Am Wochenende veröffentlichte Inequality.org Zahlen, die auf einer vom Institute for Policy Studies durchgeführten Analyse der wiederum vom Forbes-Magazin geführten Liste der Milliardärsvermögen beruhen. Sie zeigen für die Vereinigten Staaten eine erschütternde Konzentration des Reichtums in den Händen einer kleinen Oligarchie.
Die Zahl der Milliardäre in den USA ist in den letzten vier Jahren von 614 auf 737 angestiegen, was mit den vier Jahren der Covid-19-Pandemie zusammenfällt. Ihr gemeinsames Vermögen hat sich in diesem Zeitraum fast verdoppelt und ist um 88 Prozent von 2,947 Billionen Dollar auf 5,529 Billionen Dollar gestiegen.
Unter den Top 10 der Milliardäre sind acht in der Informationstechnologiebranche oder deren Umfeld angesiedelt. Dazu gehören die vier reichsten Personen in den USA: Jeff Bezos (192,8 Milliarden Dollar), Elon Musk (188,5 Milliarden Dollar), Mark Zuckerberg (169 Milliarden Dollar) und Larry Ellison (154,6 Milliarden Dollar). Die einzigen Ausnahmen sind Warren Buffett, dessen Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway Beteiligungen an so „alten“ Industrien wie der Eisenbahn hält, und der Medienmilliardär Michael Bloomberg.
Die Zunahme des Wohlstands während einer Pandemie, die in den USA mehr als 1,4 Millionen Menschen tötete, ist atemberaubend. Musks Vermögen ist in vier Jahren um 600 Prozent gestiegen, während Zuckerberg (Facebook/Meta) und Ellison (Oracle) ihr Vermögen fast verdreifacht haben. Das Vermögen von Steve Ballmer (Microsoft) sowie Larry Page und Sergey Brin (Google) hat sich mehr als verdoppelt. Bezos (Amazon) hat seinen Status als reichster Mann der Welt zurückgewonnen. Er hätte sein Vermögen ebenfalls verdoppelt, wäre da nicht die 40 Milliarden Dollar schwere Scheidungsvereinbarung mit seiner Ex-Frau Mackenzie Scott gewesen.
Diese enormen Summen sind als bloße Zahlen nur schwer zu erfassen. Am Dienstag übersetzte Joseph Kishore, Präsidentschaftskandidat der Socialist Equality Party, in mehreren Tweets diese Zahlen in begreifbare Größenordnungen. Das Gesamtvermögen von 5,5 Billionen Dollar entspricht dem Dreifachen der gesamten Schulden von Studierenden in den USA. Es ist das Siebenfache dessen, was in den USA für die staatlichen Bildungseinrichtungen ausgegeben wird. Und es entspricht fast dem 150-fachen dessen, was schätzungsweise pro Jahr benötigt würde, um den Hunger in der Welt bis zum Ende des Jahrzehnts zu beenden. Es ist das 178-Millionenfache des US-Medianeinkommens und das 700-Millionenfachen des durchschnittlichen Sparguthabens von Familien in den Vereinigten Staaten.
Der oligarchische Charakter des amerikanischen Kapitalismus durchdringt alle Institutionen des Staates, die Gerichte und die Medien. Und er dominiert die gesamte Präsidentschaftswahl 2024.
Amerikas herrschende Elite ist sich der Fragilität ihrer Position an der Spitze bewusst angesichts des weit verbreiteten sozialen Leids und des zunehmenden Klassenkampfes. Ihre Antwort besteht darin, die politische Zwangsjacke des kapitalistischen Zweiparteiensystems in Amerika zu verstärken. Dementsprechend unterstützen die Milliardäre die beiden kapitalistischen Parteien, die bei den Präsidentschaftswahlen 2024 um ihre Gunst konkurrieren und bei denen der Faschist und Ex-Präsident Donald Trump gegen den derzeitigen Präsidenten und Befürworter von Weltkrieg und Völkermord Joe Biden antritt.
Trumps Rückhalt bei den Milliardären ist schwächer als der von Biden. Dies liegt zum großen Teil daran, dass er in wichtigen außenpolitischen Fragen als unzuverlässig gilt, vor allem was den Krieg von USA und Nato gegen Russland wegen der Ukraine betrifft.
Ein erheblicher Teil der Oligarchie ist jedoch bereit, mit dem Schein der Legalität zu brechen.
Am 6. April wird der milliardenschwere Hedgefonds-Chef John Paulson in Florida eine Spendengala für Trump veranstalten, und zwar unter anderem gemeinsam mit dem Immobilien-„Investor“ Robert Bigelow, der zuvor der größte Spender für die gescheiterte Präsidentschaftskampagne von Floridas Gouverneur Ron DeSantis war. Einem Bericht der Financial Times zufolge hat sich auch der Frackinggas- und Ölmilliardär Harold Hamm, ein früherer Gegner einer Wiederwahl Trumps, bereit erklärt, als Veranstalter der Gala aufzutreten.
„Die Einladung zur Spendengala“, so die Zeitung, „weist zwei Kategorien von Spendern aus: diejenigen, die 814.600 Dollar pro Person geben und dafür an Trumps Tisch sitzen können, und diejenigen, die mindestens 250.000 Dollar spenden“.
Die Finanzoligarchen, welche die Veranstaltung ausrichten, kommen hauptsächlich aus der Welt der Finanzspekulation (Robert und Rebekah Mercer, Scott Bessent, Jeffrey Sprecher) und der Kasinos und der Unterhaltung (Steve Wynn, Phil Ruffin, Linda McMahon). Ein noch fragwürdigerer und reaktionärerer Ausrichter ist Pepe Fanjul, der von der Financial Times als „Zuckermagnat“ bezeichnet wird. Er ist Mitglied einer exilkubanischen Familie und Eigentümer von Domino Sugar. Fanjul kassiert Jahr um Jahr enorme staatliche Subventionen und hat die berüchtigte Neonazi-Ehefrau des weißen Rassisten David Duke viele Jahre lang als seine Assistentin beschäftigt.
Die Unterstützung der Wall Street für die Präsidentschaftskandidaten Biden und Kamala Harris ist breiter angelegt und spiegelt die Verwandlung der Demokratischen Partei wider, die in den letzten drei Jahrzehnten zur Hauptpartei der Börse und der Großbanken geworden ist.
Der Biden-Wahlkampf hat Spenden in Höhe von 155 Millionen Dollar erhalten, was zu diesem Zeitpunkt als die „höchste Summe, die je ein Kandidat der Demokraten in der Geschichte erhalten hat“ bezeichnet wird. Allein im Februar wurde eine Rekordsumme von 53 Millionen Dollar gespendet.
In den Medien wird Biden zwar als „Wahlkämpfer“ beschrieben, doch die Realität sieht ganz anders aus. Bidens persönliche Kontakte finden fast ausschließlich mit großen Wahlkampfspendern statt. Sein eigentlicher Schwerpunkt wird im Frühjahr und Sommer darin bestehen, die finanziellen Mittel zu sammeln, die für eine massive Medienkampagne in den Monaten vor der Wahl am 5. November erforderlich sind.
In vielen Fällen, vor allem bei Reisen in US-Bundesstaaten wie Kalifornien, in denen das Wahlergebnis absehbar ist, verzichten die Demokraten auf jede Art von öffentlichem Wahlkampf und wenden sich einfach nur an ihre wahre Wählerschaft, die Finanzoligarchie. In der vergangenen Woche trat Biden selbst im hart umkämpften Michigan nicht öffentlich auf, weil er vor Ort Demonstrationen fürchtete, die sich gegen den von den USA unterstützten Völkermord im Gazastreifen richten.
Mit Blick auf den Wahlkampf im Herbst gibt es zwei Hauptkomponenten einer Strategie der Demokratischen Partei: das Sammeln von Finanzmitteln und die Unterdrückung von Bemühungen, Kandidaten von Drittparteien auf dem Wahlzettel zu platzieren. Letzteres gilt insbesondere für linke Gegner wie der Socialist Equality Party, die ihren ersten Wahlkampf in Michigan gestartet hat, einem der umkämpftesten US-Bundesstaaten.
Die Demokraten bereiten einen „totalen Krieg“ gegen Kandidaten dritter Parteien vor. Einem gestern in der New York Times erschienenen Artikel zufolge stellen die Demokraten eine „Armee von Anwälten ein ..., um die stetig zunehmenden Bemühungen unabhängiger Kandidaten um den Zugang zu den Wahlzetteln anzufechten“.
Die Times zitiert einen der Anwälte mit den Worten, das Ziel sei es, „sicherzustellen, dass sich alle Kandidaten an die Regeln halten, und zu versuchen, sie zur Verantwortung zu ziehen, wenn sie es nicht tun“. Für die Demokraten nicht weniger als für die Republikaner sind die „Regeln“ diejenigen, die von der Konzern- und Finanzoligarchie aufgestellt wurden, um ihren Reichtum und ihre Macht zu schützen und jeden Herausforderer zu verhindern.
Als Reaktion auf die von Inequality.org veröffentlichten Zahlen erklärte der SEP-Kandidat Kishore in einem auf X/Twitter veröffentlichten Video:
Sozialismus lässt sich nicht durch stückweise Reformen, durch Basteleien an den Rändern erreichen. Dies erfordert einen Frontalangriff auf den Reichtum und die Macht der Kapitalistenklasse, in den USA und in der ganzen Welt. Es erfordert die Enteignung von unrechtmäßigen Gewinnen der Milliardäre und die Umwandlung der gigantischen Konzerne in Betriebe zur öffentlichen Daseinsvorsorge, die zur Erfüllung sozialer Bedürfnisse da sind und um privaten Profit zu erwirtschaften.