In Großbritannien gibt es anhaltende Auseinandersetzungen um den von Prince Charles gezogenen Vergleich des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Adolf Hitler.
Der Prince of Wales und britische Thronfolger machte seine Bemerkungen bei einem offiziellen Termin in Halifax, Nova Scotia, in Kanada. In einem Gespräch mit der 78-jährigen Marianne Ferguson, die Angehörige im Holocaust verloren hat, sagte der Prinz: “Jetzt macht Putin fast dasselbe wie Hitler”.
Die Aussage wurde zuerst von der Daily Mail wiedergegeben. Ein Sprecher des russischen Außenministeriums sagte, der Vergleich sei “inakzeptabel” und Teil einer “Propagandakampagne” gegen Moskau. Der stellvertretende Botschafter Russlands in Großbritannien traf sich mit leitenden Mitarbeitern des Außenministeriums, um festzustellen, ob es sich um einen “offiziellen Standpunkt” handelt.
“Die Stellungnahme von Clarence House [Residenz des Thronfolgers] lautet: Es war ein Privatgespräch”, sagte der Sprecher. “Wir hoffen, dass nichts dahinter steckt. Aber uns ist nicht klar: Was hat es zu bedeuten? Er ist der zukünftige König. War es ein Gag?”
Am vergangenen Wochenende kritisierte Putin den Prinzen wegen seiner “inakzeptablen” Bemerkungen.
“Richten Sie das dem Premierminister und Prince Charles aus. Er hat unser Land oft besucht. Ich habe ihn so etwas nicht sagen hören.“
“Sollte es tatsächlich geschehen sein, so wäre dies natürlich inakzeptabel. Ich denke, das weiß er selbst. Er ist ein wohlerzogener Mann. Ich bin sowohl mit ihm als auch mit Mitgliedern der königlichen Familie bekannt. Dies ist kein königliches Benehmen”.
Charles ist nicht der erste, der diesen Vergleich zog. Die falsche und provokante Analogie wurde u.a. bereits von der früheren US-Außenministerin Hillary Clinton und dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble benutzt. Tatsächlich liefern Washington und Berlin das moderne Gegenstück zum “Lebensraum im Osten” und nicht Moskau. Ihr Ziel besteht darin, Russland einzukreisen und das Territorium der früheren Sowjetunion auszuplündern. Um das zu erreichen, zettelten die USA und die Europäische Union in Zusammenarbeit mit Faschisten einen Staatsstreich in Kiew an und installierten eine Regierung, der die politischen Erben des ukrainischen Faschisten und Nazikollaborateurs Stepan Bandera angehören.
Die Bemerkungen von Charles erscheinen besonders haarsträubend, wenn man bedenkt, dass er in Nova Scotia war, um Veteranen des Zweiten Weltkriegs Tribut zu zollen. Geschätzte 27 Millionen Sowjetbürger starben während dieses Konflikts, etwa 15 Prozent der Gesamtbevölkerung – einer der größten Bevölkerungsverluste eines Landes im Krieg gegen den Faschismus. Im Vergleich dazu verlor das Vereinigte Königreich weniger als ein Prozent seiner Bevölkerung.
Am 6. Juni werden sich Putin und Charles bei einer Veranstaltung zum Gedenken an die Landung der Alliierten in Frankreich am D-Day begegnen. Laut Daily Mail ließ Clarence House, die offizielle Residenz des britischen Thronfolgers, am 27. Mai verlautbaren, ein Zusammentreffen der beiden sei ausgeschlossen, der Prinz werde die Veranstaltung “unmittelbar im Anschluss verlassen und so die Möglichkeit einer peinlichen Konfrontation vermeiden”.
Charles Aussage ging eindeutig nach hinten los. Von verschiedenen Seiten wurde schnell darauf hingewiesen, dass sich weder er selbst noch seine Familie in der Position befinden, andere mit Hitlervergleichen zu bezichtigen, wenn man bedenkt, dass viele Royals mit dem Diktator auf Du und Du waren.
Russia Today (RT) zeigte in einem Video mit dem Titel “Takes one to know one (Sinngemäß: `Da spricht der Fachmann´)” einen satirischen Familienstammbaum der Königsfamilie, der ihre Verbindungen zu den Nazis aufzeigte.
“Wenn jemand echte Nazis kennt, dann ist es die Königsfamilie”, hieß es dort, während ein Foto des Duke of Windsor, des Großonkels von Prince Charles, und seiner Frau Wallis Simpson zu sehen war, als sie Hitler 1937 kurz nach der Abdankung des Duke als König Edward VIII besuchten.
Sophie, die Schwester des Duke of Edinburgh, war mit Christoph von Hessen-Kassel, einem SS-Offizier, verheiratet. Dieser war in Uniform marschierend zu sehen.
Auch Prinz Harry, der Sohn von Charles, wurde gezeigt, wie er in Naziuniform an einer Party teilnahm.
Der Kommentar zum Video lautete: “Vielleicht sollte man die Royals lieber sehen als hören”.
Das Video von RT hätte noch viel länger sein können, wenn man die große Bewunderung berücksichtigt, die Hitler und seinen Nazi-Sturmtruppen von Seiten der Mitglieder des britischen Königshauses und der oberen Ränge des britischen Establishments entgegengebracht wurde.
Darin liegt auch ein Grund für die Bemühungen des britischen politischen Establishments und eines Großteils der Medien, den “Fauxpas” von Charles herunterzuspielen. Der stellvertretende Premierminister Nick Clegg verteidigte das Recht des Prinzen “seine Meinung zu äußern” und sagte, er selbst wolle nicht “damit anfangen, eine Periode der europäischen Geschichte mit einer anderen zu vergleichen”. Der Labourvorsitzende Ed Miliband sagte nur, “viele in Großbritannien” würden sich “Sorgen” über die Annektion der Krim durch Russland machen, während der Premierminister David Cameron sich nicht äußern wollte.
In seinem Leitartikel deutete der Guardian den wirklichen Grund für eine solche Zurückhaltung an. Dort wurde die Bemerkung von Charles als eine “atemberaubende” Taktlosigkeit bezeichnet und weiter ausgeführt: “Es geht nicht darum, ober er im Unrecht ist. Manche sehen Parallelen zu Hitler in der Missachtung der ukrainischen Grenzen durch den Kreml; andere sehen es so, dass Russland vor allem von defensiven Ängsten angetrieben wird. Es geht nicht um die Vorzüge der einen oder der anderen Sichtweise, sondern einfach darum, dass beide hart umkämpft sind”.
Der Autor zeigte sich im Vorfeld der Wahlen in der Ukraine vom vergangenen Sonntag besorgt: “Das Letzte, was irgendjemand brauchte, war eine unvorsichtige Bemerkung, die über den Atlantik weht und jedermann, ob innerhalb oder außerhalb der Ukraine, an die uralten Teilungen erinnert, die das Land zu zerreißen drohen”.
Wie der Guardian genau weiß, sind es nicht die “uralten Teilungen”, die die territoriale Integrität der Ukraine bedrohen, sondern die Machenschaften der westlichen Mächte. Was er wirklich sagen wollte, war, dass die Bemerkungen von Charles die Gefahr bergen, diese erneut ein Schlaglicht auf diese Provokationen zu werfen.
In den letzten Wochen waren die wichtigsten politischen Parteien und die Medien bestrebt, den Mantel des Schweigens über die Ereignisse in der Ukraine auszubreiten. Wie stark ein Teil des Establishments auch über die möglichen Auswirkungen, insbesondere für London, beunruhigt sein mag, die größere Sorge besteht darin, dass die Frage der Verantwortung für die Katastrophe, die sich gegenwärtig in diesem Land entwickelt, tatsächlich in der Mehrheit der britischen und europäischen Öffentlichkeit “hart umkämpft” ist.
Die herrschende Elite Großbritanniens hat sich im August letzten Jahres die Finger in der Syrienfrage gehörig verbrannt, als das Parlament als Reaktion auf verbreiteten Widerstand in der Bevölkerung gezwungen war, sein Veto gegen die Pläne für eine Militärintervention einzulegen. Massive Ausgabenkürzungen, wachsende soziale Ungleichheit und die bittere Erfahrung, bei der Rechtfertigung eines Präventivkrieges gegen den Irak belogen worden zu sein, haben zu einem tiefen Unbehagen, wenn nicht sogar zu offener Feindseligkeit gegenüber der Wiederbelebung des Militarismus geführt.
Zu einer Beendigung der Intervention in Syrien hat dies nicht geführt, wo Großbritannien und die USA, die führenden Mächte, weiterhin die Flammen des Bürgerkriegs anfachen, indem sie Elemente von al-Qaida finanzieren und mit Waffen ausrüsten, um ihr Ziel eines Regimewechsels zu verfolgen. Es hatte allerdings zur Folge, dass sie ihre Pläne zur Erlangung der Kontrolle über diese geopolitisch strategische Region ändern mussten und direkt dazu übergangen sind, eine Konfrontation mit Moskau zu provozieren.
Als Teil des militärischen Aufmarsches der Nato gegen Russland wurden britische Streitkräfte in Estland stationiert, während Typhoon-Kampfflugzeuge der Royal Air Force über den Baltischen Staaten patrouillieren. In den letzten Wochen kam es zu drei “Engagements” zwischen britischen und russischen Militäreinheiten, über die kaum berichtet wurde und die sämtlich als “freundlich” beschrieben wurden.
Eine andere Frage, die nach dem Wunsch der herrschenden Klasse Großbritanniens nicht offen diskutiert werden soll, ist, wie lange dies noch so weitergehen kann. Deshalb ist man so eifrig bemüht, über die jüngste Dummheit von Charles den Mantel des Schweigens auszubreiten.