Auf große Resonanz stieß Anfang des Monats eine weltweite Online-Kundgebung, die zum Maifeiertag von der World Socialist Web Site und dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale abgehalten wurde. Einer der Redner war Wije Dias, der nationale Sekretär der Socialist Equality Party von Sri Lanka. Wir veröffentlichen hier eine Übersetzung seines Beitrags.
Mit großer Begeisterung nehmen die Mitglieder und Anhänger der Socialist Equality Party von Sri Lanka an dieser internationalen Online-Kundgebung zum Maifeiertag teil, zu der das Internationalen Komitee der Vierten Internationale aufgerufen hat.
Indem das IKVI zu dieser Kundgebung aufruft, verleiht es den großen historischen Traditionen des Maifeiertags Ausdruck. Marxisten feierten diesen Tag seit seiner Einführung als den Tag der Solidarität der Arbeiterklasse, die alle nationalen, kommunalen und ethnischen Grenzen überschreitet. Dadurch, dass es die Initiative ergriffen hat und diese Tradition wiederbelebt, erweist sich das IKVI einmal mehr als weltweit einzige authentische internationale sozialistische Partei der Arbeiterklasse.
Wie die vorhergehenden Sprecher schon unterstrichen haben, stoßen einhundert Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs die imperialistischen Mächte, angeführt von den Vereinigten Staaten, die Welt erneut an den Rand eines weiteren barbarischen Gemetzels. Damit wird die Tatsache herausgestrichen, dass nach zwei Weltkriegen, Faschismus und Militärdiktaturen in vielen Teilen der Welt, keiner der fundamentalen Widersprüche des Kapitalismus gelöst wurde.
Die unwiderlegbare Schlussfolgerung, die die Arbeiterklasse zu ziehen hat, ist, dass die dahinsiechende kapitalistische Weltordnung gestürzt und durch den Weltsozialismus ersetzt werden muss.
Die Russische Revolution, die von der bolschewistischen Partei unter Lenin und Trotzki im Oktober 1917 angeführt wurde, stellte den ersten Schritt bei der Verwirklichung dieser internationalen sozialistischen Alternative zum Kapitalismus dar. Die Perspektive, die sie leitete, basierte auf der Theorie der permanenten Revolution, welche von Trotzki im Jahr 1906 konzipiert wurde, als er die Erfahrung der Niederlage bei der Russischen Revolution von 1905 einer sorgfältigen marxistischen Analyse unterwarf.
Die Theorie der permanenten Revolution hält an der unabhängigen und führenden politischen Rolle der Arbeiterklasse fest, die nur auf diese Weise die verspäteten demokratischen Aufgaben, wie nationale Einigung und Befreiung von kolonialer, grundherrlicher und auf Kastendenken beruhender Unterdrückung verwirklichen kann, sowie an der historischen Untrennbarkeit dieser Aufgaben vom Kampf um internationalen Sozialismus. Die Ausbreitung der Revolution von Russland auf die Weltarena wurde nicht von einer dem Imperialismus innewohnenden Stärke aufgehalten, sondern von den Verrätereien der opportunistischen Führer der Sozialdemokratie, denen sich später die stalinistischen Bürokratien anschlossen, die den Internationalismus zugunsten ihres nationalistischen Programms des „Sozialismus in einem Lande“ zurückwiesen.
Unsere Bewegung, das IKVI, wurde im Jahr 1953 begründet, um der von Pablo und Mandel repräsentierten revisionistischen Tendenz Herr zu werden, die innerhalb der Vierten Internationale aufgetreten war. Die Pablisten kapitulierten vor der Stabilisierung des Kapitalismus in der Nachkriegsphase und wiesen die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse zurück. Das IKVI steht in der Kontinuität Trotzkis und der Wiederbewaffnung der Weltarbeiterklasse mit wissenschaftlichem sozialistischem Bewusstsein, damit die historische Aufgabe der sozialistischen Weltrevolution durchgeführt werden kann. Diese machtvolle revolutionäre Tradition wird in dieser Versammlung wieder wachgerufen.
Die rapide sich verschärfende weltökonomische und politische Krise bestätigt die Richtigkeit unseres theoretischen und politischen Kampfes der vergangenen sechs Jahrzehnte. Nicht nur, dass die von allen Opportunisten überschwänglich bejubelte Stabilisierung des Kapitalismus in tausend Scherben zerfiel, sondern auch das bei der Auflösung der Sowjetunion vollmundig erklärte „Ende der Geschichte“ erwies sich als komplette Verkennung.
Erneut marschiert die Geschichte mit Siebenmeilenschritten. Soziale und politische Konflikte brechen in allen Teilen des Planeten aus und die dunklen Wolken des Atomkrieges ziehen herauf. Machtvoll treten die Alternativen vor die Menschheit: entweder Sozialismus, auf den Interessen der internationalen Arbeiterklasse begründet, oder kapitalistische Barbarei.
Der Sozialismus ist ein internationales Projekt. Dass das IKVI als einzige politische Bewegung auftritt, die darum ringt, die Arbeiterklasse und die unterdrückten Massen mit der historischen und internationalen Perspektive zu bewaffnen, die sie für ihre revolutionären Erhebungen benötigen, verdankt es seinem unnachgiebigen Kampf gegen alle Formen des nationalen Opportunismus, durch den es hierzu gerüstet wurde.
Wie die Kämpfe der jüngsten Periode bereits aufzeigten, ist das Verständnis von Trotzkis Theorie der permanenten Revolution von entscheidender Bedeutung. Die ägyptische Revolution, die im Jahr 2011 ausbrach, demonstrierte die komplette Wertlosigkeit der Versprechen, die von allen Teilen der Bourgeoisie gemacht wurden: vom Militär, von der Muslimbruderschaft und von Liberalen wie El Baradei. Sie alle hängen an tausenden Strippen, die sie an den Imperialismus binden und sie alle stehen jeder unabhängigen Bewegung der Arbeiterklasse in grimmigster Feindschaft gegenüber. Alle von ihnen singen das Lied, das Washington aufspielt.
Millionen Arbeiter traten in den Kampf gegen die Mubarak-Diktatur und ihr Austeritätsprogramm, das vom gesamten politischen Establishment befürwortet wird. Doch ihre mutigen Kämpfe wurden von dem einen oder anderen Teil der Bourgeoisie abgelenkt. Was fehlte, war ein revolutionäres Programm und eine Partei, um die Arbeiterklasse und nach ihr die städtischen und ländlichen Massen gegen die Kapitalistenklasse als Ganze zu mobilisieren.
Lehren müssen auch aus dem Massaker an den streikenden Bergarbeitern in den südafrikanischen Platinminen im Jahr 2012 gezogen werden. Zwei Jahrzehnte lang bejubelten die herrschenden Klassen der ganzen Welt den Afrikanischen Nationalkongress (ANC), der die Apartheid abschaffte, als einen großen Schritt vorwärts für die Bevölkerung Südafrikas. Wo auch immer Nelson Mandela hinging, wurde er als großer Streiter für die Armen und Unterdrückten gefeiert. Doch die Erschießung von 34 Bergleuten in Marikana, die von der Polizei der ANC-Regierung verübt wurde, führt vor Augen, dass die Arbeiterklasse ihr Schicksal keinem Teil der Bourgeoisie anvertrauen kann – unabhängig davon, welche Hautfarbe dieser trägt.
Unter dem ANC wurde Südafrika zu einem der ungleichsten Länder der Welt. Er begünstigte eine schmale Schicht schwarzer Kapitalisten und drängte die Mehrheit der arbeitenden Menschen in elende Armut.
Dasselbe gilt auch für andere Teile Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Das Versprechen von Demokratie und besserem Lebensstandard, das bei der formalen Unabhängigkeit gemacht wurde, erwies sich völlig inhaltslos. Im Jahr 1948 waren es allein die srilankischen Trotzkisten, die die Übergabe der Macht von den Briten an ihre Steigbügelhalter vor Ort als eine vorgetäuschte Unabhängigkeit anprangerten und den Kampf für die Vereinigung und Mobilisierung der Arbeiterklasse zur Übernahme der Macht aufnahmen.
In jedem Land erwies sich die bürgerliche Herrschaft als eine Katastrophe für die Arbeiterklasse und die ländlichen Massen. Um ihre Macht zu erhalten, zögerten die Regierungen nicht, Polizeistaatsmethoden anzuwenden und bewusst ethnische, religiöse, Stammes- und Sprachunterschiede zu befeuern, um die Arbeiterklasse zu desorientieren und zu spalten. Indien, das beständig als die größte Demokratie der Welt gepriesen wird, wurde im Jahr 1947 in einer schändlichen Abmachung mit dem britischen Imperialismus gegründet, die eine Teilung des Subkontinents vorsah. Über eine Million Menschenleben gingen in dem kommunalen Gemetzel verloren, das daraufhin ausbrach, und Südasien blutet bis auf den heutigen Tag infolge dieser Ereignisse.
Der tamilenfeindliche Kommunalismus, den die srilankische Bourgeoisie seit 1948 betreibt, führte zu einem 30-jährigen Bürgerkrieg, der erst im Jahr 2009 beendet wurde. Und ebenso wie viele bürgerliche bewaffnete Befreiungskämpfe, erwies sich der Krieg, den die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) führten, als ein Unglück für die tamilische Bevölkerung. Die LTTE wurde nicht durch die militärische Stärke des srilankischen Militärs besiegt, sondern von ihrer eigenen reaktionären Perspektive. Ihr nationales, separatistisches und proimperialistisches Programm bedeutete, dass die LTTE organisch unfähig war, in irgendeiner Weise an die singhalesischen Arbeiter oder an die Arbeiterklasse in Indien oder sonst wo in der Welt zu appellieren. Solche Erfahrungen wiederholten sich überall in Asien, Afrika und Lateinamerika.
Jetzt, wo der US-Imperialismus in jedem Erdteil interveniert, um seine unangefochtene Herrschaft über die Welt aufrechtzuerhalten, schütteln die herrschenden Klassen ganz Asiens alles von sich, was an Belanglosigkeiten von ihren antiimperialistischen Ambitionen noch übriggeblieben sein mag, und bereiten sich darauf vor, die Arbeiterklasse in die Barbarei eines Weltkrieges hineinzuzerren.
Allein das Internationale Komitee der Vierten Internationale führte den Kampf zur Verteidigung von Trotzkis Theorie der permanenten Revolution gegen den Stalinismus und seine Apologeten. Sie ist die Perspektive, die die neue Generation von Revolutionären, die jetzt die Bühne betreten, zum Kampf gegen Krieg und immer weiter gehende Angriffe auf die Lebensbedingungen und demokratischen Rechte begeistern muss.
Die starke Resonanz der Arbeiter und Jugendlichen aller Kontinente auf die internationale Kundgebung des IKVI zum Maifeiertag ist ein unleugbares Zeichen der wiederkehrenden revolutionären Welle. Die Socialist Equality Party in Sri Lanka, die sich auf jahrzehntelange Erfahrungen im Kampf um die permanente Revolution stützt, verspricht jenen in ganz Asien, die neue Sektionen der trotzkistischen Bewegung als neue revolutionäre Führung der Arbeiterklasse errichten wollen, dazu jegliche Unterstützung.