Dekanat, Universitätsleitung und die Bundesregierung haben sich nach seinem tätlichen Angriff auf einen linken Studenten hinter den rechtsradikalen Professor Jörg Baberowski gestellt. Unter Studierenden und ihren Vertretungen wächst dagegen die Opposition gegen rechte Lehre und die Gewalttat an der Berliner Humboldt-Universität.
Baberowski, Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte Osteuropas an der HU, hatte am 30. Januar den IYSSE-Abgeordneten des Studierendenparlaments, Sven Wurm, geschlagen und bedroht, nachdem dieser ihn beim Abreißen von Wahlplakaten der trotzkistischen Studierendenorganisation IYSSE erwischt hatte. „Soll ich dir was in die Fresse hauen?“, drohte er, nachdem er Wurm das Handy aus der Hand geschlagen hatte.
Das Video der Tat wurde auf Youtube innerhalb kürzester Zeit fast 25.000 Mal aufgerufen. In den sozialen Medien zeigten hunderte Studierende der HU und anderer Universitäten ihren Unmut über den rechtsradikalen Angriff und das Schweigen der Universitätsleitung. Die Asten der Berliner Freien Universität und der Technischen Universität sowie der Alice-Salomon-Fachhochschule solidarisierten sich umgehend auf Twitter mit den angegriffenen Studierenden.
Humboldt-Universität: „Fehlendes Demokratieverständnis“
Der RefRat (AStA) der HU veröffentlichte eine ausführliche Stellungnahme, nachdem sich die Universitätsleitung geweigert hatte, öffentlich Stellung zum tätlichen Angriff Baberowskis zu beziehen, und zugleich in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Akademischen Senat erklärt hatte, dass die Tat menschlich verständlich gewesen sei.
In der Erklärung bezeichnet der RefRat Baberowskis Angriff als „neue Eskalationsstufe“ in der Auseinandersetzung. Damit habe Baberowski „erneut den Boden der universitären Auseinandersetzung verlassen“ und offenbare „außerdem sein fehlendes Demokratieverständnis“, schreibt einer der Referenten. Gerichtet an die Universitätsleitung heißt es weiter: „Anscheinend gilt der von Präsidentin Kunst geforderte Respekt im Umgang nicht für Professor_innen.“
Eine andere Referentin ergänzt: „Indem die Universität die Studierenden allein lässt gegen einen Professor, der jeder Kritik aggressiv begegnet und sie versucht zu unterdrücken, zeigt sie ihre Haltung zur inneruniversitären Demokratie.“
„Daher fordert der Referent_innenRat die Universität auf, endlich dienstrechtliche Konsequenzen einzuleiten, sich von rechtsradikalen Dozierenden zu distanzieren und die akademische sowie studentische Selbstverwaltung samt ihrer Vertreter_innen zu schützen“, schließt das Statement.
Auch aus den Studierendenvertretungen der Fachbereiche ist Empörung und Ablehnung zu vernehmen. Viele fühlten sich „von der Universität alleingelassen“, meint ein Mitglied der Fachschaft Philosophie an der HU und fragt, wie es sein könne, „dass ein Professor an der Universität ungestört rechte Hetze verbreiten und ihm unliebsame Studenten lächerlich machen, diffamieren und nun auch körperlich attackieren darf?“
Eine Erklärung von dutzenden Fachschaften und mehreren politischen Gruppen der HU thematisierte bereits vor dem Angriff auf Sven Wurm das aggressive Verhalten Baberowskis gegen zwei studentische Vertreter im Akademischen Senat. Die Studierendenvertreter zeigten auf, wie Baberowski seinen braunen Mob mobilisierte, um politische Gegner in der Studierendenschaft einzuschüchtern. Dies und die Tatenlosigkeit der Universitätsleitung wurden in der Stellungnahme scharf verurteilt.
„Wir dulden nicht, dass Angehörige dieser Universität Studierende rassistischer und frauenfeindlicher Hetze im Netz preisgeben. Wir dulden nicht, dass Professor*innen ihre Titel dafür nutzen, menschenfeindliche Positionen salonfähig zu machen. Wir dulden kein Universitätspräsidium, das es unterlässt, seine eigenen Studierenden vor rechter Hetze zu schützen und die an dieser Hetze Beteiligten beim Namen zu nennen. Einer dieser Namen ist Jörg Baberowski. Wir fordern von der HU-Leitung: Distanzieren Sie sich, ziehen Sie die Konsequenzen!“
Magdeburg und Bremen: „Keine Uni dem Faschismus!“
Die Offene Linke Liste der Universität Magedeburg veröffentlichte auf Facebook ein Statement, das unter anderem vom AStA der Universität Bremen geteilt wurde. Darin zeigen sie auf, wie Baberowski gegen Flüchtlinge hetzt, Gewalt verharmlost und linke Studierende angreift. Sie schreiben auch über seine Gründung eines rechtsradikalen Salons in Berlin und seine Relativierung der Nazi-Verbrechen. Schließlich erklären sie:
„Mit dem Abreißen von Plakten einer Studierendenorganisation durch Mitarbeiter der Universität wird, neben der demokratischen Grundrechte der Studierenden, vor allem die Autonomie der studentischen Selbstverwaltung angegriffen. Nicht nur versucht Baberowski den Wahlkampf von Vertreter*innen des Studierendenparlaments zu stören, er schreckt auch vor Körperverletzung und Nötigung nicht zurück.“
Sie erinnern an Baberowskis Klage gegen den Bremer AStA und schließen:
„Wir stellen uns solidarisch hinter die Studierenden der Humboldt-Universität Berlin sowie der Universität Bremen, die durch die mehrfachen Attacken des Professors Jörg Baberowski nicht nur massiv in ihrer Meinungsfreiheit beschnitten und in ihrem studentischem Engagement für Universitäten frei von faschistischem Gedankengut gehindert werden, sondern nun auch Schaden auf einer ganz anderen Ebene genommen haben.
Keine Uni dem Faschismus! Rechtsradikalen das Podium nehmen, in Berlin, Bremen, Magdeburg und überall!“
Universität Wien: „Nein zu rechter Gewalt an der Humboldt-Uni!“
Stellungnahmen von Studierendenvertretern waren nicht auf Deutschland beschränkt. Auch die Studierendenvertretung der Universität Wien kritisierte Baberowkis Verhalten und auch seine Verteidigung durch die Unileitung:
„Diese Unterstützung rechter Gewalt ist ein Skandal. Gerade angesichts des Wachstums der extremen Rechten und der rechten Terroranschläge der letzten Monate ist es nicht nur das Recht, sondern die Pflicht von Studierenden, antifaschistische, politische Arbeit auf dem Campus zu leisten.
Baberowski, der die Studierenden mit Vandalismus und Gewalt daran hindern will, ist ein zentraler Akteur der neuen Rechten, der die Verbrechen der Nazis relativiert, gegen Flüchtlinge hetzt und für brutale Kriege trommelt. Seine Behauptungen, Hitler sei ‚nicht grausam‘ gewesen und habe ‚nichts von Auschwitz wissen wollen‘, sind wissenschaftlich unhaltbar und verdienen Kritik.
Wir solidarisieren uns deshalb mit den angegriffenen Studierenden, verurteilen den Übergriff Baberowskis aufs Schärfste und fordern die Universitätsleitung auf, ihre Unterstützung rechter Gewalt zu beenden und Prof. Baberowski zur Rechenschaft zu ziehen!“