Am Mittwoch erreichten die Corona Infektionszahlen zwei neue erschütternde Meilensteine: Die Zahl der täglichen Infektionen stieg auf über 200.000 an und die 7-Tage-Inzidenz auf über 1.000. Am Donnerstag lag sie schon bei 1073. Das heißt, dass sich aktuell jede Woche über ein Prozent der gesamten deutschen Bevölkerung neu mit dem Virus infiziert.
Die 7-Tage-Inzidenz liegt bereits in 197 Kreisen und allen Altersgruppen zwischen 5 und 44 Jahren über 1.000. In Bremen liegt sie bereits über 1.500, in Berlin über 1.800 und in Hamburg bei fast 2.200. Da jeder Dritte Corona Test positiv ist, ist von einer massiven Unterfassung auszugehen.
Diese horrenden Zahlen werden in den nächsten Wochen auch die Hospitalisierungsraten weiter ansteigen lassen. Auch wenn die Omikron-Variante weniger oft zu einem schweren Verlauf führt, wird das schiere Ausmaß der Infektionen das Gesundheitssystem zum Kollaps bringen und zu tausenden weiteren Toten führen.
Selbst der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, der an die Weisungen des Gesundheitsministeriums gebunden ist, warnte auf der Corona-Pressekonferenz am Freitag: „Die 7-Tage Hospitalisierungsinzidenz liegt adjustiert schon bei rund 7,5 und sie steigt aktuell. Das heißt, die Zahl der stationär Behandlungsbedürftigen Covid-19-Patienten ist hoch. Die Krankenhäuser bekommen das jetzt auch schon zu spüren.“ Aktuell werden pro Tag fast 1.500 Leute hospitalisiert und deutlich über 1.000 Menschen sterben jede Woche.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, erklärte im ZDF-Morgenmagazin, dass wir „in den kommen Tagen und wahrscheinlich Wochen eine hohe Dynamik neuer Zugänge in die Krankenhäuser“ erleben werden, während gleichzeitig das Personal wegen eigener Ansteckungen ausfalle.
Ein Blick auf die Länder Bremen und Berlin, die besonders früh und heftig von der Omikron-Welle erfasst wurden, unterstreicht diese Tendenz. In Bremen liegt die Hospitalisierungsinzidenz bereits bei 17,12. Alle plan- oder verschiebbaren Operationen und Behandlungen wurden dort bereits abgesagt. In Berlin liegt sie sogar bei 19,1. In einem Brandbrief erklärten am Freitag Berliner Kinderärzte, dass sie „aufgrund der gegenwärtigen Missstände in der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen [Patienten] nicht mehr gerecht werden können.“
In Berlin wie in Bremen ist die Hospitalisierungsinzidenz nicht adjustiert. Das heißt auf Grund von Nachmeldungen liegen die tatsächlichen Zahlen noch um einiges höher.
Christian Karagiannidis der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) erklärte auf der Bundespressekonferenz zur Lage der Krankenhäuser in NRW, wo es eine sehr gute Echtzeit-Übersicht über die Hospitalisierungen gibt: „Wir haben den stärksten Anstieg der Covid Patienten im Krankenhaus seit Beginn der Pandemie und sind heute schon wieder auf der Spitze der Delta Welle mit knapp 3.500 Patienten. Das ist sehr deutlich und das wird noch deutlicher werden mit den hohen Inzidenzen.“
Auch vor der Lage auf den Intensivstationen warnt Karagiannidis; „Was wir aber auch sehen ist, dass wir seit ungefähr 7 bis 10 Tagen eine Seitwärtsbewegung bei den Neuaufnahmen haben, hin zu einem Trend, dass es wieder leicht hoch geht. Das ist ziemlich eindeutig der Omikron Effekt, der jetzt auch auf den Intensivstationen ankommt.“
Dass es zu einer derart bedrohlichen Lage kommen konnte, ist nicht die Folge eines unaufhaltsamen Naturereignisses, sondern die direkte Konsequenz von bewussten politischen Entscheidungen der Bundes- und Landesregierungen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) drückte am Freitag auf der Bundespressekonferenz gar seine Zufriedenheit mit der aktuellen Situation aus: „Wir haben die Omikron Welle aktuell gut unter Kontrolle“, sagte er. Dabei erwartet er noch eine Vervierfachung des aktuellen Infektionsgeschehens: „Wir rechnen mit täglichen Inzidenz von bis zu 400.000 Fällen.“
Dennoch ergreift die Ampel-Koalition und Lauterbachs Ministerium keinerlei Maßnahmen, um die Gesundheit und das Leben von Millionen Menschen zu schützen. Damit die Wirtschaft am laufen bleibt und die Profite sprudeln, wird die Bevölkerung durchseucht und einer tödlichen Gefahr ausgesetzt.
Bereits unmittelbar nach der Bundestagswahl im September beendeten SPD, Grüne und FDP die epidemische Lage und beseitigten damit die rechtliche Grundlage für die notwendigen Schutzmaßnahmen. Seitdem war ihre Politik von einem konsequenten Abbau der restlichen Hygienemaßnahmen geprägt.
Als dann der eigens eingesetzte Expertenrat im Dezember davor warnte, dass mit der Omikron-Welle erhebliche Teile der Gesellschaft zusammenbrechen könnten, weil „ein relevanter Teil der Bevölkerung zeitgleich erkrankt und/oder in Quarantäne“ müsse, reagierte die Ampel-Koalition nicht mit Sicherheitsmaßnahmen, sondern mit der Verkürzung der Quarantänezeit, was das Infektionsgeschehen weiter befeuerte.
Jetzt, wo der Kollaps des Gesundheitssystems bevorsteht, wird die Quarantäne für erhebliche Teile der Bevölkerung ganz abgeschafft. Auf dem letzten Bund-Länder-Treffen beschlossen die Regierungen, die Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter auf wenige Bereiche zu begrenzen und alle übrigen Arbeiter sich selbst zu überlassen. Das bedeutet, dass direkte Kontaktpersonen von Infizierten keine Quarantänebscheinigung mehr erhalten und trotz einer möglichen Infektion zur Arbeit gehen müssen, wo sie dann ihre Kollegen anstecken.
Während die genaue Umsetzung noch ausgearbeitet werden soll, sind viele Länder und Kommunen schon vorgeprescht. Im rot-rot-grün regierten Berlin etwa werden Kita- und Schulkinder gar nicht mehr in Quarantäne geschickt. Sie sollen lediglich mit oft völlig unzureichenden Schnelltests getestet werden. Die Inzidenzen unter Schülern, die jetzt schon über 4.000 liegen, werden unter diesen Umständen noch weiter ansteigen. Auch Sachsen-Anhalt hat die Kontaktnachverfolgung an Schulen weitgehend aufgegeben.
Zudem entschieden Bund und Länder, die Quarantänezeit auch für Pflegekräfte zu reduzieren und zahlreiche Menschen von der Möglichkeit eines PCR-Tests auszuschließen. Diese Maßnahmen werden nicht nur zu Tausenden zusätzlichen Ansteckungen führen, sondern auch zu einer noch größeren Untererfassung des tatsächlichen Infektionsgeschehens.