Wahlabschluss-Kundgebung der Sozialistischen Gleichheitspartei in Berlin

„Eine Stimme für die SGP ist eine Stimme gegen Krieg und gegen die kapitalistische Barbarei!“

Am 15. Februar hielt die Sozialistische Gleichheitspartei erfolgreich ihre Wahlabschlussveranstaltung in Berlin ab. Die SGP tritt bei den vorgezogenen Neuwahlen am 23. Februar an, um der Allparteienkoalition für Krieg und Sozialkürzungen entgegenzutreten und gemeinsam mit ihren Schwesterparteien eine internationale Bewegung gegen Krieg und Kapitalismus aufzubauen.

Kundgebung der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

Johannes Stern, Chefredakteur der deutschen Ausgabe der World Socialist Website und Moderator der Kundgebung, betonte in seinen einleitenden Bemerkungen, „wie notwendig und dringend“ die sozialistische Perspektive der SGP und der Vierten Internationale ist. In den USA setze „die herrschende Klasse auf den Faschisten Trump, um ihr Programm von sozialer Konterrevolution, Massenabschiebungen, Diktatur und imperialistischer Plünderung und Weltkrieg im Interesse der Oligarchie voranzutreiben.“

Und eine entsprechende Entwicklung finde „auch hier statt. Die herrschende Klasse in Deutschland verfolgt mit der vorgezogenen Bundestagswahl das Ziel, eine extrem rechte Regierung an die Macht zu bringen, die die Interessen des deutschen Kapitals noch brutaler nach Außen und Innen durchsetzt.“

Er geißelte den Wahlkampf der Bundestagsparteien als „abstoßendes Spektakel“ mit ihrer Flüchtlingshetze, Rufen nach Aufrüstung und Anbiederung an die AfD. Die Kundgebung trete „dieser bedrohlichen Entwicklung entgegen“, zeige auf, „was die objektiven Triebkräfte dahinter sind“, und erkläre „was zu tun ist“.

Johannes Stern auf dem Wahlabschluss der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

Als erster Redner vor den rund 50 Kundgebungsteilnehmern sprach Christoph Vandreier, Vorsitzender und Spitzenkandidat der SGP, ausführlich zur Aufrüstungs- und Kriegspolitik. „Die schlimmsten Kriegstreiber, das sind die ehemaligen Pazifisten der Grünen... Aber es ist die ganze Ampelregierung, die die Kriegspolitik hier auf die Spitze getrieben hat, die 80 Jahre nach dem Vernichtungskrieg der Nazis wieder deutsche Panzer gegen Russland schickt und die in Gaza zu den Methoden des Völkermords zurückgekehrt ist!“

Wie vor 80 Jahren gehe es „um Wirtschaftsinteressen und um geostrategische Interessen!“

Dieser Kriegswahnsinn werde „auf dem Rücken der Arbeiter finanziert“. Massive Kürzungen bei Bildung, Wohnen und Gesundheit und die Rüstung für einen Handelskrieg würden zu hunderttausenden Entlassungen in der Industrie und einer extreme Kürzung der Reallöhne führen. „Arbeiter, die schon jetzt nicht wissen, wie sie am Ende des Monats ihren Einkauf bezahlen sollen, erhalten Lohnkürzungen von bis zu 20 Prozent oder werden sogar gleich auf die Straße gesetzt“, so Vandreier. „Und genau dann findet die Diskussion darüber statt, das Bürgergeld zu kürzen. Das heißt, erst werden die Arbeiter auf die Straße geworfen und dann wird das Arbeitslosengeld gekürzt.“

Christoph Vandreier auf dem Wahlabschluss der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

„Wir erleben nicht einfach den Bankrott der ein oder anderen Politik. Wir erleben den Bankrott eines ganzen Gesellschaftssystems. Wir erleben den Bankrott des Kapitalismus.“

Unter großem Beifall beendete Vandreier seine Rede mit einem starkem Appell, die SGP aufzubauen, um der Allparteienkoalition und dem gesamten kapitalistischen System den Kampf anzusagen. „Eine Stimme für die SGP ist eine Stimme gegen Krieg und gegen die kapitalistische Barbarei und eine Stimme für die sozialistische Zukunft“.

Der stellvertretende Vorsitzende der SGP, Dietmar Gaisenkersting, der in Duisburg als unabhängiger Direktkandidat antritt, sprach über die enormen Angriffe auf die Sozialsysteme und Arbeitsplätze, die jetzt vorbereitet werden, um die Kriegspolitik zu finanzieren.

Dietmar Gaisenkersting auf dem Wahlabschluss der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

„Die Besserverdienenden im Bundestag und an den Parteispitzen, die Unternehmer, Manager, Milliardäre, Oligarchen, sie brauchen nicht so etwas wie eine Krankenversicherung, eine Arbeitslosenversicherung, eine Rentenversicherung. Sie brauchen auch keine öffentlichen Schulen, keine Bibliotheken, keine Freizeitangebote.“ Die Arbeiterklasse solle „mit dem drohenden Sozial-Kahlschlag Aufrüstung und Krieg finanzieren! Gleichzeitig werden die Konzerne, gestützt auf die Gewerkschaftsapparate, ein Arbeitsplatzmassaker und Lohnsenkung durchsetzen, in einem Ausmaß, wie wir das seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht erlebt haben.“

Die Gewerkschaften und Betriebsräte erklären, so Gaisenkersting: „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen Arbeitsplatzabbau und Lohnsenkung notwendig, um die Produktionskosten zu senken. Aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben einen Namen: Kapitalismus!“

Wahlabschluss der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

Zum Ende seiner Rede rief Gaisenkersting zum Aufbau von Aktionskomitees auf, um gegen das Diktat der Gewerkschaftsbürokratie zu kämpfen. Seiner Erläuterung, dass Aktionskomitees „von der Basis kontrolliert und nur dieser verantwortlich“ seien, fand große Aufmerksamkeit. „Die Aktionskomitees müssen die Spaltung der Belegschaften nach Stamm- und Leihbeschäftigten und Standorten überwinden und sich mit den Aktionskomitees auch in anderen Werken und in anderen Ländern vernetzen.“

Katja Rippert, Vorstandsmitglied der SGP, die als nächstes zu den trotz scharfer Kälte ausharrenden Teilnehmern sprach, begrüßte die Zuhörenden und ganz besonders jene mit sogenanntem Migrationshintergrund.

Katja Rippert auf dem Wahlabschluss der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

In scharfen Worten prangerte sie die extreme Flüchtlingshetze durch die Bundestagsparteien im aktuellen Wahlkampf an: „Wer einen sogenannten Migrationshintergrund oder noch schlimmer einen Fluchthintergrund hat, wird wie ein Aussätziger und ein Krimineller behandelt.“ Alle Parteien würden sich an der üblen Flüchtlingshetze und rechten Parolen beteiligen und mehr Abschiebungen und die Errichtung eines Polizeistaats fordern.

„Und die Linkspartei?“ Überall dort, wo sie (mit-)regiert, besonders in Thüringen, habe sie „rigorose Abschiebungen von Geflüchteten umgesetzt.“

„Waren es unter den Nazis die Juden, so sind es heute die Geflüchteten und Migranten, gegen die pausenlos gehetzt und getreten wird“, rief Rippert. „Auch die Ziele sind heute dieselben wie unter den Nazis. Wann immer die herrschende Klasse gegen Ausländer hetzt, verfolgte sie damit im wesentlichen zwei Ziele: Die Spaltung der Arbeiterklasse und den Aufbau eines Polizeistaats.“

Mit Hinweis auf die Rote Armee, die „in diesem Mai vor 80 Jahren“ den Zweiten Weltkrieg und die Nazi-Herrschaft beendete, erklärte Rippert: „Bis heute fragen sich Millionen Menschen“, wie die Verbrechen des Holocaust und Weltkriegs möglich waren. „Das ist schon lange keine Frage mehr, die der fernen Vergangenheit angehört. Sie ist heute brandaktuell“. Doch „im Unterschied zu 1933 sind die Arbeiter heute nicht geschlagen. Explosive Kämpfe stehen bevor. Sie können aber nur erfolgreich sein, wenn sie eine klare politische Führung und eine Strategie haben, die Strategie des sozialistischen Internationalismus. Dafür kämpft die sozialistische Gleichheitspartei.“

Tamino Wilck auf dem Wahlabschluss der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

Tamino Wilck, der für die IYSSE, die Jugend- und Studierendenbewegung der SGP, sprach, stellte die massiven Kürzungspläne im Bildungsbereich in den Kontext der Aufrüstung. Mit den Angriffen auf das öffentliche Bildungssystem würden die Universitäten wie schon vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wieder zu „Zentren für ideologische Kriegsvorbereitung“ gemacht und dabei auf Geschichtsfälschung zurückgegriffen. Gleichzeitig würden Gegner des Völkermords in Gaza an den Universitäten oft gnadenlos verfolgt und ihnen drohe eine Zwangsexmatrikulation.

Was Arbeiter und Jugendliche von dieser Kriegspolitik zu erwarten hätten, zeige sich in der Ukraine. Dort würden hunderttausende junge Männer für den Imperialismus verheizt, so Wilck.

„Während die ukrainische Armee durch Massendesertionen bereits am Auseinanderfallen ist, werden in der Ukraine diejenigen weggesperrt, die sich diesem Kriegswahnsinn entgegenstellen“, erklärte Wilck weiter. „Unser Genosse Bogdan Syrotjuk ist seit knapp zehn Monaten in einem ukrainischen Hochsicherheitsgefängnis eingesperrt, weil er den Krieg ablehnt und sich für die Vereinigung der ukrainischen und russischen Arbeiterklasse einsetzt.“

Wahlabschluss der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

Er rief alle Versammelten auf, die Petition für Bogdan zu unterzeichnen und den Kampf für seine Freiheit zur Speerspitze des Kampfes für demokratische Rechte zu machen.

Abschließend sprach Ulrich Rippert, Ehrenvorsitzender der SGP, zu den Teilnehmern. Er konzentrierte sich auf die Frage: „Worauf basiert unsere Überzeugung, dass trotz Kriegshetze, Ausländerfeindschaft, massiven Sozialangriffen, wir am Vorabend sind von Kämpfen, die die Gesellschaft umwälzen werden, den Kapitalismus stürzen und eine humane, sozialistische Gesellschaft hervorbringen werden?“

„Die erste Quelle unserer Zuversicht ist die enorme, objektive Kraft der internationalen Arbeiterklasse. Es ist die stärkste gesellschaftliche Kraft.“, betonte Rippert. „Die zweite Quelle unserer Zuversicht ist die Objektivität des Klassenkampfes. Es ist nicht möglich, Millionen, hunderte Millionen, Milliarden von Menschen in Not und Elend zu treiben, ohne dass es dagegen massenhaft Widerstand und Aufstand geben wird.“

Ulrich Rippert auf dem Wahlabschluss der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

Und die dritte Quelle der Zuversicht, so Rippert, sei die „Stärke der historischen Tradition“, die die SGP verkörpere. Die Arbeiterklasse müsse „an ihre eigene Geschichte“, an ihre großen Kämpfe unter den revolutionären Marxisten Luxemburg und Liebknecht, an die Kämpfe und Analysen von Leo Trotzki und der Linken Opposition und der Vierten Internationale anknüpfen und auf dieser Grundlage eine neue sozialistische Führung aufbauen.

Auf die Kundgebung gab es unter den Teilnehmern eine starke Resonanz. Die Anprangerung des sozialen Kahlschlags zugunsten der Erhöhung der Rüstungsausgaben sprach vielen aus dem Herzen. Und insbesondere die Verteidigung der demokratischen Rechte und die notwendige Einheit der internationalen Arbeiterklasse, die die Redner betonten, stieß auf starke Unterstützung.

Reges Interesse fand auch der gut bestückte Büchertisch des Mehring Verlags mit seiner Auswahl an marxistischer und trotzkistischer Literatur. Vielen Teilnehmern war klar, dass es dringend notwendig ist, selbst aktiv zu werden und sich mit der Geschichte der sozialistischen Arbeiterbewegung vertraut zu machen.

Infotisch auf dem Wahlabschluss der SGP in Berlin-Wedding, 15.02.2025

So stellte eine Berliner Rentnerin im Gespräch fest: „Die armen Leute haben ihr ganzes Leben lang gearbeitet und anstatt dass sie ihr Alter genießen können, leben sie in Armut. Gerade die Rentner wie ich und viele Leute aus meiner Nachbarschaft leiden stark unter der Inflation.“

Wütend erklärte sie: „Das Maß ist voll, es ist unzumutbar, das hat mit Menschenwürde nichts mehr zu tun. Das soll Demokratie sein? Wer hat denn für die Kriegsausgaben abgestimmt? Niemand! Ich habe schon lange überlegt, wen ich wählen kann. Was ihr hier sagt, hört sich gut an. Ich werde eure Wahlbroschüre lesen und euch wählen, wenn mir das Programm gefällt.“

Jürgen, der viele Jahre im Ausland als Deutschlehrer arbeitete und jetzt als Deutschlehrer für Migranten in Berlin tätig ist, hat „gesehen, dass die Leute überall das gleiche Problem haben – soziale Unsicherheit. Im Kapitalismus wird den Leuten ja immer eingetrichtert, dass es ihre eigene Schuld ist, wenn sie nicht weiter nach oben aufsteigen können, dass manche sogar ein Schamgefühl haben, wenn’s nicht klappt. Aber es ist das Wirtschaftssystem.“ Er kannte die SGP zuvor nicht und erklärte, er wolle das ihr Wahlprogramm nun genau studieren.

Der fast 40-jährige Mohamed zeigte sich besonders beeindruckt von dem Vorschlag, Aktionskomitees in den Betrieben zu gründen, um so gegen Sozialangriffe und die Gewerkschaftsbürokratie zu kämpfen. Auch die Abschlussrede von Ulrich Rippert beeindruckte ihn sehr, in der Rippert erläuterte, wie Hitler hätte verhindert werden können. Mohamed resümierte: „Man muss diese Geschichte lernen, um heute gegen die AfD zu kämpfen“.

Andy B, ein 50jähriger Angestellter, zeigte sich insbesondere von der Analyse zur Linkspartei und den Grünen sehr beeindruckt. Er hätte „nie gedacht, dass die Linkspartei so rechts ist und dass sie Israel verteidigen und nicht auf der Seite von den Palästinensern stehen.“ Er zeigte sich schockiert darüber, dass die Linkspartei in Wirklichkeit eine Kriegspartei ist, die „auch für den Ukrainekrieg ist“. Und er resümierte: „Ich hätte niemals Linkspartei gewählt, wenn ich die SGP schon gekannt hätte.“