Online-Veranstaltung der IYSSE

Für einen europaweiten Schulstreik gegen die Durchseuchungspolitik!

Am Montag fand inmitten einer verheerenden Eskalation der Corona-Pandemie in Europa eine politische Online-Veranstaltung der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) statt. Die internationale Versammlung trug den Titel: „Für einen europaweiten Schulstreik gegen die Durchseuchungspolitik!“

Zu den Sprechern zählten Christoph Vandreier, stellvertretender Vorsitzender der Sozialistischen Gleichheitspartei, Will Morrow von der Parti de l’Égalité Socialiste (PES), Tania Kent vom Aktionskomitee der Pädagogen in Großbritannien und Genevieve Leigh, Vorsitzende der IYSSE in den USA. Mehrere hundert Zuschauer verfolgten den Live-Stream, dessen Aufzeichnung hier verfügbar ist.

IYSSE-Veranstaltung: Für einen europaweiten Schulstreik gegen die Durchseuchungspolitik!

In seiner Begrüßung stellte WSWS-Reporter und IYSSE-Mitglied Gregor Link fest, dass die Pandemie auf Weltebene außer Kontrolle geraten ist:

„Über 50 Millionen Menschen haben sich infiziert und mindestens 1,26 Millionen Menschen haben ihr Leben verloren. Dieser grauenhafte Verlust an Menschenleben, der in Europa und Amerika alles übertrifft, was seit dem zweiten Weltkrieg stattgefunden hat, ist das Ergebnis einer bewussten Politik der herrschenden Klasse.“

Gestützt auf aktuelle Medienberichte und eine Zusammenstellung der verfügbaren Infektionszahlen berichtete Link von der dramatischen Situation in den Kliniken und den Intensivstationen in ganz Europa. Während in Italien und Frankreich lebensbedrohlich erkrankte Covid-19-Patienten bereits zur Behandlung ins Ausland geflogen werden müssen, gehen Mediziner für Deutschland davon aus, dass spätestens zu Beginn des nächsten Monats alle Intensivbetten belegt sein werden. In vielen Bundesländern habe sich die Zahl der infizierten Schüler und Lehrer innerhalb einer einzigen Woche vervielfacht.

Als erster Referent ging Christoph Vandreier in seinem politischen Beitrag ausführlich auf die Perspektive eines europaweiten Schulstreiks ein und stellte sie in den Zusammenhang mit dem wachsenden Widerstand der Arbeiterklasse gegen die Politik der Durchseuchung. Er erklärte:

„Die Schulen und Kitas sollen um jeden Preis offen gehalten werden, um den Wirtschaftsbetrieb und damit die Profite der Reichen nicht zu gefährden. Wenn nicht sofort entbehrliche Betriebe, Schulen und Kitas geschlossen werden, ist die Überlastung der Gesundheitssysteme und damit der frühzeitige Tod von Millionen Menschen unvermeidbar. Das Leben der Alten und Schwachen soll auf dem Altar des Profits geopfert werden – Um diese völlig unpopuläre Politik durchzusetzen, knüpfen die Herrschenden bereits wieder offen an die Ideologie der Nazis an.“

Vandreier wies minutiös nach, dass die mörderische Durchseuchungspolitik von allen Parteien in die Tat umgesetzt wird und schlussfolgerte, dass Arbeiter und Jugendliche mit einem Kampf gegen das gesamte kapitalistische System konfrontiert sind:

„Ein Schulstreik kann nur der Auftakt zu einem umfassenden Kampf der gesamten europäischen und internationalen Arbeiterklasse sein. Ein solcher muss die sofortige Schließung der Schulen und vollen Lohnersatz für die Eltern erzwingen, die sich um ihre Kinder kümmern müssen.“

Zuletzt nannte Vandreier die zentralen Forderungen, die im Mittelpunkt dieses Kampfes stehen müssen und betonte: „Diese Aktionskomitees müssen zur Grundlage einer Gegenmacht werden, die der kapitalistischen Logik von Ungleichheit, Krieg und Krankheit das Programm des internationalen Sozialismus entgegenstellt.“

Genevieve Leigh, die aus Michigan zur Versammlung sprach, zeichnete in ihrem Beitrag ein schonungsloses Bild der sozialen und politischen Krise in den USA.

„Die Pandemie fordert jeden Tag 1.000 Todesopfer. Die Krankenhäuser vieler Städte und Bundesstaaten sind überlastet. Es wird viel zu wenig getestet – Kontaktverfolgung existiert fast gar nicht. Die Arbeitslosenhilfe wurde für Millionen Menschen gestrichen, die ihre Jobs verloren haben und keine Arbeit mehr finden. Familien, die durch den Verlust eines geliebten Menschen am Boden zerstört sind, müssen empörend hohe Arztrechnungen begleichen, die sie in den finanziellen Ruin zu stürzen drohen.

Unter diesen Bedingungen gibt es absolut keine Möglichkeit, einen Präsenzunterricht sicher und verantwortungsvoll durchzuführen – doch genau das tut die herrschende Klasse. Entgegen der Behauptung, junge Menschen seien nicht gefährdet, sind unter den Todesopfern in den USA viele junge, aufgeweckte und zuvor gesunde Kinder zu beklagen.“

Zuletzt, so Leigh, seien innerhalb von einer Woche 61.000 Kinder positiv getestet worden. Insgesamt wurde das Virus bei über 850.000 Kindern diagnostiziert, was einem Neuntel aller US-Fälle entspricht – Mindestens 121 Kinder sind gestorben. Sie schloss:

„Das Virus ist natürlichen Ursprungs, aber die Auswirkungen und Folgen, die ich beschreibe, hängen mit der Gesellschaft zusammen, in der dieses Virus entstanden ist. Die Krise, vor der Arbeiter und Jugendliche stehen, ist global, und sie erfordert eine globale Lösung.“

Die Schüler und IYSSE-Mitglieder Clemens und Joshua sprachen ebenfalls auf der Kundgebung. Clemens, der in einer Kindertagesstätte in der Nähe von München ein freiwilliges soziales Jahr absolviert, berichtete von völlig ungeschützten Arbeitsbedingungen. Obwohl eine Kollegin positiv getestet wurde, habe sich das Gesundheitsamt geweigert, rechtzeitig angemessene Quarantäne- und Testmaßnahmen zu verordnen und die Einrichtung in der Zwischenzeit zu schließen. Nur durch pures Glück habe sich bislang niemand Weiteres angesteckt.

IYSSE-Mitglied Joshua aus Nürnberg gab den Zuhörern einen Einblick in die Zustände an den Schulen:

„Der Schulbetrieb hat in Bayern heute wieder begonnen und obwohl die Infektionszahlen immer rasanter ansteigen, hat sich an der Beibehaltung des Regelbetriebs nichts geändert. Wir sitzen weiterhin mit 20-30 Schülern und einer Lehrkraft im Klassenzimmer und die einzigen ‚Schutzmaßnahmen‘ sind Maskenpflicht und Stoßlüften.“

Die Ankündigung der Landesregierungen, Schulen bei steigenden Infektionszahlen teilweise zu schließen, habe sich als Lüge entpuppt: „Wir bewegen uns jetzt bei Inzidenzwerten um 200 und geändert hat sich immer noch nichts.“ Schüler würden „als Versuchskaninchen der herrschenden Klasse missbraucht, um das Ziel der sogenannten ‚Herdenimmunität‘ zu erreichen“. Joshua appellierte an alle Zuschauer, den IYSSE und der SGP beizutreten und Aktionskomitees aufzubauen, um einen Schulstreik und einen Generalstreik vorzubereiten.

Als zweite internationale Referentin der Online-Rallye sprach Tania Kent aus Großbritannien. Kent ist Lehrerin an einer Grundschule und Gründungsmitglied des UK Educators Rank-and-File Safety Committees, des Aktionskomitees für sichere Bildung von Pädagogen in Großbritannien. Sie erklärte, dass die katastrophale Explosion der Pandemie auf dem Kontinent die frühen Warnungen der IYSSE und der World Socialist Web Site bestätigt habe. Ein Kampf gegen die Politik, die dieser Entwicklung zugrunde liegt, müsse vollständig unabhängig von allen bürgerlichen Parteien und den mit ihnen verbündeten Gewerkschaften erfolgen:

„Die Bildungsgewerkschaften sind für diese Lage verantwortlich. Sie beraten die Regierung in der Frage, wie man die Wirtschaft am zuverlässigsten schützen kann. Drei der größten Lehrergewerkschaften haben die Politik der Regierung öffentlich unterstützt und zugestimmt, die Schulen von den Lockdown-Maßnahmen auszuschließen. Wie wir vorhergesehen haben, wächst dagegen der Widerstand. Am Donnerstag – dem ersten Tag nach den Lockdown-Maßnahmen – haben 1000 Eltern an einem Schulboykott teilgenommen, der von zehntausenden weiteren unterstützt wurde.“

Das Aktionskomitee der britischen Pädagogen gebe dieser Opposition eine Stimme und eine Perspektive, so Kent:

„Die zunehmende Wut von Lehrern, Schülern und Eltern muss auf das politische Programm des Klassenkampfes orientiert werden. Diejenigen, die unserem Komitee beitreten, werden diese wachsende Opposition anführen. Entscheidend ist unser Aufruf zu einem europaweiten Handeln – dies stand im Zentrum unserer Perspektive.“

Der abschließende Beitrag des Abends kam aus Frankreich, wo tausende mutige Schüler und Lehrer mit Unterstützung von Eltern Streiks und Proteste gegen den tödlichen Schulbetrieb organisiert haben. Als Referent sprach Will Morrow, Mitglied der Parti de l’Égalité Socialiste (PES), der französischen Schwesterpartei der Sozialistischen Gleichheitspartei:

„Die Streikbewegung kommt von den Lehrern an der Basis, nicht von den Gewerkschaften. Im ganzen Land haben Lehrer an dutzenden Schulen vor Unterrichtsbeginn Versammlungen abgehalten und per Abstimmung entschieden, die Schulgebäude nicht zu betreten. Am nächsten Tag organisierten Schüler Demonstrationen an einem Dutzend verschiedener Schulen und blockierten die Gebäudeeingänge mit Mülltonnen.“

Die Forderungen der Lehrer und Schüler, so Morrow, umfassen sofortige Schulschließungen, den Ausbau von Online-Unterricht, die Halbierung der Klassen und ein Hygieneprotokoll für den Präsenzunterricht, das sich auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse stützt.

Die Macron-Regierung reagiere ihrerseits auf die Proteste und Schulstreiks, indem sie Bereitschaftspolizeieinheiten in Kampfmontur entsende, die mit Tränengas und Knüppeln gegen die Schüler vorgehen. Morrow folgerte:

„Die Reaktion der Macron-Regierung verdeutlicht den Klassencharakter der Kräfte, die sich gegen Schüler und Arbeiter in ganz Europa verbündet haben. Die herrschende Klasse verfolgt eine Politik, von der sie weiß, dass sie zu Hunderttausenden oder Millionen von Toten führen wird. Sie hält dies für unerlässlich, um die Profite der Unternehmen während der Pandemie aufrechtzuerhalten und die Hunderte Milliarden an Rettungsgeldern, die den Unternehmen übertragen wurden, aus der Arbeit der Bevölkerung wieder herauszuholen. Wenn alte und gebrechliche Menschen dabei sterben und keine Sozialausgaben mehr benötigen, wird dies als positives Gut betrachtet. Die Kapitalistenklasse befindet sich nicht in einem Krieg gegen die Pandemie, sondern in einem Krieg gegen die Gesellschaft.“

Die Arbeiterklasse, so Morrow, müsse diesem Krieg ihren eigenen Kampf für Sozialismus entgegenstellen, indem sie „für den Sturz des Kapitalismus und die Errichtung von Arbeiterregierungen in ganz Europa“ eintritt.

Diese Perspektive wurde in der anschließenden Diskussion von mehreren Teilnehmern aufgegriffen und vertieft. Die Fragen reichten von der Bedeutung der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs über den Zusammenhang zwischen einem Schulstreik und einem Generalstreik bis hin zu einem sozialistischen Programm zur Eindämmung der Pandemie und Ausrottung des Virus.

Zum Ende der Diskussion erinnerte Christoph Vandreier anlässlich des Datums des 9. Novembers und des 82. Jahrestages der Reichspogromnacht daran, dass die herrschende Klasse in Deutschland seit Langem wieder zunehmend offen an ihre faschistischen Traditionen anknüpft. In der Corona-Pandemie fördere sie systematisch rechtsextreme Ideologien, um ihre Durchseuchungspolitik durchzusetzen. Angesichts dessen stelle sich die Machtfrage im Zuge eines Generalstreiks mit großer Dringlichkeit:

„Wer kontrolliert die Gesellschaft? Sind es die Herrschenden im Interesse der Finanzoligarchie? Oder sind es die Aktionskomitees und die aktiven Arbeiter, die den Generalstreik führen? Es wird die Frage aufgeworfen: Ist das gesellschaftliche Prinzip dasjenige des Reichtums, der Profitmacherei und der perversen Bereicherung von ein paar wenigen – oder ist das gesellschaftliche Prinzip das Prinzip der Gleichheit und der Bedürfnisse der Menschen? Dieser Kampf kann nur gewonnen werden durch eine sozialistische Revolution.“

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