Perspektive

Nato bereitet direktes Eingreifen in den Russland-Ukraine-Krieg vor

Das von der Nato unterstützte ukrainische Regime steht in seinem Krieg mit Russland vor einem Debakel. Vor diesem Hintergrund beschleunigen die Nato-Mächte ihre Vorbereitungen für eine massive militärische Eskalation in der Ukraine. Dies ist das Ergebnis der Parlamentarischen Versammlung der Nato, die am Montag in der bulgarischen Hauptstadt Sofia stattfand.

„Russland kann und muss in der Ukraine eine strategische Niederlage erleiden“, heißt es im Kommuniqué des Treffens. Gefordert wird eine „klar formulierte Strategie, die von dem Ziel ausgeht, die Ukraine so schnell wie möglich und so lange wie nötig mit allem zu versorgen, was sie braucht, um zu gewinnen“.

Ein HIMARS-System der US-Marine auf der Marine Corps Base Camp Pendleton [Photo: US Marines]

Wenn die Nato Russland eine „strategische Niederlage“ zufügen, seiner Armee einen vernichtenden Schlag versetzen und einen Regimewechsel in Moskau erzwingen will, dann erfordert dies einen direkteren Eintritt der Nato-Streitkräfte in den Krieg. Die ukrainische Armee ist ausgeblutet, hat über eine halbe Million Mann verloren und befindet sich an der gesamten Front auf dem Rückzug.

Das Kommuniqué der Versammlung in Sofia spricht sich dafür aus, „einige Beschränkungen aufzuheben für den Einsatz von Waffen, die von den Nato-Verbündeten zur Verfügung gestellt werden, um legitime Ziele in Russland anzugreifen“. Bisher beschränkten sich die ukrainischen Angriffe auf Ziele in Russland weitgehend auf die nahe gelegene Stadt Belgorod, die in Reichweite der von der Ukraine gebauten Raketen liegt. Auf dem Treffen in Sofia wurde der Ukraine gestattet, von der Nato bereitgestellte Storm Shadow-, SCALP-, Taurus- und ATACMS-Raketen mit größerer Reichweite einzusetzen, um Städte tief in Russland zu bombardieren.

Die Arbeiter und die Jugend auf der ganzen Welt müssen gewarnt werden: Die Nato betreibt die enorm rücksichtslose Eskalation eines Krieges zwischen atomar bewaffneten Großmächten.

Nachdem der britische Außenminister David Cameron erklärt hatte, die Ukraine könnte britische „Storm Shadow“-Raketen zur Bombardierung Russlands einsetzen, bestellte das russische Außenministerium den britischen Botschafter Nigel Casey ein und warnte, dass Russland als Vergeltung Ziele in Großbritannien angreifen würde. Indem die Nato die Drohungen Camerons dennoch aufgreift, macht sie deutlich, dass sie bereit ist, einen offenen Krieg mit Russland zu riskieren.

Am Dienstag forderten Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron auf einem Gipfel in Meseberg, die Ukraine mit Nato-Raketen Russland bombardieren zu lassen. Macron sagte: „Wenn wir ihnen sagen, dass sie den Ort, von dem aus die Raketen abgefeuert werden, nicht treffen können, sagen wir in Wirklichkeit: Wir geben euch Waffen, aber ihr könnt euch nicht verteidigen.“

Dies geschieht vor dem Hintergrund der Ankündigung, dass Finnland, Polen und die baltischen Staaten eine „Drohnenmauer“ entlang der russischen Grenze errichten, um sich auf die Bekämpfung russischer Militärdrohnen vorzubereiten.

Am Samstag erklärte der polnische Außenminister Radosław Sikorski gegenüber dem Guardian, dass amerikanische und russische Vertreter den möglichen Einsatz von Atombomben erörtern: „Die Amerikaner haben den Russen gesagt: Wenn ihr eine Atombombe zündet, auch wenn sie niemanden tötet, werden wir alle eure Positionen in der Ukraine mit konventionellen Waffen angreifen, wir werden sie alle zerstören. Ich denke, das ist eine glaubwürdige Drohung.“

Sikorski erwähnt zwar ein Szenario, in dem der Kreml als erstes Atomwaffen einsetzt, doch seine Äußerungen lassen insgesamt vermuten, dass die Nato eine größere Motivation hat, dies zu tun. Er räumt sogar ein, dass Europa in einem konventionellen Krieg mit Russland, dessen Truppen nun schwer bewaffnete Veteranen eines zweijährigen Krieges sind, im Nachteil wäre.

Sikorski sagt, dass Europa nach der Auflösung der Sowjetunion durch die Stalinisten im Jahr 1991 „nicht nur abgerüstet, sondern sich im Bereich der Verteidigung deindustrialisiert hat. ... Und im Nachhinein erscheint dies als Fehler. Es ist offensichtlich, dass Europa im Rückstand ist.“ Und weiter: „Wir haben uns auf hochwertige Hightech-Plattformen und Waffen konzentriert. Wir entdecken erst jetzt wieder, dass man eigentlich nur Millionen Geschosse braucht. Man braucht auch große Mengen an Low-Tech-Produkten.“ Dies birgt die Gefahr, dass die Nato beschließen könnte, in einem Krieg Atomwaffen einzusetzen, um diese relative Schwäche auszugleichen.

Die Kriegspläne der Nato gegen Russland sind mit einer globalen imperialistischen Agenda verknüpft. In Sofia griff Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg China an, weil das Land während des Ukraine-Krieges mit Russland Handel treibt. Das Kommuniqué des Treffens ruft dazu auf, „die militärische Unterstützung des russischen Krieges durch das belarussische, iranische und nordkoreanische Regime zu verurteilen“. Es kommt zu dem Schluss, dass „die Hilfe für die Ukraine ... daher eine kleine Investition ist im Vergleich zu den strategischen Vorteilen, die mit dem Sieg der Ukraine verbunden sind“.

Das heißt, die Nato hofft nicht nur, Zugang zu Russlands riesigen Öl- und Gasvorkommen und wichtigen strategischen Mineralien zu erhalten, wenn sie Russland eine „strategische Niederlage“ zufügt und in Moskau ein Marionettenregime installiert. Die Eskalation gegen Russland ist mit einem Krieg in Ostasien, im Nahen Osten und im Iran verbunden. Am deutlichsten zeigt sich dies in der Unterstützung für Israel durch die Nato beim Völkermord in Gaza.

Moskau reagierte auf die Äußerungen Stoltenbergs mit einer Verurteilung der Nato. „Die Nato kokettiert mit militärischer Rhetorik und verfällt in militärische Ekstase“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Auf die Frage, ob die Nato kurz vor einer direkten Konfrontation mit Russland stehe, antwortete er: „Sie sind nicht kurz davor, sie sind schon dabei.“

Die Nato-Eskalation entlarvt jedoch den Bankrott der nationalistischen Strategie, die der reaktionären Invasion des russischen kapitalistischen Regimes in der Ukraine zugrunde liegt. Der Versuch des Kremls, die Nato mit Hilfe seiner militärischen Macht an den Verhandlungstisch zu bringen und sie zu zwingen, Russlands Sicherheitsinteressen anzuerkennen, ist gescheitert. Russland sieht sich nun mit der Aussicht auf einen Krieg mit dem gesamten NATO-Bündnis konfrontiert, der zu einem nuklearen Flächenbrand eskalieren kann.

Die größte Gefahr in dieser Situation besteht darin, dass sich die Arbeiter und Jugendlichen des Ausmaßes und der Unmittelbarkeit der Gefahr nicht voll bewusst sind. Die Regierungen der Nato-Staaten planen diese Eskalation hinter dem Rücken der Bevölkerung. Sie dreschen Phrasen über „Hilfe für die Ukraine“ und eine „europäische Kriegswirtschaft“, ohne die katastrophalen Auswirkungen einer solchen Politik zu erläutern.

Der Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Nato-Truppen zum Kampf gegen Russland in die Ukraine zu entsenden, stößt in der europäischen Bevölkerung auf überwältigenden Widerstand. Umfragen zeigen, dass 68 Prozent der Franzosen, 80 Prozent der Deutschen und 90 Prozent der Polen diese Politik ablehnen. Diese Opposition wäre zweifellos noch stärker und aktiver, wenn sich die Arbeiter und die Jugend der Ausmaße des Krieges bewusst wären, den die Nato zu entfesseln gedenkt.

Arbeiter und Jugendliche müssen gewarnt sein. Die Verschwörung der militaristischen Regierungen und der Medien, die Kriegspropaganda verbreiten, um die Gefahr vor den Massen zu verbergen, muss aufgedeckt werden. Es gibt keine Möglichkeit, den Krieg durch eine nationale Strategie auf kapitalistischer Basis zu beenden. Die Abwendung eines Dritten Weltkriegs in Europa hängt vom Aufbau einer internationalen, sozialistischen Antikriegsbewegung in der Arbeiterklasse ab.

Die Eskalation der Nato gegen Russland findet parallel zu den weltweiten Massenprotesten gegen den von der Nato unterstützten israelischen Völkermord in Gaza statt. Jugendliche und Arbeiter, die sich an diesen Protesten beteiligen, müssen sich darüber im Klaren sein, dass sowohl der Völkermord im Gazastreifen als auch die Nato-Eskalation gegen Russland auf das Streben der imperialistischen Mächte nach globaler Hegemonie durch Krieg zurückzuführen sind.

Es ist notwendig, die Arbeiterklasse gegen die globale Eskalation des imperialistischen Krieges zu mobilisieren und den Kampf gegen den Krieg mit den sozialen und wirtschaftlichen Forderungen zu verbinden, welche die Arbeiter in der ganzen Welt bewegen. Der Kampf gegen den Krieg ist untrennbar verbunden mit einem Kampf für die Abschaffung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung, welche die Ursache des Krieges ist, und einem Kampf für den Sozialismus, der diese ersetzen wird.

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