„Mögen verächtliche Eunuchen nicht erzählen, der Sklavenbesitzer, der durch List und Gewalt den Sklaven in Ketten hält, und der Sklave, der durch List oder Gewalt die Ketten zerbricht, seien vor dem Gericht der Moral gleich!“
– Leo Trotzki, 1938
Am Freitagabend lancierten palästinensische Kräfte im Gazastreifen einen Überraschungsangriff, feuerten Raketen ab und griffen israelische Streitkräfte in der Umgebung des Gazastreifens an. Bis Samstagabend gab es 200 tote und 1.100 verwundete Israelis und 232 tote und 1.697 verwundete Palästinenser. Die israelischen Verteidigungskräfte (IDF), die zunächst unvorbereitet getroffen wurden, haben einen Gegenangriff gestartet, und der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat geschworen, dem Gazastreifen einen „noch nie dagewesenen Preis“ als Blutzoll abzuverlangen.
Was Freitagnacht begann, ist ein Aufstand der palästinensischen Bevölkerung gegen die gewaltsame und brutale Unterdrückung durch die israelische Besatzung. Die Netanjahu-Regierung hat den ständigen Diebstahl palästinensischen Landes durch faschistische israelische Siedler gebilligt, den Gazastreifen blockiert, Mitglieder der regierenden Hamas-Partei zur Ermordung freigegeben und Provokationen gegen Muslime in der Al-Aqsa-Moschee organisiert. Indem sie Gaza unerträgliche Bedingungen auferlegte, machte sie den bewaffneten Widerstand unvermeidlich.
Die World Socialist Web Site verurteilt die bösartigen und von obszöner Heuchelei gezeichneten Erklärungen von US-Präsident Joe Biden und führenden Vertretern der Europäischen Union, die den palästinensischen Widerstand als „Terrorismus“ verurteilen und gleichzeitig Israels Angriff auf Gaza vorbehaltlos unterstützen.
Biden sagte den israelischen Militäroperationen gegen den Gazastreifen seine „felsenfeste und unerschütterliche“ Unterstützung zu: „Die Vereinigten Staaten verurteilen diesen entsetzlichen Angriff der Hamas-Terroristen aus dem Gazastreifen auf Israel auf das Schärfste, und ich habe Premierminister Netanjahu deutlich gemacht, dass wir bereit sind, der Regierung und dem Volk Israels alle geeigneten Mittel zur Unterstützung anzubieten. Terrorismus ist niemals gerechtfertigt. Israel hat das Recht, sich und sein Volk zu verteidigen.“
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock erklärte in einem Statement des Auswärtigen Amts: „Die abscheuliche Gewalt der Hamas gegen Zivilistinnen und Zivilisten in Israel ist präzedenlos und durch nichts zu rechtfertigen. Dieser Terror muss sofort gestoppt werden. Israel hat unsere volle Solidarität.“
Die Heuchelei dieser Erklärungen ist atemberaubend. Wie immer liegen die Sympathien der imperialistischen Mächte auf der Seite der Unterdrücker. Jede Manifestation von Widerstand durch die Unterdrückten wird mit wütenden Anklagen begrüßt. Die Medien ignorieren die Tatsache, dass die israelische Regierung von einem Verbrecher angeführt wird, dessen Koalition von faschistoiden Rassisten dominiert wird und der an der Außerkraftsetzung der Verfassung beteiligt ist.
In ihrer Berichterstattung über den Ukrainekrieg versäumen es die Medien nie, das zu verurteilen, was sie routinemäßig als Russlands „illegale Annexion der Krim“ bezeichnen. Die Vereinigten Staaten haben wiederholt erklärt, dass sie den Krieg der Ukraine um die Rückeroberung der Krim „so lange wie nötig“ unterstützen werden. Doch Israels illegale Annexion großer Teile des palästinensischen Landes verurteilen sie nie.
Die palästinensische Bevölkerung in Gaza und die Hamas-Regierung haben keine mächtigen imperialistischen Unterstützer, die sie mit hunderten Milliarden Dollar aufrüsten. Wenn Palästinenser zu den Waffen greifen, um sich gegen die Besatzung durch das israelische Militär zu wehren, das von den USA jedes Jahr Milliarden von Dollar an Militärhilfe erhält, wissen sie, dass die Chancen überwältigend gegen sie stehen.
Dennoch werden die palästinensischen Streitkräfte nicht als Helden gefeiert, sondern von den reaktionären Politikern und servilen Medien der Nato-Länder als Terroristen denunziert. In Wirklichkeit hat der israelische Staat bei blindwütigen Angriffen auf den dicht besiedelten Gazastreifen seit Jahren immer wieder hunderte oder tausende Zivilisten angegriffen und getötet.
Am Samstagabend forderte Netanjahu in einer blutrünstigen Ansprache an die Nation die „Bewohner des Gazastreifens“ auf, „jetzt zu verschwinden, denn wir werden überall und mit voller Kraft operieren“. Da seine Regierung den Gazastreifen blockiert und niemanden ausreisen lässt, erklärt Netanjahu damit, dass er die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens als legitimes Ziel betrachtet. Mit der Behauptung, dass „die Hamas uns alle umbringen will“, versprach Netanjahu, „sie bis zum bitteren Ende zu bekämpfen“ und dass Städte, in denen die Hamas operiert, zu „Ruinenstädten“ werden.
Diese barbarische Drohung, den Gazastreifen zu zerstören, zeugt von dem faschistischen Charakter des Netanjahu-Regimes. Das Endprodukt des jahrzehntelangen Rechtsrucks des zionistischen Regimes ist die Einbindung gewalttätiger rechtsextremer Gruppen wie der Religious Zionist Party (Tkuma) in seine Regierung. Ihre Mitglieder fordern die Vertreibung der Palästinenser aus den besetzten Gebieten, unterstützen Morde an Palästinensern wie das Massaker in der Höhle der Patriarchen 1994, fordern die Zerstörung der Al-Aqsa-Moschee und propagieren das Vermächtnis des in Amerika geborenen Faschisten Meir Kahane.
Netanjahus Rechtfertigung für seinen Krieg beruht auf einer Verfälschung der Ziele der Hamas, die er wie eine völkermordende Organisation behandelt. In Wirklichkeit betont die von den Al-Qassam-Brigaden – dem militärischen Flügel der Hamas – herausgegebene Erklärung, dass sie nicht gegen Juden, sondern gegen die israelische Besatzung kämpft. Sie verurteilt die Ermordung von Palästinensern durch israelische Truppen und Siedler, die langjährige Inhaftierung von Palästinensern, den Diebstahl von palästinensischem Land und die Provokationen an der Al-Aqsa-Moschee und schließt mit den Worten:
„Da die israelische Besatzung die Belagerung des Gazastreifens aufrechterhält und ihre Verbrechen gegen unser palästinensisches Volk fortsetzt, während sie internationale Gesetze und Resolutionen mit Unterstützung der USA und des Westens sowie durch internationales Schweigen aufs Äußerste missachtet, haben wir beschlossen, all dem ein Ende zu setzen. Wir kündigen eine Militäroperation gegen die israelische Besatzung an, die eine Antwort auf die anhaltenden israelischen Verbrechen gegen das palästinensische Volk und die Schändungen an der Al-Aqsa-Moschee ist.“
Die Fähigkeit der Hamas, eine solche Operation heimlich vorzubereiten und am 6. Oktober – 50 Jahre nach dem Jom-Kippur-Krieg – einzuleiten, zeigt, wie tief die Krise des israelischen Staates ist. Er ist von faschistischen Elementen durchsetzt, kämpft seit Jahren mit den Auswirkungen eines Korruptionsprozesses gegen Netanjahu und sah sich Anfang des Jahres mit Massenprotesten von Arbeitern und Jugendlichen konfrontiert, als er erfolglos versuchte, eine Verfassungsreform durchzusetzen, die die rechtliche Unabhängigkeit der Justiz untergraben sollte. Ihr Versuch, die palästinensische Opposition durch faschistischen Terror zu unterdrücken, ist gescheitert.
Die Netanjahu-Regierung wurde von dem palästinensischen Aufstand genauso überrascht wie die Nazi-Befehlshaber im besetzten Polen vom Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto 1943 und dem Warschauer Aufstand von 1944. Geblendet von ihrer Arroganz und ihrem Rassenhass glaubten sie, dass ihre Unterdrückung den Palästinensern so sehr das Rückgrat gebrochen hatte, dass Widerstand unmöglich sein würde. Dieser Irrtum wurde nun aufgedeckt, und wie im besetzten Polen, wo die Nazis auf die Aufstände mit der Ermordung von Zehn- und Hunderttausenden reagierten, wird nun ein Blutbad angerichtet.
Diese Politik stößt auf massiven Widerstand in der arabischen und internationalen Arbeiterklasse. Trotz der schamlosen Lügen der imperialistischen Mächte gibt es unter Milliarden Menschen weltweit eine breite Sympathie für die Palästinenser.
Diese Sympathie und dieser Widerstand müssen jedoch politisch mobilisiert werden. Insbesondere die Arbeiter und Jugendlichen in Israel müssen sich abgrenzen und sich der mörderischen Politik der Netanjahu-Regierung entgegenstellen und den Kampf der Palästinenser gegen Unterdrückung und Besatzung unterstützen.
Die korrupten arabischen und nahöstlichen bürgerlichen Regime machen sich mitschuldig an Netanjahus Versuch, ein vom Imperialismus unterstütztes Blutbad zu organisieren. Die kapitalistischen Regierungen der Türkei, Ägypten, Saudi-Arabien und anderen Ländern der Region rufen zur Deeskalation und Zurückhaltung auf, was Netanjahu ignorieren wird. Gleichzeitig versuchen sie alle aus eigenen militärischen und strategischen Gründen, engere Beziehungen zum israelischen Regime zu knüpfen.
Die Kraft, die Netanjahus Angriff in Israel stoppen kann, ist die israelische, palästinensische und internationale Arbeiterklasse. Sie muss einen vereinten Kampf für ein Ende des Angriffs auf Gaza, den Sturz des Netanjahu-Regimes und die Beendigung der israelischen Besatzung des Gazastreifens und des Westjordanlandes führen.