Warnstreiks bei Ford in Saarlouis: Schäbiges Manöver von IG Metall und Betriebsrat

Am Mittwochmorgen und am Donnerstagnachmittag haben IG Metall und Betriebsrat im Ford-Werk Saarlouis zum Warnstreik vor das Tor gerufen, jeweils etwa 1000 Beschäftigte sind dem Aufruf gefolgt. Am Freitag soll erneut ein Warnstreik stattfinden.

Um es klar auszusprechen: Die Warnstreiks sind Bestandteil der Werksschließung, die der Betriebsrat unter Markus Thal und die IG Metall im Auftrag des Konzerns umsetzt. Die verbliebenen 3.850 Beschäftigten sollen damit auf den bevorstehenden massiven Arbeitsplatzabbau, miserable Jobs und niedrige Abfindungen vorbereitet werden.

Warnstreik im Ford-Werk Saarlouis [Photo by IGM Völklingen]

Unmittelbar nachdem im Oktober letzten Jahres ein angeblich ernsthafter Investor abgesprungen war, hatten Thal und sein Betriebsrat Sozialtarifverhandlungen aufgenommen. Da Ford zuvor zugesichert hatte, 1000 Arbeitsplätze bis 2032 zu finanzieren, saßen also die Geschäftsleitung und der Betriebsrat von Ford über drei Monate lang zusammen, um auszuhandeln, unter welchen Bedingungen mindestens 2.850 Ford-Beschäftigte entlassen werden.

Und nun behauptet Thal erkannt zu haben, dass die Sozialtarifverhandlungen „in die falsche Richtung gehen“. Angeblich will Ford den oft langjährig Beschäftigten nicht viel mehr zahlen, als schon im bestehenden „Freiwilligenprogramm“ vereinbart ist. Mit etwas höheren Abfindungen will der Betriebsrat aber einen Aufschrei und Proteste vermeiden.

Thal erklärt dies ganz offen: „Das bislang vorgelegte Angebot bei den Sozialtarifverhandlungen [...] reicht bei weitem nicht aus, um eine friedliche Lösung am Standort zu erzielen.“ Sein Ziel ist also die „friedliche Lösung“, sprich geräuschlose Schließung des Werks!

Diesem Ziel dient wohl auch die Streckung der Produktion bis Ende 2025. Dazu planen Betriebsrat und Geschäftsleitung derzeit, die tägliche Produktion ab April von 600 Fahrzeugen auf 520 zu senken und damit in den Einschichtbetrieb zu wechseln. Dafür soll mit der Produktion nicht im Mai 2025, sondern erst später Schluss sein. Die Belegschaft hat davon nicht vom Betriebsrat erfahren, sondern durch einen Aushang in einem benachbarten Zulieferbetrieb. Diese Verschiebung würde die endgültige Werksschließung noch einige Monate nach hinten schieben, in denen Beschäftigte dann nach und nach aus dem Werk ausscheiden.

Auch die Frage, wer einen der 1000 zugesicherten Arbeitsplätze erhält, wird der Betriebsrat nutzen, um die Belegschaft zu spalten. Kollegen, die es wagen sollten aufzubegehren, werden unter Druck gesetzt.

Dass es bei den 1000 Arbeitsplätzen nicht um Jobs in der Autoindustrie, womöglich nicht einmal in einem Industriebetrieb geht, gab Ford-Chef Martin Sander vor drei Tagen gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger preis. Einen „Ankerinvestor“ aus der Autoindustrie werde es nicht geben, bestätigte er. Ford bemühe sich, „Unternehmen anderer Branchen dort anzusiedeln, um möglichst viele Jobs zu schaffen“.

Im Klartext heißt das: 1000 Ford-Beschäftigte erhalten Jobs bei irgendwelchen Unternehmen, mit denen sich Ford womöglich geeinigt hat oder noch einigen wird. In der Belegschaft geht das Gerücht um, dass demnächst eine Vereinbarung mit einem chinesischen Unternehmen bekanntgegeben wird.

Wie dem auch sei, wenn in den nächsten Wochen bekanntgegeben wird, welche Unternehmen die Filetstücke des Werks mit wie vielen Arbeitsplätzen übernehmen, werden viele der verbliebenen 2.850 Arbeiterinnen und Arbeiter von Ford und der 1.500 Beschäftigten der Unternehmen im umliegenden Zulieferpark leer ausgehen.

Die IG Metall und der Betriebsrat unter Thal wissen das, wahren aber Stillschweigen darüber. Denn Thal und sein Vertreter im Betriebsrat Holger Michel wurden ebenso wie die Landesregierung rund eineinhalb Jahre regelmäßig von der so genannten Taskforce, die mit allen potenziellen Investoren sprach, über den Stand Verhandlungen unterrichtet. Kurz nachdem der Großinvestor im Oktober des letzten Jahres abgesprungen war, kündigte die Werksleiterin Sarah Gielen an, Ende 2023 zu gehen. Nun ist Andreas Kreuz Werksleiter in Saarlouis, er war bislang Vorsitzender der Taskforce. Schon zuvor war der Personalleiter gegen das Taskforce-Mitglied Roman Lauer ausgewechselt worden.

Diese Personen sitzen nun zusammen, um die Bedingungen des Sozialtarifvertrags auszuhandeln. Was diese verschworene Gemeinschaft zuerst in der Taskforce und nun in den Sozialtarifverhandlungen alles schon beschlossen hat, wird geheim gehalten.

Die wichtigste Lehre aus den vergangenen mehr als zwei Jahren geht weit über Ford hinaus: Ein Kampf zur Verteidigung von Arbeitsplätzen muss sich gegen den Konzern und seinen Gewerkschafts- und Betriebsratsapparat wenden. IG Metall und Betriebsrat stehen auf der anderen, der Konzernseite.

Seitdem Thal, der Ford-Gesamtbetriebsrat und die IG Metall Ende 2021 gemeinsam in den Bieterwettbewerb gegen das Werk im spanischen Almussafes (Valencia) eingestiegen sind, haben sie die Belegschaft belogen und betrogen. Hinter dem Rücken der damals noch über 4.600 Beschäftigten – von einst 7.000 – haben sie zunächst der Ford-Konzernspitze gewaltige Lohnkürzungen und Arbeitsplatzabbau sowie gemeinsam mit der saarländischen SPD-Landesregierung Milliarden Subventionen angeboten. Alle 22.000 Beschäftigten in den deutschen Werken sollten 18 Prozent weniger Lohn erhalten und zusätzlich 20 Tage im Jahr mehr arbeiten – unentgeltlich! Der Investor sollte zusätzlich bis zu 5 Milliarden Euro an Steuergeldern erhalten.

In seiner ersten Erklärung vor ziemlich genau zwei Jahren hat das Ford-Aktionskomitee zum Bieterwettbewerb klar Stellung bezogen und gewarnt: „Wir lehnen die Erpressung und den brutalen Wettbewerb zwischen uns und unseren Standorten prinzipiell ab. Das gegeneinander Ausspielen führt in die Katastrophe.“

Nun ist die Katastrophe da. Als im Juni 2022 Ford bekanntgab, dass das Werk in Saarlouis den Wettbewerb verloren hat und geschlossen wird, hatten IGM und Betriebsrat jegliche Forderung nach einem Arbeitskampf unterdrückt und die Belegschaft mit der Hoffnung auf einen Investor, der das Werk weiterführt, hingehalten.

Gleichzeitig sind kontinuierlich Arbeitsplätze vernichtet worden. Aktuell sind nur noch 3.850 Beschäftigte im Werk in Saarlouis und rund 1.500 in den angrenzenden Betrieben des Zulieferparks beschäftigt. Diese über 5.300 Arbeitsplätze bei Ford und den Zulieferern sind nun akut gefährdet.

Wenn dem IGM-Betriebsrat unter Thal nicht endlich Einhalt geboten wird, ist der Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze verloren. Die Zeit drängt, aber noch ist es nicht zu spät. Auch in den USA hat die Gewerkschaft UAW (United Auto Workers) den Autoarbeitern – einschließlich der Kolleginnen und Kollegen bei Ford – in den letzten Tarifverhandlungen einen schlechten Tarifabschluss aufgezwungen. Dagegen gab es nur deshalb keine Rebellion, weil der Erhalt der Arbeitsplätze und die Übernahme von Zeitarbeitern zugesichert worden war.

Nun werden die Zeitarbeiter entlassen und es entwickelt sich eine Rebellion gegen die UAW und ihre falschen Versprechungen. Aktionskomitees bereiten einen Kampf vor.

Auch in anderen Ländern, wie in der Türkei, kämpfen Autoarbeiter gegen Arbeitsplatzabbau, miserable Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne. In Deutschland kündigt sich eine neue Welle von Angriffen an, bei VW, Opel, Bosch, ZF, Mahle, den Reifenherstellern und vielen anderen kleineren Unternehmen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter von Ford in Saarlouis müssen sich mit diesen Kolleginnen und Kollegen weltweit über die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees zusammenschließen.

Schreibt dazu eine Whatsapp-Nachricht an +491633378340. Werdet aktiv und stärkt das Ford-Aktionskomitee!

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