US Supreme Court entscheidet einstimmig zugunsten von Trump und lässt ihn wieder bei den Vorwahlen in Colorado zu

Der Oberste Gerichtshof der USA hat am Montag einstimmig zugunsten des ehemaligen Republikanischen Präsidenten Donald Trump entschieden. Er hob damit eine Entscheidung des Obersten Gerichts im US-Bundesstaat Colorado auf, Trump von den Stimmzetteln für die Vorwahlen der Republikanischen Partei in Colorado zu streichen, die am 5. März stattfinden.

Am 19. Dezember hatte das Oberste Gericht von Colorado entschieden, dass Trump verfassungsrechtlich nicht für die Wahl zugelassen ist, weil er sich an einem „Aufstand“ beteiligt hatte. Das Gericht ordnete seine Streichung als Kandidat und die Nichtberücksichtigung etwaiger Briefwahlstimmen an, setzte aber die eigene Entscheidung bis zur Anrufung des Obersten Gerichtshofs der USA aus.

Donald Trump bei einer Kundgebung in Washington am 6. Januar 2021, auf der er gegen die Ergebnisse der US-Präsidentschaftswahlen 2020 und deren Bestätigung durch den US-Kongress mobilisierte [Photo: Jim Bourg]

Alle neun Richter des Obersten Gerichtshofs der USA stimmten zu, das Verbot von Trump auf den Wahlzetteln in Colorado aufzuheben. Dennoch ging die rechtsextreme Richter-Mehrheit weit hinaus über die Fragen, die in dem Fall in Colorado tatsächlich aufgeworfen wurden. Sie fällte ein Urteil, das Trump und andere an dem Putschversuch beteiligten Republikaner schützen will, so dass ihre Wählbarkeit auch in Zukunft nicht mehr anfechtbar ist.

Diese Mehrheitsentscheidung war so extrem, dass sie zu separaten zustimmenden Stellungnahmen von Amy Coney Barrett, einer von Trump selbst ernannten Richterin, und dem aus drei nominell liberalen Richtern bestehenden Block von Sonia Sotomayor, Elena Kagan und Ketanji Brown Jackson führte.

Die Entscheidung vom Montag ist ein Meilenstein in der Legitimierung der extremen Rechten in den USA, die am 6. Januar 2021 versucht hat, die Verfassung gewaltsam zu stürzen und Trump unter Missachtung des Präsidentschaftswahlergebnisses 2020 als Präsident einzusetzen. Eigentlich hätte er für seinen Umsturzversuch zusammen mit all seinen Mitverschwörern ins Gefängnis kommen müssen. Stattdessen hat Trump drei Jahre später die Stimmen aller neun Richter des Obersten Gerichtshofs hinter sich vereint, die ihm günstigste Bedingungen für die Teilnahme an den Wahlen im Jahr 2024 garantieren.

Die Klage aus Colorado wurde im September im Namen einer Gruppe von Wählern eingereicht. Unter Bezugnahmen auf den vierzehnten Zusatzartikel, Abschnitt 3 der US-Verfassung, der es Regierungsmitglieder, die sich „an einem Aufstand oder einer Rebellion beteiligt haben“, untersagt, später wieder ein Amt zu übernehmen, legten die Kläger dar, dass Trump nicht für das Amt des Präsidenten geeignet sei. Diese Bestimmung des vierzehnten Verfassungszusatzes, der unmittelbar nach dem amerikanischen Bürgerkrieg in Kraft trat, sollte verhindern, dass die Sezessionisten, die den Aufstand der Sklavenhalter angeführt hatten, wieder an die Macht kamen.

Diese in der Zeit des Bürgerkriegs erlassene verfassungsrechtliche Maßnahme war etwa anderthalb Jahrhunderte lang weitgehend inaktiv. Dass sie jetzt vom Obersten Gerichtshof im Zusammenhang mit einem Spitzenkandidaten für das Präsidentenamt erörtert wird, ist an sich schon ein Hinweis auf die tiefe Krise des gesamten politischen Systems in den USA. Nie seit den 1860er Jahren hatte sie jemals ein derartiges Ausmaß erreicht wie heute.

Der Disqualifizierung von Trump als „Aufrührer“ durch das Obersten Gericht von Colorado folgte im Dezember eine parallele Entscheidung der Secretary of State von Maine, Shenna Bellows, einer Demokratin. Vor kurzem hat ein Richter in Cook County, Illinois, eine ähnliche Entscheidung für diesen US-Bundesstaat getroffen. Alle diese Urteile werden durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Montag faktisch außer Kraft gesetzt.

Der Oberste Gerichtshof versucht in seiner Entscheidung, die Bedeutung von Trumps Putschversuch herunterzuspielen. Es heißt in der Urteilsbegründung lediglich, dass die Wähler aus Colorado, die den Fall vorgebracht haben, „behaupten“, Trump habe „die friedliche Machtübergabe gestört, indem er absichtlich die Menge organisierte und aufstachelte“, um die Arbeit des Kongresses in Washington zu unterbrechen.

Tatsächlich gingen Trumps Aufstandsversuche weit über die Entfesselung eines gewalttätigen Mobs von rechtsextremen Schlägern, darunter neofaschistische Proud Boys, hinaus. Er wollte nicht nur die Sitzung des Kongresses am 6. Januar 2021 stören. Wie in öffentlichen Anhörungen des Sonderausschusses im Repräsentantenhauses zum Anschlag vom 6. Januar festgestellt, war Trumps Putschplan vom 6. Januar ein „ausgeklügelter siebenteiliger Plan“, der neben dem gewaltsamen Angriff auf das Kapitol auch die Erfindung von Wahlbetrugsvorwürfen, die Verschwörung mit den Republikanern im Kongress zur Blockierung der Bestätigung der Wahlergebnisse, die Druckausübung auf Amtsinhaber in Republikanisch kontrollierten Bundesstaaten zur Änderung der Wahlergebnisse zu Trumps Gunsten und die Übermittlung gefälschter „alternativer“ Wählerlisten an den Kongress umfasste. Das Ziel dieses Komplotts war nichts Geringeres, als Trump, der die Wahl mit deutlichem Abstand verloren hat, unter Verletzung der Verfassung an der Macht zu halten.

Der Oberste Gerichtshof von Colorado kam zu dem Schluss, dass Trump in der Tat einen „Aufstand“ begangen hatte. Abgesehen von einigen Personen, die sich physisch an der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols beteiligt haben, ist die überwältigende Mehrheit der führenden Teilnehmer an der Verschwörung, einschließlich Trump selbst, weiterhin auf freiem Fuß und bereitet ihren nächsten Umsturzversuch vor.

Der Oberste Gerichtshof hat einstimmig entschieden, dass die Verhinderung von Trumps Teilnahme an einer Bundeswahl keine Frage ist, die vom US-Bundesstaat Colorado entschieden werden darf. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs würde die Entscheidung des Staates Colorado zu einem chaotischen „Flickenteppich“ führen und bedeuten, dass Republikanisch kontrollierte Staaten wie Texas und Florida im Gegenzug Demokratische Kandidaten von ihren Stimmzetteln streichen.

Der nominell „liberale“ Block der Richter - Sotomayor, Kagan und Jackson - akzeptiert dieses Argument und beruft sich darauf, um die Entscheidung zugunsten von Trump zu rechtfertigen. „Colorado dies zu erlauben, würde ein chaotisches Flickwerk von Bundesstaat zu Bundesstaat schaffen“, schreiben sie, „das den Prinzipien des Föderalismus unserer Nation zuwiderläuft“.

Diese übereinstimmende Meinung zugunsten von Trump ist ein deutlicher Hinweis auf den tiefgreifenden Verfall dessen, was vom amerikanischen „Liberalismus“ übriggeblieben ist. Was sie tatsächlich meinen: Wenn wir nicht zugunsten des Faschisten entscheiden, werden seine verrückten Komplizen mit eskalierenden Provokationen reagieren und Chaos verursachen. Deshalb haben wir keine andere Wahl, als zugunsten des Faschisten zu entscheiden.

Die rechtsextreme Mehrheit geht unterdessen einen Schritt nach vorn, um nicht nur Trump selbst bei seiner Teilnahme an Wahlen zu schützen, sondern auch alle Komplizen von Trump zusammen mit ihm vor ähnlichen künftigen Anfechtungen zu bewahren.

„Obwohl es hier nur um die Maßnahmen eines einzelnen Staates geht, äußert sich die Mehrheit dazu, welche Bundesakteure Abschnitt 3 durchsetzen können und wie sie dies tun müssen“, schreiben Sotomayor, Kagan und Jackson in ihrer Stellungnahme. „Die Mehrheit verkündet, dass eine Disqualifikation wegen Aufruhrs nur dann eintreten kann, wenn der Kongress eine bestimmte Art von Gesetzgebung erlässt. … Damit schließt die Mehrheit die Tür zu anderen potenziellen Möglichkeiten der Durchsetzung auf Bundesebene.“

Das Urteil vom Montag ist auch deshalb bemerkenswert, weil der Oberste Gerichtshof so schnell zu einer Entscheidung gekommen ist. Gleichzeitig werden nämlich die zahlreichen anderen Verfahren, in die Trump verwickelt ist, durch endlose Verfahrensverzögerungen behindert. In der mündlichen Verhandlung im Januar fungierten jene Richter, welche die rechtsextreme Mehrheit am Obersten Gerichtshof bildeten, als zusätzliche Anwälte für Trump. Sie unterhielten sich mit dem Rechtsanwalt, der Trump vertrat, in einer Art freundschaftlichem Gespräch darüber, wie man am effektivsten zu seinen Gunsten entscheiden könnte.

Nun haben die rechtsextremen Aufständischen, die sich um Trump scharen, de facto die Kontrolle über die Judikative der Bundesregierung in Form des Obersten Gerichtshofs erlangt. Dieser wird effektiv durch fünf bzw. sechs der neun Richter vertreten, von denen drei von Trump selbst ernannt wurden. Dieser rechtsextrem dominierte Oberste Gerichtshof hat sich gegen demokratische Rechte und Reformen gewandt und u.a. im Sommer 2022 das Recht auf Abtreibung in den USA abgeschafft. Dieses Urteil wiederum ebnete den Weg für Angriffe auf jahrzehntelange Gerichtsentscheidungen in allen Bereichen.

Die Entscheidung vom Montag ist auch entscheidend durch die Beteiligung von Richter Clarence Thomas befleckt. Von Thomas ist bekannt, dass er im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Richter am Obersten Gerichtshof Bestechungsgelder von wohlhabenden rechtsextremen republikanischen Gönnern angenommen hat. Zudem war seine Frau Ginni Thomas persönlich in den Staatsstreich vom 6. Januar verwickelt.

Es ist bezeichnend, dass sich die übereinstimmende Meinung von Sotomayor, Kagan und Jackson auf die Entscheidung Bush gegen Gore aus dem Jahr 2000 bezieht, welche damals die US-Präsidentschaftswahl für Bush entschied. In der Stellungnahme wird aus einer abweichenden Meinung von Stephen Breyer zitiert, der damals schrieb: „Was heute passiert, hätte das Gericht nicht tun sollen.“ Dieses nicht ganz so subtile Zitat impliziert, dass der Oberste Gerichtshof einen Schritt mit ähnlich weitreichenden historischen Auswirkungen unternimmt.

Im Laufe der amerikanischen Geschichte fungierte der Oberste Gerichtshof weitgehend als Bollwerk der Reaktion: Er bestätigte die Sklaverei im Fall Dred Scott (1857), verteidigte die Jim-Crow-Rassentrennung im Fall Plessy gegen Ferguson (1896) und lehnte die Reformen des New Deal in den 1930er Jahren ab. Für eine kurze Zeit unter Earl Warren, der von 1953 bis 1969 Oberster Richter war, wurde der Oberste Gerichtshof unter den Bedingungen des Kalten Krieges und des ideologischen Konflikts mit der Sowjetunion mit einer Reihe von verspäteten und qualifizierten Reformen in Verbindung gebracht.

Seit der Entscheidung Bush gegen Gore, mit der die Wahlen im Jahr 2000 gestohlen wurden, spiegelt der Rechtsruck des Obersten Gerichtshofs jedoch das Schwinden der Verteidigung demokratischer Normen in der amerikanischen herrschenden Klasse wider. Stattdessen wächst der Einfluss jener Kräfte, nun in der Person von Trump verkörpert, die für einen offenen Bruch mit diesen Normen eintreten.

Die Überbleibsel dessen, was einmal als amerikanischer „Liberalismus“ bezeichnet wurde, haben schon vor langer Zeit jegliche Verpflichtung zu Fortschritten in Richtung sozialer Gleichheit aufgegeben. Während dieses gesamten Prozesses haben sie eine Mischung aus Selbstgefälligkeit, Komplizenschaft und Feigheit an den Tag gelegt, die sich nun auch in der Entscheidung vom Montag spiegelt. Dahinter steht, dass diese ehemals „liberalen Kräfte“ eine Verschärfung der Klassenspannungen weitaus mehr fürchteten als eine prinzipielle Auseinandersetzung mit der extremen Rechten.

Trump reagierte auf das einstimmige Urteil am Montag mit Großbuchstaben und Ausrufezeichen auf seiner Social-Media-Plattform und nannte es einen „BIG WIN FOR AMERICA!!!“

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