Bei umfassenden Überschwemmungen in Griechenland, der Türkei, Bulgarien und Spanien kamen mindestens 25 Menschen ums Leben, Dutzende werden vermisst, viele weitere sind verletzt, und Tausende wurden vertrieben. Die Wassermassen haben ganze Brücken zerstört, Straßen weggespült, Dämme zum Brechen gebracht und Autos ins Meer gespült.
Die noch immer anhaltende Katastrophe ist eine weitere Warnung vor den katastrophalen Folgen des vom Kapitalismus verursachten Klimawandels. Nur wenige Wochen zuvor hatte es in den oben genannten Staaten nach einer langen Dürre und Rekordtemperaturen schwere Waldbrände gegeben, die in Griechenland noch letzte Woche anhielten.
In Griechenland ist die Zahl der Todesopfer seit Beginn des Sturmtiefs „Daniel“ Anfang letzter Woche auf sechs gestiegen. In einigen Regionen fielen in den letzten Tagen bis zu 800 mm Regen – mehr als normalerweise innerhalb eines Jahres. Die Zeitung Ekathimerini beschrieb, wie das Sturmtief „die Ebene von Thessalien in einen großen See“ verwandelt hat.
Zum Vergleich: Der Meteorologe Georgios Tsatrafyllias erklärte auf X (ehemals Twitter), alleine im griechischen Pelion sei am Dienstag so viel Regen gefallen wie sonst in London in einem Jahr.
In Athen gab es überflutete Straßen, die einen Teil einer großen Hauptverkehrsstraße im Stadtzentrum in einen Schlammfluss verwandelten.
In der Hafenstadt Volos in Thessalien starb ein Mann in seinem Auto, und das örtliche Krankenhaus wurde teilweise überschwemmt. Die Fluten zerstörten Teile einer Straße und rissen einen Krater auf, der so groß war, dass ein Bus darin verschwand, der zuvor auf die Seite gekippt war.
Andreas Diakodimitris, Besitzer eines Imbissrestaurants in Volos, erklärte gegenüber dem Guardian: „Gerade als wir sagten, jetzt ist es vorbei, und es hinter uns lassen wollten, ist das passiert. Wir haben zehn Tage lang Rauch eingeatmet, dann ist das [Munitionslager] explodiert, und dann die unerträgliche Hitze... Es ist sicher, dass so etwas weiterhin passieren wird, solange die Menschen die Umwelt nicht respektieren.“
Innerhalb von zwei Tagen, zwischen dem 5. und dem 6. September, erhielt die griechische Feuerwehr 4.870 Notrufe, u.a. zu Rettungseinsätzen, Evakuierungen, dem Auspumpen von überfluteten Häusern und der Beseitigung umgestürzter Bäume. In manchen Fällen wurden die Rettungsmaßnahmen durch eingestürzte Brücken und beschädigte Straßen behindert. Fast 1.800 Menschen mussten gerettet werden, 100 davon per Luftrettung. Viele verbrachten ganze Tage auf ihren Hausdächern.
Vassilis Kikilias, Minister der konservativen Nea-Dimokratia-Regierung für Klimakrise und Zivilschutz, erklärte bei einer Pressekonferenz: „Ich weiß, dass das Wort beispiellos so oft verwendet wurde, dass es keinen Eindruck mehr hinterlässt. Aber nicht einmal dieses Wort reicht aus für die Schwere des Phänomens. Wir sprechen über unvorstellbare Wassermassen.“
Doch für die Behörden kamen die Überschwemmungen nicht überraschend. Bereits im Jahr 2021 warnte ein Team von 46 Wissenschaftlern vor möglichen Erdrutschen und Überschwemmungen in Attika, auf dem Peloponnes und der Insel Euböa – Gebiete, die auch schon von den Waldbränden im Sommer verwüstet wurden.
Die Wissenschaftler hatten erklärt: „Die Brände werden vermutlich die hydro-geomorphologischen Prozesse in den ausgebrannten Gebieten in unterschiedlichem Ausmaß beeinträchtigen, abhängig von den lokalen Bedingungen und der Intensität der Ereignisse... Es ist mit einem Anstieg der Erosions- und Transportraten von Sedimenten zu rechnen.“ Dies wiederum werde „zu einer Häufung von Überschwemmungen, Materialverschiebung und Erdrutschen führen, und zwar für einen noch nicht näher abzuschätzenden Zeitraum von zwei bis fünfzehn Jahren.“
Zwei Jahre nach diesen Warnungen wurde Griechenland diesen Sommer von hunderten Waldbränden heimgesucht. Jeden Tag brachen Dutzende neuer Brände aus, und insgesamt starben 28 Menschen.
Auch in der Türkei haben Gewitter, sintflutartige Regenfälle und Sturzfluten für Verwüstungen gesorgt und mindestens zehn Menschen das Leben gekostet. In Istanbul, der größten Stadt des Landes, fielen in wenigen Stunden bis zu 130 Liter pro Quadratmeter, in mindestens zwei Stadtvierteln, Basaksehir und Kucukcekmece, wurden Straßen und Häuser sowie U-Bahnstationen und Krankenhäuser überschwemmt. Diese Niederschlagsmenge fällt in Istanbul normalerweise im ganzen Monat September.
Nur drei Wochen vor den Überschwemmungen hatte der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, die 16 Millionen Einwohner der Stadt aufgerufen, „jeden kostbaren Wassertropfen aus dem Hahn“ zu sparen, um ihren Wasserverbrauch zu verringern, da die Großstädte des Landes mit einer Dürrekrise und hohen Temperaturen zu kämpfen hatten.
Wissenschaftler haben schon seit langem nachgewiesen, dass die Dürre Regionen anfälliger für schwere Überschwemmungen macht, da der Boden seine Fähigkeit verliert, Wasser effektiv zu absorbieren.
In Bulgarien wurden bei tödlichen Überschwemmungen an der Südküste mindestens vier Menschen getötet. Die meisten Flüsse der Region traten über die Ufer. In einem untergegangenen Auto, das von einer Brücke ins Meer getrieben wurde, als der Fluss über die Ufer trat, wurden drei Leichen gefunden. Mehrere Brücken wurden zerstört, wodurch es zu erheblichen Verkehrsstörungen kam und mehr als 1.000 Menschen abgeschnitten wurden.
In den sozialen Netzwerken tauchten Videos auf, die zeigen, wie in dem Ferienort Tsarevo Autos und Wohnmobile ins Meer gespült wurden.
Der bulgarische Ministerpräsident Nikolay Denkow kündigte daraufhin eine Finanzhilfe von 770 Euro für beschädigte Häuser und Grundstücke an. Diese lächerliche Summe steht im deutlichen Kontrast zum angekündigten Kauf von Nato-Waffen im Wert von einer Milliarde Euro, die es dem Land ermöglichen, der Ukraine 100 gepanzerte Fahrzeuge, Munition und sowjetische S-300-Flugabwehrraketensysteme für den Nato-Krieg gegen Russland zu liefern – obwohl 70 Prozent der Bulgaren Militärhilfe an Kiew ablehnen.
Auf der anderen Seite des Mittelmeers, in Spanien, kosteten rekordverdächtige Regenfälle mindestens fünf Menschen das Leben, wichtige Teile der Infrastruktur wurden zerstört und der Luft-, Schienen- und Straßenverkehr beeinträchtigt.
Drei der Todesopfer stammten aus der Region Toledo, einem der Gebiete, in denen es durch DANA, dem spanischen Akronym für ein isoliertes Sturmtief, zu sturzflutartigen Regenfällen kam. Die anderen Toten wurden in Huesca gefunden.
In Aldea de Fresno in der Region Madrid erklärte eine Frau gegenüber Euronews: „Wir spürten das Wasser kommen, und wir gingen hinunter, um zu sehen, wie der Fluss über die Ufer trat, und da stürzte die Brücke ein. Wir rannten alle. Nach einiger Zeit stürzte auch die andere Brücke mit lautem Getöse ein. Es war ein Moment der Panik.“ Insgesamt stürzten in der Stadt drei Brücken ein.
Die Regionalregierung von Madrid forderte Millionen Bürger in Warnmeldungen auf, in ihren Häusern zu bleiben. Die Behörden stellten den Zugverkehr ein und sagten ein Erstligisten-Fußballspiel ab.
In ganz Europa wirken sich die Überschwemmungen auf die Lieferketten aus. In Portugal musste Volkswagen die Produktion in seinem Autoeuropa-Werk in Setúbal mit 5.000 Arbeitern einstellen. Grund dafür war die Überflutung von Automobilwerken in Slowenien, die das Werk mit Autoteilen beliefern. Renault muss möglicherweise aus dem gleichen Grund die Produktion in seinem Werk im spanischen Valladolid einstellen.
Die Überschwemmungen sind Teil der Extremwetter-Muster, die weltweit immer häufiger und schwerer werden. In den letzten Monaten waren Überschwemmungen für 62 Todesopfer in Nordchina verantwortlich und haben schwere Verwüstungen in Slowenien, Österreich, Südkorea und den US-Bundesstaaten Vermont und New York angerichtet. Gleichzeitig wüteten massive Waldbrände in Maui auf Hawaii, in Kanada, Spanien und Griechenland.
Obwohl der Klimawandel und die Erderwärmung die Wettermuster drastisch verändern, weigern sich die kapitalistischen Regierungen, ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen, um die verheerenden Auswirkungen dieser schon lange vorhergesagten Katastrophen abzumildern oder angemessene Hilfe zu leisten.
Es sind Milliarden Euro notwendig, um den strukturellen Hochwasserschutz zu verstärken, darunter der Ausbau von Infrastrukturen wie Dämmen, Deichen, Brücken und unterirdischen Wasserkanälen. Bestehende Bäche und Abflusssysteme müssen angemessen gewartet werden. In Häusern müssen Maßnahmen wie solide Zäune, erhöhte Fenster, Türen mit „Absperrbrettern“ und Rückfluss- oder Rückstauventilen zur Begrenzung der Kontamination durch Abwasser installiert werden. Auch die Straßen sollten verbessert werden, damit Einwohner vor Überschwemmungen flüchten können. Zudem muss der Zugang für Rettungsdienste sichergestellt werden.
Auch nicht-strukturelle Maßnahmen wie Studien zu überschwemmungsanfälligen Gebieten oder eine strategische Flächennutzungsplanung sind notwendig, um das Ausmaß der von Überschwemmungen beeinträchtigten Gebiete zu ermitteln und die Bebauung zu begrenzen. Millionen Menschen auf dem gesamten Kontinent müssen Zugang zu Frühwarnsystemen und Notfallplänen erhalten, vor allem da sich viele Überschwemmungen bei Nacht ereignen.
Stattdessen plündern die europäischen kapitalistischen Mächte ihre Staatshaushalte, um Milliarden Euro für den Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine auszugeben, ihre Streitkräfte aufzurüsten und sich auf den dritten Weltkrieg vorzubereiten. Gleichzeitig gewähren sie dem Großkapital und der Finanzaristokratie große Steuernachlässe und andere Vergünstigungen.
Die Kapitalistenklasse, welche die Gesellschaft auf der Grundlage der Profitakkumulation organisiert, ist organisch unfähig zu dem hohen Maß an gesellschaftlicher Planung und Organisation, das notwendig ist, um die Klimakrise zu bewältigen. Diese Aufgabe fällt der Arbeiterklasse zu, welche die Staatsmacht übernehmen und das Profitsystem abschaffen muss, um eine sozialistische Planung der Ressourcen der Weltwirtschaft und die Umgestaltung der Gesellschaft auf rationaler Basis durchzusetzen.