Cliff Slaughter: Eine politische Biografie (1928–1963)

Teil 2

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In dieser politischen Biografie wird das Leben Cliff Slaughters von 1928 bis 1963 behandelt. Sie wird in vier Teilen veröffentlicht. Dies ist Teil 2; Teil 1 ist am 11. August erschienen. Der Zeitraum von 1963 bis zu Slaughters Tod wird in weiteren Teilen behandelt, die für einen späteren Zeitpunkt in diesem Jahr vorgesehen sind.

Cliff Slaughter

Labour Review

Nachdem sowjetische Panzer durch die Straßen Budapests gerollt waren, trat die Arbeit des Clubs in ein neues Stadium ein. Er bemühte sich, den Besten unter denjenigen, die der Kommunistischen Partei in Scharen den Rücken kehrten, eine revolutionäre Perspektive aufzuzeigen.

Im Januar 1957 nahm der Club die Herausgabe seiner theoretischen Zeitschrift Labour Review wieder auf, die zuletzt 1954 erschienen war. Da sich der politische Rahmen linker Politik grundlegend verändert hatte, war es durchaus angemessen, dass der Club den ersten Leitartikel mit „Introducing Labour Review“ betitelte. Darin wurden die Ziele der neuen Labour Review erläutert:

Die Kommunistische Partei zerfällt vor unseren Augen. Zwanzig Jahre lang wurden die Mitglieder durch die Doktrin der Unfehlbarkeit des „Führers“ von den politischen Realitäten abgeschnitten. Nun, da dieser Mythos endlich zerstört wurde, ist die Mitgliedschaft verwirrt, bestürzt und ratlos. Die einfachen Mitglieder fordern mehr Diskussionsfreiheit, und die Führung scheint dieser Forderung zwar teilweise nachzugeben, hat aber Angst vor den Folgen. Denn bei einer zu tief gehenden Erforschung der Vergangenheit würde sich herausstellen, dass sie die Fehler und Verbrechen, die jetzt geflissentlich dem toten Stalin und Beria zugeschrieben werden, selbst geduldet und sich daran mitschuldig gemacht hat.

Zu lange hat die Kommunistische Partei das Erbe des Marxismus-Leninismus allein für sich beansprucht, und zu lange konnte sie mit dieser falschen Behauptung durchkommen. Weil Stalin als einzige Quelle neuer Beiträge zur marxistischen Theorie galt, haben die offiziellen Quellen der Kommunistischen Partei nur wenig Sinnvolles hervorgebracht. Nach neuen und wertvollen Beiträgen zur sozialistischen Theorie müssen wir bei denjenigen suchen, die sich in den letzten zwanzig Jahren oder mehr konsequent gegen den Stalinismus gestellt haben.

Leider ist ein großer Teil dieser Literatur bisher nur einem kleinen Teil der Bewegung zugänglich gewesen. Die Labour Review hat sich als eines ihrer Ziele gesetzt, die Schriften dieser „verbotenen“ marxistischen Denker einem breiteren Leserkreis bekannt zu machen und so dazu beizutragen, die theoretischen Grundlagen unserer Bewegung weiterzuentwickeln. [17]

„Marxisten dürfen keine Stubengelehrten sein“, hieß es weiter. Sie müssten sich aktiv an den Tageskämpfen ihrer Zeit beteiligen, zugleich aber über die historischen Erfahrungen der Arbeiterklasse Bescheid wissen:

Nur wenn wir wissen, was geschehen ist und warum die Ereignisse so und nicht anders verlaufen sind, können wir hoffen zu verstehen, was ist und was sein wird. Jede Generation von Arbeitern baut auf dem Fundament auf, das frühere Generationen gelegt haben. Jede Generation stützt sich auf die Erfahrungen der Vergangenheit und legt auf dieser Grundlage fest, welche Schritte in der Zukunft zu unternehmen sind.

Das ist das Wesen der marxistischen Methode. Die Nichtanwendung dieser Methode führt zu Opportunismus auf der einen und Sektierertum auf der anderen Seite. Diese scheinbar entgegengesetzten Phänomene sind in Wirklichkeit zwei Seiten ein und derselben Medaille. Sie entspringen beide einer eklektischen Herangehensweise an unsere Probleme, die bei einer Geringschätzung der Theorie unvermeidlich ist. [18]

Die erste Ausgabe der neu herausgegebenen theoretischen Zeitschrift Labour Review

Um den in der britischen Arbeiterbewegung gängigen Vorurteilen gegen ein theoretisches Verständnis entgegenzuwirken, versprach die Labour Review in ihrem ersten Leitartikel, „in unseren ersten Ausgaben dem dialektischen Materialismus, der philosophischen Grundlage des Marxismus, mehrere größere Beiträge zu widmen“. Sie stellte fest:

Alle Feinde des Sozialismus, alle Bürokraten, all ihre „linken“ sektiererischen Anhängsel, all diejenigen, die den Mut sinken lassen und eine einfache Anpassung an den Kapitalismus anstreben, stellen auf die eine oder andere Weise die Grundsätze des wissenschaftlichen Sozialismus in Frage. Doch die Erfahrung zeigt, dass uns bei der Suche nach Antworten auf die Probleme der britischen sozialistischen Bewegung nur diese Grundsätze wirklich leiten können.

Aufgrund einer historisch fundierten Einsicht, die in ihrer Tiefe von keiner anderen politischen Strömung in der internationalen Arbeiterbewegung erreicht wurde, begriff die Labour Review, welche Herausforderungen und Aufgaben sich aus dem Zusammenbruch des stalinistischen Monolithen ergaben, und stellte ein ehrgeiziges theoretisches und politisches Programm auf:

Außerdem sind wir der Meinung, dass das „kollektive Gedächtnis“ der sozialistischen Bewegung wieder aufgefüllt werden muss, damit die Darstellung der Geschichte der letzten dreißig Jahre von den Lügen befreit werden kann, mit denen sie so lange verkleistert wurde. Wir befinden uns am Ende der großen Eiszeit, die mit der Niederschlagung des Generalstreiks 1926 einsetzte … Chruschtschow hat die Autorität des „unfehlbaren“ Häuptlings, der so lange alle „Linken“ darüber belehrte, was sie zu glauben hatten, mit weltumspannenden Folgen erschüttert. Wir haben unter diesem päpstlichen Sozialismus gelitten, seit die Stalin-Fraktion 1927 die Demokratie in den kommunistischen Parteien zerstört hat. Was nach dem 20. Parteitag der KPdSU von der Autorität der Führer der Kommunistischen Partei noch übrig war, haben die sowjetischen Panzer in Ungarn nun zerstört.

Von nun an wird die normale Entwicklung marxistischer Ideen nicht mehr durch bürokratische Deiche künstlich eingedämmt werden. Millionen Arbeiter und Intellektuelle in allen Ländern, von Russland bis zu den USA, treten in den Kampf ein. Sie fordern, die Vorgeschichte ihrer Bewegung kennenzulernen, weil sie dieses Wissen brauchen. Diese jungen Menschen wollen denken, lernen und politische Initiativen ergreifen. Bürokratische „Verbote“ und „Kult“ stoßen sie ab. Wir sehen es als unsere Pflicht an, ihnen zu helfen, Antworten zu finden. Die Labour Review wendet sich daher sowohl gegen die offenen fabianischen Feinde des Marxismus als auch gegen die stalinistischen Schreiberlinge, die seinen Ruf so übel besudelt haben.

Es wird unter anderem notwendig sein, sich mit den Träumen der Fabier von einer Wiederbelebung des Kapitalismus auseinanderzusetzen, ob sie sich diese nun von Keynes, der teilweisen Verstaatlichung, den „neuen“ kolonialen Verfassungen oder den Wohltaten des US-Imperialismus erhoffen.

Neben der Diskussion über das Fabianertum werden wir uns mit der stalinistischen Variante der „friedlichen Koexistenz“ mit dem Kapitalismus und ihrem schwachen, aber nicht weniger abstoßenden Ableger befassen: dem Programm der britischen Kommunistischen Partei, The British Road to Socialism. Woher kam der Stalinismus, und warum ist er entstanden? War sein Aufstieg unvermeidlich? Bedeutet die Diktatur des Proletariats wirklich eine abscheuliche und mörderische Tyrannei? Bedeutet der demokratische Zentralismus wirklich die Autokratie einer Clique von Vollzeitbeamten? Dies sind einige der Fragen, die wir in den kommenden Monaten zu beantworten versuchen.

Wenn wir die Vergeblichkeit der fabianischen Politik erörtern, müssen wir auch den Gründen für Hitlers Sieg über die deutsche Arbeiterklasse und den Ursachen für das Scheitern der Volksfrontregierungen in Frankreich und Spanien nachgehen. Wir werden versuchen, die Zusammenhänge zwischen der Losung des „Sozialismus in einem Land“ und diesen Katastrophen für die internationale Arbeiterbewegung aufzuzeigen, und nachverfolgen, wie sie zu den Moskauer Prozessen, dem Stalin-Hitler-Pakt, der Aufteilung Europas in Jalta und schließlich zum Massenmord an den Arbeitern und Bauern in den Satellitenstaaten in Osteuropa führte. Wir werden die Schriften Lenins über den Charakter und die Zukunftsaussichten der Russischen Revolution aus der Versenkung herausholen, in der Stalin sie verschwinden ließ, und einige der Werke Trotzkis, Lenins Mitstreiter in der Russischen Revolution, veröffentlichen, die für die heutigen Probleme von unmittelbarer Bedeutung sind.

Entsprechend lädt die Labour Review alle zur Mitarbeit ein, denen es mit dem Studium der sozialistischen Bewegung ernst ist. Ihnen stehen unsere Seiten weit offen. Wir hoffen vor allem auf enge brüderliche Beziehungen zu den entstehenden sozialistischen Bewegungen in Asien und Afrika. Allerdings wird die Labour Review kein bloßes Diskussionsforum sein. Sie wird als Waffe im Kampf gegen kapitalistische Ideen geschmiedet, wo immer diese in der Arbeiterbewegung zum Ausdruck kommen. Sie wird objektiv und doch parteiisch sein; sie wird die großen Prinzipien des echten Kommunismus, wie sie von Marx, Engels, Lenin und Trotzki dargelegt wurden, sowohl gegen die Fabianer als auch gegen die Stalinisten verteidigen, die sie durchgängig falsch dargestellt haben. [19]

In der ersten Ausgabe der neu aufgelegten Labour Review erschien eine Rezension von Peter Fryers Essay Ungarische Tragödie, der mit John Reeds Zehn Tage, die die Welt erschütterten verglichen wurde. Auch Fryer schilderte eine Revolution, die sich allerdings „nicht gegen den Kapitalismus, sondern gegen eine korrupte und degenerierte Bürokratie“ richtete. [20] Der Rezensent lobte Fryers Arbeit, merkte aber kritisch an, dass der Autor nicht erkläre, warum die Stalinisten die Revolution niedergeschlagen hatten. „Um die Antwort zu finden, muss man zu den Schriften Leo Trotzkis greifen, insbesondere zu seinem Werk ‚Verratene Revolution‘. Darin analysiert Trotzki die Entstehung der Bürokratie in der Sowjetunion und erklärt, welche Theorien verbreitet wurden, um diese Kaste, die wir heute als Stalinismus kennen, zu nähren und zu schützen. Außerdem sagt er ganz klar, dass sie mit Gewalt gestürzt werden wird.“ [21]

Wie nicht anders zu erwarten, stieß die Einführung der neuen Labour Review bei Teilen der Linken auf Unmut. Sie beschwerten sich darüber, dass die Zeitschrift mit ihrem Eintreten für trotzkistische Auffassungen eine „sektiererische“ Intoleranz an den Tag lege. Diese Kritik wurde in der zweiten Ausgabe der neuen Labour Review beantwortet. In einem Leitartikel mit dem Titel „Toward a Discussion on Principles“ („Für eine Grundsatzdiskussion“) hieß es:

Wer mit den Ansichten der Autoren von Labour Review nicht einverstanden ist, sollte unsere Zeitschrift nicht mit dem Schimpfwort „sektiererisch“ abtun, sondern seine Meinungsverschiedenheiten ernsthaft, unmissverständlich und so ausführlich darlegen, dass seine Argumentation nachvollziehbar ist. Wir werden sie gerne veröffentlichen. [22]

Die Labour Review bestand jedoch darauf, dass bei jeder Diskussion über den Stalinismus sowohl Trotzkis Rolle in der Geschichte als auch die zeitgenössische Bedeutung seines Beitrags zur Theorie und Politik des Marxismus von entscheidender Bedeutung waren. „Der Trotzkismus“, erklärte sie, „stellt den bislang einzigen Versuch dar, vom Standpunkt des Marxismus die stalinistische Degeneration der Sowjetunion zu erklären und den Gegensatz zwischen dem fortschrittlichen Charakter des verstaatlichten Eigentums in der UdSSR und der reaktionären Bürokratie, die dieses Land beherrscht, richtig einzuschätzen.“ [23]

Die zweite Ausgabe enthielt einen weiteren Artikel, der es wert ist, aus den Archiven hervorgeholt zu werden: eine ebenso vernichtende wie glühende Anprangerung der Reaktion der Kommunistischen Partei Chinas auf die Niederschlagung der ungarischen Revolution durch den Kreml. Der Verfasser war Michael Banda:

Die Veröffentlichung von Chruschtschows Rede mit all ihren grauenhaften Einzelheiten traf die Führungen der internationalen stalinistischen Bewegung mit so unvermittelter Heftigkeit wie eine Dynamitstange, die in einen Fischschwarm geworfen wird. Am fassungslosesten und verlegensten waren die Führer der Kommunistischen Partei Chinas. Fast dreißig Jahre lang hatten sie Stalin als unfehlbaren Führer, tadellosen Lehrer, genialen Theoretiker und glorreichen Führer betrachtet. Jede Äußerung Stalins wurde als historische Erklärung, jede seiner Handlungen als Ereignis von internationaler Bedeutung, jedes Buch und jede Broschüre als Meisterwerk der marxistisch-leninistischen Literatur und als bleibender Beitrag zum dialektischen Materialismus behandelt …

Die Geschichte mag merkwürdige Kapriolen schlagen, aber sie war noch nie auf Seiten der Götzen und ihrer Diener. Sie bediente sich N. S. Chruschtschows als Werkzeug, um Stalin vor aller Welt als unkultivierten Bürokraten, durchtriebenen Scharlatan und skrupellosen Tyrannen zu entlarven.

Die vernichtenden Enthüllungen Chruschtschows veranlassten die chinesische Führung tatsächlich zu einer vorsichtigen und zweideutig formulierten Erklärung. Sie enthielt nichts Neues, war aber ein Versuch, Stalin in den Augen des chinesischen Volkes zu rehabilitieren. Das war im April 1956. Danach herrschte neun Monate lang eine unergründliche und scheinbar unheilvolle Stille. Die Arbeiter der Welt warteten gespannt auf eine zusätzliche Erklärung. Doch sie warteten vergebens.

Während die chinesischen Führer versuchten, den Mantel des Schweigens über Stalins Verbrechen auszubreiten, ließ die Geschichte, beschämt und betrübt über die schlimmen Folgen ihrer Untaten, ein blutiges und tragisches Nachwort auf Chruschtschows Rede folgen: die glorreiche ungarische Revolution. [24]

Bei der Lektüre dieser Absätze – nur die Einleitung zu einem sorgfältig ausgearbeiteten theoretischen Artikel, der den Zusammenhang zwischen der Verteidigung der Intervention des Kremls in Ungarn und dem reaktionären stalinistischen Programm und der Ideologie des chinesischen Regimes aufzeigt – kommt man nicht umhin, sich an Bandas spätere politische Anpassung an den Maoismus zu erinnern, vor allem an seine widerwärtige Verherrlichung Stalins, als er 1986 mit dem Internationalen Komitee brach.

Die Gründung von The Newsletter

Während Healy die Herausgabe der Labour Review leitete, führten seine fortgesetzten Gespräche mit Peter Fryer zu einer weiteren wichtigen politischen Initiative. Er schlug Fryer vor, mit Unterstützung und Hilfe des Clubs einen „Newsletter“ herauszugeben. Er sollte denjenigen, die mit dem Stalinismus brachen, und militanten Arbeitern, die einen Weg zum Aufbau einer echten revolutionären Bewegung suchten, ein Diskussionsforum bieten.

Fryer nahm den Vorschlag an und brachte seine überragenden Fähigkeiten und Talente als Schriftsteller in dieses Projekt ein. Healy und der Club lieferten die Perspektive, den ausgebildeten Kader und die organisatorische Initiative, die es dem Newsletter ermöglichten, in der britischen Linken großen Einfluss zu gewinnen. Die erste Ausgabe von The Newsletter erschien am 10. Mai 1957. Sie enthielt einen ausführlichen Bericht über die Konferenz in Wortley Hall, die zwei Wochen zuvor, am Wochenende vom 27.–28. April, stattgefunden hatte. Unter der Schirmherrschaft des Socialist Forum, in dem Michael Banda und andere führende Mitglieder des Clubs aktiv waren, diskutierten die Konferenzteilnehmer, die ein breites Spektrum der britischen Linken repräsentierten, über die Bedeutung der Krise des Stalinismus und den Weg vorwärts.

The Newsletter - die erste Ausgabe

Sowohl Barbara als auch Cliff Slaughter nahmen an der Konferenz teil. Cliff Slaughter beschäftigte sich intensiv mit dem Kampf Trotzkis gegen den Stalinismus. „Als er die trotzkistische Bewegung kennenlernte“, erinnert sich Barbara, „las er alles, was er in die Finger bekommen konnte.“ Sie erinnert sich auch daran, dass der Tagungsort der Wortley-Konferenz „völlig überfüllt war mit Leuten, die alle heftig diskutierten und stritten. Ich erinnere mich, dass ich Healy sprechen hörte und mir auffiel, wie ruhig und selbstbewusst er im Gegensatz zu all den anderen war. Von dem, was er sagte, kann ich mich nur an eines erinnern, das sich in meinem Gedächtnis wirklich eingebrannt hat: ‚Jetzt ist die Zeit, Bücher zu lesen. Jetzt ist die Zeit, die wahre Geschichte der Russischen Revolution zu entdecken.‘ Daran war keine Spur Theatralik. Er musste seit Jahrzehnten auf eine solche Situation gewartet haben. Er war sehr beeindruckend und hob sich von allen anderen ab.“ [25]

Barbaras Erinnerungen werden durch den Bericht des Newsletters über die Konferenz bestätigt, in dem ebenfalls Healys Bemerkung aufgegriffen wird: „Jetzt ist die Zeit, Bücher zu lesen, und nicht, sie zu verbrennen“, sagte er. „Lasst uns im Voraus keine Etiketten aufkleben. Hüten wir uns vor Demagogie. Stellen wir niemanden auf ein ‚Podest‘. Lest und studiert. Überprüft jeden Standpunkt.“ [26]

Auf der Konferenz traten wesentliche Meinungsverschiedenheiten zutage. Ein beträchtlicher Teil der Dissidenten und ehemaligen Mitglieder der Kommunistischen Partei war bereit, die Verbrechen Stalins anzuprangern, verweigerte sich aber jeder ernsthaften Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und politischen Wurzeln der stalinistischen Herrschaft. Ein Großteil ihrer Kritik ging nicht über moralische Verurteilung hinaus. Vor allem lehnten sie es ab, sich sorgfältig mit Trotzkis Schriften und der von ihm vertretenen internationalen marxistischen Tradition auseinanderzusetzen.

Unter den Teilnehmern der Konferenz war auch John Saville, ein prominentes Mitglied der Historikergruppe der Kommunistischen Partei. Er plädierte für eine im Wesentlichen nationalistische Antwort auf die Krise des Stalinismus. Wie The Newsletter berichtete, vertrat Saville den Standpunkt, man müsse „aufhören, heiße Luft zu verbreiten, und stattdessen ein marxistisches Gedankengut schaffen, mit dem die britische Arbeiterklasse etwas anfangen kann. Daher müsse man unsere eigene Arbeiterbewegung und ihre Geschichte studieren, über die viel zu wenig bekannt sei.“ [27]

Aber das eigentliche Problem der sozialistischen Bewegung 1957 war Unkenntnis nicht der Ereignisse in Manchester oder Liverpool in den 1820er Jahren, sondern in der Kommunistischen Partei Russlands in den 1920er Jahren.

Saville arbeitete eng mit einem weiteren prominenten Historiker der Kommunistischen Partei namens E. P. Thompson zusammen. Thompson machte sich später als Autor des Buches The Making of the English Working Class (Die Erschaffung der englischen Arbeiterklasse) einen Namen, in dem die Entwicklung des Klassenbewusstseins auf einzigartige nationale Erfahrungen und Traditionen zurückgeführt wird. Saville und Thompson gaben gemeinsam eine Zeitschrift mit dem Titel The New Reasoner heraus, die später in der New Left Review aufging. Thompson hielt Bezugnahmen auf die theoretischen und politischen Kämpfe zwischen Trotzkismus und Stalinismus für weitgehend irrelevant und hinderlich für eine Umgruppierung der Linken. In einem Brief an The Newsletter, der kurz nach der Wortley-Konferenz verfasst wurde, behauptete Thompson – der ein erbitterter Gegner des Trotzkismus war (und blieb) –, dass „Positionen und Haltungen, die als ‚trotzkistisch‘ bezeichnet werden, geeignet sind, sektiererische Spaltungen zu verfestigen und zu verewigen“. [28]

Cliff Slaughter schließt sich der trotzkistischen Bewegung an

In dieser spannungsgeladenen Zeit, in der sich viele politisch neu orientierten, nahm Cliff Slaughter Kontakt mit der trotzkistischen Bewegung auf und begann eine ausführliche politische Diskussion mit Gerry Healy. Es war der Beginn einer politischen Zusammenarbeit, die dreißig Jahre dauern sollte. Slaughter wandte sich entschieden gegen die von Saville und Thompson vertretene Tendenz. In einem polemischen Essay, der zehn Jahre später in The Fourth International veröffentlicht wurde, erläuterte Slaughter die Bedeutung der theoretischen und politischen Spaltungen, die sich 1956–1957 unter Dissidenten und ehemaligen Stalinisten auftaten. Sie waren schockiert über die Aufdeckung von Stalins Verbrechen, aber auch über ihre eigene Leichtgläubigkeit. Entsprechend ihrem Unbehagen und ihrer Scham

bestimmte die überwiegende Mehrheit der stalinistischen Intellektuellen ihren politischen Kurs nun nicht mehr objektiv, sondern subjektiv: Sie hielten ihren „Kommunismus“ für eine gewaltige Täuschung; sie konnten sich in den liberalen Kreisen, in denen sie lebten und arbeiteten, nicht mehr behaupten; sie waren hell empört, dass ihre idealistische Hinnahme von Stalin und dem Stalinismus dazu benutzt worden war, Mord, Folter und die Unterdrückung jeglicher Freiheit zu vertuschen usw.

Sofern sie weiterhin politisch aktiv waren, bestand der Inhalt dieser Reaktionen darin, den zentralen ideologischen Angriff des Kapitalismus auf die Russische Revolution und den Kommunismus zu übernehmen: dass der Stalinismus mit all seinem Missbrauch und Verrat im Wesentlichen eine Fortsetzung des Leninismus ist; dass das Wesen des Stalinismus in „Diktatur“ oder „Totalitarismus“ in Kombination mit „Realpolitik“ oder pragmatischer Machtpolitik besteht und dass die „Ideale“, mit denen die einfachen Mitglieder der Bewegung beitreten und sie aufbauen, von den machtgierigen Führungsmitgliedern einfach nur zynisch ausgenutzt werden.

Eingedenk dieser „Kontinuität“ machen sich die Ex-Kommunisten auf die Suche nach alternativen moralischen und politischen Grundsätzen. Dabei finden sie natürlich nichts weiter als die Überbleibsel der bürgerlichen Ethik und die zahlreichen Spielarten des reformistischen und liberalen Opportunismus, die diese Überbleibsel übernommen haben. Nichts davon bietet eine zuverlässige Richtschnur für Theorie und Praxis, da es direkt einer Gesellschaftsordnung entspringt, die historisch dem Untergang geweiht ist und verfault.

Infolgedessen lösten sich die zahlreichen Gruppierungen, die nach 1956 aufblühten (sofern dieses Wort hier angebracht ist), entweder in den reformistischen und liberalen Bewegungen auf oder näherten sich immer mehr dem Stalinismus an, sei es in Form einer offenen und direkten Kollaboration oder durch eine ideologische Anpassung. Der Grund liegt darin, dass der Kapitalismus im internationalen Maßstab nicht aus eigener Kraft überlebt, sondern nur, weil er durch die stalinistische Bürokratie gestützt wird. Sie ist die soziale Kraft, die die proletarische Revolution aufhält.

Sofern diejenigen, die sich als Sozialisten bezeichnen, politische und theoretische Arbeit leisten, müssen sie zwangsläufig entweder dem Stalinismus zuneigen oder sich zum revolutionären Marxismus, zum Trotzkismus hingezogen fühlen. Die New Left Review weist seit 1956 eine gewisse Kontinuität auf. Sie ging aus der Zusammenlegung von Universities and Left Review und The New Reasoner hervor. Beide Vorläufer waren das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen ehemaligen KP-Mitgliedern und anderen linken Intellektuellen.

The New Reasoner war ursprünglich The Reasoner, ein vervielfältigtes Oppositionsbulletin für Abweichler in der Kommunistischen Partei, das 1956 in Nordengland erschien. Ihre Herausgeber, Edward Thompson und John Saville, waren und sind strikt antitrotzkistisch eingestellt. Thompson bezeichnete den Trotzkismus als eine sektiererische, ultralinke und antirevolutionäre Strömung in der britischen Arbeiterklasse. Wie ihre Nachfolger suchten Thompson und Saville die Quellen für die zukünftige Entwicklung außerhalb der bolschewistischen Tradition, insbesondere in einigen vermeintlich besonderen sozialistischen Merkmalen der britischen Arbeiterbewegung.

Ihre Weigerung, sich die historische Bedeutung des Stalinismus und des Kampfs Trotzkis dagegen einzugestehen, kam darin zum Ausdruck, dass sie jede Kampagne gegen den Stalinismus, wie sie von den Trotzkisten geführt wurde, mit der Begründung ablehnten, dass es sich um „Antikommunismus“ handele. Auf diese Weise übernahmen sie die grundlegende Position, dass es eine Kontinuität von Lenin zu Stalin gebe. [29]

In TheNewsletter vom 4. Januar 1958 wurde die Gründung einer zehnköpfigen Redaktion bekannt gegeben, der auch Cliff Slaughter angehörte. In der Mitteilung hieß es, dass Slaughter, der als Soziologe an der Universität Leeds arbeitete, nach der Suspendierung seiner Mitgliedschaft aus der Kommunistischen Partei ausgetreten sei. Die ersten Artikel, die Slaughter für The Newsletter schrieb, erschienen im Februar 1958. Es war eine Serie über die Hintergründe des Kampfs des Kikuyu-Volkes in Kenia gegen den britischen Imperialismus.

Cliff Slaughter

Unter den vielen Intellektuellen der Kommunistischen Partei, die infolge der Krise von 1956 für die trotzkistische Bewegung gewonnen wurden, war Slaughter derjenige mit der theoretisch konsequentesten und tiefgründigsten Auffassung des Marxismus als Instrument des revolutionären Kampfs in der Arbeiterklasse.

Der Kampf in der Arbeiterklasse

Als The Newsletter im Mai 1958 seinen ersten Jahrestag feierte, erreichten ihn zahlreiche Glückwünsche und Unterstützungsbotschaften. Selbst viele seiner Gegner innerhalb des linken Flügels der britischen Labour Party erkannten seinen Beitrag zur politischen Entwicklung der Arbeiterklasse an. Michael Foot, der die linke Tribune-Fraktion anführte, schrieb:

Alles Gute für den einjährigen Newsletter von der 21-jährigen Tribune. Es ist ein Bedürfnis der Arbeiterbewegung in der heutigen Zeit, viel mehr über die richtige Strategie zur Erreichung des Sozialismus zu diskutieren.

Der Newsletter leistet einen unverwechselbaren Beitrag zu dieser Debatte, und ich hoffe, dass seine Verbreitung noch zunehmen wird. [30]

Auch der von antikommunistischen Hexenjägern verfolgte amerikanische Romanautor Howard Fast, zu dessen bekanntesten Werken Freedom Road, Citizen Tom Paine und Spartacus (die Vorlage für den Film von Stanley Kubrick 1960) gehören, übermittelte seine Glückwünsche. Nachdem Fast 1956 mit der Kommunistischen Partei gebrochen hatte, traf er sich in London mit Healy zu einer Diskussion über die Geschichte der trotzkistischen Bewegung. In seiner Botschaft an den Newsletter kommt der Respekt des Autors vor dem Kampf der Vierten Internationale zum Ausdruck: „Meine herzlichen Glückwünsche zum Jahrestag der Publikation. Die Frage ist nicht, ob ich alles genauso sehe wie ihr; ich unterstütze vieles, wenn es eine minimale Basis der Übereinstimmung gibt; aber eure Bedeutung liegt darin, dass ihr der Kommunistischen Partei das Recht absprecht, den Kampf für Frieden und alles andere, was menschlich anständig ist, allein für sich zu reklamieren.“ [31]

Der Kampf, den die britischen Trotzkisten gegen den Stalinismus führten, stärkte ihre Intervention in der Arbeiterbewegung. Die Aufdeckung der verbrecherischen Rolle des Stalinismus war ein wesentliches, aber kein isoliertes Element des übergeordneten Kampfs, die Vorherrschaft der reaktionären Gewerkschaftsbürokratien über die Arbeiterbewegung in Großbritannien und international zu überwinden. Die Hauptagentur, durch die die Interessen der Arbeiterklasse dem britischen Imperialismus untergeordnet wurden, waren die sozialdemokratischen Bürokratien, die sowohl die Labour Party als auch den Trades Union Congress kontrollierten. In diesem politischen Umfeld bestand die Rolle der britischen Kommunistischen Partei im Wesentlichen darin, die Entstehung einer unabhängigen Bewegung der zunehmend kämpferischen Arbeiterklasse gegen die ineinander verflochtenen Bürokratien zu blockieren.

The Newsletter befand sich das ganze Jahr 1958 in einer tatkräftigen Offensive, um der wachsenden Bewegung von unten eine kämpferische praktische Führung und politische Orientierung zu geben. Eine besonders wichtige Rolle spielte die Unterstützung für die „Blaue Gewerkschaft“, die National Amalgamated Stevedores and Dockers (NASD), die sich der Kontrolle der mächtigen Transport and General Workers Union (TGWU) entzog, mit dieser konkurrierte und für ihre größere Militanz bekannt war. Nachdem die TGWU Mitglieder an die NASD verloren hatte, versuchte sie zu verhindern, dass NASD-Mitglieder von Unternehmen eingestellt wurden. Dazu erklärte sie alle Arbeiter, die nicht Mitglied der offiziellen Gewerkschaft waren, zu „Nicht-Gewerkschaftern“. [Anm. d. Übers.: Laut Tarifvertrag mussten alle Beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder sein.] Ende Januar 1958 traten mehr als 9.000 Hafenarbeiter in den Ausstand, um die Mitglieder der „Blue Union“ zu verteidigen. Auch einfache Mitglieder der TGWU auf der „Merseyside“ in Liverpool schlossen sich dem Streik an. Angesichts der Angriffe auf die „Blaue Gewerkschaft“ erlaubte sich The Newsletter die Frage, ob in den Augen der TGWU-Funktionäre nur diejenigen Arbeiter, die zur Zahlung ihrer Gehälter beitrugen, als Gewerkschafter galten.

In einer Einschätzung des Kampfs der „Blauen Gewerkschaft“, die unmittelbar nach dem Streik in der Labour Review veröffentlicht wurde, schrieb Bill Hunter, ein führendes Mitglied von The Club, das in Liverpool aktiv war:

Zweifellos war die Bewegung der „Blauen Gewerkschaft“ in den nördlichen Häfen eine fortschrittliche Entwicklung. Die vielleicht größte Aufgabe der heutigen Gewerkschaftsbewegung besteht darin, dass die Basis wieder die Kontrolle übernimmt. Es wäre naiv zu glauben, dass dies ohne Umwälzungen in den Gewerkschaftsstrukturen und ohne explosive Bewegungen geschehen kann.

Denn in den stark bürokratisierten und oft korrupten Gewerkschaften Großbritanniens ist die „Demokratie“ an der Basis heute oft nur eine kostspielige Farce. Darin gleicht sie der Demokratie in der sie umgebenden kapitalistischen Gesellschaft. Demokratie ist nicht einfach eine Frage von Abstimmungen, Resolutionen und des Wartens auf eine Erleuchtung und einen Sinneswandel der Regierenden.

Wenn der bürokratische Apparat aufhört, im Dienst der Mitglieder zu stehen, wenn er sich dauerhaft als Herr über die Basis etabliert, um sich durch ein System von „Ernennungen“ anstatt von Wahlen zu verewigen, wenn er unaufhörlich kämpferische Arbeiter und Gruppen niederschlägt, dann wird es unvermeidlich zu Ausschlüssen kommen. Ebenso unvermeidlich sind Kämpfe, in denen die Arbeiter sowohl gegen die Arbeitgeber als auch gegen die Gewerkschaftsführung angehen müssen. Darüber hinaus werden unter geeigneten Voraussetzungen große Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern versuchen, aus dem auszubrechen, was für sie zu einem gewerkschaftlichen „Gefängnis“ geworden ist, in dem jede Initiative der Arbeiter, jeder Versuch, eigene Vorstellungen über die Verteidigung ihrer Interessen zu äußern, eingedämmt, kanalisiert oder einfach unterdrückt wird. [32]

Hunter schrieb diesen Artikel vor 63 Jahren, als die Gewerkschaften im Vergleich zu ihrer heutigen reaktionären Entartung geradezu wie Zitadellen der Arbeiterdemokratie und des Klassenkampfs erscheinen. Aber schon damals, Jahrzehnte bevor der Thatcherismus unter Blair zur offiziellen Religion der Labour Party und des TUC wurde, zielten die britischen Trotzkisten in ihrer Arbeit auf einen Aufstand der Basis gegen die alten bürokratischen Strukturen ab.

Auf der Grundlage der Fortschritte, die durch seine Interventionen in die Kämpfe der Arbeiter erzielt wurden, rief The Newsletter zu einer nationalen Konferenz einfacher Arbeiter und Gewerkschaftsmitglieder in London auf. Trotz Hexenjagd und Verbotsdrohungen nahmen 500 Arbeiter an der Konferenz am 16. November 1958 teil. Die Delegierten verabschiedeten mit überwältigender Mehrheit eine Charta der Arbeiterforderungen, in der unter anderem die entschädigungslose Vergesellschaftung der Großindustrie unter Arbeiterkontrolle gefordert wurde.

Slaughter hielt auf dieser Konferenz eine Rede, in der er die Bedeutung der jüngsten Rassenunruhen analysierte. Er prangerte die Versuche an, Einwanderer für die steigende Arbeitslosigkeit verantwortlich zu machen:

Es gibt nur 200.000 Farbige in diesem Land, von denen 70.000 bis 80.000 als Arbeiter beschäftigt sind. Aber es gibt 500.000 oder mehr Arbeitslose, und ihre Zahl steigt jeden Monat um 38.000.

Die Rassenunruhen waren ein klares Indiz dafür, dass die Unternehmerklasse die Anwesenheit von Farbigen für ein Ablenkungsmanöver ausnutzen wollte.

Die Ursache für rassistische Vorurteile liegt in unserem Gesellschaftssystem. Man kann junge Soldaten nicht in den Krieg gegen Farbige in Malaya, Korea und Zypern schicken, ohne ihnen zu erzählen, dass diese Menschen minderwertig sind. Der Imperialismus ist die Hauptursache für rassistische Vorurteile …

Unter Bergleuten gibt es das Sprichwort: „Da unten haben wir alle die gleiche Farbe.“ Das gilt auch für Arbeitslosigkeit. Bei der Stütze haben alle die gleiche Hautfarbe.

Letztlich wird nur die Niederlage des Imperialismus dieses Problem und auch alle anderen Probleme der Arbeiterklasse wirklich lösen. [33]

Die kapitalistische Presse, die Bürokratie der Labour Party und der Gewerkschaften und natürlich auch die Reste der Kommunistischen Partei reagierten auf den Erfolg der Newsletter-Konferenz vom 16. November 1958 mit einer hysterischen antitrotzkistischen Kampagne. Die Presse brachte regelmäßig Schlagzeilen wie „Roter Club entlarvt“, „Männer, die beobachtet werden müssen“, „Ihr Ziel sind mehr Streiks“, „600 planen 24-Stunden-Streik“ und „Männer des Roten Clubs halten Geheimkonferenz ab“. Die britischen Trotzkisten reagierten, indem sie Anfang 1959 eine landesweite Kampagne mit Versammlungen in allen großen Industriezentren ankündigten, um Unterstützung für die Charta der Arbeiterforderungen zu gewinnen. „Wenn es, wie The Newsletter glaubt, breite Unterstützung für eine Organisation gibt, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Gewerkschaftsmitglieder unter einem sozialistischen Banner zu politischer Aktivität zu erwecken, dann werden diese Treffen die Voraussetzungen für ihre Gründung schaffen.“ [34]

The Newsletter vom 6. Dezember 1958. Er enthielt eine Antwort von Gerry Healy auf die Hexenjagd gegen die Zeitung nach der nationalen Konferenz für einfache Arbeiter und Gewerkschaftsmitglieder im November

In einer weiteren Erklärung zu den geplanten Versammlungen, die in der gleichen Ausgabe veröffentlicht wurde (und von den Redaktionsmitgliedern einschließlich Cliff Slaughter unterzeichnet war), erklärte The Newsletter: „Wir sind überzeugt, dass die Zeit rasch herannaht, in der eine Basisorganisation, die den Bedürfnissen und Problemen der Aktivisten entspricht und ihren Kampf innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften vorantreibt, unabdingbar sein wird.“ [35]

Die Gründung der Socialist Labour League

Der Beschluss, die Socialist Labour League (SLL) zu gründen, wurde in The Newsletter vom 28. Februar 1959 bekannt gegeben. Die Redaktion erläuterte die Ziele der neuen Organisation:

Die Socialist Labour League wird sich darum bemühen, dass kämpferische Gewerkschaftsmitglieder unter einem sozialistischen Banner politisch aktiv werden.

Sie wird den Arbeitern helfen, ihre Kämpfe gegen Entlassungen und Schikanen zu gewinnen und ihre Probleme und Ansichten in das Zentrum der Labour Party zu bringen.

Sie wird danach streben, die gegenwärtigen rechten Führer, die die Gewerkschaften und die Labour Party dominieren, durch Führer zu ersetzen, die sich zu einer sozialistischen Politik und einem sozialistischen Programm bekennen.

Sie wird gegen Verbote und Ächtungen und die Hexenjagd auf kämpferische Arbeiter angehen. [36]

Die Erklärung rief dazu auf, „die gesamte Arbeiterbewegung für einen politischen und gewerkschaftlichen Kampf zu mobilisieren, um die Torys ein für alle Mal außer Gefecht zu setzen“. Weiter heißt es: „Unser Horizont ist nicht auf einen Sieg in den nächsten Parlamentswahlen beschränkt. Wir wollen darüber hinaus dem Kapitalismus ein Ende setzen.“ [37] Im Hinblick auf die internationale Politik hieß es:

Wir sind für den Abzug der britischen Truppen aus den Kolonien und Halbkolonien, einen Produktionsstopp für Kernfusionsbomben und einen Baustopp für Raketenbasen sowie einen sozialistischen Aufruf einer Labour-Regierung an die Arbeiter der ganzen Welt, die Produktion von Fusionsbomben überall einzustellen und vorwärts zu gehen zum Sozialismus. [38]

The Newsletter gibt die Gründung der Socialist Labour League bekannt

Wie The Newsletter vorausgesagt hatte, reagierten die Labour Party, die bürgerliche Presse und die Stalinisten auf die Gründung der SLL mit einem bösartigen Gegenangriff. Der formelle Antrag der SLL auf Aufnahme in die Labour Party, um das Recht zu erhalten, den Kampf für sozialistische Politik innerhalb der Organisation fortzusetzen, wurde umgehend abgelehnt. Stattdessen fasste die Labour Party einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die SLL und intensivierte ihre Versuche, alle als Trotzkisten bekannten Mitglieder auszuschließen. Die trotzkistische Bewegung stand vor der Wahl, sich entweder der Disziplin der sozialdemokratischen Bürokratie zu beugen und die SLL aufzulösen – und damit praktisch alle revolutionären Aktivitäten unter den gegen den Kapitalismus kämpfenden Arbeitern aufzugeben – oder sich über die Bürokratie der Labour Party hinwegzusetzen und den Aufbau der trotzkistischen Bewegung offen voranzutreiben.

Für Healy war die Fraktionsarbeit innerhalb der Labour Party, die seit 1947 mit außerordentlicher Geduld betrieben worden war, immer eine Taktik gewesen. Als solche war sie gerechtfertigt, solange sie ein unabhängiges Eingreifen in die Kämpfe der Arbeiter auf der Grundlage eines echten sozialistischen Programms nicht bis zur Unmöglichkeit untergrub. Aber aus eben diesem Grund hatte sich die Taktik des Entrismus in ihrer bisherigen Form Ende der 1950er Jahre erschöpft. Eine ernsthafte praktische Beteiligung an den Kämpfen der Arbeiterklasse führte zwangsläufig zu einer Konfrontation mit der Labour Party und dem TUC. Die Trotzkisten mussten sich entscheiden, ob sie weiterhin versuchen wollten, ihr Eingreifen in die Klassenkämpfe so weit wie möglich zu entwickeln und auszuweiten, oder ob sie stattdessen eine passive, rein propagandistische Präsenz innerhalb der offiziell sanktionierten Strukturen der Labour Party aufrechterhalten wollten. Sie entschieden sich für Ersteres.

Dies bedeutete jedoch nicht, dass die Interventionen innerhalb der Labour-Partei aufgegeben wurden. Tatsächlich war es so, dass der Einfluss der Trotzkisten auf die kämpferischsten Elemente innerhalb der Labour Party nach der Gründung der SLL zunahm. Fünf Jahre, nachdem die Labour Party ihr die Mitgliedschaft verwehrt hatte, verfügte die SLL über die Mehrheit der Sitze im Vorstand der Young Socialists, der Jugendorganisation der Labour Party, und übernahm die Kontrolle über deren Zeitung Keep Left.

„Es gibt keine Welt außerhalb der Mauern von Verona“, klagt Romeo aus Anlass seiner Verbannung. Für die eingefleischten Opportunisten der pablistischen und anderer antitrotzkistischer Strömungen gab es keine Welt außerhalb der antisozialistischen Festungen der Labour Party. Für den Pablisten Ted Grant, der an den Ideen seines Mentors über eine revolutionäre Verwandlung rechter Bürokratien unter dem Druck der Massen festhielt, sollte die Zeit für einen Bruch mit der Labour Party nie kommen. Aus der Taktik wurde eine Strategie, und die Strategie wurde zu einer Lebensweise. In den folgenden Jahrzehnten – während der Regierungszeit von Wilson, Callaghan, dem greisen Foot, Kinnock, Blair und Brown – erwies sich Grant bis zu seinem Tod im Alter von 93 Jahren im Jahr 2006 als der loyalste und zäheste aller Labour-Anhänger.

Ted Grant

Die Ausgabe der Labour Review, in der die Gründung der Socialist Labour League bekannt gegeben wurde, war die erste, bei der Cliff Slaughter als Mitherausgeber (zusammen mit John Daniels) fungierte. Im Leitartikel hieß es, die Aufgabe der Labour Review als theoretisches Organ der SLL sei „nichts Geringeres als die Ausbildung einer Generation von Arbeiterkämpfern und -führern, denen es gegeben sein wird, die Staatsmacht zu erobern und zu halten, um die britische Revolution zu vollenden“. [39]

Slaughter steuerte zu dieser Ausgabe einen wegweisenden Aufsatz mit dem Titel „Revolution und Klassenbewusstsein“ bei. Darin wurden viele der theoretischen Fragen angesprochen, die in seinen Schriften weiter ausgearbeitet und verteidigt werden sollten, als 1961–1963 innerhalb des Internationalen Komitees die Auseinandersetzung um die Wiedervereinigung mit den Pablisten ausbrach.

Die entscheidende Errungenschaft des Marxismus, die von 1959 bis 1964 im Mittelpunkt von Slaughters theoretischer Arbeit stand, war die dialektisch-materialistische Geschichtsauffassung und ihre Begründung der revolutionären Rolle der Arbeiterklasse. Die zentrale Aufgabe der Marxisten bestand demnach darin, diese Errungenschaft in Theorie und Praxis gegen alle Formen des antimarxistischen Revisionismus zu verteidigen, der die Arbeiterklasse als die wichtigste revolutionäre Kraft in der modernen Gesellschaft infrage stellte, ja sogar ausdrücklich leugnete. Slaughters Festhalten an der historischen Rolle der Arbeiterklasse war ausdrücklich mit der Frage nach der Praxis der trotzkistischen Bewegung verbunden, die bei der Entwicklung revolutionären Klassenbewusstseins eine aktive und unverzichtbare Rolle spielt.

Zu Beginn seines Aufsatzes bringt Slaughter die theoretischen Fragen, die in der Diskussion über das Klassenbewusstsein aufgeworfen wurden, mit den politischen Umwälzungen in der Linken in Zusammenhang, die durch die Ereignisse von 1956 ausgelöst wurden:

In den letzten zwei Jahren mussten viele Marxisten ihre Grundannahmen überprüfen und haben erkannt, dass ihr Verständnis der marxistischen Theorie womöglich durch ihre Loyalität zum „Kommunismus“ aus jüngerer Zeit verzerrt wurde, der hier in Ermangelung eines besseren Begriffs als „Stalinismus“ bezeichnet wird. Ziel dieses Artikels ist es, dem Konzept auf den Grund zu gehen, gegen das alle Revisionen des Marxismus in erster Linie gerichtet sind: dem Konzept der Revolution der Arbeiterklasse und der Arbeitermacht. In der einen oder anderen Form stellen alle „neuen Denker“ in der sozialistischen Bewegung sowie Kritiker von außen die marxsche Hypothese in Frage, dass die Arbeiterklasse die einzige revolutionäre Kraft im kapitalistischen System ist und dass sie als ersten Schritt zu einer klassenlosen Gesellschaft unbedingt ihre eigene Diktatur errichten wird. Manche sagen, der Kapitalismus habe sich so verändert, dass eine Revolution für die Arbeiterklasse nicht mehr möglich oder notwendig sei. Andere sagen, die Erfahrung in Russland im November 1917, als tatsächlich eine Revolution stattfand, habe gezeigt, dass die Arbeiterklasse den Aufstieg einer unterdrückerischen und brutalen Diktatur, der Negation des Sozialismus überhaupt, nicht verhindern konnte. [40]

Damit antwortete Slaughter eindeutig auf die desorientierten und demoralisierten linken Intellektuellen, die aufgrund der Niederlagen im Anschluss an die bolschewistische Revolution zu dem Schluss gelangt waren, dass sich die historische Rolle der Arbeiterklasse erschöpft habe und dass ein anderes Subjekt für revolutionäres Handeln gefunden werden müsse. Die Schriften von Herbert Marcuse sind ein Beispiel für diese Ablehnung der Arbeiterklasse, aber er war bei Weitem nicht der Einzige. Frantz Fanon verlagerte in Die Verdammten dieser Erde den Schauplatz potenzieller revolutionärer Erhebungen weit weg von den imperialistischen Ländern, in denen die stärksten Teile der Arbeiterklasse beheimatet sind. Die extreme Skepsis der kleinbürgerlichen Intellektuellen gegenüber der Arbeiterklasse brachte der radikale Soziologe C. Wright Mills auf den Punkt, als er in seinem „Brief an die Neue Linke“ schrieb, dass „das Problem der historischen Agentur des Wandels“ in nicht-marxistischen Begriffen überarbeitet werden müsse. Er hielt es für unvernünftig, dass die Theoretiker der Neuen Linken „angesichts der wirklich historischen Beweise, die jetzt gegen diese Erwartung sprechen, so stark an der ‚Arbeiterklasse‘ der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder als der historischen Instanz oder sogar als der wichtigsten Instanz überhaupt festhalten“. Mills bezeichnete die „Metaphysik der Arbeit“ als „ein Erbe des viktorianischen Marxismus, das heute ziemlich unrealistisch ist“. [41]

C. Wright Mills mit dem Schriftsteller Saul Landau (Foto: Wikimedia Commons) [Photo by Institute for Policy Studies / CC BY 2.0]

Slaughter antwortete nicht nur den verwirrten Intellektuellen, die sich zur „Neuen Linken“ hingezogen fühlten. Ihm war klar, dass die rückwärtsgewandten antimarxistischen Auffassungen, die in der akademischen Intelligenz zirkulierten, in den pablistischen Strömungen ein Echo fanden und ihnen dazu dienten, ihre Kapitulation vor den politischen Organisationen und Bewegungen des Kleinbürgertums zu rechtfertigen.

Slaughter gab in seinem Essay einen genauen Überblick über die historische Entwicklung des marxistischen Denkens und analysierte das Zusammenspiel von theoretischer Analyse und objektiver gesellschaftlicher Entwicklung, auf dessen Grundlage Marx und Engels die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse erkannten. Besondere Aufmerksamkeit widmete er dem Kommunistischen Manifest:

In diesem Dokument, das in seiner historischen Bedeutung ohne Beispiel ist, sind die Ideen des Klassenkampfs, der wirtschaftlichen Struktur der Gesellschaft, der revolutionären Rolle der Arbeiterklasse, der unausweichlichen Selbstzerstörung des Kapitalismus und der dialektischen Methode in erstaunlicher Einfachheit und Reife dargelegt. Viele Menschen lesen das Manifest, wenn sie zum ersten Mal auf den Sozialismus stoßen, und halten es für eine Streitschrift unter vielen. Es ist jedoch das vielleicht umfassendste Werk von Marx und Engels, in dessen Kontext alle ihre späteren Arbeiten interpretiert werden sollten. [42]

Diejenigen, die behaupten, das Manifest sei veraltet, verstanden nicht, wie Marx das Proletariat als revolutionäre Klasse charakterisiert hatte:

Eine Revolution ist die Machteroberung einer Klasse, die den Umsturz der bestehenden Gesellschaftsstruktur im eigenen Interesse anstrebt. In allen bisherigen Revolutionen hat die siegreiche Klasse nicht die Gesamtheit der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse umgestürzt. Für Klassen wie die Bourgeoisie bestand das Ziel der politischen Revolution darin, die bisher vorherrschende Aneignungsweise durch ihre eigene, bereits entwickelte Aneignungsweise zu ersetzen. Doch dem Kapitalismus wohnt die unausweichliche Tendenz inne, alle anderen Aneignungsformen als die kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit zu beseitigen, sodass sich nur noch zwei Hauptklassen gegenüberstehen. Dies ist der Schlüssel zur einzigartigen Rolle der Arbeiterklasse in der Geschichte. Sie kann die Aneignungsweise der Kapitalistenklasse nicht durch ihre eigene ersetzen, da sie mit der Abschaffung des Kapitals auch dessen notwendiges Gegenstück, die Lohnarbeit, abschafft. Die Interessen des Proletariats sind auf eine Gesellschaft ohne Proletariat, ohne Ausbeutung, ohne Staat gerichtet. [43]

Slaughter bemühte sich in seinem Aufsatz, die Gründung der Socialist Labour League in einen Prozess einzuordnen, der die gesamte Geschichte des Kampfs für den Sozialismus umfasst. Auf der Grundlage dieser Geschichte zeigte Slaughter auf, dass die bestehenden bürokratischen Organisationen durch eine unüberbrückbare Kluft vom Marxismus getrennt waren:

Sowohl die Sozialdemokratie als auch der Stalinismus sind von den zentralen Ideen des Marxismus abgekoppelt, die durch die revolutionäre Erfahrung der Arbeiterklasse bestätigt wurden. Beide leugnen die wesentliche Klassenbasis aller ernsthaften politischen Fragen und aller grundlegenden Institutionen der Gesellschaft. Beide lehnen die Auffassung ab, dass der bürgerliche Staat, einschließlich des Parlaments, zerschlagen werden muss und an seiner Stelle Organe der Arbeitermacht geschaffen werden müssen. Beide haben sich vom wahren Internationalismus der Arbeiterklasse entfernt. Mehr als alles andere fürchten beide das Handeln und die Initiative der Volksmassen. Daher errichten sie bürokratische Parteiapparate oder Staatssysteme, die „im Namen“ der Arbeiter handeln. Alle diese Abweichungen vom Marxismus wurden von Marx bereits im Manifest und in seinen Schriften zu den Revolutionen von 1848 gegeißelt. [44]

Slaughters Aufsatz diente nicht dazu, eine Partei anzukündigen, der es nur darum ging, die bestehenden bürokratischen Organisationen sanft nach links zu drücken.

In Vorbereitung der für Mai 1959 anberaumten Gründungskonferenz veröffentlichte die Redaktion von The Newsletter eine umfangreiche programmatische Erklärung. Im einleitenden Abschnitt „Was ist die Socialist Labour League?“ wurde erklärt:

Die Socialist Labour League ist eine Organisation von Marxisten innerhalb der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, die sich dem Kampf für eine sozialistische Politik anstelle der derzeitigen Politik des Klassenverrats verschrieben hat.

Im Gegensatz zu anderen, die sich als Sozialisten bezeichnen, glauben Marxisten nicht an die Möglichkeit, den Kapitalismus durch Reformen aus der Welt zu schaffen oder mit friedlichen Mitteln in Sozialismus zu verwandeln.

Die Erfahrung von mehr als einem Jahrhundert Kampf der Arbeiterklasse zeigt, dass die Kapitalistenklasse ihre ganze Kraft einsetzen wird, um die Kontrolle über den Staatsapparat und das Eigentum an den Produktionsmitteln zu behalten.

Marxisten sind der Ansicht, dass der Kapitalismus nur durch den Kampf der Arbeiterklasse um die Staatsmacht gestürzt werden kann.

Der Kapitalismus kann nicht allein mithilfe einer Mehrheit im Parlament zerstört werden. Die Beteiligung von Arbeitervertretern im Parlament und auf lokaler Ebene kann den Kampf für den Sozialismus unterstützen, aber nur, wenn die Bemühungen dieser Vertreter mit direkten Aktionen der organisierten Arbeiterklasse verbunden sind.

Die derzeitigen Führer der Gewerkschaften und der Labour Party sind nicht gewillt, den Kapitalismus abzuschaffen, die Arbeitermacht zu erringen und den Sozialismus aufzubauen.

Eine der Hauptaufgaben der Socialist Labour League ist es, Gewerkschaftern und Mitgliedern der Labour Party und der Kommunistischen Partei durch gemeinsame Aktivitäten und politische Diskussionen auf der Grundlage ihrer eigenen Erfahrungen zu helfen, eine neue, sozialistischen Prinzipien verpflichtete Führung aufzubauen. [45]

Die SLL kämpfte zwar gegen die Ausschlüsse ihrer Mitglieder, die sich noch in der Labour Party befanden, und forderte weiterhin das Recht auf Mitgliedschaft, machte aber deutlich, dass sie ihren Kampf für Prinzipien nicht kurzfristigen organisatorischen Erwägungen opfern würde. Sie stellte fest, dass sich zahlreiche zentristische Tendenzen freiwillig zur Ohnmacht verurteilt hatten, um einen direkten Zusammenstoß mit der Labour- und TUC-Bürokratie zu vermeiden:

Die Socialist Labour League ist nicht entstanden, um die Erfahrungen solcher zentristischen Gruppierungen zu wiederholen, sondern um in dieser neuen Periode eine neue Art von Kampf gegen rechte Führer und rechte Politik zu führen.

Nicht nur für die theoretische Ausbildung und Diskussion ist eine Organisation von Marxisten notwendig, sondern auch, um den Arbeitern in ihren unmittelbaren Kämpfen gegen den Kapitalismus beizustehen und sie zu führen.

Der Unvereinbarkeitsbeschluss, der die SLL innerhalb eines Monats nach ihrer Gründung traf, ist ein Tribut an die Art und Weise, wie die Marxisten und ihre Zeitschrift The Newsletter die Arbeiter im Kampf in der Transport-, Hafen-, Bau- und Maschinenbauindustrie unterstützt haben.

Der rechte Flügel erkennt, welche schwerwiegenden Folgen die von der Socialist Labour League vorgestellte Alternative für die Befürworter und Betreiber der Politik der Klassenzusammenarbeit haben könnte.

Die Hexenjagd gegen die Socialist Labour League und The Newsletter wird ihr Ziel, unsere Organisation und unsere Zeitung zu zerschlagen, nicht erreichen. Wir werden einen entschlossenen Kampf gegen den Ausschluss von Sozialisten führen, deren einziges Verbrechen darin besteht, dass sie ihre Pflicht erkennen und erfüllen, für eine wirklich sozialistische Politik einzutreten. [46]

Die Erklärung enthielt einen umfangreichen Abschnitt unter dem Titel „Die internationale Perspektive der Socialist Labour League“, der mit dem Satz begann: „Marxisten sind Internationalisten der Arbeiterklasse.“ [47] In diesem Abschnitt bekannte sich die SLL zur bedingungslosen Verteidigung der Sowjetunion gegen den Imperialismus, gab jedoch auch einen knappen Überblick über die trotzkistische Analyse des Stalinismus. Außerdem erklärte die SLL, dass sie „die Kämpfe aller kolonialen und abhängigen Völker für die Unabhängigkeit vom Imperialismus unterstützt, nicht aus Nächstenliebe, sondern weil dies für die britischen Arbeiter ein gemeinsamer Kampf gegen einen gemeinsamen Feind ist“. [48] Die SLL verband den Kampf gegen den Imperialismus mit dem Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse in Großbritannien:

Wir stellen die gemeinsamen Klasseninteressen eingewanderter und weißer Arbeiter in Großbritannien in den Vordergrund.

Die Spaltung der Arbeiterklasse nach der Hautfarbe kann nur im Interesse der Kapitalistenklasse liegen. Wir rufen daher weiße und schwarze Arbeiter auf, sich gemeinsam gegen jede Form von rassistischer Propaganda, Aufwiegelung oder Gewalt zu wehren. [49]

In der Erklärung wurde die entscheidende Bedeutung des Eingreifens der SLL in die Kämpfe der Arbeiterklasse hervorgehoben. Dieses Eingreifen war vor allem auf die einfachen Arbeiter orientiert und sollte in Konfrontationen mit der herrschenden Klasse ihre enorme Kampfkraft mobilisieren:

Die Arbeitgeber müssen zu spüren bekommen, dass sie durch die Entlassung eines einzelnen Kämpfers die gesamte Macht der organisierten Arbeiterklasse herausfordern.

Entweder die Arbeiter antworten den arroganten Arbeitgebern in einer Sprache, die sie verstehen, oder die Arbeiterklasse wird mitansehen müssen, wie ihre Organisation und ihre Errungenschaften Stück für Stück abgebaut werden.

Aber dieses Ziel, bei jedem Streik in die Offensive zu gehen, jede Auseinandersetzung von Anfang an mit dem Ziel zu führen, einen entscheidenden Sieg zu erringen, setzt eine effiziente, gründliche und bewusste Vorbereitung voraus.

Der Aufbau von Aktionskomitees, die sich aus den erfahrensten und vertrauenswürdigsten Kämpfern zusammensetzen, und die Vernetzung dieser Komitees auf lokaler, regionaler und schließlich nationaler Ebene muss in allen Industriezweigen nach Kräften gefördert werden.

Mit Aktionskomitees, die von den Arbeitern selbst aufgebaut werden und ihre Bedürfnisse und Wünsche unmittelbar aufgreifen, verfügt die Arbeiterklasse über alle Mittel zur Vorbereitung großer Arbeitskämpfe. [50]

Der Abschnitt, der auf die Ausarbeitung der Strategie für Aktionskomitees folgte, trug den Titel „Was es heißt, Marxist zu sein“:

Marxisten sind die bewusstesten Arbeiter. Sie betrachten den Sozialismus und den Kampf für seine Verwirklichung nicht auf idealistische, sondern auf wissenschaftliche Art und Weise.

Sie stützen ihre Politik und ihr Programm auf eine Untersuchung der objektiven Klassenkräfte, die in der Gesellschaft wirken, auf eine Untersuchung der tatsächlichen Lage und der Bedürfnisse der Arbeiterklasse. Der Marxismus ist die Wissenschaft vom Kampf der Arbeiterklasse und der Macht der Arbeiterklasse.

Da der Marxismus eine Wissenschaft ist, muss er auch wie eine Wissenschaft studiert werden. Daher bildet die Socialist Labour League alle ihre Mitglieder systematisch und gründlich aus. Sie vermittelt ihnen die marxistische Theorie sowie die Erfahrungen der Arbeiterbewegung in allen Ländern und führt ihnen die Gesetze und Lehren aus diesen Erfahrungen vor Augen.

Aber der Marxismus ist nicht nur eine Theorie im Allgemeinen, sondern eine Theorie des menschlichen Handelns und vor allem des Klassenkampfs. Marxist zu sein, bedeutet also nicht einfach zu studieren, sondern zu studieren, um besser für den Kampf und die Arbeit im Dienst der Arbeiterklasse gerüstet zu sein.

Dabei reicht es nicht aus, als Einzelner zu kämpfen. Marxisten kämpfen und arbeiten als diszipliniertes Team, auf der Grundlage einer Politik, die in demokratischen Diskussionen festgelegt wurde, auf der Grundlage von Arbeitsteilung und unter der Leitung von gewählten und rechenschaftspflichtigen Führungsgremien. [51]

In dieser Gründungserklärung stellte sich die Socialist Labour League weiterhin als eine Tendenz dar, die eine Tätigkeit als formal anerkannte Strömung innerhalb der Labour Party anstrebte. Ihr Programm und die daraus folgende Praxis veranlassten die Labour Party jedoch zu einem Unvereinbarkeitsbeschluss, der unmittelbar nach der Gründung der SLL verhängt wurde. Die unerschütterliche Absicht der Socialist Labour League, in die Kämpfe der Arbeiterklasse einzugreifen – mit dem Ziel, das volle Potenzial ihrer Macht zur Geltung zu bringen, jeden Konflikt als eine Schlacht in einem umfassenderen nationalen und globalen Klassenkrieg zu betrachten, im Proletariat ein Bewusstsein für seine Stärke als Klasse und ein Verständnis für seine historische Rolle bei der Errichtung eines neuen sozialistischen Weltsystems zu schaffen –, erzeugte eine unüberbrückbare Kluft zwischen ihr und der Labour Party. Doch trotz des Verbots, das eine Arbeit als Tendenz innerhalb der Labour Party unmöglich machte, hielt die Socialist Labour League am Pfingstwochenende vom 16./17. Mai 1959 ihre erste Konferenz ab.

Peter Fryer erläuterte die Bedeutung dieses Ereignisses in der Labour Review:

Die Gründungskonferenz der Socialist Labour League, die zu Pfingsten in London stattfand, hat gezeigt, dass die Ideen, an denen eine Generation von Marxisten dreißig Jahre lang in Isolation und Verfolgung festhielt, in Großbritannien Fuß gefasst haben. Die marxistische Bewegung hat Gestalt angenommen. Sie hat dem Kapitalismus, dem Faschismus, den rechten und stalinistischen Irreführern, den „neuen Denkern“ und den „neuen Linken“ und auch den verschiedenen sektenartigen Gruppierungen ihre Herausforderung entgegengeschleudert. Wie jede Hexenjagd, jedes Verbot, jede Ächtung und jeder Ausschluss beweisen, ist dies eine Bewegung, die es ernst meint; die sich in einer Zeit des zunehmenden Klassenkampfs auf das Proletariat stützt; eine Bewegung, die daher rasch an Größe und Einfluss gewinnt. [52]

Fortsetzung folgt

Anmerkungen:

[17] Labour Review, Januar 1957, Jg. 2, Nr. 1, S. 1.

[18] Ebd., S. 2.

[19] Ebd., S. 2–3.

[20] Ebd., S. 29.

[21] Ebd., S. 30.

[22] Ebd., März–April 1957, Jg. 2, Nr. 2, S. 35.

[23] Ebd.

[24] Michael Banda, „The Chinese C.P. and Hungary“, in: Labour Review, März–April 1957, Jg. 2, Nr. 2, S. 57.

[25] E-Mail von Barbara Slaughter an David North, 20. Juli 2021.

[26] The Newsletter, Jg. 1, Nr. 1, 10. Mai 1957, S. 5

[27] Ebd., S. 4.

[28] The Newsletter, Jg. 1, Nr. 3, S. 21

[29] Cliff Slaughter, „Trotsky’s Marxism Under Attack“, in: Fourth International, August 1968, S. 45–46.

[30] The Newsletter, 3. Mai 1958, S. 133.

[31] Ebd.

[32] „Hands off the ‚Blue Union‘! Democracy on the Docks“, in: Labour Review, Jg. 3, Nr. 1, Januar–Februar 1958.

[33] The Newsletter, 22. November 1958, S. 309.

[34] The Newsletter, 3. Januar 1959, S. 1.

[35] Ebd., S. 2–3.

[36] The Newsletter, 28. Februar 1959, S. 1.

[37] Ebd., S. 2–3.

[38] Ebd., S. 3.

[39] „The Challenge of the Socialist Labour League“, in: Labour Review, April–Mai 1959, Jg. 4, Nr. 1, S. 1.

[40] „Revolution and Class Consciousness“, in: Labour Review, April–Mai 1959, Jg. 4, Nr. 1, S. 5.

[41] Der Brief kann hier abgerufen werden.

[42] Labour Review, April–Mai 1959, S. 7.

[43] Ebd., S. 9.

[44] Ebd., S. 12.

[45] „The Socialist Labour League Looks to the Future“, in: The Newsletter, 11. April 1959, S. 108–109.

[46] Ebd., S. 110.

[47] Ebd.

[48] Ebd., S. 111.

[49] Ebd.

[50] Ebd., S. 112.

[51] Ebd.

[52] „Marxists in Conference“, in: Labour Review, Juli–August 1959, Jg. 4, Nr. 2, S. 40.

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