Nato-Gipfel: US-amerikanische und deutsche Raketenpläne bedrohen Städte tief innerhalb Russlands

Die zum Abschluss des Nato-Gipfels in Washington am Donnerstag gefassten Beschlüsse zeigen, dass die imperialistischen Nato-Mächte eine direkte militärische Intervention gegen das atomar bewaffnete Russland planen. Am Vortag hatte das Nato-Bündnis die Einrichtung eines Büros in der Ukraine und eines Nato-Kommandos in Deutschland angekündigt, welche die Kriegsoffensive gegen Russland koordinieren sollen.

Die neue Langstrecken-Hyperschallwaffe (Long-Range Hypersonic Weapon, LRHW) wird während der Operation Thunderbolt Strike auf der Cape Canaveral Space Force Station in Florida ausgestellt, 3. März 2023 [Photo: US Army]

Die Nato-Mächte sagten diese Woche 40 Milliarden Dollar mehr an Militärausgaben für das ukrainische Regime zu und erklärten, dass sie die Ukraine früher oder später in das 75 Jahre alte Militärbündnis aufnehmen würden. Besonders provokant war die Vereinbarung Washingtons und Berlins, auf Russland gerichtete Langstreckenlenkraketen in Deutschland zu stationieren. In einer gemeinsamen Erklärung der amerikanischen und der deutschen Regierung heißt es:

Die Vereinigten Staaten von Amerika werden, beginnend 2026, als Teil der Planung zu deren künftiger dauerhafter Stationierung, zeitweilig weitreichende Waffensysteme ihrer Multi-Domain Task Force in Deutschland stationieren. Diese konventionellen Einheiten werden bei voller Entwicklung SM-6, Tomahawks und derzeit in Entwicklung befindliche hypersonische Waffen umfassen. Diese werden über deutlich größere Reichweite als die derzeitigen landgestützten Systeme in Europa verfügen.

Nachdem die Nato-Staaten die ukrainischen Raketenangriffe auf die russische Zivilbevölkerung in Belgorod und Sewastopol beaufsichtigt haben, schaffen sie nun die Voraussetzungen für Raketenangriffe auf fast alle größeren Bevölkerungszentren Russlands. Tomahawk-Marschflugkörper mit einer Reichweite von über 2000 Kilometern können tief in Russland eindringen. Die Distanz zwischen Berlin und Moskau beträgt knapp 1.600 Kilometer.

Die Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW) hat eine Reichweite von 2.776 Kilometern (1.725 Meilen) und kann Raketenabwehrsystemen entgehen. Nach Angaben der US-Armee „ist dieses landgestützte System, das von einem Lastwagen aus gestartet wird, mit Hyperschallraketen bewaffnet, die eine Geschwindigkeit von weit über 3.800 Meilen pro Stunde erreichen können. Sie können den oberen Rand der Erdatmosphäre erreichen und knapp außerhalb der Reichweite von Luft- und Raketenabwehrsystemen bleiben, bis sie einsatzbereit sind und nicht mehr abgewehrt werden können“.

Die in Deutschland stationierten LRHWs könnten nicht nur die größten russischen Städte, Moskau und Sankt Petersburg, treffen. Sie könnten auch russische Städte tief in Eurasien erreichen, wie Nischni-Nowgorod, Perm, Ufa, Saratow und große Teile Westkasachstans.

Auch die großen EU-Mächte planen die Entwicklung von Langstreckenwaffen, um russische Städte anzugreifen. Gestern unterzeichneten die Verteidigungsminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Polens in Washington eine Absichtserklärung, eigene Präzisionswaffen mit großer Reichweite zu entwickeln.

Ziel dieser Entscheidung sei es, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), „eine landgestützte Waffe mit einer Reichweite von deutlich mehr als tausend Kilometern zu entwickeln“. Die Verbündeten könnten „entweder einen Marschflugkörper oder eine ballistische Rakete entwickeln, letztere auch mit Überschallgeschwindigkeit.“ Derlei Waffen könnten dann „von Deutschland aus auf russische Ziele gerichtet werden, bei einer Reichweite von 2000 Kilometern auch auf Moskau.“

Der deutsche Imperialismus, der bei seinen Versuchen, Russland in den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts zu unterwerfen, völkermörderische Verbrechen begangen hat, steht wieder einmal an der Spitze der Kriegseskalation. Langstreckenraketensysteme seien notwendig, so der sozialdemokratische Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, um „einem möglichen russischen Aggressor deutlich zu machen, wir sind in der Lage und bereit, uns zu verteidigen“. Pistorius drohte: „Jeder Schlag gegen uns wird auch beantwortet werden – und zwar konventionell.“

Der sozialdemokratische Bundeskanzler Olaf Scholz brüstete sich zu Beginn des Nato-Gipfels damit, dass Deutschland noch mehr „Verantwortung“ für die Nato-Offensive gegen Russland übernehmen wolle. „Deutschland ist das größte Land in Europa innerhalb des Nato-Bündnisses. Daraus erwächst uns eine ganz besondere Verantwortung“, behauptete Scholz und fügte hinzu, er könne „ganz klar und deutlich sagen: wir werden, ich werde dieser Verantwortung gerecht werden“.

Mehrfach rühmte Scholz das von ihm initiierte 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr und den „Kurswechsel zu einer so massiven Unterstützung unserer Verteidigungsfähigkeit“ „in diesem Jahr und in allen Folgejahren“. Deutschland werde „vor allem mit der Brigade in Litauen, insbesondere mit dem gemeinsamen Kommando im Ostseeraum in Rostock, vor allem mit der Bereitstellung der schnell verfügbaren Streitkräfte von 35.000 Männern und Frauen im nächsten Jahr wichtige Aufgaben übernehmen, um die Sicherheitsaufgaben unseres Bündnisses gewährleisten zu können.“

Was Scholz als „Sicherheitsaufgaben“ bezeichnet, bedeutet in Wirklichkeit, Russland mit Krieg zu drohen und Europa und die Welt auf ein Pulverfass zu setzen, damit die Nato innerhalb kürzester Zeit Raketenangriffe auf Russland ausführen kann. Die Abschlusserklärung des Washingtoner Gipfels macht deutlich, dass sich die Nato nicht nur auf Krieg gegen Russland vorbereitet, sondern auch gegen Russlands mächtige Verbündete in ganz Eurasien.

„Russland ist nach wie vor die größte und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit unserer Verbündeten“, heißt es in der Erklärung, die Russland weiter beschuldigt, „den Frieden und die Stabilität im euro-atlantischen Raum erschüttert und die globale Sicherheit ernsthaft untergraben zu haben“. Die Nato-Mächte seien „entschlossen, Russlands aggressive Handlungen einzuschränken und zu begegnen und seiner Fähigkeit entgegenzuwirken, destabilisierende Aktivitäten gegenüber der Nato und den Verbündeten durchzuführen“.

Dies sind Lügen. Der Einmarsch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Ukraine war reaktionär, doch es ist die Nato, nicht Russland, die in diesem Krieg die aggressivste Rolle spielt. Die Bevölkerungszahl der Nato-Mitgliedsstaaten übertrifft diejenige Russlands im Umfang von 900 Millionen zu 144 Millionen Menschen. Das Bündnis befehligt 3,3 Millionen Soldaten im aktiven Dienst gegenüber 1,3 Millionen russischen Soldaten. Die Nato-Staaten haben ihre Truppen bis an die Grenzen Russlands herangeführt, nicht umgekehrt, und nun bombardiert die Nato russische Städte oder droht damit.

Nach jahrzehntelangen unpopulären Angriffskriegen im Nahen Osten, in Zentralasien und in Afrika planen die imperialistischen Nato-Mächte eine weitere globale Eskalation des Krieges, um Russland zu unterwerfen und einen Krieg gegen China vorzubereiten.

Die Nato-Erklärung schweigt zum Völkermord, den die israelische Regierung mit Unterstützung der Nato in Gaza begeht, und droht stattdessen dem Iran, Nordkorea und vor allem China, wenn sie ihre Beziehungen zu Russland aufrechterhalten. Es heißt darin: „Die VRC [Volksrepublik China] ist durch ihre so genannte ‚grenzenlose‘ Partnerschaft und ihre umfangreiche Unterstützung der russischen Rüstungsindustrie zu einem entscheidenden Komplizen von Russlands Krieg gegen die Ukraine geworden... Die VR China kann den größten Krieg in Europa in der jüngeren Geschichte nicht ermöglichen, ohne dass sich dies negativ auf ihre Interessen und ihre Reputation auswirkt.“

Die Kampagne der Nato-Staaten, russische Städte mit Raketenangriffen zu bedrohen und auch China zu drohen, muss als Warnung verstanden werden: Sie setzen einen Konflikt in Gang, in dem auch Arbeiter und Jugendliche in den Nato-Ländern selbst katastrophale Verluste erleiden würden.

Russische Vertreter reagierten, indem sie den Washingtoner Gipfel verurteilten und mit militärischen Gegenmaßnahmen drohten. „Die Spannungen auf dem europäischen Kontinent eskalieren“, warnte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Russland beobachte „die Entscheidung der Nato, separate Logistikzentren in Städten am Schwarzen Meer einzurichten und zusätzliche Einrichtungen in Europa zu eröffnen“, fuhr er fort und nannte dies „eine sehr ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit unseres Landes, die durchdachte, koordinierte und wirksame Antworten erfordert, um die Nato abzuschrecken und ihr entgegenzuwirken“.

Der stellvertretende russische Außenminister Sergei Rjabkow versprach, „zuallererst eine militärische Antwort auf dieses neue Spiel zu entwickeln“, so die Nachrichtenagentur Interfax.

Diese Antwort entlarvt den Bankrott des korrupten kapitalistischen Regimes Russlands, das durch die Auflösung der Sowjetunion durch die Stalinisten entstanden ist. Eine militärische Antwort auf die Drohungen der Nato – die Ausarbeitung von Plänen, damit russische Raketenstellungen Berlin, London, Paris, Rom und Madrid unverzüglich bombardieren können – bringt die Welt lediglich einen weiteren Schritt näher an einen katastrophalen nuklearen Flächenbrand. Die einzige fortschrittliche Antwort auf das Kriegstreiben der Nato besteht darin, die in der Arbeiterklasse weit verbreitete Opposition gegen imperialistischen Krieg in einer internationalen, sozialistischen Bewegung gegen Krieg zu mobilisieren.

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