Ford-Beschäftigte in Köln stimmen für Vollstreik, die IG Metall bremst

Wir rufen alle Ford-Arbeiter auf, sich mit dem Ford-Aktionskomitee in Verbindung zu setzen, um einen Kampf zur Verteidigung des Kölner Stammwerks vorzubereiten. Ein zweites Saarlouis darf nicht zugelassen werden. Schreibt uns eine Whatsapp-Nachricht an folgende Nummer: +491633378340 oder registriert Euch im Formular am Ende dieses Artikels.

Warnstreik bei Ford Köln am 2. April 2025

In der letzten Woche haben sich die rund 11.500 Beschäftigten der Kölner Ford-Werke klar für einen unbefristeten Streik ausgesprochen. In der Urabstimmung vom 5. bis 7. Mai votierten 93,5 Prozent der IGM-Mitglieder für Streik. Angesichts des hohen Organisationsgrades und der von der Gewerkschaft gemeldeten Wahlbeteiligung von 97,5 Prozent ist das ein starkes Signal, dass die Ford-Arbeiterinnen und -Arbeiter bereit sind, für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen.

Doch die IG Metall hat die Urabstimmung nicht zur Verteidigung der Arbeitsplätze organisiert. Sie will das Votum ausschließlich zur Stärkung ihrer Position in den Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag nutzen, über den sie seit dem 27. März mit dem Management spricht.

Sozialtarifverträge verhindern weder Werksschließungen noch Arbeitsplatzabbau, sondern dienen dazu, diese reibungslos abzuwickeln. Die IG-Metall-Funktionäre haben in der Vergangenheit jedem Arbeitsplatzabbau zugestimmt, sie werden das auch in Zukunft tun. Vor etwas mehr als fünf Jahren hatten noch gut 20.000 Beschäftigte bei Ford in Köln gearbeitet, jetzt sind es nur noch etwas mehr als die Hälfte. Aktuell fordert der Konzern den Abbau von weiteren 2900 Stellen, obwohl der davor beschlossene Abbau noch nicht ganz abgeschlossen ist.

Auch jetzt hat die 1. Bevollmächtigte der IG Metall Köln-Leverkusen, Kerstin Klein, deutlich gemacht, dass die Gewerkschaft nicht streiken will: „Ford muss sich jetzt bewegen – sonst (!) ziehen wir das durch.“ Noch nie hat die IG Metall bei Ford in Köln nach einer Urabstimmung zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Immer hat sie kurz vorher mit dem Konzern eine Vereinbarung getroffen.

Die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag für alle Beschäftigten, nicht nur die 2900 aktuell Betroffenen, zeigt, dass Betriebsrat und Gewerkschaft sich auf die Schließung des Werks vorbereiten. Im März warnten wir: „Die Ford-Belegschaft in Köln sollte alarmiert sein. Der Beginn der Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag in Saarlouis war das endgültige Aus für das Werk.“

Das Werk in Saarlouis haben die IG Metall und ihr Betriebsrat bereits gemeinsam mit dem Ford-Management abgewickelt. Die Produktion des Focus wird im November eingestellt. Auch dort gab es vereinzelte Protestaktionen und Streiks und noch mehr markige Sprüche, mit denen IGM-Funktionäre und Betriebsratschef Markus Thal ihre „Kampfbereitschaft“ vortäuschten, während sie hinter den Kulissen mit der Konzernleitung die Werksschließung vereinbarten.

Jetzt ist Köln an der Reihe. Die in Köln produzierten Elektro-Modelle Explorer und Capri verkaufen sich schlecht. Solange die Schließung des Werks in Saarlouis noch nicht unter Dach und Fach war, wurde die Kölner Belegschaft mit Investitionen von knapp zwei Milliarden Euro vertröstet. Nun stellt sich heraus, dass das Kölner Werk nicht sicherer ist als das in Saarlouis.

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Benjamin Gruschka, der bei der Schließung des Werks Saarlouis eng mit Thal zusammengearbeitet hatte, warnte vor zwei Monaten vor einer Insolvenz der deutschen Ford-Werke GmbH. Der amerikanische Mutterkonzern hatte da eine seit 2006 bestehende Vereinbarung zum Ausgleich von Verlusten ihrer Tochtergesellschaft in Europa aufgekündigt, die so genannte Patronatserklärung. Eine Insolvenz würde den Verlust von mehr als zehntausend Arbeitsplätzen bedeuten.

Gruschka, der als Aufsichtsratsmitglied der Ford-Werke über Interna bestens informiert ist, warnt nicht vor der Insolvenz, um die Belegschaft zur Verteidigung der Arbeitsplätze zu mobilisieren. Die IG Metall und der von ihr geleitete Betriebsrat würden auch die teilweise oder vollständige Übernahme des Fordwerks durch Investoren begrüßen. Schon jetzt sucht Ford Käufer für einen Teil des Areals, der nach der Produktionsumstellung auf Elektrofahrzeuge nicht mehr gebraucht wird.

Heuschrecken, wie der Schweizer Risikokapitalinvestor Arclif Group, wollen das ganze Werk übernehmen. Arclif-Chef Neoklis Lazanas sagte dem Kölner Stadtanzeiger, er wolle ein „großes Recycling-Projekt“ umsetzen. Vorerst hat die deutsche Ford-Spitze jedoch abgewunken.

Laut dem WDR ist die Umwandlung des Opel-Werks in Bochum Vorbild für die Kölner Ford-Betriebsräte. Das Werk war 2015 geschlossen und abgerissen, die verbliebenen 3.300 Stellen waren vernichtet worden. Auf den Ruinen des Werks entstand ein „Industriepark“, ähnlich wie er nun in Saarlouis auf dem ehemaligen Ford-Werksgelände entstehen soll.

Opel selbst betreibt in Bochum bis heute ein neu errichtetes, europäisches Zentrallager mit rund 800 Beschäftigten. Ähnlich viele beschäftigt ein DHL-Logistikzentrum. Dort arbeiten einige Hundert Fahrer und Lageristen zu niedrigeren Löhnen als früher bei Opel. Die meisten der insgesamt 6000 neuen Arbeitsplätze auf dem ehemaligen Opel-Werksgelände befinden sich in kleineren, hochspezialisierten Betrieben – darunter VW Infotainment, Bosch sowie zahlreiche universitätsnahe Institute und Startups.

Die IG Metall hätte auch nichts dagegen einzuwenden, wenn sich die Rüstungsbranche um das Ford-Werk bemühen würde und ihre Mitglieder in Zukunft Vernichtungswaffen statt Autos produzieren. Letzten Monat hat sich ein deutsch-französisches Konsortium in Köln niedergelassen, um den Bau „des Kampfsystems der Zukunft“, des Main Ground Combat System (MGCS) zu realisieren.

Im Januar hatten der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein französischer Amtskollege Sébastien Lecornu gemeinsam mit den Rüstungsriesen Rheinmetall, Thales und KNDS die MGCS Project Company gegründet. KNDS ist ein Zusammenschluss des deutschen Unternehmens Krauss-Maffei Wegmann mit seinem französischen Konkurrenten Nexter. Die neue Projektgesellschaft mit Unternehmenssitz in Köln ist zunächst mit 100 Milliarden Euro ausgestattet. Nun schießen die Spekulationen in die Höhe, ob die Produktion auf dem Ford-Werksgelände angesiedelt wird.

Die IG Metall hat wiederholt unterstrichen, dass sie den Kriegskurs der Bundesregierung und deshalb auch die Umstellung der Industrie auf Kriegsproduktion unterstützt. Zuletzt hatte sie am 15. März den bundesweiten DGB-Aktionstag genutzt, um ihre Kriegsbegeisterung zu demonstrieren.

Der Nationalismus, der dort versprüht wurde, spaltet die Beschäftigten von Ford von ihren Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt und zielt letztlich darauf ab, sie gegeneinander in den Krieg zu hetzen.

Ford ist ein Konzern mit Hauptsitz in den USA und fast 50 Produktionsstätten in mehr als einem Dutzend Ländern auf vier Kontinenten. Die Werke in Australien waren 2016 geschlossen worden. Es ist offensichtlich, dass im Kampf gegen den Konzern eine internationale Strategie und Zusammenarbeit notwendig ist.

Doch diese Zusammenarbeit muss von den Beschäftigten ausgehen. Die Solidaritätsadressen der Gewerkschafts- und Betriebsratsfunktionäre, die vom Kölner Ford-Betriebsrat veröffentlicht werden, sind erbärmliche Lügen. Sie sollen vertuschen, dass die nationalen Gewerkschaftsapparate auf Seiten ihrer jeweiligen Regierung stehen und die Belegschaften gegeneinander ausspielen.

Oder glaubt irgendjemand der spanischen UGT aus dem Fordwerk Almussafes, wenn sie schreibt, sie sei „überzeugt, dass die Einheit und Entschlossenheit der Beschäftigten der Schlüssel zur Verteidigung unserer Rechte und der Zukunft unserer Arbeitsplätze ist“? Die UGT und die IG Metall hatten die Belegschaften von Almussafes und Saarlouis gegeneinander ausgespielt, indem sie sich dem internen Bieterwettbewerb unterwarfen. Das hat zuerst zum Aus für das Werk in Saarlouis geführt und führt jetzt zum absehbaren Aus von Almussafes.

Die Gewerkschaftsbürokraten des Ford Otosan-Werks im rumänischen Craiova schreiben in ihrer Solidaritätsadresse, es sei wichtig, „den Veränderungen in der Automobilindustrie auf faire und gerechte Weise Rechnung zu tragen, ohne dabei Arbeitsplätze zu gefährden“.

Die dreisteste Nachricht sandte Chuck Browning, der Vizepräsident der amerikanischen Autoarbeitergewerkschaft UAW (United Auto Workers). In seinem kurzen Video behauptet er: „Wir stehen an eurer Seite, denn euer Kampf ist unser Kampf. Die Solidarität der Arbeiterklasse kennt keine Grenzen.“

Welch eine Frechheit. Sein Chef, der UAW-Vorsitzende Shawn Fain, hat sich demonstrativ hinter die „America-First“-Politik und die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump gestellt, die einen Krieg vor allem gegen China vorbereiten. Fain behauptet, die Zollpolitik des Faschisten im Weißen Haus sichere amerikanische Arbeitsplätze.

In einem Interview mit Jacobin bezeichnete Fain Zölle vor kurzem als eine „Frage der nationalen Sicherheit“ und sagte: „Wenn wir unsere Produktionsbasis in diesem Land vernichten, werden wir in große Schwierigkeiten geraten, wenn wir uns verteidigen müssen… Der Zweite Weltkrieg wurde, als die Vereinigten Staaten in den Krieg eingriffen, dadurch gewonnen, dass wir die Überkapazitäten in unseren Autofabriken in diesem Land nutzten, um Bomber, Panzer und Jeeps zu bauen.“

Diese Ziele, Rüstungsproduktion und Krieg, unterstützen die Gewerkschaftsapparate in jedem Land.

Der Kampf gegen Krieg und Arbeitsplatzvernichtung ist deshalb unmittelbar miteinander verbunden. Um ihn zu führen, ist es notwendig, sich unabhängig zu organisieren – unabhängig von der IG Metall und ihren Betriebsräten sowie von allen kapitalistischen Parteien, die in der einen oder anderen Weise die wahnsinnige Aufrüstungs- und Kriegspolitik unterstützen, für die die Belegschaften mit ihren Arbeitsplätzen und Löhnen bezahlen.

Das Ford-Aktionskomitee, das gegen den Bieterwettbewerb zwischen Saarlouis und Almussafes auf Initiative der WSWS gebildete wurde, hatte sich der Verschwörung von Betriebsrat, Gewerkschaft und Konzernspitze von Anfang an entgegengestellt. Es hat darauf bestanden, dass eine neue politische Orientierung notwendig ist, um sich der Erpressung durch Management und Betriebsrat zu widersetzen; eine Perspektive, die von den gemeinsamen Interessen aller Arbeiter ausgeht und sich der Logik des kapitalistischen Profitsystems widersetzt, das die Gewerkschaftsfunktionäre mit Zähnen und Klauen verteidigen.

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