Die 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens stehen unmittelbar vor einer von den USA und Israel systematisch und vorsätzlich herbeigeführten Hungersnot.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte am Mittwoch in einem Social Media-Post: „Im Norden des Gazastreifens kommt die Hungersnot mit jedem Tag näher. Menschen hungern und werden krank. Die begrenzt vorhandenen Nahrungsmittel reichen nicht aus, um die Gesundheit von Erwachsenen und Kindern zu erhalten.“
Bisher sind 27 Palästinenser im Gazastreifen an akuter Unterernährung gestorben, 23 davon waren Kinder. Am Montag ertranken laut der Pressestelle der Regierung des Gazastreifens zwölf Palästinenser bei dem verzweifelten Versuch, an Nahrungsmittel zu gelangen, die von einem Flugzeug abgeworfen wurden und im Meer gelandet waren.
Letzte Woche hatte die offiziell von den Vereinten Nationen beauftragte Stelle für die Feststellung einer Hungersnot erklärt, dass im Gazastreifen eine Hungersnot „unmittelbar bevorsteht“, die zu einem „deutlichen Anstieg der Todesfälle und der Unterernährung führen wird.“
Laut dem Bericht drohen 1,1 Millionen Menschen im Gazastreifen Hunger und Hungersnot von katastrophalem Ausmaß, was die höchste Anzahl in dieser Kategorie seit Einführung des aktuell gültigen Klassifizierungssystems ist.
UN-Generalsektretär António Guterres erklärte in einer Pressekonferenz: „Das ist die höchste Zahl von Menschen seit Einführung des Integrated Food Security Classification Systems, die irgendwo und zu irgendeiner Zeit unter katastrophalem Hunger leiden.“
Vor Israels Angriff auf den Gazastreifen litten weniger als ein Prozent der Kinder im Gazastreifen unter fünf Jahren an akuter Unterernährung. Diese Zahl ist auf 12,4 bis 16,5 Prozent angestiegen. Der von den UN unterstützte Bericht kam zu dem Schluss: „In den nördlichen Bezirken könnte zwischen März und Mai 2024 jederzeit eine Hungersnot ausbrechen.“
Letzte Woche hatte der Generalkommissar des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge Philippe Lazzarini erklärt: „Belagerung, Hunger und Krankheiten werden bald die häufigsten Todesursachen im Gazastreifen werden.“
Israel hat im Rahmen seines völkermörderischen Angriffs auf die belagerte Enklave die Versorgung mit Nahrung, Treibstoff und Strom in den Gazastreifen bewusst eingeschränkt, um die Bevölkerung auszuhungern.
Die USA agieren als wichtigste Unterstützer dieser Strategie. US-Präsident Joe Biden unterzeichnete am Wochenende ein Haushaltsgesetz, das eine Einstellung der Finanzmittel für das UNRWA vorsieht. Laut UN-Generalsekretär Antonio Guterres ist das UNRWA der größte Lieferant von humanitärer Hilfe für die Palästinenser und das „Rückgrat der humanitären Maßnahmen im Gazastreifen.“
Obwohl die Biden-Regierung den israelischen Regierungschef Netanjahu vor kurzem öffentlich kritisiert hatte, verstärken die USA hinter den Kulissen ihre Unterstützung für den Völkermord.
Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant, der Palästinenser als „menschliche Tiere“ bezeichnet hat, traf sich am Wochenende in Washington mit führenden US-Regierungsvertretern, u.a. mit Verteidigungsminister Lloyd Austin, um den israelischen Angriff auf Rafah zu planen.
Zu Beginn des Treffens erklärte Austin: „Präsident Biden hat sich klar ausgedrückt: Israel hat, wie jeder andere Staat, das Recht, sich zu verteidigen. Deshalb arbeiten wir mit Israel zusammen, um sicherzugehen, dass ein Skandal wie am 7. Oktober nie mehr passieren kann.“
In der offiziellen Mitteilung über das Treffen zwischen Gallant und Austin wurde ein Vertreter des Verteidigungsministeriums mit den Worten zitiert: „Wir glauben, dass die Konzepte, die wir teilen, und die zusätzlichen Ideen, die wir auf der Grundlage dieser Konzepte entwickeln, das Potenzial haben, die doppelten Ziele zu erreichen: die Zivilbevölkerung in Rafah zu schützen und die Hamas-Bataillone in Rafah zu zerstören.“
Indem die Biden-Regierung die „Zerstörung der Hamas-Bataillone in Rafah“ zu ihrem Ziel erklärt, gibt sie praktisch grünes Licht für den geplanten Angriff.
Das Wall Street Journal veröffentlichte am Mittwoch einen Artikel mit dem Titel „USA drängen hinter verschlossenen Türen auf Gestaltung statt Stopp der Rafah-Operation“. Darin hieß es, bei den Gesprächen am Wochenende zwischen Gallant und US-Vertretern sollte eine Möglichkeit ausgehandelt werden, wie die USA dem geplanten Angriff auf Rafah ihre Zustimmung erteilen können.
Das Journal schrieb: „Bei den zweitägigen Treffen zwischen dem israelischen Verteidigungsminister und hohen Vertretern des Weißen Hauses und des Pentagon ging es schwerpunktmäßig nicht darum, Israels geplante Militäroperation zu verhindern, sondern darum, während ihrer Durchführung die Zivilbevölkerung zu schützen.“
Weiter hieß es, Israel wolle seinen Angriff auf Rafah innerhalb der nächsten zwei Wochen beginnen.
Am Mittwoch bestätigte das Weiße Haus, dass die Netanjahu-Regierung um weitere Gespräche mit den USA über den geplanten Angriff auf Rafah gebeten habe. Die Sprecherin des Weißen Hauses Karine Jean-Pierre erklärte: „Das Büro des Premierministers hat zugestimmt, das Treffen zum Thema Rafah zu verschieben. Daher arbeiten wir jetzt mit ihnen zusammen, um ein passendes Datum festzulegen.“
Als Vorbereitung für den geplanten Angriff auf Rafah fliegt Israel Tag und Nacht Luftangriffe auf die Stadt, in der mehr als eine Million Vertriebene Schutz gefunden haben. Die Vereinten Nationen meldeten am Dienstag: „Bei einem Angriff auf den Stadtteil Musabeh im Norden Rafahs wurden in einer Unterkunft für Binnenvertriebene achtzehn Palästinenser getötet, darunter mindestens neun Kinder und fünf Frauen.“
Der Euro-Med Monitor berichtete am Mittwoch, israelische Truppen hätten während der einwöchigen Belagerung des Al-Shifa-Krankenhauses im Norden des Gazastreifens vorsätzlich auf Kinder geschossen. Der Bericht trug den Titel: „Die israelische Armee hat innerhalb einer Woche dreizehn Kinder in und um das Al-Shifa-Krankenhaus erschossen.“
Der Bericht beinhaltete Aussagen des Palästinensers Islam Ali Salouha, dem zufolge israelische Truppen seine Familie zur Flucht aus dem Haus gezwungen hatten, in dem sie untergekommen waren. Dabei wurden ihre zwei Söhne Ali (9) und Saeed Muhammad Sheikha (6) erschossen.
Der Euro-Med Monitor erklärte: „Salouha betonte, die Tötung seines Sohnes Ali sei eine rechtswidrige Hinrichtung gewesen. Zuvor hatte er wegen der israelischen Belagerung tagelang nichts gegessen. Er wies auch darauf hin, dass das Gebiet um den Al-Shifa-Krankenhauskomplex ein Hotspot für willkürliche Hinrichtungen und Morde geworden sei. Als Beweis dienen die Leichen der Opfer, die in den Straßen entdeckt wurden.“
Diese Berichte bekräftigen die Ergebnisse der UN-Sonderbeauftragten für Menschenrechte in Palästina, Francesca Albanese. Diese hatte Anfang der Woche einen Bericht veröffentlicht, laut dem Beweise für die Behauptung vorliegen, Israels Vorgehen im Gazastreifen erfülle die Kriterien für einen Völkermord.
Albanese kommt in ihrem Bericht zu dem Schluss: „Es gibt glaubhafte Gründe zu der Annahme, dass Israels Vorgehen die Voraussetzungen für eine Einstufung als Völkermord erfüllt.“