Der Militäreinsatz auf den Straßen von Los Angeles – der zweitgrößten Stadt der Vereinigten Staaten – stellt eine qualitative Eskalation des laufenden, gut vorbereiteten Staatsstreichs der Trump-Regierung dar. Während die Truppen unter dem Vorwand, auf Proteste zu reagieren, in den Straßen von Los Angeles patrouillieren, befindet sich das wahre Epizentrum dieser Operation im Weißen Haus.
Es gibt historische Parallelen zu den brutalen Militärdiktaturen, die in den 1970er Jahren in ganz Lateinamerika errichtet wurden – in Chile, Brasilien, Argentinien und anderswo –, wo kapitalistische Regierungen, die nicht in der Lage waren, mit den bestehenden Institutionen zu regieren, auf soziale Krisen mit massenhafter Repression, Verschwindenlassen und Terror reagierten. Es handelt sich jedoch nicht um den Sturz des Präsidenten durch das Militär, sondern um den Sturz der Verfassung durch den amtierenden Präsidenten.
Dies ist der Stand der Dinge am Sonntagabend:
- Am Samstagabend erteilte Trump den Befehl, die kalifornische Nationalgarde unter Bundesgewalt zu stellen, eine Maßnahme, die vom demokratischen Gouverneur Kaliforniens Gavin Newsom abgelehnt wurde. Bis Sonntag wurden etwa 2.000 Soldaten der 79th Infantry Brigade Combat Team, der größten Kampfeinheit der California Army National Guard, in die Stadt entsandt.
- Das US Northern Command erklärt, dass etwa 500 Marines im aktiven Dienst bereit sind, in Los Angeles eingesetzt zu werden, und Verteidigungsminister Pete Hegseth hat in den sozialen Medien damit gedroht, „Marines im aktiven Dienst in Camp Pendleton“ einzusetzen. Trump hat wiederholt angedeutet, dass er sich auf das Aufstandsgesetz von 1807 berufen will, das dem Präsidenten weitreichende Befugnisse zum Einsatz des Militärs und zur Verhängung des Kriegsrechts verleiht.
- Stephen Miller, der Architekt der faschistischen Agenda der Regierung, hat die spontanen, lokal begrenzten und größtenteils friedlichen Demonstrationen als „gewaltsamen Aufstand“ bezeichnet, was ein deutlicher Hinweis auf die Vorbereitung der Anwendung des Aufstandsgesetzes ist. Erst letzten Monat erklärte Miller, dass die Regierung die Aussetzung des Habeas-Corpus-Gesetzes „aktiv in Erwägung zieht“ – ein Schritt, der die wichtigsten verfassungsrechtlichen Schutzbestimmungen außer Kraft setzen würde.
- Die Regierung bereitet gewaltsame Repression vor, die weit über das brutale Vorgehen und die Verhaftungen hinausgeht, die bereits stattgefunden haben. In einer Stellungnahme gegenüber NBC News am Samstag erklärte der „Grenzschutzbeauftragte“ Tom Homan: „Wenn diese Gewalt nicht eingedämmt wird, wird jemand sterben, und das ist einfach eine kalte Tatsache des Lebens.“
- David Huerta, Präsident der Gewerkschaft SEIU California, wurde während der Proteste festgenommen, geschlagen und inhaftiert. SEIU California vertritt 700.000 Bedienstete im ganzen Bundesstaat. Dies ist ein Indiz für die massive Repression, die sich gegen die gesamte Arbeiterklasse richtet.
- Trump und seine Verbündeten bedienen sich einer Sprache, die immer gewalttätiger und hetzerischer wird. In den sozialen Medien veröffentlichte Trump eine faschistische Hetzschrift, in der er „linksradikale“ Demonstranten als „Aufwiegler und oft bezahlte Unruhestifter“ bezeichnete, die „nicht toleriert werden“. Trump hat den kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom als „Newscum“ bezeichnet, und Trump-Beamte haben gedroht, alle Regierungsbeamten zu verhaften, die ICE-Operationen behindern.
Die Vorgänge beschränken sich nicht auf Los Angeles. Ein Leitartikel in der New York Times zitiert Liza Goitein, leitende Direktorin des Programms für Freiheit und nationale Sicherheit am Brennan Center for Justice, der zufolge Trumps Befehl zur Aktivierung der Nationalgarde die Entsendung von Truppen „überall im Lande, wo Proteste gegen die Einwanderungs- und Zollbehörde stattfinden oder wahrscheinlich stattfinden werden“ autorisiere, „auch wenn sie völlig friedlich sind“. Das heißt, die nationale Verhängung des Kriegsrechts wird vorbereitet.
Der Film „Sieben Tage im Mai“ von 1964 stellt die Verschwörung einer Clique aus Militär und Politik dar, die in den Vereinigten Staaten die Macht übernimmt. Überträgt man die Geschehnisse auf die heutige Zeit, stellt sich ein sehr ähnlicher Prozess dar.
Dem Aufmarsch der Nationalgarde in Los Angeles am 7. Juni wird sieben Tage später ein massives Militärspektakel in Washington D.C. folgen, das für den 14. Juni – Trumps Geburtstag – geplant ist. Die Veranstaltung wird mehr als 6.600 Soldaten, 150 Militärfahrzeuge und 50 Hubschrauber in die Hauptstadt bringen.
Es ist gefährlich naiv zu glauben, dass diese Streitkräfte nach ihrem Einsatz die Hauptstadt wieder verlassen werden. Eine militarisierte Parade wird am Sitz der Regierung von einem Präsidenten organisiert, der offen einen Staatsstreich durchführt. Am Sonntag, als die Truppen in Los Angeles einmarschierten, begab sich Trump nach Camp David in Maryland zu einer „Grundsatzklausur“, wie es hieß. Hinter verschlossenen Türen, in einer Einrichtung, die jetzt als sicherer Kommandoposten fungiert, beriet er sich mit seinen obersten Offizieren und bereitete die nächsten Phasen seiner Offensive vor.
Mit den Ereignissen, die sich jetzt abspielen, werden lang gehegte Pläne umgesetzt. Trump hatte bereits im Juli 2020 versucht, das Militär im Inland einzusetzen, um auf die Massenproteste zu reagieren, die nach dem Polizeimord an George Floyd im ganzen Land ausgebrochen waren. Damals stieß sein Vorstoß, sich auf das Aufstandsgesetz zu berufen, auf Widerstand innerhalb des militärischen Establishments selbst. Der damalige Vorsitzende der Generalstabschefs, General Mark Milley, distanzierte sich von Trumps Plänen, und auch Verteidigungsminister Mark Esper sprach sich dagegen aus.
Trump hat die Lehren aus dieser Erfahrung gezogen. Entschlossen, jeglichen inneren Widerstand gegen seine diktatorischen Ziele auszuschalten, hat er eine der offen faschistischen Figuren in seiner Regierung, Pete Hegseth, auf den Posten des Verteidigungsministers gehievt. Hegseth übt nun die Befehlsgewalt über die Streitkräfte aus, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem diese auf den Einsatz nicht gegen ausländische Feinde, sondern gegen die amerikanische Bevölkerung vorbereitet werden.
Während des Wahlkampfs 2024 erklärte Trump, dass er vom ersten Tag an wie ein Diktator handeln würde, und er setzte dieses Versprechen gleich nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus in die Tat um. An seinem ersten Tag im Amt rief Trump den „nationalen Notstand“ aus und wies seine Berater an, eine Reihe von Durchführungsverordnungen auszuarbeiten, darunter auch Empfehlungen, ob er auf das Aufstandsbekämpfungsgesetz zurückgreifen sollte. Seitdem hat er sich auf den Alien Enemies Act von 1798 berufen, um Massenabschiebungen in den riesigen Gefängniskomplex in El Salvador durchzuführen.
Wie immer verlässt sich Trump auf die Komplizenschaft und Untätigkeit der Demokratischen Partei. Als Reaktion auf den Militäreinsatz in Los Angeles gab eine Gruppe demokratischer Gouverneure eine zaghafte und zahnlose Erklärung ab, in der sie Trumps Vorgehen als „alarmierenden Machtmissbrauch“ bezeichneten und davor warnten, dass die Entsendung von US-Marines in amerikanische Wohngebiete „die Mission unserer Soldaten“ und „das Vertrauen der Öffentlichkeit untergräbt“.
Die demokratischen Gouverneure sagen nichts darüber, was getan werden muss, um die Errichtung einer Polizeidiktatur zu stoppen. Stattdessen bestehen sie darauf, dass die örtlichen Strafverfolgungsbehörden – die sich bereits aktiv an der Repression beteiligen – „ihre Arbeit machen“ dürfen. Vor allem aus Angst vor einer mächtigen sozialen Bewegung von unten versuchen die Demokraten nicht, den Putsch zu verhindern, sondern den weit verbreiteten Zorn einzudämmen.
Bernie Sanders, Senator von Vermont, hat darauf mit einem Appell an die republikanischen Abgeordneten reagiert. „Ich würde sagen, dass die Zukunft dieses Landes zu einem großen Teil bei einer kleinen Anzahl von Republikanern im Repräsentantenhaus und im Senat liegt, die es besser wissen, die wissen, worum es bei der Verfassung geht“, sagte er am Sonntag auf CNN. Sanders vermied es auffallend, die von den Razzien betroffenen Einwanderer zu verteidigen und sagte nichts darüber, die weitverbreitete Opposition zu mobilisieren.
Leitartikel verschiedener Medien haben sich besorgt oder ablehnend zu Trumps Einsatz der Nationalgarde und seinem Einsatz des Militärs gegen Einwanderer und Demonstranten geäußert. Doch nicht eines dieser Blätter ist bereit, offen auszusprechen, was stattfindet: Ein politischer Staatsstreich ist im Gange. Die Folgen werden nicht ausgesprochen, weil sonst der Zusammenbruch der verfassungsgemäßen Ordnung und die Notwendigkeit einer revolutionären Opposition geschlussfolgert werden müsste.
Im ganzen Land entwickelt sich eine wachsende Opposition. Ein Land mit mehr als 330 Millionen Einwohnern, das auf zwei demokratische Revolutionen zurückblicken kann, wird sich nicht von einer herrschenden Clique politischer Gangster einschüchtern und unterwerfen lassen, die im Interesse von milliardenschweren Oligarchen handeln. Empörung über den Einsatz der Truppen, die Angriffe auf Einwanderer und die Zerstörung demokratischer Rechte greift um sich. Die zentrale Frage ist jedoch nicht, ob es Opposition geben wird, sondern wie diese Opposition organisiert sein wird und unter welchem Programm.
In den viereinhalb Monaten der Trump-Regierung hat sich der Widerstand gegen die Angriffe auf demokratische Rechte und die Eskalation des Krieges verstärkt. Die Wut der Bevölkerung über die staatlichen Angriffe auf die Universitäten, wo Studierende festgenommen und schikaniert wurden, weil sie sich dem Völkermord in Gaza widersetzten, nimmt zu.
Die entscheidende Kraft – von der alle anderen abhängen – ist die Arbeiterklasse. Die Kapitalistenklasse sieht keinen anderen Ausweg als den der Unterdrückung und Gewalt. Diese Maßnahmen werden nicht aus Stärke und Zuversicht ergriffen, sondern aus Angst – der Angst vor einer Massenbewegung von unten, die sie nicht kontrollieren kann. Die wirkliche Macht in der Gesellschaft liegt in der Arbeiterklasse – Macht, die sich in den Fabriken, an den Arbeitsplätzen und in der kritischen Infrastruktur des Wirtschaftslebens konzentriert.
Wir warnen Arbeiter und Jugendliche davor, in die Falle isolierter Konfrontationen mit der Polizei und der ICE zu tappen, die der Trump-Regierung nur in die Hände spielen werden. Wie mutig die Proteste unterdrückter Communities und empörter Studierender auch sein mögen, die Abrechnung mit der Trump-Regierung erfordert die industrielle und politische Mobilisierung der Arbeiterklasse.
Die Socialist Equality Party und die World Socialist Web Site rufen Arbeiter auf, auf Trumps sich entwickelnden Putsch mit entschlossenem, kollektivem Handeln zu reagieren. Jede Fabrik, jeder Arbeitsplatz und jede Nachbarschaft muss zu einem Zentrum des organisierten Widerstands gegen diesen massiven Angriff auf demokratische Rechte werden.
Die Notwendigkeit eines Generalstreiks wird immer deutlicher – doch ein solcher wird sich nicht spontan ereignen. Er muss durch den Aufbau demokratischer Kampforganisationen der Arbeiterklasse vorbereitet und geführt werden. Dieser Angriff auf demokratische Rechte kann nicht durch moralische Appelle, juristische Manöver oder das Vertrauen auf die Demokratische Partei und die Gewerkschaftsbürokratien gestoppt werden, von denen viele entweder schweigen oder offen mit Trumps nationalistischem Programm übereinstimmen.
Die Initiative muss von unten kommen. In jeder Fabrik, an jedem Arbeitsplatz und in jeder Nachbarschaft müssen Aktionskomitees gebildet werden, um die Grundlage für massenhaften Widerstand zu schaffen. In Betrieben, Schulen und Büros im ganzen Land müssen Notversammlungen einberufen werden.
Eingewanderte Arbeiter stellen einen großen und wesentlichen Teil der amerikanischen Arbeiterklasse dar, und der Angriff auf Einwanderer ist die Speerspitze einer breiteren Offensive gegen die gesamte Arbeiterklasse. Trumps Versuch, eine Diktatur zu errichten, zielt darauf ab, jeden Widerstand gegen die Herrschaft der Konzern- und Finanzoligarchie zu zerschlagen.
Die amerikanische Demokratie befindet sich im Todeskampf. Trump handelt nicht aus eigenem Antrieb, sondern als Vertreter einer Finanzoligarchie, die auf Faschismus und Krieg zusteuert. Es wird keine Rückkehr zur „Normalität“ geben. Die politische Situation kann sich nur in eine von zwei Richtungen entwickeln: Diktatur oder Revolution.
Diese Erklärung sollte von allen Arbeitern, Studierenden und Jugendlichen, die den Ernst der Lage erkennen, gelesen und diskutiert und zum Ausgangspunkt ihres Handelns gemacht werden. Teilt sie in den sozialen Medien. Verteilt sie in Betrieben, Schulen, Krankenhäusern und Nachbarschaften. Nutzt sie als Grundlage für die Organisation von Versammlungen und die Bildung von Aktionskomitees. Wenn ihr dieser Erklärung zustimmt und euch an diesem Kampf beteiligen wollt, füllt das unten stehende Formular aus, um die Socialist Equality Party zu kontaktieren.