Elon Musk schließt private Übernahme von Twitter ab

Elon Musk, der reichste Mensch der Welt, schloss am Donnerstagabend seine 44 Milliarden Dollar teure Übernahme von Twitter ab. Damit verwandelte er die in San Francisco ansässige Social-Media-Plattform, die monatlich von etwa 330 Millionen Menschen aktiv genutzt wird, in sein Privateigentum.

Tesla-Chef Elon Musk bei der Eröffnung des Tesla-Werks Berlin-Brandenburg in Grünheide am 22. März 2022. Der Milliardär hat am 27. Oktober nach einer langwierigen juristischen Schlacht und monatelanger Unsicherheit seine 44-Milliarden-Dollar-Übernahme des Social-Media-Unternehmens Twitter abgeschlossen (AP Photo/Patrick Pleul/Symbolbild via AP, Archiv) [AP Photo/Patrick Pleul/Pool Photo via AP, File]

Der Deal wurde am Freitag in einer Mitteilung der Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) an der New Yorker Börse bestätigt. Darin heißt es, Twitter-Aktien seien vom Markt genommen worden und würden nicht mehr an der Wall Street gehandelt.

Am Donnerstagabend twitterte Musk: „Der Vogel ist frei.“ Kurz zuvor hatte er mindestens vier Führungskräfte des Unternehmens entlassen: den Vorstandsvorsitzenden Parag Agrawal, den Finanzvorstand Ned Segal, die Chefjuristin Vijaya Gadde und den Chefjustitiar Sean Edgett.

Am Freitagmorgen twitterte er: „Lasst die guten Zeiten kommen.“ Später am gleichen Tag kündigte er an, es werde ein „Gremium für Inhaltsmoderation mit einem breit gefächerten Spektrum von Ansichten“ eingerichtet. Weiter schrieb er: „Vor der ersten Sitzung dieses Gremiums wird es keine größeren Entscheidungen zu Inhalten oder der Wiederherstellung von Accounts geben.“

Allerdings hatte sich Musk bereits früher als Anhänger „absoluter Meinungsfreiheit“ bezeichnet und angekündigt, er werde die dauerhafte Sperre des ehemaligen Präsidenten Donald Trump rückgängig machen, die Twitter nach dem Putschversuch vom 6. Januar 2021 verhängt hatte.

Wie es für Musks arrogante Art typisch ist, gab er seine Absichten und Pläne bei der Übernahme der Microblogging-Plattform, die zu einem wichtigen Element der Öffentlichkeitsarbeit und der schnellen weltweiten Verbreitung von Nachrichten geworden ist, nicht in einer formellen Presseerklärung bekannt. Stattdessen benutzte er die Plattform selbst, um der Öffentlichkeit Informationen in kurzen Mitteilungen zukommen zu lassen.

Am Mittwoch postete er ein neun Sekunden langes Video von sich selbst, wie er mit einem schweren Keramikspülbecken in den Händen in den Hauptsitz von Twitter geht. Dazu schrieb er: „Entering Twitter HQ – let that sink in!“ („Betrete die Twitter-Zentrale – lasst das mal sacken!“ oder: „Betrete die Twitter-Zentrale – Lasst das Spülbecken herein.“)

Als Ausnahme zu seinem sonst üblichen selbstüberheblichen Verhalten twitterte Musk am Mittwoch eine kurze Erklärung an Twitter-Werbekunden, um einen möglichen rapiden Rückgang der Umsatzerlöse zu verhindern. Er wiederholte einiges, was er bereits früher gesagt hatte, u.a. dass Twitter „wichtig für die Zukunft der Zivilisation“ und ein „gemeinsamer digitaler Marktplatz“ ist, auf dem „ein breites Spektrum von Ansichten diskutiert werden kann, ohne auf Gewalt zurückzugreifen“.

Musk schrieb, er habe die Plattform gekauft, „um zu versuchen, der Menschheit zu helfen... Twitter darf natürlich keine Höllenlandschaft werden, in der jeder ohne Konsequenzen alles sagen darf“. Zum Schluss erklärte er, es werde weiterhin Werbung auf Twitter geben, „wenn sie richtig gemacht wird“.

Der Milliardär Musk hatte ursprünglich im April dieses Jahres zugestimmt, Twitter für einen Preis von 54,20 Dollar pro Aktie zu kaufen und dann, angesichts eines Kursrückgangs von 25 Prozent versucht, von dem Deal zurückzutreten. Nachdem Twitter Musk vor dem Delaware Chancery Court verklagt hatte, ruderte er zurück und stimmte der Übernahme zu, um einen Streit vor Gericht zu vermeiden, den er wahrscheinlich verloren hätte.

Anfang letzter Woche verbreiteten die Mitarbeiter von Twitter einen offenen Brief, in dem sie gegen Musks Pläne protestierten, 75 Prozent des Personals zu entlassen. Das Time-Magazin veröffentlichte den Brief, in dem es u.a. hieß: „Elon Musks Plan, 75 Prozent der Twitter-Mitarbeiter zu entlassen, wird Twitters Fähigkeit beeinträchtigen, der öffentlichen Kommunikation zu dienen. ... Eine Drohung dieser Größenordnung ist skrupellos, untergräbt das Vertrauen unserer Nutzer und Kunden in unsere Plattform und ist ein durchsichtiger Versuch, die Beschäftigten einzuschüchtern.“

Da es aus der Wirtschaft wenig Gutes zu berichten gab, reagierte die Wirtschaftspresse begeistert auf den Abschluss der Privatisierung von Twitter. Das Wall Street Journal schrieb am Freitag: „Durch die Privatisierung von Twitter kann der Milliardär wahrscheinlich mehr Risiken eingehen, um das Geschäft des Unternehmens anzukurbeln.“

Die New York Times schrieb in ihrer „Live Updates“-Berichterstattung: „Im Gegensatz zu börsennotierten Unternehmen müssen solche im Privatbesitz nicht jedes Vierteljahr eine Leistungsbilanz veröffentlichen. Sie werden außerdem weniger stark durch Regulierungsbehörden kontrolliert, dafür kann ihr Besitzer sie strenger kontrollieren. Das bedeutet, Musk kann Twitter umkrempeln – einschließlich der Optimierung der Regeln für Inhalte, Finanzen und Prioritäten –, ohne Rücksicht auf die Bedenken von Aktionären nehmen zu müssen.“

Die Vertreter der Wirtschaftspresse konzentrieren sich ausschließlich auf die finanzielle Leistung und ignorieren völlig, dass Twitter als Unternehmen im individuellen Privateigentum nicht in der Lage ist, in irgendeiner Weise einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

Die Übernahme von Twitter durch Elon Musk, dessen persönliches Vermögen 221,2 Milliarden Dollar beträgt und der auch Eigentümer des Elektroautoherstellers Tesla und des Raumfahrtunternehmens SpaceX ist, verdeutlicht den zunehmend oligarchischen Charakter des amerikanischen Kapitalismus. Genau wie Amazon-Gründer und -Chef Jeff Bezos, dem die Washington Post gehört, zählt Musk zu den reichsten Milliardäre der Welt, die im Kapitalismus zunehmend auch die finanziellen, medialen und politischen Hebel der Macht kontrollieren.

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