Am Mittwochabend explodierte ein ausgedehntes und schwer befestigtes russisches Waffenlager westlich von Moskau in einem gigantischen Feuerball, während Medien und Politiker ihre Kampagne verschärfen und fordern, der Ukraine zu erlauben, Russland mit Nato-Waffen anzugreifen.
Die Explosion stellte einen der größten Angriffe auf ein russisches Waffenlager seit Beginn des Kriegs dar. In dem Waffendepot in Toropez, das 480 Kilometer nördlich der Ukraine und 360 Kilometer westlich von Moskau liegt, wurden Berichten zufolge Langstreckenraketen und Gleitbomben gelagert.
Die massive Explosion wurde auf Erdbeben-Überwachungsgeräten registriert, und das Fire Information for Resource Management System der NASA zeigte, dass das gesamte Arsenal in Flammen stand.
Laut der Washington Post nahm ein Beamter des ukrainischen Geheimdienstes SBU den Verdienst für den Angriff für sich in Anspruch und erklärte, das Waffenlager sei „buchstäblich vom Angesicht der Erde hinweggefegt worden“. An der Operation seien „mehr als 100 Drohnen“ beteiligt gewesen.
Die Regierung der Region Twer erklärte derweil auf Telegram, „dass ein Brand ausgelöst wurde durch Trümmer einer Drohne, die bei der Abwehr eines Angriffs durch die Luftwaffe abgestürzt sind“.
Weder die ukrainische Erklärung eines großen koordinierten Drohnenangriffs, noch die russische Erklärung, Drohnentrümmer hätten einen Brand ausgelöst, decken sich mit früheren Äußerungen Russlands über die Verteidigungsfähigkeit des Waffendepots.
Als die Anlage im Jahr 2018 renoviert wurde, erklärte das russische Verteidigungsministerium, sie erfülle „die höchsten internationalen Standards“ und könne gegen Waffen von Raketen und „sogar einen kleineren Atomangriff“ verteidigt werden.
Wie eine so speziell gefestigte Anlage, die gebaut wurde, um sogar einem Angriff mit einer Atomwaffe standzuhalten, von Drohnen mit höchstens jeweils ein paar Dutzend Kilogramm Sprengstoff vollständig zerstört werden kann, wurde nicht erklärt.
Zudem liegt die Stadt deutlich näher am Nato-Mitglied Lettland als an der Ukraine, was zu bislang unbewiesenen Spekulationen führte, dass der Angriff von Lettland aus gestartet worden sein könnte.
Der Angriff ereignete sich vor dem Hintergrund einer eskalierenden Kampagne der US-Medien und des politischen Establishments, die es der Ukraine erlauben soll, Russland mit Nato-Langstreckenwaffen anzugreifen.
Im Gegensatz zu den ukrainischen Kamikazedrohnen trägt die britische Storm-Shadow-Rakete eine Nutzlast von fast 1.000 Pfund und ist in der Lage, gehärtete Ziele zu durchdringen.
Der Guardian berichtete letzte Woche, dass „britische Regierungsquellen darauf hingewiesen haben, dass die Entscheidung bereits gefallen ist, der Ukraine den Einsatz von Storm-Shadow-Marschflugkörpern gegen Ziele im Inneren Russlands zu erlauben“.
Zwar wurde bereits letzte Woche bei einem Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und dem britischen Premierminister Keir Starmer eine Ankündigung dazu erwartet, diese blieb jedoch bisher aus.
Stattdessen wurde in britischen und US-Medien die Vermutung geäußert, die USA könnten die Angriffe einfach im Geheimen genehmigen, ohne eine öffentliche Ankündigung zu machen. Der Economist schrieb zu der Zeit: „Es ist unwahrscheinlich, dass es eine öffentliche Ankündigung gibt. Eine Entscheidung könnte Kiew stillschweigend mitgeteilt werden, um ihre Bedeutung herunterzuspielen und sie geheim zu halten. Möglicherweise wird die Änderung erst bestätigt, wenn Ziele in Russland mit westlichen Raketen angegriffen wurden“.
Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte letzte Woche: „Wenn diese Entscheidung getroffen wird, bedeutet sie nichts anderes als die direkte Teilnahme der Nato-Staaten, der USA und der europäischen Staaten, am Konflikt in der Ukraine. ... Ihre direkte Beteiligung verändert natürlich das Wesen, die Natur des Konflikts erheblich“.
Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew fügte hinzu, dass die „formalen Voraussetzungen“, dafür gegeben seien, Kiew in „einen riesigen grauen, geschmolzenen Fleck“ zu verwandeln, d.h. er drohte mit dem Einsatz von Atomwaffen als Vergeltung für Angriffe auf Russland.
Ungeachtet dieser Warnungen und Drohungen russischer Regierungsvertreter plädiert die Nato offen für solche Angriffe.
Am Wochenende argumentierte Admiral Rob Bauer, Vorsitzender des Nato-Militärausschusses, die Nato habe juristisch das Recht, Angriffe auf das russische Kernland zu ermöglichen: „Jedes Land, das angegriffen wird, hat das Recht sich zu verteidigen. Und dieses Recht endet nicht an der Grenze des eigenen Staats.
Man will den Feind schwächen, der einen angreift, damit man nicht nur die Pfeile, die auf einen zukommen, abwehrt, sondern auch den Schützen angreift, der, wie wir sehen, oft von Russland aus in die Ukraine hinein agiert.
Also gibt es, militärisch gesehen, gute Gründe, dies zu tun, um den Feind zu schwächen, sein Logistiksystem, Treibstoff, Munition, zu schwächen, die an die Front gelangen. Das ist es, was man aufhalten will.“
Am Dienstag forderte auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in einem Interview mit der Times of London Angriffe auf Russland: „Er [Putin] hat schon viele rote Linien benannt, und er hat nicht eskaliert, d.h. die Nato-Verbündeten direkt in den Konflikt einbezogen. Das hat er deshalb nicht getan, weil er einsieht, dass die Nato das stärkste Militärbündnis der Welt ist.“
In weiteren Aussagen vor den britischen Medien erklärte Stoltenberg: „Wir haben einen offenen Krieg in Europa, den Moskau angezettelt hat. Im Krieg gibt es keine risikofreien Optionen. Aber ich glaube weiterhin, dass das größte Risiko für uns ein Sieg von Präsident Putin in der Ukraine wäre.“
Am Donnerstag kündigten Vertreter der UN an, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj werde am Dienstag vor dem Sicherheitsrat sprechen. Zudem wird sich Selenskyj nächste Woche auch mit US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris im Weißen Haus treffen, um einen angeblichen „Siegesplan“ für den Krieg gegen Russland zu diskutieren.
Selenskyjs Besuch findet vor dem Hintergrund einer Reihe von Rückschlägen des ukrainischen Militärs in Russlands anhaltender Offensive im Donbass statt. Angesichts eines möglichen Zusammenbruchs des ukrainischen Militärs drängen die US-nahen Medien und das politische Establishment auf eine Eskalation des US-Engagements im Krieg, um das Ruder herumzureißen.
Politico veröffentlichte am Mittwoch eine Kolumne, in der es hieß: „Die Ukrainer verlieren im Osten der Region Donbass an Boden und wehren massive Drohnen- und Raketenangriffe auf ihre größten Städte ab. Sie brauchen eine Veränderung bei der Moral und im Schwung. Eine Lockerung der Beschränkungen für den Einsatz von Raketen könnte dabei helfen.“