Studierende protestieren gegen Zensur der Veranstaltung „Stoppt den Genozid in Gaza“ an der Humboldt-Uni

In der letzten Woche hat die Humboldt-Universität der Hochschulgruppe IYSSE verboten, eine Veranstaltung unter dem Titel „Stoppt den Genozid in Gaza“ durchzuführen. Während sich die Universitätsleitung hinter Israels brutalen Krieg stellt, soll es politischen Hochschulgruppen und Studierenden verboten werden, daran Kritik zu üben.

Gregor von den IYSSE spricht gegen die Zensur der Veranstaltung "Stoppt den Genozid in Gaza" durch die Leitung der Humboldt-Uni

Unter Studierenden trifft dieser Akt der Zensur auf massive Opposition. In den letzten Tagen sprachen Mitglieder der IYSSE mit zahlreichen Studierenden.

Natalie studiert Sozialwissenschaften an der HU. Sie verurteilt das Verbot der geplanten Veranstaltung: „Seit ich hier an der Uni bin, hat niemand über das Thema [Krieg gegen Gaza] gesprochen. Es ist traurig, dass die Uni vorgibt, politisch zu sein und Meinungsfreiheit zu vertreten, aber dann solche Veranstaltungen und Meinungsäußerungen verbietet.“ Der Grund sei, so Natalie, dass „die Uni vom Staat finanziert wird und der Staat absolut dagegen ist“

„Wir Studenten müssen uns dagegen organisieren – wer, wenn nicht wir?“, schlussfolgert sie. „Mein Freund und ich haben Dokus über die Aufstände der letzten Jahre geschaut. Als wir dann in Neukölln gesehen haben, wie friedliche Leute von der Polizei geschlagen wurden, dachten wir, das kann bei uns genauso passieren.“ Auch dass Politiker jetzt fordern, die Wehrpflicht wieder einzuführen, findet sie erschreckend.

„Aber die Uni möchte nicht, dass wir uns politisch organisieren. Dass sie uns sogar Räume verbietet, ist eine krasse Maßnahme. Man sollte dagegen Unterschriften sammeln. Ich glaube die Mehrheit der Studenten ist dagegen. Ich glaube viele denken so. Man könnte die Uni auch gemeinsam für einen Tag boykottieren.“

Said, der auch an der HU studiert, kommt ursprünglich aus Ägypten in der Nähe von Jordaninen. „Ich denke, was in Gaza gerade passiert, ist ein Völkermord“, erklärt er. „Alleine gestern wurden 700 Menschen von den israelischen Streitkräften getötet. 6000 Menschen wurden in den letzten Tagen getötet, 2000 Kinder. Die Menschen versuchen einfach, am Leben zu bleiben.“

„Wir, die demonstrieren gehen, sind dagegen, dass Zivilisten getötet werden, Israelis oder Palästinenser. Wir sind gegen Antisemitismus“, betont er. „Aber der UN-Sicherheitsrat unterstützt das Töten der Menschen in Gaza. Sogar ein Waffenstillstand wird abgelehnt. Das ist schrecklich. Sie lassen noch nicht einmal humanitäre Unterstützung oder internationale Hilfe hinein. Alle Menschen sollten einen Waffenstillstand fordern.“

„Diese Menschen leben seit 70 Jahren in einer Situation, die als größtes Freiluftgefängnis der Welt bezeichnet wird. Man hat ihnen ihr Land weggenommen“, beschreibt er die Situation im Gaza Streifen. „Stell dir vor, du würdest eines Tages aufwachen und in deinem eigenen Land als Flüchtling leben.“

Die Zensur der IYSSE-Veranstaltung verurteilt er daher zutiefst: „Ich unterstütze die Menschen in Palästina und empfinde mit ihnen. Deswegen fühle ich mich von der Entscheidung der Unileitung, diese Veranstaltung zu verbieten, angegriffen. Es hat mich auch wütend gemacht, die offiziellen Statements der Unileitung auf ihrer Webseite und auf Instagram zu lesen, in denen sie Israel unterstützen. Es kann nicht sein, dass eine Universität in diesem Krieg erklärt, sie unterstützt die Menschen der einen Seite, aber nicht die der anderen. Darüber sollte man nachdenken und Studierende sollten die Möglichkeit haben, ihre Meinung frei auszusprechen.“

Auch Asena und Ines, die an der HU studieren unterstützen den Kampf der IYSSE gegen die Zensur. „Ich finde es wichtig, dass ihr euch dafür einsetzt“, erklärt Asena. „Eine ganze Ethnie wird gerade ausgelöscht – Deutschland zieht genau die falschen Lehren aus dem Holocaust. Ukraine- und Israel-Flaggen werden an der Uni aufgehängt, aber solche Veranstaltungen verboten.“ Auch muslimische Länder werden allgemein in einen negativen Kontext gestellt. Als Mensch gebe es derzeit nur eine Position. „Aber so viele ,gebildete‘ Menschen stehen derzeit an der Seite Israels.“

Ines stimmt ihr zu: „Ich finde wir müssen unsere Stimmen erheben. Wenn ihre Stimmen nicht gehört werden, müssen wir laut sein. Solidarität ist entscheidend.“ Dass auch in nicht muslimischen Ländern wie Deutschland und Frankreich so viele Menschen auf die Straße gehen, findet sie wichtig. „Ich habe am Anfang gedacht, niemand ist auf unserer Seite.“

Asena prangert auch die „Doppelmoral“ des deutschen Staates an: „Reichskriegsflaggen werden hängen gelassen, aber um eine Palästina-Flagge abzureißen, betreten Polizisten sogar Berliner WGs.“

Ines ergänzt zur Polizeigewalt: „Bei den Demos merkt man, dass die Polizisten richtig Lust haben, brutal zu sein. Sie gehen spezifisch provokant gegen arabisch aussehende Leute vor.“

Beide verurteilen die zunehmende Einschränkung demokratischer Rechte. „Wir leben in einem Land mit ,Meinungsfreiheit‘ und ich kann nicht mal sagen, was ich denke“, erklärt Anes. „Unsere Uni predigt lebenslanges Lernen, will aber nicht, dass wir unser Wissen anwenden und kritisch denken.“

„Man wird diskreditiert, weil man emotional reagiert, dabei ist es gerade wichtig, dass wir gehört werden, weil wir betroffen sind“, sagt Ines. „In Israel sind die Zeitungen oft kritischer gegenüber ihrer eigenen Regierung als in Deutschland. Das sagt viel über Deutschland aus!“

Wir rufen alle Studierenden und alle Leser weiterhin auf, Protestmails gegen die Zensur der Veranstaltung an die Universitätsleitung zu schreiben. praesidentin@hu-berlin.de (Kopie an iysse@gleichheit.de).

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