Die rechten Terrornetzwerke innerhalb und im Umfeld der Bundeswehr sind weiterhin aktiv. Das zeigt die Verhaftung zweier ehemaliger Fallschirmjäger der Bundeswehr durch Beamte des Bundeskriminalamts am vergangenen Mittwoch.
Generalbundesanwalt Peter Frank wirft den beiden Verhafteten, Arend-Adolf G. und Achim A., schwerer Straftaten vor, berichtet der Spiegel. Die Beschuldigungen reichen von der Verabredung zu Mord und Geiselnahme und Plänen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit bis zum Verdacht der Gründung einer terroristischen Vereinigung.
Die beiden früheren Elitesoldaten sollen den Aufbau einer 100 bis 150 Mann starken Söldnertruppe vorbereitet haben, die sie dem saudi-arabischen Regime als Stoßtrupp in seinem blutigen Krieg im Jemen andienten. Laut Spiegel sind diese Vorwürfe, die auf den Hinweis eines ehemaligen Bundeswehrsoldaten an den Militärischen Abschirmdienst (MAD) zurückgehen, durch die Auswertung zahlreicher Chats und die Überwachung von mehr zwei Dutzend Telefonanschlüssen bestätigt worden.
Brisant ist der Fall nicht nur, weil auf das Anwerben deutscher Staatsangehöriger als Söldner für eine ausländischen Macht hohe Haftstrafen stehen. Es gibt auch enge Verbindungen zwischen dem Söldnerring und rechtsextremen Netzwerken, die Terroranschläge innerhalb Deutschlands planen.
Arend-Adolf G. und Achim A. sollen nach ihrer aktiven Zeit bei der Bundeswehr für die Sicherheitsfirma Asgaard tätig gewesen sein, G. zeitweise sogar als ihr Geschäftsführer. Die Firma, die unter anderem im somalischen Bürgerkrieg und im Irak tätig war, wo sie die saudi-arabische Botschaft bewachte, wirbt gezielt Angehörige von Spezialeinheiten der Bundeswehr und der Polizei, denen sie Monatsgehälter in fünfstelliger Höhe verspricht.
Asgaard unterhält aber nicht nur enge Beziehungen zu den staatlichen Sicherheitskräften, sondern auch zu rechtsextremen Netzwerken und dient offenbar als Verbindungsglied zwischen beiden. Vor einem Jahr berichteten der Spiegel und das ARD-Magazin Kontraste über die Nazi- und Wehrmacht-verherrlichende Firmenkultur von Asgaard und ein rechtsradikales Netzwerk um ihren Geschäftsführer Dirk Gaßmann. Unter anderem veröffentlichten sie ein Video, das zeigt, wie Asgaard in seinen irakischen Firmenräumen die faschistische Tradition der Wehrmacht verherrlicht. Die WSWS berichtete damals.
Im Hauptsitz von Asgaard in Hamm fand im Sommer 2020 ein Treffen ehemaliger und aktiver Polizisten und Soldaten statt, die sich durch ihre Postings in den Sozialen Medien eindeutig als rechtsextrem zu erkennen gaben. Zu den Teilnehmern dieses Treffens gehörte auch der 41-jährige Thomas S., der damals eine Ermittlungsgruppe der Frankfurter Polizei leitete, aber auch in führender Funktion für Asgaard tätig war.
Kurz danach nahm die Staatsanwaltschaft Frankfurt „ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit sowie der Verletzung des Dienstgeheimnisses“ gegen Thomas S. auf. Neben einer „nicht genehmigten Nebentätigkeit für eine (mutmaßlich rechtsextrem beeinflusste) private Sicherheitsfirma“ warf sie ihm „unrechtmäßige Abfragen aus polizeilichen Datenbanken“ vor. Ob es sich dabei um dieselben, von hessischen Polizeicomputern abgerufenen Daten handelt, die zur Grundlage zahlreicher Drohschreiben mit dem Absender „NSU 2.0“ wurden, ist nicht klar.
Laut Spiegel ermittelt der Generalbundesanwalt derzeit wegen des Verdachts, der Linken-Bundestagsabgeordneten Martina Renner mit dem Tod gedroht zu haben, auch gegen „einen leitenden Angestellten“ von Asgaard. Renner hatte sich unter anderem im thüringischen Untersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) engagiert.
Im April dieses Jahres berichtete der Tagesspiegel über Verbindung eines Personenschützers des Bundeskriminalamts zu Asgaard. Auch hier gibt es einen rechtsextremen Hintergrund. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen drei Beamte der BKA-Einheit „Auslands- und Spezialeinsätze“, weil sie bei einer internen Feier den Hitlergruß gezeigt und rassistische Chats verbreitet haben. Einer dieser Beamten soll auch für Asgaard tätig gewesen sein.
Der Tagesspiegel sieht auch mögliche Verbindungen der BKA-Beamten zur rechten Preppergruppe „Nordkreuz“, die Munition hortete und Todeslisten anlegte, um an einem „Tag X“ mit linken Gegnern abzurechnen. Die BKA-Beamten hätten an Schießübungen auf einer Anlage in Güstrow teilgenommen, auf der auch Nordkreuz aktiv war.
Im Mai meldete der MDR, dass Verfassungsschutz (BfV) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) Verbindungen eines ehemaligen Angehörigen der Bundeswehr-Spezialeinheit KSK zu Asgaard untersuchen. Es werde geprüft, „ob er Teil eines vermuteten rechtsextremistischen Netzwerkes rund um das Unternehmen“ sei. Darüber habe das Verteidigungsministerium den Verteidigungsschuss des Bundestags auf einer geheimen Sitzung informiert. Insgesamt würden derzeit 59 Personen – größtenteils Reservisten der Bundeswehr – rund um die Firma Asgaard von BfV und MAD überprüft, darunter auch einige aktive Soldaten.
Dass die Bundesanwaltschaft sich nun durchgerungen hat, zwei ehemalige Soldaten aus dem Umfeld von Asgaard festzunehmen, zeigt, wie weit die rechte Verschwörung fortgeschritten ist. Wie immer handeln die Behörden erst, wenn so viel an die Öffentlichkeit gedrungen ist, dass sie nicht mehr untätig bleiben können, ohne sich völlig zu diskreditieren.
Doch dann wird die Sache so schnell wie möglich vertuscht und unter den Teppich gekehrt. Das war beim rechtsextremen Bundeswehroffizier Franco A. der Fall, der sich eine falsche Identität als Flüchtling zulegte, Waffen hortete und einen Anschlag plante, bei den rechtsextremen Umtrieben in der Elitetruppe KSK und beim bundesweiten „Hannibal“-Netzwerk, zu dem auch die Gruppe Nordkreuz gehört.
Verfassungsschutz, MAD, BKA, Verteidigungs- und Innenministerium, die selbst tief in die rechten Netzwerke verstrickt sind, unterdrücken jede Information und schützen die rechten Akteure. Obwohl das Ausmaß und die Gefährlichkeit der rechtsextremen Netzwerke bekannt und dokumentiert sind, bleiben die Verantwortlichen unbehelligt oder befinden sich auf freiem Fuß.
Gegen Franco A., der längst aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, findet vier Jahre nach seiner Enttarnung in Frankfurt ein Prozess statt, der sich bis ins nächste Jahr hinziehen wird. Das Gericht hatte sich ursprünglich geweigert, den Prozess überhaupt zu eröffnen, und musste von einer höheren Instanz dazu gezwungen werden. Nun entwickelt er sich immer mehr zu einer Farce.
Der Grund für diese Unterstützung rechter Gewalttäter, die in scharfem Gegensatz zur rücksichtlosen Verfolgung linker Demonstranten etwa gegen den Hamburger G20-Gipfel steht, hat gesellschaftliche Ursachen. Angesichts rasch wachsender Klassengegensätze und des sinkenden Einflusses aller etablierten Parteien setzt die herrschende Klasse zunehmend auf staatliche Repression und faschistische Gewalt, um sozialen Widerstand zu unterdrücken.
Schon in der Weimarer Republik standen paramilitärische Organisationen und rechtsextreme Kräfte, die später die Grundlage des Nazi-Regimes bildeten, unter dem besonderen Schutz des Staates. Hitler musste für einen blutigen Staatsstreich für einige Monate in Festungshaft, wo er „Mein Kampf“ schreiben und hunderte Verehrer empfanden konnte, während der Pazifist Carl von Ossietzky wegen Kritik am Militär hinter Gittern verschwand. Zu diesen Traditionen kehren die herrschenden Kreise angesichts der tiefen Krise des Kapitalismus zurück.