Britische Premierministerin Truss kündigt verstärkte Offensive gegen Russland an

Auf ihrer ersten Auslandsreise als Premierministerin kündigte Liz Truss verstärkte militärische Hilfe und Unterstützung für die Ukraine an.

Truss sprach am Mittwochabend vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York – wenige Stunden, nachdem der russische Präsident Wladimir Putin die Mobilisierung von 300.000 Soldaten angekündigt und mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht hatte. Putin hatte damit auf die Drohungen der Nato reagiert, ihrerseits Atomwaffen einzusetzen und die Russische Föderation zu zerstückeln.

Truss kommentierte, Putin habe „wieder falsche Behauptungen aufgestellt und mit dem Säbel gerasselt. Damit wird er nichts erreichen.“

Premierministerin Liz Truss (links) und US-Präsident Joe Biden am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York (Foto von Andrew Parsons/No 10 Downing Street/Flickr / CC BY-NC-ND 4.0) [Photo by Andrew Parsons/No 10 Downing Street/Flickr / CC BY-NC-ND 4.0]

Erst vor wenigen Wochen hatte Truss erklärt, sie sei zum Einsatz von Atomwaffen gegen Russland bereit, auch wenn dies die „globale Vernichtung“ bedeuten würde. In einer Pressemitteilung der Downing Street hieß es nun, Truss werde eine erneute Überprüfung der Verteidigungspolitik einleiten, um „sicherzustellen, dass die diplomatische, militärische und sicherheitspolitische Architektur des Vereinigten Königreichs mit den wachsenden Bedrohungen durch feindliche Nationen Schritt hält“.

Die letzte, von Johnson angeordnete Überprüfung der Verteidigungspolitik liegt erst 18 Monate zurück. Die Financial Times berichtet: „Professor John Bew, Sonderberater der Premierministerin für Außen- und Verteidigungspolitik, wird in der Downing Street die Aktualisierung leiten, die bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll.“

Russland soll keine Möglichkeit angeboten werden, eine Verhandlungslösung für den Ukrainekrieg zu suchen. Auf eine entsprechende Frage antwortete Truss in New York: „Zuerst muss Russland die Ukraine verlassen, und wir müssen sicherstellen, dass es eine angemessene Entschädigung für das gibt, was in der Ukraine geschehen ist. Und wir müssen sicherstellen, dass Russland nie wieder in der Lage ist, Länder an seiner Grenze zu bedrohen.“

Truss, hieß es aus der Downing Street, werde der UNO sagen: „Die freie Welt braucht wirtschaftliche Stärke und Widerstandsfähigkeit, um sich gegen autoritäre Aggressionen zu wehren und aus dieser neuen Ära des strategischen Wettkampfs als Sieger hervorzugehen.“

Truss hat zugesagt, die Militärausgaben des Vereinigten Königreichs bis 2030 auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, was zusätzliche Ausgaben in Höhe von 157 Milliarden Pfund bedeuten würde. Die Financial Times, die stets ein wachsames Auge auf die Gewinnspannen der herrschenden Elite hat, stellte fest, dass Truss’ Militarismus und ihre Kriegspläne gegen Russland und China mit einem Klassenkriegsprogramm im eigenen Land verbunden sind. In ihrer Rede vor der UN-Vollversammlung, schrieb die Zeitung, werde Truss „versuchen, ihre liberalen Wirtschaftsreformen, d. h. Steuersenkungen und Deregulierung, mit der zwingenden Notwendigkeit zu verknüpfen, dass der Westen seine wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit erhöht“.

Bereits am Freitag soll ein Nothaushalt bekannt gegeben werden, den Truss bereits im Vorfeld als „unpopulär“ bezeichnet hat und in dessen Zentrum Steuersenkungen für Großunternehmen stehen.

Vor Truss’ Reise hieß es, sie werde im nächsten Jahr „ebenso viel oder mehr Militärhilfe für die Ukraine leisten wie 2022“.

Vor der UNO betonte Truss: „Das Vereinigte Königreich wird bis 2030 drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben und damit seine Position als führender Sicherheitsakteur in Europa beibehalten. Und deshalb verspreche ich in diesem entscheidenden Moment des Konflikts, dass wir unsere militärische Unterstützung für die Ukraine aufrechterhalten oder verstärken werden, solange es nötig ist. Gerade jetzt in diesem Moment treffen neue britische Waffen in der Ukraine ein – darunter Mehrfachraketenwerfer-Systeme.“

Die Regierung gesteht ein, wie tief Großbritannien in den militärischen Konflikt und die Provokationen gegen Moskau verwickelt ist, und prahlt in ihrer Pressemitteilung: „Großbritannien ist bereits jetzt der zweitgrößte militärische Geber für die Ukraine und wird bis 2022 2,3 Milliarden Pfund bereitstellen. Seit 2015 haben wir 27.000 Angehörige der ukrainischen Streitkräfte ausgebildet und im letzten Jahr Hunderte von Raketen, fünf Luftabwehrsysteme, 120 gepanzerte Fahrzeuge und über 200.000 Stück nichttödliches militärisches Gerät bereitgestellt.

In der vergangenen Woche fand der größte kommerzielle Munitionstransport auf der Straße seit dem Zweiten Weltkrieg statt, als Zehntausende Schuss Munition, gespendet vom Vereinigten Königreich, an die Frontlinien in der Ukraine geliefert wurden.“

Den britischen Investitionen in militärische Maßnahmen gegen Russland sind keine Grenzen gesetzt. Die Regierung kündigt an: „Die genaue Art der militärischen Unterstützung des Vereinigten Königreichs im Jahr 2023 wird sich nach den Bedürfnissen der ukrainischen Streitkräfte richten.“

Aus dem Umkreis Putins verlautet seit Monaten, dass Großbritannien das erste Land wäre, gegen das Russland sein Atomwaffenarsenal richten würde, da es als Hauptpartner der USA im Angriff auf Moskau agiert.

Der ehemalige Putin-Berater Sergej Markow sagte am Mittwoch im BBC-Radioprogramm Today: „Für die westlichen Länder, für Ihre britischen Zuhörer, möchte ich sagen, dass Wladimir Putin Ihnen zu verstehen gibt, dass er bereit ist, Atomwaffen gegen westliche Länder einzusetzen, einschließlich Atomwaffen gegen Großbritannien.“

Russland würde seine Atomwaffen einsetzen, „wenn Großbritannien weiterhin als Aggressor gegen Russland auftritt, wenn die britische Premierministerin Liz Truss weiterhin plant, Russland zu zerstören... Dieser Atomkrieg könnte das Ergebnis sein, das sich aus dem wahnwitzigen Verhalten des Präsidenten der Vereinigten Staaten, Joe Biden, und der Premierminister Großbritanniens, Boris Johnson und Lizzie Truss ergibt. Die Menschen in London sollten sich darüber klar werden, dass diese Gefahr von Liz Truss ausgeht, da sie die Aggressorin ist.“

Ende August warnte der russische General Andrej Guruljow, ein Abgeordneter des russischen Parlaments, vor einem Atomangriff auf Großbritannien: „Ich erkläre es Ihnen ganz einfach: Zwei Schiffe, 50 Starts von Zirkon-Raketen, und es gibt kein einziges Kraftwerk mehr im Vereinigten Königreich. Fünfzig weitere Zirkons und die gesamte Hafeninfrastruktur ist verschwunden. Eine weitere – und wir können die britischen Inseln vergessen.“

Die britische Führungselite ficht das in ihrem Kriegsfieber nicht an. Die Staatsministerin im Außenministerium, Gillian Keegan, kommentierte Putins Drohung mit Atomwaffen ungerührt: „Einige der Äußerungen sind ziemlich besorgniserregend, und natürlich sollten wir uns um Ruhe bemühen... Natürlich werden wir der Ukraine auch weiterhin zur Seite stehen, zusammen mit allen unseren Nato-Verbündeten.“ Ihre Worte erinnern an die Parole im Zweiten Weltkrieg: „Keep Calm and Carry on.“

Der parteilose Abgeordnete Tobias Ellwood, ehemaliger Tory, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses und Hauptmann der Royal Green Jackets, fordert seit langem eine Verdoppelung der Militärausgaben auf mindestens 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Diese Woche hat er zusammen mit Hamish de Bretton-Gordon einen Gastbeitrag für den Telegraph verfasst. Erst letzten Monat hatte Bretton-Gordon (ehemaliger Kommandeur des britischen Regiments für kombinierte chemische, biologische, radiologische und nukleare Kriegsführung) in derselben Zeitung gefordert: „Großbritannien sollte sich auf einen Atomkrieg vorbereiten.“

Nun beklagen Ellwood und Bretton-Gordon: „Der Westen gibt viel Geld für die Nahrungsmittel- und Treibstoffkrise aus, um die Probleme in den eigenen und in weniger entwickelten Ländern zu lindern, aber nicht für das Nuklearproblem.“

Sie rechtfertigen ihre Kriegsziele mit dem ungewissen Schicksal des ukrainischen Atomkraftwerks in Saporischschja und betonen: „Wenn wir eine schwere Katastrophe verhindern wollen, müssen wir weitaus proaktiver handeln und Präzedenzfälle für eine moderne nukleare Kriegsführung schaffen und verteidigen, bevor es zu spät ist.“

Während „die IAEA [Internationale Atomenergiebehörde] und die UNO eine entmilitarisierte Zone fordern, um Saporischschja und andere Kernkraftwerke einzuzäunen“, schreiben sie, „brauchen wir eine Flugverbotszone um die Anlage. Die UNO könnte Luftabwehrsysteme einsetzen, um sie durchzusetzen. Ein Raketenabwehrsystem könnte den Einschlag von Raketen in die Reaktoren verhindern.“

Die Beteiligung Großbritanniens an der militärischen Konfrontation mit Russland wird unvermindert vorangetrieben. Vom 29. August bis zum 2. September führte das Vereinigte Königreich zusammen mit den schwedischen und finnischen Streitkräften die Übung „Vigilant Knife“ durch. Vorangegangen war eine Reise von Verteidigungsstaatssekretär James Heappey zu einem Treffen mit britischen Truppen im estnischen Tapa, 160 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. In einer Erklärung des Verteidigungsministeriums heißt es: „Mehr als 800 Soldaten des 1. Bataillons der Royal Welsh führen derzeit eine Beistandsinitiative (enhanced Forward Presence) einer Nato-Battlegroup in Estland an. Das Vereinigte Königreich unterhält dort zudem eine zweite Kampfgruppe von über 800 Soldaten des 2. Bataillons der Rifles, die als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine entsandt wurde.“

Das Verteidigungsministerium fügte hinzu: „Verteidigungsminister Ben Wallace kündigte im Juni an, dass die Schlagkraft dieser Einsätze durch moderne Hubschrauber und Artilleriesysteme im Rahmen eines verstärkten britischen Beitrags zur Nato erhöht werden soll. Gleichzeitig wird das bestehende Hauptquartier des Vereinigten Königreichs in Tallinn erweitert. Unter der Leitung eines Brigadiers wird es die schnelle Verlegung von Kräften mit hoher Einsatzbereitschaft auf Brigadeebene unterstützen.“

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