Seit dem landesweiten „Megastreik“ vom 23. Oktober haben sich Tausende Arbeitende in Neuseeland den Arbeitskampfmaßnahmen gegen die Sparpolitik der rechtsextremen Regierung angeschlossen. Inzwischen versucht die neuseeländische Gewerkschaftsbürokratie, die Streikbewegung zu demobilisieren und abzuwürgen.
An dem Massenstreik, dem größten des Landes seit 1979, beteiligten sich mehr als 100.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes – Lehrer, Krankenschwestern, Ärzte und Beschäftigte im Gesundheitswesen – mit einer militanten und einheitlichen eintägigen Arbeitsniederlegung. Der Streik zeigte die potenzielle Macht der Arbeiterklasse und war Ausdruck der enormen Opposition gegen die Angriffe der von der National Party geführten Koalitionsregierung auf Löhne und Arbeitsbedingungen.
Diese Regierung hat die Löhne im öffentlichen Dienst weiter angegriffen, nachdem schon die Labour-Regierung (2017–2023) reale Lohnkürzungen durchgesetzt hatte. Gleichzeitig herrscht in Krankenhäusern und Schulen große Personal- und Ressourcenknappheit, was zu Massenprotesten geführt hat. Unter diesen Bedingungen sahen die Gewerkschaften sich gezwungen, zum Streik aufzurufen.
Diese Streikbewegung ist Teil einer internationalen Arbeiterbewegung. In den letzten Wochen kam es in den USA zu Millionenprotesten gegen die faschistische Diktatur von US-Präsident Trump, und in Frankreich, Italien und anderen Ländern fanden Generalstreiks statt, während die weltweite Mobilisierungen gegen den Völkermord im Gazastreifen andauert.
Die neuseeländischen Gewerkschaftsfunktionäre versuchten umgehend, die sich entwickelnde Bewegung einzudämmen und sie in sichere parlamentarische Bahnen zu lenken. Sie planten keine weiteren gemeinsamen Streiks und nahmen, während sie die einzelnen Arbeitergruppen isolierten, die Verhandlungen wieder auf, um Vereinbarungen zu erzielen, die nur zum Einfrieren der Löhne führen können, was die Krise der Lebenshaltungskosten weiter verschärfen wird.
Die Strategie stieß bei den Beschäftigten auf heftigen Widerstand. Am 28. November streikten fast 17.000 im Gesundheitswesen Beschäftigte, die in der Gewerkschaft Public Service Association (PSA) organisiert sind, für bessere Löhne und gegen die Personalnot. Am selben Tag legten 2.000 Feuerwehrleute die Arbeit nieder. Das war der jüngste einer Reihe einstündiger Streiks im Rahmen eines Tarifkonflikts, der im August ausgebrochen war. Die Gewerkschaften begrenzten beide Streiks auf lediglich eine magere Stunde und isolierten sie bewusst voneinander.
Schon am 18. November waren rund 37.500 Pflegekräfte und andere Beschäftigte im Gesundheitswesen öffentlicher Krankenhäuser in einen zweiwöchigen Teilstreik getreten. Sie verweigerten die Annahme von Versetzungen, Dienstplanänderungen, zusätzlichen Arbeitsstunden oder Schichten. Seit diesem großen Streik hat die neuseeländische Pflegeorganisation (NZNO) weitere Arbeitsniederlegungen ihrer Mitglieder strikt unterbunden.
Laut Public Service Association (PSA) haben am 28. November 11.500 Angehörige der Gesundheitsberufe, darunter Physiotherapeuten, Sozialarbeiter, Techniker und Māori-Gesundheitsspezialisten für einen Streik gestimmt, nachdem die Verhandlungsgespräche gescheitert waren. Ihnen schlossen sich mehr als 3.500 psychiatrische Krankenschwestern, Gesundheitspflegerinnen und 1.700 weitere Beschäftigte aus Beratung, Verwaltung und anderen Bereichen an, die sich ebenfalls im Konflikt mit Health NZ befinden.
In Auckland demonstrierten Hunderte streikende Arbeiter vor dem Zentralkrankenhaus. Die Sozialarbeiterin Margaret Colbrough sagte gegenüber Radio NZ: „Die derzeitigen Angebote sind geradezu beleidigend, und angesichts des Drucks und des Ressourcenmangels, unter denen wir arbeiten, gibt es absolut genug Grund, heute zu streiken.“
Die Gesundheitsarbeiterin Natasha erklärte gegenüber der WSWS: „In der Abteilung sind wir alle mit dem Vorgehen der PSA unzufrieden.“ Die Gewerkschaft „verkauft uns und kapituliert vor [Finanzminister] Willis“, der lediglich ein „Beruhigungsmittel“ anbiete, so Natasha. Ein Mitglied der NZNO fügte hinzu, sie sei „voll und ganz für einen Streik“ für bessere Arbeitsbedingungen. Allerdings hätten die Gewerkschaften ihre Aktionen seit Oktober zurückgefahren.
Die nationale Sekretärin der PSA, Fleur Fitzsimons, sagte, die Lohnangebote von Health NZ in Höhe von 1,5 und 2 Prozent seien effektiv Lohnkürzungen, da sie unter der Inflationsrate lägen. „Gleichzeitig gibt es einfach nicht genug Gesundheitspersonal, um das Versorgungsniveau zu gewährleisten, das die Neuseeländer brauchen“, erklärte sie.
Die Gewerkschaften haben jedoch signalisiert, dass sie sich mit Lohnerhöhungen von etwa 3 Prozent zufriedengeben würden, was der offiziellen Inflationsrate entspricht, aber weit unter den tatsächlichen Lebenshaltungskosten liegt. Die im Oktober 2025 veröffentlichten Daten von Stats NZ zeigen einen starken jährlichen Preisanstieg bei Lebensmitteln wie Obst (11 Prozent), Rindfleisch (17,4 Prozent), Lammfleisch (32,2 Prozent), Brot (11,4 Prozent), Käse (14,8 Prozent) und Eiern (6,2 Prozent). Die Strompreise sind im Jahresvergleich um 11,8 Prozent gestiegen.
Fitzsimons behauptete am 26. Oktober gegenüber Newstalk ZB, dass die Beschäftigten im Gesundheitswesen „lediglich eine Beibehaltung ihres derzeitigen Lohnniveaus fordern. Sie verlangen keine großen Lohnerhöhungen, sondern lediglich eine Anpassung ihrer Löhne an die Inflation.“ In einem Beitrag auf X von der Demonstration in Auckland erklärte Craig Renney, Funktionär des Gewerkschaftsrats und Kandidat der Labour Party für die Wahlen 2026: „Die Regierung sollte sich an den Verhandlungstisch setzen, zuhören und diesen Konflikt beilegen.“
Wattie Watson, nationaler Sekretär der neuseeländischen Berufsfeuerwehrgewerkschaft (NZPFU), erklärte, der Streik am 28. November sei ein Versuch gewesen, Feuerwehr und Rettungsdienst (FENZ) sowie die Regierung dazu zu bewegen, „Maßnahmen zur Verbesserung der katastrophalen Lage der Feuerwehr zu ergreifen“. Der Streik war die zweite einstündige Arbeitsniederlegung, seit die Gewerkschaft nach „sinnvollen“ Gesprächen mit FENZ einen Streik am 7. November abgesagt hatte.
Watson erklärte, die Gewerkschaft sei „innovativ bei der Entwicklung von Optionen für eine Einigung gewesen und habe FENZ wiederholt aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und tatsächlich zu verhandeln“. Die Mitglieder der NZPFU lehnten eine Lohnerhöhung von 5,1 Prozent über drei Jahre, d. h. weniger als 2 Prozent pro Jahr, ab. Watson beklagte auch, dass FENZ eine Umstrukturierung angekündigt habe, durch die 160 Stellen gestrichen würden, „ohne die NZPFU oder die PSA zu konsultieren“.
Ende November wandte sich eine Gruppe von Gewerkschaften mit einem unterwürfigen Brief an Premierminister Christopher Luxon, in dem sie ihn anflehten, „einzugreifen und sich mit uns zu treffen“, um „einen möglichen Ausweg und Einigungsoptionen“ zu finden. Die Gruppe, darunter die Association of Salaried Medical Specialists, NZNO, NZPFU, die Post Primary Teachers Association (PPTA), NZEI Te Riu Roa und die PSA, argumentierte, dies würde dazu beitragen, die festgefahrene Situation zu „überwinden“ und die Tarifverhandlungen für „alle Beteiligten zufriedenstellend abzuschließen“. Luxon hatte die Streiks zuvor als „politisch motiviert“ verurteilt und keinen Anlass für ein Treffen gesehen.
Nach einer Woche moderierter Verhandlungen legte die PPTA über 20.000 Sekundarschullehrern, die sich seit Langem an Arbeitskampfmaßnahmen beteiligen, ein Gehaltsangebot vor. Es handelt sich um ein beispielloses, unterhalb der Inflationsrate liegendes Angebot, ähnlich den Angeboten, die die Lehrer zuvor abgelehnt haben: 2,5 Prozent ab Januar 2026 und weitere 2,1 Prozent ab Januar 2027. Viele kündigten in den sozialen Medien an, mit „Nein“ zu stimmen.
Unterdessen streikten im Privatsektor 200 Geringverdiener des Farbenherstellers Resene zwei Tage lang, nachdem sie bereits am 17. Oktober ein Lohnangebot von nur 84 Cent pro Stunde abgelehnt hatten. Auch 1.500 Flugbegleiter von Air New Zealand hatten für einen eintägigen Streik im November gestimmt. Michael Wood, Sprecher der Gewerkschaft E tū, appellierte an das Management von Air New Zealand, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, und erklärte, die Gewerkschaft werde sich „mit aller Kraft dafür einsetzen, einen Streik zu verhindern“.
Der Oppositionsführer der Labour-Partei, Chris Hipkins, schloss sich am 28. November kurzzeitig den Streikenden an und sagte der Presse: „Ich möchte, dass dieser Tarifvertrag vorher [vor den Wahlen 2026] abgeschlossen wird. Es wäre absolut falsch, wenn die Regierung es zulassen würde, dass dieser Konflikt bis ins neue Jahr hinein andauert.“
Als Minister und später als Premierminister der Labour-Regierung (2017–2023) spielte Hipkins eine Schlüsselrolle bei der Durchsetzung der Angriffe der herrschenden Elite auf die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Er setzte einen faktischen Gehaltsstopp durch, der 2019 landesweite Streiks von Grund- und Sekundarschullehrern auslöste. Diese Streiks wurden jedoch von der Gewerkschaftsbürokratie verraten, die Gehaltserhöhungen von etwa drei Prozent pro Jahr durchsetzte.
Angesichts der bevorstehenden Wahlen im nächsten Jahr inszeniert sich Hipkins, dem Beispiel des neuen New Yorker Bürgermeisters Zohran Mamdani folgend, als „demokratischer Sozialist“. Sein Eingreifen in die Streiks zeugt von der Angst in herrschenden Kreisen, dass der Zorn der Arbeiterklasse über Ungleichheit, Lohnkürzungen und Krieg sich der Kontrolle der Gewerkschaften und des gesamten kapitalistischen politischen Establishments entziehen könnte.
Um ihren Kampf auszuweiten und Ausverkäufe zu verhindern, müssen Beschäftigte im Gesundheitswesen, im Bildungsbereich gemeinsam mit andern Kollegen gegen die Gewerkschaftsführung rebellieren! Sie arbeitet mit der Regierung und der Labour Party zusammen, um die Beschäftigten zu isolieren und Lohnkürzungen durchzusetzen.
Die Socialist Equality Group von Neuseeland ruft alle Interessierten dazu auf, sich unser Webinar zum weiteren Vorgehen nach dem Streik vom 23. Oktober anzusehen und uns zu kontaktieren, um zu besprechen, wie man Aktionskomitees, die die Beschäftigten selbst kontrollieren und die von der Gewerkschaftsbürokratie unabhängig sind, aufbauen kann.
