Perspektive

Die Arbeiterklasse, der Kampf gegen die kapitalistische Barbarei und der Aufbau der Weltpartei der sozialistischen Revolution (Teil 3)

Dies ist der dritte Teil einer vierteiligen Erklärung. Teil eins wurde am 4. Januar veröffentlicht, Teil zwei am 5. Januar und Teil vier am 8. Januar.

Das Wiedererstarken der extremen Rechten und der weltweite Zusammenbruch der Demokratie

1. In dem Maße, wie der Völkermord bei dem vom Imperialismus unterstützten israelischen Angriff auf Gaza offen als Instrument der Politik eingesetzt wird und das Massensterben als Reaktion der herrschenden Klasse auf die Pandemie normalisiert wurde, sind faschistische und autoritäre Bewegungen auf der ganzen Welt wieder Teil der politischen Landschaft. Von dem Fehlen jeglicher antikapitalistischen Antwort der bürgerlichen und pseudolinken Organisationen auf die immer schärfere Wirtschaftskrise und den niedergehenden Lebensstandard profitiert die extreme Rechte.

2. In den ersten Tagen des neuen Jahres häuften sich in den bürgerlichen Medien Kommentare über die gefährliche Lage der Demokratie im Jahr 2024: „Ein Jahr, in dem es für die Demokratie weltweit um alles oder nichts geht“ (Time Magazine); „In 2024 setzt eine Welle von Wahlen die globale Demokratie auf den Stimmzettel“ (Washington Post); „2024 könnte ein sehr schlechtes Jahr für die Demokratie werden“ (New Yorker); „Warum 2024 das bisher wichtigste Jahr für die Demokratie werden könnte“ (Economist); und „Kann die Demokratie 2024 überleben?“ (Financial Times).

3. In den Kommentaren wird darauf hingewiesen, dass im Jahr 2024 weltweit zwischen 70 und 80 verschiedene Wahlen stattfinden, an denen schätzungsweise 4,2 Milliarden Menschen oder mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung teilnehmen. Dazu gehören die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten sowie die Wahlen in Indien, der Europäischen Union, dem Vereinigten Königreich, Mexiko, Indonesien, Bangladesch, Südafrika und Dutzenden anderen Ländern.

4. Gleichzeitig mit diesen Wahlen bricht der Rahmen der bürgerlich-demokratischen Institutionen zusammen. „In einer Gesellschaft nach der anderen gewinnen illiberale Werte und Politiker, die sie vertreten, an Boden“, schreibt die Post. „Zahlreiche gewählte Regierungen scheinen bestrebt zu sein, die Grundpfeiler des demokratischen Projekts zu untergraben, von der Pressefreiheit über die Unabhängigkeit von Institutionen wie der Justiz bis hin zur Fähigkeit der Oppositionsparteien, einen fairen Wettbewerb mit dem herrschenden Establishment zu führen.“ Die Financial Times schreibt: „Die Global State of Democracy Initiative des schwedischen International Institute for Democracy and Electoral Assistance stellte fest, dass 2023 das sechste Jahr in Folge war, in dem die Demokratie in der Hälfte aller Länder abnahm. Das ist der längste Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1975.“

5. In den kapitalistischen Medien findet sich jedoch nirgends eine historisch fundierte Analyse der politischen Prozesse, die dieser „Krise der Demokratie“ zugrunde liegen, geschweige denn eine Untersuchung der grundlegenden sozialen Faktoren, die den Drang zu Diktatur und autoritärer Herrschaft hervorbringen.

6. Das Erstarken der extremen Rechten ist ein universelles Phänomen. In den USA finden dieses Jahr nur drei Jahre nach dem faschistischen Putsch vom 6. Januar 2021 Wahlen statt. Trump, der Spitzenkandidat der Republikanischen Partei für die Nominierung, liegt in den Umfragen derzeit in jedem Fall vor Biden. Bei den Europawahlen im Juni wird die rechtsextreme Fraktion Identität und Demokratie, zu der auch Marine Le Pens Rassemblement National in Frankreich und die faschistische Alternative für Deutschland (AfD) gehören, laut aktuellen Umfragen so viele Sitze gewinnen, dass sie die dritt- oder viertgrößte Partei im EU-Parlament sein wird.

Javier Milei, neu gewählter Präsident Argentiniens, bei einer Rede in seiner Wahlkampfzentrale in Buenos Aires am Sonntag, 13. August 2023 [AP Photo/Natacha Pisarenko]

7. Im vergangenen Jahr wurde in Argentinien im November der faschistische Fernsehstar Javier Milei gewählt, und in den Niederlanden wurde die antimuslimische Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders nach den Wahlen im Dezember zur stärksten Kraft. Italiens Premierministerin ist die 2022 gewählte Giorgia Meloni, deren politischer Stammbaum direkt auf Mussolini zurückgeht. In Indien wird erwartet, dass Premierminister Narendra Modi und seine faschistische Bharatiya Janata Party (BJP) nach ihren Siegen bei den Wahlen in den Bundesstaaten im Dezember eine dritte Amtszeit gewinnen werden.

8. Politisch gesehen ist der Aufstieg faschistischer Parteien und Politiker weit weniger eine Massenbewegung von unten als vielmehr das Ergebnis eines allgemeinen Rechtsrucks der herrschenden Klasse. Die Politik der etablierten Parteien ist – unabhängig von ihrer Bezeichnung: Sozialdemokraten, Demokraten, Labour oder Konservative – im Wesentlichen überall dieselbe: massive Kürzungen der Sozialausgaben und Erhöhung des Militäretats, dazu die Unterstützung des US-Nato-Kriegs gegen Russland in der Ukraine und des israelischen Völkermords in Gaza.

9. Gleichzeitig übernehmen die etablierten kapitalistischen Parteien immer stärker das Programm und die Politik der Faschisten. Das Jahr endete mit der Verabschiedung des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS) durch die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament. GEAS schafft das Asylrecht ab, baut die Festung Europa aus und sanktioniert Massenabschiebungen und die Inhaftierung von Flüchtlingen in Konzentrationslagern.

10. Dieser Rechtsruck schließt auch Parteien der nominellen „Linken“ ein: Syriza, die in Griechenland 2015 mit dem Versprechen an die Macht kam, die Austeritätsmaßnahmen des IWF zu beenden, setzte dann noch härtere Sparprogramme durch als ihre Vorgänger. Corbyn versammelte in Großbritannien die Opposition hinter der Labour Party, nur um damit den Aufstieg Keir Starmers und seinen (Corbyns) eigenen Rauswurf aus der Partei zu erreichen. In Deutschland hat die rechte Politik der Linkspartei zu einem regelrechten Zusammenbruch der Unterstützung für sie unter Arbeitern und Jugendlichen geführt.

Oligarchie und soziale Ungleichheit

11. Hinter dieser politischen Entwicklung stehen tiefer liegende gesellschaftliche Prozesse. Als Leo Trotzki die Krise der bürgerlichen Demokratie in der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg erklärte, verglich er die Demokratie mit „einem System von Sicherungen und Schutzschaltern gegen den Überstrom, den ein nationaler oder gesellschaftlicher Kampf erzeugt ... Unter dem Einfluss zu hoher Spannung des Klassenkampfs und der internationalen Widersprüche brennen die Sicherungen der Demokratie entweder durch oder sie explodieren. Das ist der Kurzschluss der Diktatur.“

12. Die internationalen Widersprüche, die die Sicherungen der Demokratie durchschlagen lassen, liegen auch den globalen Konflikten zugrunde, die dazu führen, dass Völkermord als Instrument der Außenpolitik zum Normalfall wird. Wie Lenin erklärte, ist der Imperialismus „Reaktion auf der ganzen Linie“. Das Finanzkapital strebt sowohl in seiner Außen- als auch in seiner Innenpolitik „nicht nach Demokratie, sondern nach Diktatur“. Die Unterordnung der gesamten Gesellschaft unter eine Politik des endlosen Krieges bringt nicht nur die Abzweigung gesellschaftlicher Ressourcen zur Finanzierung explodierender Militärbudgets mit sich, sondern auch immer direktere Maßnahmen zur Unterdrückung des Antikriegswiderstands im eigenen Land.

13. Die wesentlichen Klassenwidersprüche, die demokratische Herrschaftsformen untergraben, zeigen sich vor allem in der extremen Zunahme der sozialen Ungleichheit. Die kapitalistische Gesellschaft hat die Form einer Oligarchie angenommen, in der das gesamte wirtschaftliche, soziale und politische Leben von einer kleinen Elite kontrolliert wird. Oder anders ausgedrückt: die extreme Konzentration von Reichtum breitet sich wie ein unkontrollierter Tumor aus und infiziert alle staatlichen Institutionen, die Gerichte und die Medien.

14. Weltweit besitzt laut Oxfam das reichste Prozent der Bevölkerung inzwischen fast die Hälfte des Weltvermögens, während die ärmsten 50 Prozent nur 0,75 Prozent besitzen. Gerade mal 81 Milliardäre verfügen über mehr Vermögen als die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung.

15. Die World Inequality Database (WID), die von Thomas Piketty, Emmanuel Saez und Gabriel Zucman entwickelt wurde, hat ausgerechnet, dass der Vermögensanteil der reichsten 0,01 Prozent der Bevölkerung (das sind heute etwa 800.000 Menschen) von acht Prozent im Jahr 1995 auf heute zwölf Prozent gestiegen ist. Das Vermögensgefälle zwischen den obersten 0,01 Prozent und den untersten 50 Prozent ist anderthalb mal so groß wie 2008. Auch die Einkommensungleichheit nimmt zu. Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung kassieren mehr als die Hälfte (52 Prozent) des gesamten Welteinkommens, während die untere Hälfte nur 8,5 Prozent einnimmt.

16. Der „World Inequality Report 2022“ der WID, der die letzte Aktualisierung der verfügbaren Daten enthält, zeigt:

Globale Multimillionäre haben in den letzten Jahrzehnten einen unverhältnismäßig großen Anteil des globalen Wohlstandswachstums für sich beansprucht: Die obersten 1 % haben 38 % des gesamten seit Mitte der 1990er Jahre angehäuften zusätzlichen Reichtums für sich beansprucht, während die unteren 50 % nur 2 % davon abbekommen haben. Diese Ungleichheit ist auf die gravierende Ungleichheit der Wachstumsraten zwischen den oberen und den unteren Segmenten der Vermögensverteilung zurückzuführen. Das Vermögen der reichsten Menschen auf der Erde ist seit 1995 um 6 bis 9 % pro Jahr gewachsen, während das durchschnittliche Vermögen um 3,2 % pro Jahr zugenommen hat. Seit 1995 ist der Anteil der Milliardäre am weltweiten Reichtum von 1 % auf über 3 % angestiegen. Dieser Anstieg hat sich während der Corona-Pandemie noch verschärft. Das Jahr 2020 markierte den stärksten Anstieg des Anteils der Milliardäre an den weltweiten Vermögenswerten seit Beginn der Aufzeichnungen.

17. Die Vereinigten Staaten beherbergen die höchste Konzentration von Milliardären auf der Welt, deren kollektives Vermögen nach Angaben von Americans for Tax Fairness im November 2023 auf 5,2 Billionen Dollar gestiegen ist, den höchsten jemals verzeichneten Wert. Im dritten Quartal 2023 besaßen die oberen zehn Prozent der US-Bevölkerung zwei Drittel des gesamten Vermögens, während die untere Hälfte nur 2,6 Prozent besaß.

18. „Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol“, so Marx, „ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol.“ Etwa 700 Millionen Menschen oder fast neun Prozent der Weltbevölkerung, darunter 333 Millionen Kinder, leben unter Bedingungen, die die Vereinten Nationen als extreme Armut definieren, d.h. sie müssen mit weniger als 2,15 Dollar pro Tag auskommen.

19. Die Anhäufung von persönlichem Reichtum ist zwar für sich genommen von immenser Bedeutung, doch sie ist zweitrangig und steht in Zusammenhang mit der immensen Konzentration wirtschaftlicher Macht in einer kleinen Zahl von Mega-Konglomeraten, die sich im Besitz der kapitalistischen herrschenden Eliten befinden.

Jamie Dimon, CEO von JPMorgan Chase & Co., auf einer Konferenz von JPMorgan Healthcare Investment [Photo by Steve Jurvetson / CC BY 2.0]

20. Der Umfang der von den riesigen Banken und Finanzhäusern kontrollierten Ressourcen ist enorm. Im Jahr 2023 stieg JPMorgan Chase (CEO Jamie Dimon) nach der Übernahme von First Republic mit einem Vermögen von 3,7 Billionen Dollar zur größten Bank der Welt auf. (Ihr Vermögen übersteigt das BIP des Vereinigten Königreichs.) Gigantische Private-Equity-Firmen wie Vanguard (verwaltetes Vermögen: 7,7 Billionen Dollar) und BlackRock (9,4 Billionen Dollar) kontrollieren durch ihre Beteiligungen große Teile der Wirtschaft. Allein Vanguard ist der größte Anteilseigner von 330 Unternehmen im Aktienindex S&P500 und zugleich der größte Investor in 38 weiteren Unternehmen.

21. Der starke Anstieg des S&P500 im Jahr 2023 wurde von sieben Technologieunternehmen angetrieben: Amazon, Apple, Alphabet (Google), Meta Platforms (Facebook und Instagram), Microsoft, Nvidia und Tesla. Ihre gemeinsame Marktkapitalisierung stieg allein im vergangenen Jahr um 5,2 Billionen Dollar, was mehr als 60 Prozent des Anstiegs von 8,2 Billionen Dollar im S&P500 insgesamt ausmacht. Nur vier Investoren in diese Aktien – Jeff Bezos (Amazon), Mark Zuckerberg (Meta), Elon Musk (Tesla) und der private Vermögensverwalter Vanguard – haben mit ihren Beteiligungen 491 Milliarden Dollar kassiert. Laut Forbes stammte die Hälfte der Vermögenszuwächse der US-Milliardäre im vergangenen Jahr aus steigenden Technologieaktien, wobei acht Tech-Milliardäre ihr Vermögen um mindestens zehn Milliarden US-Dollar steigern konnten.

22. Diese Konzerne und ihre Eigentümer üben eine enorme Macht über das Internet und die sozialen Medien aus, insbesondere nach der Übernahme von Twitter/X durch Musk im Jahr 2022. Sie sind eng mit dem Staat verbunden und nutzen ihre Kontrolle über die Kommunikation, um oppositionelle und gegen den Krieg gerichtete Ansichten zu zensieren. Die World Socialist Web Site wird in den Suchergebnissen für Schlüsselbegriffe regelmäßig herabgestuft, ein Zensurprozess, der erstmals 2017 aufgedeckt wurde und seither anhält.

Emmanuel Macron, Präsident Frankreichs, mit dem indischen Premierminister Narendra Modi im Louvre, Paris, 14. Juli 2023 [AP Photo/Aurelien Morissard]

23. Diese soziale Dynamik gibt es in allen imperialistischen Ländern, aber auch in den weniger mächtigen. Der reichste Mann Asiens ist derzeit der Inder Mukesh Ambani (Nettovermögen: 100 Milliarden Dollar), einer der wichtigsten Unterstützer von Modi. Sein Reichtum ist nach den Siegen der BJP bei den Bundesstaatswahlen im Dezember sprunghaft angestiegen. Ambanis Reichtum beruht auf seiner Kontrolle über Reliance Industries, Indiens größtem Unternehmen nach Marktkapitalisierung, einem Konglomerat mit wichtigen Geschäftsbereichen im Energiesektor, im Einzelhandel, der Telekommunikation und der Textilindustrie. Die reichste Person Mexikos ist Carlos Slim (Nettovermögen: 105 Milliarden Dollar), der mit seinem Konglomerat Grupo Carso und anderen Investitionen große Teile der mexikanischen Wirtschaft kontrolliert.

24. Dies sind die Kräfte, die der Demokratie überall auf der Welt den Sauerstoff entziehen. Die Vorstellung, dass die grundlegenden demokratischen Rechte erhalten werden könnten, ohne sich mit den zugrunde liegenden wirtschaftlichen Kräften und Interessen zu befassen, ist reines Wunschdenken.

Die Krise der amerikanischen Demokratie und die Wahlen 2024

25. Nirgendwo werden diese Prozesse deutlicher als in den Vereinigten Staaten, dem Cockpit des Weltimperialismus und dem globalen Zentrum des Finanzkapitals. Der Wahlkampf 2024 findet im Schatten des faschistischen Putsches vom 6. Januar 2021 statt, bei dem Donald Trump versuchte, die Bestätigung seiner Wahlniederlage gegen Biden durch den Kongress zu verhindern, die Verfassung abzuschaffen und eine Diktatur zu errichten.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump während einer Kundgebung in Waterloo, Iowa, am 19. Dezember 2023 [AP Photo/Charlie Neibergall]

26. In ihrer am Tag nach dem Putsch veröffentlichten Erklärung schrieb die World Socialist Web Site, dies sei „ein Wendepunkt in der Geschichte der Vereinigten Staaten“:

Die ohnehin abgenutzte Verherrlichung der Unverwundbarkeit und Ewigkeit der amerikanischen Demokratie wurde restlos als hohler politischer Mythos entlarvt und diskreditiert. Der berühmte Ausspruch „Das ist bei uns nicht möglich“, der dem Titel von Sinclair Lewis‘ zu Recht berühmtem Werk „It Can‘t Happen Here“ über den Aufstieg eines imaginären amerikanischen Faschismus entstammt, wurde von den Ereignissen überholt. Ein faschistischer Putsch ist „bei uns“ nicht nur möglich. Es ist passiert – am Nachmittag des 6. Januar 2021.

Mehr noch: Es wird wieder passieren, wenn auch der erste Anlauf sein Ziel nicht erreicht hat.

27. In den Monaten vor und nach dem Putsch dokumentierte die WSWS die umfassende Verschwörung hinter dem faschistischen Aufstand, bei dem die Erstürmung des Kapitols auf Trumps Drängen nur die letzte Etappe war. An der Verschwörung waren nicht nur der amtierende Präsident, sondern auch der größte Teil der republikanischen Parteiführung sowie bedeutende Teile des Polizei- und Militär-Apparats und der Justiz beteiligt.

28. Keine Institution des politischen Establishments widersetzte sich aktiv dem Versuch, eine Diktatur zu errichten, der kurz vor dem Erfolg stand. Das Militär und die Nationalgarde hielten sich zurück, während Trumps faschistoider Mob das Kapitol stürmte und versuchte, Geiseln zu nehmen. Die Demokratische Partei sagte nichts, als sich der Staatsstreich abspielte, und Biden selbst wartete Stunden, bevor er schließlich einen erbärmlichen Appell an Trump richtete, er solle im nationalen Fernsehen auftreten und den Staatsstreich abblasen.

29. Die umfangreichen Informationen über die Ereignisse des 6. Januar, die in den letzten drei Jahren ans Licht gekommen sind, haben diese Einschätzung der Ereignisse bestätigt. Die sozialen und politischen Bedingungen, die zu dem Putsch geführt haben, haben sich indessen noch verschärft.

Mitglieder der „Oath Keepers“ vor dem US-Kapitol, Washington, 6. Januar 2021 [AP Photo/Manuel Balce Ceneta]

30. Die Wahlen 2024 finden unter den Bedingungen einer existenziellen politischen Krise und des Zusammenbruchs aller Institutionen des Staatsapparats statt. Es ist nicht klar, ob die Wahlen, sofern sie überhaupt wie geplant stattfinden, ein Ergebnis bringen werden, das die unterlegene Partei als legitim akzeptieren wird.

31. Als sich das Jahr 2023 dem Ende neigte, entschieden sowohl der Oberste Gerichtshof in Colorado als auch die Staatssekretärin in Maine, dass Trump wegen seiner verfassungsfeindlichen Handlungen vom 6. Januar 2021 nicht auf dem Stimmzettel erscheinen dürfe. Währenddessen haben Politiker in republikanisch kontrollierten Staaten als Vergeltung damit gedroht, Biden vom Stimmzettel zu entfernen. Der Bundesstaat Texas hat Maßnahmen ergriffen, die offen die verfassungsmäßige Befugnis der Bundesregierung zur Festlegung der Einwanderungspolitik in Frage stellen. Eine ähnliche Anfechtung des Wahlergebnisses im nächsten November ist durchaus möglich, und zwar nicht nur in Texas.

32. Die eskalierenden zersetzenden Tendenzen drohen die gesamte Regelung seit dem Ende des Bürgerkriegs zu sprengen, mit der die einheitliche Autorität der Regierung in Washington, D.C. über die einzelnen Staaten wiederhergestellt wurde. Es sei daran erinnert, dass Lincoln 1860 in keinem der Südstaaten auf den Wahlzetteln stand. Die Entscheidung von sieben Südstaaten, sich abzuspalten und die Konföderierten Staaten von Amerika zu gründen, noch vor Lincolns Amtsantritt, setzte die Ereignisse in Gang, die einige Monate später zum Ausbruch des Bürgerkriegs führten.

33. Der Konflikt, der die bestehenden politischen Strukturen zerreißt, besteht natürlich nicht zwischen progressiven und reaktionären Fraktionen der herrschenden Klasse. Die Demokraten und die Republikaner sind zwei reaktionäre Fraktionen der Wirtschafts- und Finanzoligarchie. Wie groß ihre taktischen Differenzen auch sein mögen, sie sind ihrer gemeinsamen reaktionären Agenda völlig untergeordnet.

34. Biden soll behauptet haben, dass er Trumps Bedrohung der Demokratie in den Mittelpunkt seines Wiederwahlkampfs stellen werde. Das ist in etwa so, als würde ein Bordellbetreiber verkünden, dass er den Ruf seines Etablissements durch das Eintreten für ethische Geschäftspraktiken verbessern werde. Es war Biden, der wenige Tage nach dem Aufstand vom 6. Januar erklärte, es sei sein Ziel, eine „starke“ Republikanische Partei zu haben. Die Demokratische Partei hat alles getan, um eine Aufdeckung der politischen und gesellschaftlichen Kräfte hinter dem Putsch zu verhindern. Die verschiedenen Untersuchungen und Anhörungen verliefen im Sande und brachten letztlich nichts.

Präsident Joe Biden (links) und der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu auf dem internationalen Flughafen Ben Gurion, Tel Aviv, 18. Oktober 2023 (AP Photo/Evan Vucci) [AP Photo/Evan Vucci]

35. In den letzten drei Jahren war das zentrale Anliegen der Biden-Regierung die Eskalation des Kriegs gegen Russland, gefolgt von der offenen Unterstützung des Völkermords in Gaza. Gegen Ende des Jahres bekräftigten hochrangige Vertreter der Biden-Regierung ihr Versprechen, die faschistische, migrantenfeindliche Agenda der Republikaner zu unterstützen, im Gegenzug für eine Aufstockung der militärischen Mittel für die Ukraine.

36. Die Demokraten und die Republikaner haben sich zusammengetan, um gemeinsam den Völkermord in Gaza zu unterstützen und die Opposition gegen Israel als „antisemitisch“ zu brandmarken. Der erzwungene Rücktritt der Präsidentin von Harvard, Claudine Gay, ist Teil einer Kampagne der politischen Einschüchterung und Zensur an den Universitäten, die auch das Verbot von Studentengruppen einschließt, welche sich gegen den Völkermord wenden.

Sozialismus vs. Kapitalismus und Oligarchie

37. Die Behauptung, dass demokratische Herrschaftsformen ohne einen Frontalangriff auf den Reichtum der herrschenden Elite und ihre Vorherrschaft über die Wirtschaft verteidigt werden könnten, ist der Gipfel der politischen und intellektuellen Scharlatanerie.

38. Das Erstarken der Rechten hat weniger mit ihrer eigenen Kraft zu tun als mit dem völligen Bankrott dessen, was sich als Linke bezeichnet. Hinter der Schwäche der verschiedenen Formen pseudolinker Politik – Bernie Sanders und die Democratic Socialists of America in den USA, die Linkspartei in Deutschland, Podemos in Spanien, Syriza in Griechenland, die „Pink Tide“-Bewegung und die Unterstützer Lulas in Lateinamerika – verbirgt sich die Verneigung vor dem Allerheiligsten, dem Privateigentum, den Unternehmensgewinnen und dem persönlichen Reichtum. Ihre gelegentlichen Beschwörungen des „Sozialismus“ bestehen ausschließlich aus heißer Luft. Der „Sozialismus“, von dem sie träumen, ist ein Sozialismus, der erreicht werden kann, ohne dass die Aktienkurse an der Wall Street fallen, d. h. ein Sozialismus ohne Klassenkampf, ohne Enteignung der herrschenden Klasse und ohne Übertragung der Macht auf die Arbeiterklasse. Der „Sozialismus“ von Jeremy Corbyn lässt den der alten Fabier fast bolschewistisch erscheinen. Was Sanders, Ocasio-Cortez und die Democratic Socialists of America unter „Sozialismus“ verstehen, steht weit rechts vom bürgerlichen Reformismus in der Zeit von Roosevelts New Deal bis zu Lyndon Johnsons Great Society.

39. Die eigentliche soziale Basis der Pseudolinken sind privilegierte Teile der oberen Mittelschicht. Ihr Ziel ist nicht die radikale Umstrukturierung des sozialen und wirtschaftlichen Lebens, sondern die Umverteilung des Reichtums an der Spitze. Die endlose Förderung verschiedener Formen von Rasse- und Genderpolitik ist die Form, mit der Teile der oberen Mittelschicht um Machtpositionen und Privilegien in den Konzern-Vorstandsetagen, in der Wissenschaft, im Gewerkschaftsapparat und im Staat konkurrieren.

40. In den Vereinigten Staaten haben die drei Jahre der Biden-Regierung die „linken“ Ansprüche der Democratic Socialists of America umfassend entlarvt. Die führenden Mitglieder der DSA im Kongress, darunter Ocasio-Cortez, haben dafür gestimmt, Streiks von Eisenbahnarbeitern zu verbieten und den Krieg der USA und der Nato gegen Russland in der Ukraine zu finanzieren. Inmitten des israelischen Völkermords in Gaza kündigte Ocasio-Cortez an, dass sie die Finanzierung von Israels Iron Dome unterstützen werde.

41. Alles Gerede über die Verteidigung der Demokratie und den Kampf gegen den Faschismus ist zynische und politisch impotente Demagogie, solange die grundlegende Frage der Klassen und der wirtschaftlichen Macht - und damit der Notwendigkeit, die Arbeiterklasse auf globaler Ebene für den Sturz des Kapitalismus zu mobilisieren - ignoriert wird. Der Reichtum der Milliardäre muss enteignet werden, und die gigantischen Konzerne müssen ohne Entschädigung der Großaktionäre in demokratisch kontrollierte Betriebe umgewandelt werden, die auf der Grundlage sozialer Bedürfnisse und nicht des privaten Profits geführt werden. Die antidemokratischen Institutionen und Repressionsorgane des kapitalistischen Staates (Militär, Polizei und Geheimdienste) müssen abgeschafft und durch Organisationen der Arbeiterkontrolle und -macht ersetzt werden, um eine demokratische und geplante Wirtschaft im Weltmaßstab zu errichten.

42. Die wachsenden Kämpfe der Arbeiter auf der ganzen Welt sind die objektive Grundlage für die Entwicklung einer internationalen Massenbewegung für den Sozialismus. Die Umwandlung dieser objektiven Bewegung in einen bewussten Kampf um die Macht erfordert die Entwicklung einer internationalen sozialistischen Massenbewegung in der Arbeiterklasse auf der Grundlage der marxistischen Theorie und des Programms und der Prinzipien, für die das Internationale Komitee der Vierten Internationale kämpft.

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