Im belgischen Gent haben Arbeiter von Volvo Cars am Freitagmorgen ihren spontanen Streik fortgesetzt, der seit zwei Tagen andauert. Der Streik findet statt, während die Arbeiter von Volvo Trucks in Virginia (USA) über einen neuen Vertrag abstimmen sollen, der zwischen der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) und dem Volvo-Management ausgearbeitet wurde.
Der Streik in Gent begann mit der Frühschicht am Donnerstag, als nur ein Teil der Arbeiter die Arbeit aufnahm. Er setzte sich in den Nachmittags- und Abendschichten fort. Am Freitagmorgen berichteten Arbeiter auf Facebook, dass der Streik zumindest teilweise in der Tagesschicht fortgesetzt wurde. Aufgrund des Streiks lief am Donnerstag kein einziges Fahrzeug vom Band.
Der Streik entwickelte sich spontan in einer Rebellion gegen eine Vereinbarung, die zwischen der Unternehmensleitung und der Gewerkschaft getroffen worden war. Die Vereinbarung hätte bedeutet, dass 6.000 der 6.500 Arbeiter gezwungen worden wären, 2,5 Stunden mehr pro Woche zu arbeiten – von 37,5 auf 40 Stunden. Der Streik begann, nachdem das Unternehmen in dieser Woche eine Mitteilung an alle Mitarbeiter geschickt hatte, in der es sie über die Änderung informierte.
Berichten zufolge wurde die Arbeit gestern Abend teilweise wieder aufgenommen, nachdem das Management zugesagt hatte, weitere Diskussionen über die Verlängerung der Arbeitswoche bis nach den Sommerferien zu verschieben. Das Management hat jedoch deutlich gemacht, dass es nicht die Absicht hat, über die Verlängerung der Arbeitszeit zu verhandeln und hat erklärt, dass die 40-Stunden-Woche „nicht zur Diskussion steht“.
Die Arbeiter von Volvo Cars haben die Vereinbarung zwischen Unternehmen und Gewerkschaft auf Facebook angeprangert und ihre Feindseligkeit gegenüber der Gewerkschaft zum Ausdruck gebracht, die weithin als verlängerter Arm der Unternehmensleitung angesehen wird. Die Gewerkschaft hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, eine Abstimmung über die Verlängerung der Arbeitswoche abzuhalten.
Volvo-Arbeiter Lorenzo B. schreibt etwa: „Hört nicht auf, streikende Kollegen! Jetzt ist es an der Zeit, deutlich zu machen, dass wir es ernst meinen.“
Unter Bezugnahme auf das Versprechen der Geschäftsleitung, die Diskussionen über die Verlängerung der Arbeitswoche zu verschieben, fügt Lorenzo hinzu: „Sie drücken die Pausentaste, aber das dient nur dem Zweck, dass vor den [Sommer-]Ferien noch ihre Autos produziert werden. Nach den Ferien wird Volvo einfach mit seinem Plan weitermachen, als ob nichts passiert wäre... Es wird klar gesagt, dass die Änderung der Arbeitszeiten eine Bedingung ist, die nicht verhandelbar ist. Und genau diese Bedingung ist das Problem für viele Kollegen. Die Staus. Unsere Freizeit. Die Notwendigkeit eines Zweitwagens für unsere Partner. Probleme, die Kinder in die Kita zu bringen. Keinerlei Ausgleich für das, was wir alle aufgeben müssen. Und so weiter. Es ist geradezu skandalös.“
„Ich arbeite seit 37 Jahren bei Volvo“, schreibt Heirbrandt. „Die Gewerkschaftsdelegierten sind auf der Seite des Vorstands – sie werden mit Firmenwagen und entsprechenden Tankkarten verwöhnt und reisen zu angeblich europäischen Treffen mit Schweden und China. Diese Leute stehen nicht mehr für die Belegschaft.“
Geert schreibt: „Unsere Eltern haben erfolgreich dafür gekämpft, die 40-Stunden-Woche loszuwerden. Die Gewerkschaften müssen dem zugestimmt haben, denn sonst hätte [das Volvo-Management] es nicht umsetzen können. Vermutlich haben sie den Clowns, die dem zugestimmt haben, im Gegenzug etwas versprochen.“
Peggy beschreibt die Auswirkungen der drohenden 40-Stunden-Arbeitswoche auf das Leben der Arbeiter: „Wir arbeiten mehr für den gleichen Lohn und haben weniger Zeit, unsere Kinder aufwachsen zu sehen. Das Familienleben wird gegen Null gehen, langfristig werden die Leute krank werden, sie werden mehr arbeiten und es wird eine noch höhere Arbeitsbelastung entstehen. Es wird mehr Menschen mit Burn-out geben. Ältere Arbeiter werden aufgrund von Krankheit, Unfällen usw. öfter zu Hause bleiben. Was ist mit der Schweißfabrik, dort arbeiten einige Leute schon von 6 bis 7 Uhr... Gehen wir bald zu 48 Stunden pro Woche über? Alleinerziehende werden sich auch noch um eine Unterkunft für ihre Kinder kümmern müssen.“
Mario schreibt: „Die Gewerkschaft von Volvo Cars nützt uns nichts mehr. Anstatt sich vor die Mitarbeiter zu stellen, stehen sie weit hinter uns.“
Ein anderer Arbeiter schreibt anonym auf einer Facebook-Seite für Arbeiter von Volvo Gent: „Es liegt schon seit einer Weile in der Luft. Seit Wochen gibt es Gerüchte über die Einführung der 40-Stunden-Woche bei Volvo... Diese Woche haben sie es mit einem albernen Video und einer Broschüre angekündigt. Keiner aus meinem Team fällt darauf rein. Angeblich wäre das gut für unsere Gesundheit? Mehr zu arbeiten soll gut für die Gesundheit sein?...
Ich höre auch von vielen jungen Leuten, dass sie nicht glücklich sind. Sie verlieren ihren Freitag! Ich bin selbst nicht mehr der Jüngste, aber ich möchte meinen Freitag auch behalten, um meine Freunde oder meine Familie zu sehen. Auch für die älteren Kollegen ist es hart. Wollt ihr bei diesem Tempo noch weiterarbeiten? Viele können schon jetzt nicht mehr so weitermachen...
Ein älterer Kollege, der seit 30 Jahren bei Volvo arbeitet, sagte mir, das sei die größte Veränderung, die er in seiner Laufbahn je erlebt hat... Sie haben das schon einmal versucht, und damals mussten die Leute auch dafür kämpfen, es zu verhindern. Und jetzt denken sie, dass sie damit einfach so durchkommen? Ohne die Leute auch nur nach ihrer Meinung zu fragen...? Unmöglich! Wir sind diejenigen, die unser ganzes Familienleben umschmeißen müssten, um die zusätzlichen Stunden zu arbeiten.
Es überrascht mich nicht, dass die Leute jetzt streiken. Das wird uns wirklich aufgedrängt. Wir sollten die Gelegenheit haben, über diese Vereinbarung abzustimmen. Volvo hat einfach Angst. Sie wissen, dass die Leute alle dagegen stimmen werden.“
Der jüngste Streik brach aus, nachdem ein Reporterteam der World Socialist Web Site zwei Tage zuvor nach Gent gereist war, um mit Arbeitern von Volvo Cars und Volvo Trucks über den laufenden Streik in Virginia zu sprechen. Unter den Arbeitern in Gent herrscht eine breite Unterstützung für den Kampf in Virginia.
Um ihren Kampf voranzutreiben, müssen Volvo-Arbeiter in Gent die Lehren aus dem Kampf ihrer Kollegen in den USA ziehen, die ein Aktionskomitee gegründet haben, das von der korporatistischen Gewerkschaft United Auto Workers unabhängig ist. Ein solches Komitee, das unmittelbar von den Arbeitern selbst kontrolliert wird und unabhängig von der konzernfreundlichen Gewerkschaft agiert, würde es den Volvo-Arbeitern erlauben, ihren Kampf zu organisieren und einen direkten Appell an ihre Kollegen in den USA zu richten.
Die WSWS wird alles tun, um Arbeiter in Gent bei einer solchen Initiative zu unterstützen. Wir rufen Arbeiter, die an der Gründung eines solchen Komitees interessiert sind, dazu auf, uns mit untenstehendem Formular umgehend zu kontaktieren.
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