Ausweitung der israelischen Angriffe auf Rafah verschärft die katastrophalen humanitären Bedingungen

Am Donnerstag setzte Israel seine Angriffe auf die Stadt Rafah im Süden von Gaza fort. Gleichzeitig sind Berichten zufolge die Verhandlungen zwischen Vertretern Israels und der Hamas in Kairo über einen Waffenstillstand gescheitert. Der seit langem geplante Angriff auf die letzte Zuflucht der Palästinenser in Gaza, in der etwa 1,5 Millionen Menschen zusammengepfercht leben, hat zur Schließung der wichtigsten Grenzübergänge für Hilfslieferungen in die Enklave geführt, was die humanitäre Katastrophe noch weiter verschlimmert.

Der Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza und der Grenzübergang Karem Abu Salem von Israel in die Enklave sind seit Beginn der Bombenangriffe der Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) auf den Osten Rafahs geschlossen. Israel behauptet, der Grenzübergang Karem Abu Salem sei am Mittwoch wieder geöffnet worden, allerdings gibt es keine bestätigten Berichte über Hilfslieferungen in den Gazastreifen. Laut der Medienstelle der Regierung von Gaza hat Israel in den letzten 48 Stunden etwa 400 Lastwagen an der Lieferung von Hilfsgütern gehindert.

Der Leiter des UN-Hilfswerks, Martin Griffiths, erklärte: „Die Schließung der Grenzübergänge bedeutet, dass es keinen Treibstoff gibt. Das heißt: keine Lastwagen, keine Generatoren, kein Wasser, kein Strom, kein Personen- und Warenverkehr und damit keine Hilfe.“ Die noch verbliebenen Krankenhäuser im Süden von Gaza werden in zwei bis drei Tagen wegen Treibstoffmangels schließen müssen.

Am Donnerstagnachmittag erklärte ein israelischer Regierungsvertreter gegenüber Reuters, die Gespräche zwischen israelischen und Hamas-Vertretern in Kairo über einen möglichen Waffenstillstand seien gescheitert, und die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) würden ihre Operation in Rafah fortsetzen. Das Weiße Haus bestätigte, dass CIA-Direktor William Burns, der am Wochenende in die Region gereist war, um eine Einigung zu erzielen, abreist. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, erklärte jedoch, die Verhandlungen würden fortgesetzt.

Die Medien berichten umfassend über die Äußerungen von US-Präsident Joe Biden vom Mittwochnachmittag, die USA würden keine schweren Bomben oder Artilleriegeschosse für Offensivoperationen in Rafah liefern. Doch wie Kirby am Donnerstag deutlich machte, handelt es sich dabei nur um taktische Differenzen über die Frage, wie der Angriff am besten fortgesetzt werden kann. Die rechtsextreme Regierung von Benjamin Netanjahu bevorzugt eine schnelle Eskalation des Angriffs auf Gaza, um den Völkermord an den Palästinensern zu verschärfen. Berichten zufolge hat der israelische Ministerpräsident gefordert, jede Vereinbarung zur Freilassung der verbliebenen Geiseln von den Militäroperationen der IDF in Rafah „abzutrennen“.

Vertreter der Biden-Regierung sind hingegen der Ansicht, dass eine befristete Pause in den Kämpfen mit dem Ziel, die Freilassung der verbliebenen Geiseln zu gewährleisten, immer noch die Möglichkeit eines künftigen Massakers in Rafah offen lassen würde.

Wie Kirby erklärte:

Jede größere Bodenoperation in Rafah würde tatsächlich die Stellung der Hamas am Verhandlungstisch stärken, nicht Israels. Das ist unsere Ansicht. ... Alle sprechen von einer Unterbrechung der Waffenlieferungen. Es werden immer noch Waffen an Israel geliefert. Sie erhalten weiterhin den allergrößten Teil von allem, was sie zu ihrer Verteidigung brauchen.

Al Jazeera berichtete am Donnerstag:

CIA-Chef William Burns traf sich gestern bei einem Besuch in Israel mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und anderen Mitgliedern des Sicherheitsapparats. Laut den israelischen Medien hat Burns seinen Amtskollegen versichert, dies solle nicht als Ende des Kriegs betrachtet werden, sondern nur als Pause im Krieg – eine positive Entwicklung. Weitere Aktionen könnten später ausgehandelt werden.

Berichte vor Ort deuten darauf hin, dass Israel am Donnerstag seinen mörderischen Angriff auf weitere Gebiete von Rafah ausgeweitet hat. Mehr als 100.000 Zivilisten wurden bereits aus Rafah vertrieben, viele davon sind seit dem 7. Oktober schon mehrfach geflohen.

Tariq Abu Azzoum, der für Al Jazeera aus Deir el-Ballah im Zentrum von Gaza berichtet, wies darauf hin, dass „Massenvernichtung und tödliche Gewalt nicht nur in den östlichen, sondern auch ... in den mittleren und westlichen Teilen“ von Rafah angewandt wird. Eines der Gebiete, in das die Flüchtlinge aus Rafah auf Anordnung der IDF fliehen mussten, ist al-Mawasi, wo bereits 400.000 Menschen leben. Abu Azzoum berichtete: „Die Bombenangriffe dort gingen ohne Unterlass weiter.“

Auch aus dem Stadtviertel Zeitoun in Gaza-Stadt im Norden wurden schwere Angriffe auf mindestens 25 Ziele gemeldet, bei denen Dutzende Zivilisten getötet wurden.

Im besetzten Ost-Jerusalem hat eine Gruppe von bewaffneten rechtsextremen Israelis das Hauptquartier des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA), der zentralen Koordinationsstelle für die Hilfslieferungen in den Gazastreifen, angezündet. Obwohl das UNRWA keine Opfer meldete, musste es den Standort schließen. UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini erklärte: „Unser Direktor musste mit Hilfe von Mitarbeitern das Feuer selbst löschen, da die israelische Feuerwehr und Polizei erst nach einiger Zeit eintrafen.“

Matthew Holloway, der Landesdirektor des Welternährungsprogramms für Palästina, erklärte, das Hauptlager der Hilfsorganisation in Rafah sei nicht zugänglich, und in der Stadt sei nur eine Bäckerei in Betrieb. Er fügte hinzu: „Die Nahrungs- und Treibstoffvorräte in Gaza werden nur noch ein bis drei Tage reichen. Ohne sie werden unsere Operationen zum Erliegen kommen.“

Am Donnerstag traf sich das israelische Kriegskabinett, und Quellen zufolge herrscht dort überwältigende Unterstützung für eine Eskalation des Angriffs auf Rafah. Ein Regierungsvertreter erklärte gegenüber der Zeitung Israel Hayom: „Israel muss die Operation in Rafah energischer fortsetzen, sie ausweiten und die Stadt besetzen. Im Kabinett herrscht in dieser Frage Einstimmigkeit.“

Der Sprecher der IDF, Daniel Hagari, erklärte am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, das Militär verfüge über die notwendigen Waffen, um seinen Angriff auf Rafah durchzuführen, auch wenn die USA, wie in zahlreichen Medien berichtet, die Lieferung von 1.800 2.000-Pfund-Bomben und 1.700 500-Pfund-Bomben aussetzen.

Er erklärte: „Das Militär hat genug Waffen für die geplanten Einsätze, auch derjenigen in Rafah. Wir haben, was wir brauchen.“ Itamar Yaar, ehemaliger stellvertretender Leiter des israelischen Nationalen Sicherheitsrats und Vorstandschef der Gruppe „Kommandanten für Israels Sicherheit“, die die Ansichten ehemaliger Sicherheitsbeamter repräsentiert, unterstützte diese Einschätzung.

Er bezeichnete die Aussetzung der Waffenlieferung als „symbolisch.“

Es handelt sich nicht um eine Art amerikanisches Embargo für Munitionslieferungen, sondern ich glaube, es ist eine Art diplomatischer Botschaft an Herrn Netanjahu, dass er die amerikanischen Interessen mehr berücksichtigen muss, als er es in den letzten Monaten getan hat.

Die World Socialist Web Site hat seit Beginn von Israels verheerenden Bombenangriffen auf Gaza erklärt, dass die Interessen der USA darin bestehen geht, den Völkermord an den Palästinensern zu benutzen, um einen regionalen Krieg zu einem Krieg gegen den Iran auszuweiten. Washington betrachtet Israels „Endlösung“ der palästinensischen Frage als wichtige Komponente seiner Bestrebungen, seine Vorherrschaft über den energiereichen und strategisch wichtigen Nahen Osten zu festigen, indem es Teheran unterwirft und China und Russland besiegt. Der Nahe Osten ist für den US-Imperialismus nur eine Front in einem sich rasch anbahnenden dritten Weltkrieg, in dem die imperialistischen Mächte entschlossen sind, die Welt in ihrem Interesse neu aufzuteilen.

In diesem Zusammenhang sind die scheinbaren Versuche der Biden-Regierung, Israels Angriff durch das Drängen auf einen kurzfristigen Waffenstillstand vorläufig einzudämmen, mit breiteren Erwägungen über das Timing der Eskalation des Weltkriegs an allen Fronten verbunden.

Das massive Militärhilfepaket in Höhe von 95 Milliarden Dollar, das 61 Milliarden für den Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine, 26 Milliarden Dollar für Israel und etwa acht Milliarden Dollar für die Umwandlung Taiwans in einen US-Militärstützpunkt gegen China umfasst, hat die Lieferung von Langstreckenraketen an das rechtsextreme Regime in Kiew für Angriffe auf Ziele weit im Inneren Russlands möglich gemacht.

Die enormen Summen für die Bewaffnung Israels haben nicht nur zum Ziel, dem zionistischen Regime bei der Ausrottung der Palästinenser im Gazastreifen zu helfen, sondern ermöglichen es ihm auch, als Washingtons wichtigster Kettenhund in einem drohenden Krieg mit dem Iran zu fungieren. Kirby verwies am Donnerstag auf das Hilfspaket und betonte, die für Israel vorgesehene Summe würde vollständig ausgegeben werden.

Offenbar hofft der US-Imperialismus, dass die zusätzliche Militärhilfe in Milliardenhöhe seinen Verbündeten für einen Krieg mit dem Iran stärken wird. Dieser Konflikt wäre weit weniger einseitig als das seit sieben Monaten andauernde Massaker an wehrlosen Zivilisten in Gaza.

Nur die Intervention einer internationalen Antikriegsbewegung unter Führung der Arbeiterklasse kann den von den imperialistischen Mächten unterstützten Völkermord im Gaza und die Eskalation zu einem dritten Weltkrieg verhindern. Die weltweiten Proteste von Studierenden gegen die Komplizenschaft der US-amerikanischen und europäischen Regierungen bei Israels blutigem Angriff müssen sich an die Arbeiterklasse wenden; diese muss aktiv werden, um die Lieferung und Herstellung sämtlicher für Israel bestimmten Rüstungsgüter zu stoppen. Die Arbeiter müssen die protestierenden Studierenden gegen die brutale staatliche Unterdrückung verteidigen und eine vereinte Bewegung zum Kampf gegen imperialistischen Krieg und Völkermord aufbauen, indem sie der kapitalistischen Gesellschaftsordnung, welche die Menschheit in die Barbarei stürzt, ein Ende setzt.

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