Am Samstag griffen die israelischen Streitkräfte Ziele in Syrien an. Kampfflugzeuge hätten syrische Militäranlagen attackiert, teilte das Militär am Sonntag mit.
Bereits am Freitagmorgen bombardierten israelische Kampfflugzeuge Ziele im südlichen Libanon und dem Gazastreifen. Zuvor hatte man die militante klerikale Gruppe Hamas, welche die belagerte palästinensische Enklave des Gazastreifens kontrolliert, für Raketenangriffe verantwortlich gemacht.
Ein Großteil der Raketen wurde vom israelischen Abwehrsystem Iron Dome abgefangen, die restlichen verursachten nur geringe Schäden und leichte Verletzungen.
Israels heftige Luftangriffe finden vor dem Hintergrund eskalierender Spannungen statt, nachdem die Polizei letzte Woche bewusst und provokativ Zehntausende von palästinensischen Gläubigen in der al-Aqsa-Moschee in Ost-Jerusalem angegriffen hatte.
Die Luftangriffe stehen in Zusammenhang mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahus Entschluss, durch Angriffe auf Israels Feinde – die Palästinenser, den Iran und dessen Verbündete, die libanesische Hisbollah, die Hamas und den Palästinensischen Islamischen Dschihad – Kriegshysterie zu schüren, um den Widerstand gegen die Pläne seiner Regierung, sich diktatorische Vollmachten anzueignen, zu unterdrücken. Die Protestbewegung, die seit vier Monaten anhält, ist die größte und bedeutendste in der 75-jährigen Geschichte Israels. Netanjahus Ziel besteht darin, durch Militarismus eine Art nationale „Einheit“ zu schaffen, um die schweren sozialen und politischen Spannungen im Inland nach außen abzulenken.
Deshalb machte Netanjahu schnell die Hamas für die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen und dem Libanon verantwortlich, vermutlich um einen Krieg mit dem Libanon zu vermeiden, der vom Iran unterstützt wird und mit dem Israel 2006 einen Krieg geführt hatte, der in einer Pattsituation endete. Dennoch erklärte der Sprecher der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (Israel Defense Forces, IDF), Daniel Hagari: „Es ist anzunehmen, dass der Staat Libanon für das, was auf seinem Staatsgebiet passiert, als verantwortlich gelten kann, wozu auch die Abschüsse von Raketen durch die Hamas gehören. Wir werden nicht zulassen, dass die Hamas vom Libanon aus operiert.“
Am Donnerstagabend, nachdem Netanjahu sein Sicherheitskabinett einberufen hatte, das sich aus seinen faschistischen Partnern zusammensetzt, erklärte er in einer kurzen Stellungnahme: „Israels Reaktion wird heute Nacht und darüber hinaus unseren Feinde einen hohen Preis abverlangen.“
Am Freitag ordnete der Stabschef der IDF, Herzi Halevi, die Einberufung der Reservisten an und erklärte, das Militär werde seine Bereitschaft zur Durchführung von Operationen aus der Luft verbessern. Die Einberufung würde sich auf Luftabwehreinheiten und „die Abteilungen für Luftangriffe“ konzentrieren – ein Verweis auf Kampfpiloten, Einheiten zur Steuerung von Drohnen und anderes Luftwaffenpersonal. Halevi wies die IDF an, ihre Streitkräfte im Westjordanland zu verstärken, nachdem dort am Freitag bei einem Schusswaffenangriff nahe der Siedlung Efrat im Jordantal zwei Schwestern getötet und ihre Mutter schwer verletzt worden waren.
Der Leiter der israelischen Polizei, Kobi Shabtai, goss Öl ins Feuer, indem er die Palästinenser für die Eskalation der Spannungen verantwortlich machte und Inhaber von Waffenscheinen aufforderte, ihre Waffen bei sich zu tragen. Er erklärte: „Die Bereitschaft, den Frieden zu stören, ist in den letzten Tagen gestiegen und ist eine Folge der unablässigen Aufwiegelung.“
In Ost-Jerusalem wurden 2.300 Polizisten vor den Gebeten am frühen Nachmittag in und um die Altstadt mobilisiert. Auf dem Gelände der al-Aqsa-Moschee wurden 15 Gläubige wegen „Aufwiegelung“ verhaftet, weil sie palästinensische Flaggen schwenkten, die als „terroristische Flaggen“ bezeichnet wurden. Zuvor war am frühen Morgen eine Versammlung von mehreren tausend Personen in der Nähe eines Eingangs der Moschee aufgelöst worden.
Netanjahus Provokationen gegen die Palästinenser haben die uneingeschränkte Unterstützung der Biden-Regierung. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, äußerte zwar „Besorgnis“ wegen der Erstürmung der al-Aqsa-Moschee während des Ramadan, verurteilte Israels Vorgehen jedoch nicht. Andererseits verurteilte er den Abschuss von Raketen aus dem Libanon und die früheren Angriffe aus dem Gazastreifen und bekräftigte die Rechtfertigung für Israels kriminelles Vorgehen, die Washington seit langem anführt: „Unser Eintreten für Israels Sicherheit ist unumstößlich, und wir erkennen an, dass Israel das legitime Recht hat, sich gegen alle Formen von Aggression zu verteidigen.“ Ein israelischer Regierungsvertreter erklärte, die Biden-Regierung habe eine Presseerklärung des UN-Sicherheitsrats verhindert, in der Israel für die Angriffe kritisiert wurde.
Netanjahu kann sich auch auf die uneingeschränkte Unterstützung der selbsternannten Führer der Oppositionsbewegung verlassen, des ehemaligen Verteidigungsministers und Vorsitzenden der Partei Nationale Einheit, Benny Gantz, und des ehemaligen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Yesh Atid, Jair Lapid. Gantz erklärte am Donnerstagabend, die Opposition stehe geschlossen hinter der Reaktion der Regierung auf die Raketen aus dem Libanon: „Angesichts von Terror, der unsere Bürger bedroht, und von Schüssen auf die Häuser unserer Bürger gibt es weder Koalition noch Opposition. Wir stehen allesamt vereint hinter den IDF und der gesamten Sicherheitsorganisation.“
Gantz warf der Regierung vor, Israels Widerstandskraft und Verteidigungseinrichtungen zu beschädigen und das Land durch eine innere Spaltung zu gefährden. Er erklärte seine Unterstützung für Verteidigungsminister Joaw Gallant, ein führendes Mitglied von Netanjahus Partei Likud, dem eine Entlassung drohte, weil er ein Stopp der Justizreform gefordert hatte. Gantz forderte von Netanjahu dessen Wiedereinsetzung. Gallant, der sich auf Erklärungen von tausenden Reservisten berief, die ihre Einberufung verweigern wollten, weil sie nicht unter einer Regierung dienen wollen, die die Demokratie zerstört, steht jetzt an der Spitze des Kriegskurses, zu der auch die Einberufung von Reservisten der Luftwaffe gehört.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Gantz unterstützte auch die brutale Erstürmung der al-Aqsa-Moschee durch die Polizei in zwei aufeinander folgenden Nächten. Trotz aller gegenteiligen Beweise erklärte er: „Israel hat die Freiheit der Religionsausübung in der Vergangenheit aufrechterhalten und wird dies weiterhin tun; es hat vor kurzem sogar die zulässige Zahl von Gläubigen auf dem Gelände erhöht. Allerdings wird es nicht zulassen, dass sich Moscheen in Terrornester verwandeln.“
Lapid versicherte der Regierung, sie könne sich nach den Raketenangriffen auf parteiübergreifende Unterstützung verlassen: „Israel befindet sich heute an vier Fronten im Konflikt: an der Nordgrenze, dem Grenzgebiet zum Gazastreifen, in Judäa und Samaria [dem besetzten Westjordanland] und dem [besetzten Ost-]Jerusalem. ... Wenn es um die Sicherheit geht, gibt es in Israel keine Koalition und keine Opposition. Wir stehen vereint gegen jeden Feind. Die Opposition sagt der Regierung volle Unterstützung für eine harte Reaktion der IDF und der Sicherheitskräfte zu.“
Gantz‘ und Lapids Unterstützung für Netanjahus faschistoiden Angriff auf die Palästinenser und seinen Kriegskurs gegen die Hisbollah, Syrien und den Iran bestätigen, dass die offizielle Opposition keineswegs eine progressive Alternative zu Diktatur und Autoritarismus darstellt, geschweige denn zum Krieg gegen die Palästinenser, den Iran und seine Verbündeten. Als entschlossene Verteidiger des zionistischen Staats beruht ihre Opposition auf der Befürchtung, dass Netanjahu und seine faschistischen Koalitionspartner die dünne demokratische Fassade Israels zerstören und einen offenen Bruch in einer ohnehin stark polarisierten Gesellschaft und damit einen Bürgerkrieg riskieren.
Unter ihrer Führung hat es die Massenbewegung gegen die Regierung weitgehend versäumt, die Kämpfe der Palästinenser aufzugreifen oder die Unterstützung der israelischen Araber zu mobilisieren, ganz zu schweigen von den Palästinensern in den besetzten Gebieten.
Diese Bewegung befindet sich jetzt am Scheideweg. Wenn sie erfolgreich sein soll, müssen jüdische Arbeiter und Jugendliche den zionistischen Mythos zurückweisen, dass ein kapitalistischer Staat, der auf der Vertreibung und Enteignung der Palästinenser beruht, Gleichheit, Freiheit und Demokratie für die jüdische Bevölkerung schaffen könne. Stattdessen muss sich die Bewegung einer sozialistischen Strategie zuwenden, die auf der revolutionären Vereinigung der jüdischen und arabischen Arbeiter in einem gemeinsamen Kampf gegen den Kapitalismus beruht.
Die mächtige objektive Basis für die Entwicklung einer solchen Bewegung findet sich nicht nur unter Arbeitern und Jugendlichen in den Städten Israels, die seit Monaten gegen die Netanjahu-Regierung demonstrieren, sondern auch unter palästinensischen Lehrern im Westjordanland, die seit zwei Monaten wegen ausstehender Lohnerhöhungen und für Wahlen im Zusammenhang mit einer freien Gewerkschaft streiken, unter den libanesischen Arbeitern, die gegen den Abbau ihrer Löhne und Renten protestieren, unter den streikenden Arbeitern der Telekommunikationsbranche sowie unter den Arbeitern in den Industrienationen wie Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den USA, wo mächtige Bataillone der Arbeiter gegen ihre Regierungen kämpfen.
Doch um dieses Ziel zu erreichen, muss die Arbeiterklasse mit einem klar ausgearbeiteten Programm bewaffnet werden, das auf den historisch entwickelten strategischen Lehren der trotzkistischen Weltbewegung beruht, die diese im Laufe eines Jahrhunderts des unablässigen politischen und theoretischen Kampfs gezogen hat. Diese trotzkistische Weltbewegung wird heute ausschließlich vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale repräsentiert.
Mehr lesen
- Israel: Bündnis mit faschistischer Partei bringt Netanjahu zurück an die Macht
- Angriff auf Palästinenser in Huwara nährt in Israel Netanjahu-feindliche Proteste
- Israel reagiert auf Proteste gegen die Regierung mit Angriffen auf Syrien und die Palästinenser
- Die Massenproteste in Israel und die Hexenjagd gegen den „linken Antisemitismus“