIA oder von Bin Laden angeführte ausländische Verschwörung; im Gegenteil, sie ist integraler Bestandteil des Prozesses der arabischen Revolution, die in der Region ausbricht.“

Selbst zur damaligen Zeit waren solche Kommentare sichtlich falsch. In der Woche, bevor das Dokument der LCR-SAP veröffentlicht wurde, war die Presse voll von Berichten, dass britische, italienische und französische Spezialeinheiten in Libyen unter dem Deckmantel „humanitärer“ Flüge nach Libyen aktiv waren. Mit dem Ausbruch einer massiven Bombardierung durch die westlichen Mächte ist die Rolle des VS als Propagandist imperialistischer Kriege jedoch restlos aufgedeckt.

Während die französische Regierung vor dem Krieg eine UN-Resolution gegen Libyen forderte, kollaborierte die NPA mit ihren üblichen Partnern in Frankreichs bürgerlicher „Linken“, angeführt von der Sozialistischen Partei (PS), und versuchte, humanitäre Argumente für einen Angriff auf Libyen zu finden.

Die NPA unterschrieb gemeinsame Erklärungen zu Libyen mit dem Solidaritätsbündnis mit dem libyschen Volk, einer Gruppe, die großenteils aus kleineren Satellitenparteien der PS besteht.

Wie angesichts der Verlogenheit von Frankreichs rechten „Linken“ zu erwarten war, bedeutet „Solidarität mit dem libyschen Volk“, einen Krieg zu unterstützen, der gegen es geführt wird. Am 17. März, dem Tag, an dem der UN-Sicherheitsrat für die Resolution 1973 stimmte, gab es eine Erklärung heraus, in der die „Anerkennung des Nationalrates“ als der „einzig legitimen Vertretung des libyschen Volkes“ gefordert wurde.

Einige der PS-Satelliten in dem Bündnis, wie Europe-Ecologie und die Linkspartei (PG) von Jean-Luc Mélenchon, eine Absplitterung von der PS, haben offizielle Erklärungen herausgegeben, die den Krieg gegen Libyen befürworten. Europe-Ecologie, ein langjähriger Regierungspartner der PS, behauptete, dass das „internationale Recht dadurch gestärkt wird“.

Was Mélenchon angeht, so erzählte er der Tageszeitung Libération, dass er „für eine militärische Operation in Libyen“ sei und erklärte: „Wir müssen den Tyrannen zerbrechen, um die Zerstörung der Revolution zu verhindern.“

Mit dem Argument hausierend, dass die westliche Intervention in Libyen das Ziel habe, Leben zu retten, recyceln diese Parteien nur die Argumente, die ziemlich offen von führenden Strategen des französischen Imperialismus angeführt werden. So bejubelte Ex-Außenminister Hubert Védrine von der PS die UN-Resolution 1973 – die die westlichen Mächte durchpeitschten, um ihren Angriff auf Libyen zu rechtfertigen – als “historisch”. Vedrine verantwortete Frankreichs Teilnahme an der Invasion Afghanistans 2001.

Védrine lobte die Resolution, weil sie Großmächten erlaubt, unter dem Deckmantel des Schutzes der Zivilbevölkerung in Länder einzufallen. Er sagte gegenüber Le Nouvel Observateur, dass die UN-Resolution 1973 “die Realisierung eines Prinzips ist, das einige Jahre zuvor unter Kofi Annan ausgearbeitet wurde, nämlich des Prinzips der ‚Verantwortung, zu schützen’: ein Konzept, auf dessen Grundlage UN-Mitgliedsstaaten übereinkamen, die sensible Debatte über das Recht auf Intervention zu beenden.“

Klarer ausgedrückt: Imperialistische Diplomaten wie Védrine haben beschlossen, dass es am besten ist, wenn sie ihr Recht, Länder nach freiem Ermessen anzugreifen und zu erobern, nicht direkt geltend machen. Stattdessen ziehen sie es vor, dieses Prinzip unter dem Deckmantel des „Schutzes der Zivilbevölkerung“ in den angegriffenen Ländern durchzusetzen. Diese Formulierung hat nicht nur den Vorteil, dass sie das, was stattfindet, verschleiert, sondern erlaubt der herrschenden Klasse auch noch, die aktive Unterstützung einer ganzen kleinbürgerlich-„humanitären“ Schicht zu mobilisieren, die durch das VS und die Parteien repräsentiert werden, mit denen es in Frankreich und international zusammenarbeitet.

Diese Kräfte unterstützen Kriege, obwohl sie sich über deren rechtsgerichtete Motive und den rechten Charakter der Alliierten des Imperialismus in Libyen im Klaren sind. Dies wird durch den Inhalt von Achcars Interview kristallklar gemacht, das vom VS veröffentlicht wurde.

Achcar kommetierte, die Opposition sei “sehr heterogen”. Er fuhr fort: „Was die verschiedenen Kräfte vereint, ist die Ablehnung der Diktatur und das Verlangen nach Demokratie und Menschenrechten. Darüber hinaus gibt es viele verschiedene Perspektiven. Konkret in Libyen gibt es eine Mischung aus Menschenrechtsaktivisten, Befürwortern der Demokratie, Intellektuellen, Stammeselementen und islamischen Kräften – eine sehr breite Ansammlung…Die libysche Bewegung schließt auch einige Teile der Regierung und der Streitkräfte ein, die mit ihrer Führung gebrochen und sich der Opposition angeschlossen haben.“

Diese Beschreibung der sozialen Zusammensetzung des Nationalrates zerstört die zynischen Behauptungen von Achcar, Videt und Co., man kämpfe für die Revolution in Libyen. Tatsächlich gehören zu den Führern des Nationalrates Ex-Justizminister Mustafa Abdul Jalil und General Abdel Fattah Younis al Obaidi, Kommandant der libyschen Thunderbolt-Einheit, die mit britischen SAS-Kräften trainiert hat. Solche Leute, sowie die verschiedenen Stammesführer und Islamisten im Nationalrat, haben wohl kaum ein „Verlangen“ nach Demokratie.

Der Nationalrat ist keine Fortsetzung der revolutionären Arbeiterkämpfe in Ägypten und Tunesien. Die Volksproteste, die es in den ersten Tagen der libyschen Krise gab – Jugendproteste und Ölstreiks – wurden vom Nationalrat in eine vollkommen andere Richtung gelenkt.

Sie haben nicht versucht, eine politische Massenbewegung gegen das Regime zu mobilisieren, sondern haben mit der Unterstützung des westlichen Imperialismus einen militärischen Kampf innerhalb des Regimes gegen die Gaddafi-Loyalisten organisiert. Sie haben wiederholt Luftangriffe und die Intervention der Nato in Libyen verlangt, deren Ziel es sein sollte, sie an die Macht zu bringen.

Sollte der Nationalrat an die Macht kommen, wäre er eine Basis für die pro-imperialistische Reaktion gegen die revolutionären Arbeiterkämpfe, die sich in der Region entwickeln – vor allem bei Libyens Nachbarn, Ägypten und Tunesien. Dies wird am deutlichsten an der Zusammenarbeit mit der von den USA gestützten Armee Ägyptens, die mit diktatorischen Mitteln versucht, die massiven Streiks und Proteste zu beenden, die zur Abdankung des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak am 11. Februar führten.

Der Nationalrat würde auch, wie die NPA wohl weiß, dem Griff der westlichen Konzerne nach dem Öl gefügig sein. Achcar bemerkte, dass „die westliche Reaktion natürlich nach Öl riecht“ und fügte hinzu: „Nur Frankreich sprach sich sofort für ein starkes Handeln aus, was sehr wohl an der Tatsache liegen könnte, dass Frankreich – im Gegensatz zu Deutschland (das sich bei der Abstimmung im Sicherheitsrat der Stimme enthielt), Großbritannien und vor allem Italien – keine größeren Anteile an der libyschen Ölförderung besitzt und sicherlich darauf hofft, nach Gaddafi einen größeren Anteil daran zu bekommen.“

Dieser Artikel macht klar, dass die Behauptung der NPA, die westlichen Mächte griffen Libyen an, um Leben zu retten, eine zynische und bewusste Täuschung ist. Sie weiß, dass das Ziel der Westmächte ein Regimewechsel ist oder, wie Achcar es nennt, ein „Post-Gaddafi-Libyen“. Das wird Frankreich und anderen Mächten erlauben, Libyens Ölvorräte zu plündern, die Gaddafi zwischen 1971 und 1974 großenteils verstaatlicht hatte, und einen rechtsgerichteten Satellitenstaat in Tripolis zu errichten.

Achcar – und hier spricht er für alle “humanitären” und “revolutionären” Elemente der NPA und ebenso des VS – applaudiert nichtsdestoweniger dem Krieg der Westmächte gegen Libyen zur Eroberung seines Öls.

Die Unterstützung der imperialistischen Intervention in Libyen durch die NPA und das VS markieren einen grundlegenden Wendepunkt in der Evolution dieser Parteien und enthüllen sichtlich den Charakter der pablistischen Kräfte, die sich 1953 von der Vierten Internationale abspalteten. Sie begannen als Revision des Trotzkismus, als politische Anpassung an den Stalinismus und den Dritte-Welt-Nationalismus, und behaupteten, diese Kräfte könnten zu revolutionärer Politik gedrängt werden. Sie wuchsen im kleinbürgerlichen Sozialmilieu der radikalen Bewegungen der sechziger und siebziger Jahre heran.

Zu jener Zeit war die Revolutionäre Kommunistische Liga (LCR) – die Vorgängerin der heutigen NPA, die 2009 gegründet wurde, eine Gruppe, die sich großenteils auf „trotzkistisch angehauchte guevaristische“ radikale Studenten stützte. Diese Generation stellt immer noch die Führungsspitze der NPA (Leute wie Alain Krivine und François Sabado), sowie frühere Mitglieder, die ihre Kontakte in den herrschenden Parteien sind, wie Henri Weber von der PS.

Die politische Evolution dieser Strömungen und der Personen, die sie führen, spiegelt den Weg einer ganzen Schicht von kleinbürgerlichen Ex-Radikalen wider – wie in der Grünen Bewegung Daniel Cohn-Bendit und der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer –, die es von unzufriedenen radikalisierten Studenten zu im Überfluss lebenden politischen Karrieristen gebracht haben.

Historische Vorläufer zu den Leuten, die jetzt in der Führung der NPA sitzen, wären Politiker wie Pierre Laval. Er begann als Sozialdemokrat und überlegte eine Weile sogar, ob ein Eintritt in die Kommunistische Partei seiner politischen Karriere gut tun könnte, bevor er sich der Rechten anschloss und Premierminister der pro-nationalsozialistischen Vichy-Regierung während des zweiten Weltkrieges wurde.

Die Führer der LCR und nun der NPA haben eine ähnlich zynische, karriereorientierte Haltung gegenüber dem politischen Leben und seinen Ideen und passen sie den wechselnden Bedürfnissen der herrschenden Klasse an – selbst wenn das, wie jetzt, die Unterstützung eines Angriffskrieges bedeutet.

Dies wirft ein noch schärferes Licht auf die politische Umbenennung der LCR in NPA im Jahr 2009, auf der Grundlage einer ausdrücklichen Zurückweisung der vollkommen unberechtigten Assoziation mit dem Trotzkismus, den die LCR auf Grund der lange vergangenen „trotzkistisch angehauchten guevaristischen“ Ursprünge ihres Führungskaders beibehielt. Über einen Zeitraum von Jahrzehnten vorbereitet, verkündete sie die vollständige Integration der Bewegung in die bürgerliche Politik, den Dunstkreis der PS und den französischen Imperialismus.

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale schrieb damals: “Die LCR richtet sich mit ihrer eigenen Auflösung in der Tat gegen Trotzkis Erbe: Gegen das Beharren auf der vollständigen politischen Unabhängigkeit der Arbeiterklasse, den revolutionären Internationalismus und die unversöhnliche Opposition gegenüber jeglicher Zusammenarbeit mit dem bürgerlichen Staat, gegen die stalinistischen und sozialdemokratischen Bürokratien und alle Spielarten des bürgerlichen Nationalismus und von kleinbürgerlichem Radikalismus.

Dass die LCR sich den Anti-Kapitalismus als ihre wegweisende Ideologie ausgesucht hat, stellt im Zusammenhang mit der europäischen und insbesondere der französischen Politik einen kolossalen Schritt rückwärts und nach rechts dar. Politisch verschwommen, wendet sie sich allen Arten sozialer Unzufriedenheit zu, ungeachtet ihrer Klassengrundlage oder ihrer Orientierung. Der Begriff ist für große Teile des rechten und des linken Kleinbürgertums akzeptabel. Vom Anarchismus Joseph Proudhons in der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu den gewalttätigen rechtspopulistischen Protesten Pierre Poujades in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts.“

In ihren Schriften und Erklärungen, segelt die NPA nun unter falscher Flagge. Um ihre Verhandlungen mit den Gewerkschaften und anderen bürgerlichen Parteien in Frankreich zu erleichtern – mit denen sie verschiedene Wahldeals aushandelte und den Ausverkauf von Arbeiterkämpfen durch die Gewerkschaften deckt – streitet sie offen ab, eine trotzkistische Partei zu sein. Nichtsdestoweniger präsentiert sie sich auf ihren Websites, die sich mit internationalen Fragen beschäftigen, wie zum Beispiel auf International Viewpoint und Europe Solidaire Sans Frontières als „Vierte Internationale“.

Ziel dieser Operation ist es, fälschlicherweise den Anschein einer trotzkistischen Partei zu erwecken, um so im Ausland “linke” Glaubwürdigkeit zu erlangen. Ihre bewusste Unterstützung imperialistischer Kriege zeigt jedoch, dass diese Partei keinerlei Verbindung mehr zu sozialistischer Arbeiterpolitik irgendeiner Art hat. Die NPA, wie die breitere Gruppe sogenannter „linker“ Parteien in Frankreich, in der sie operiert, und ihre Gesinnungsgenossen im VS, haben ihren Platz im Lager der sozialen Reaktion gefunden.

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