Die türkische Emek Partisi (EMEP, Partei der Arbeit) veranstaltete am 25. und 26. Mai in Istanbul eine internationale Nahost-Konferenz. An der Konferenz nahmen unter anderem Gilbert Achcar, ein führendes Mitglied des Vereinigten Sekretariats der Pablisten, und Maher Arafat Al-Taher, ein Vertreter der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) teil. Die Konferenz bestand aus vier inhaltlichen Sitzungen: „Machtkämpfe und Hegemonie im Nahen Osten“, „Die Beziehungen zwischen der Türkei und dem Nahen Osten und die politische Wirtschaft“, „Völker und Kämpfe im Nahen Osten“ sowie „Möglichkeiten und Bedingungen für den Frieden im Nahen Osten“.
Die EMEP, eine stalinistische Partei, ist Mitglied der Internationalen Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen (CIPOML) und trat bei den Wahlen in einem Bündnis mit der kurdisch-nationalistischen Partei für Gleichheit und Demokratie der Völker (DEM-Partei, früher HDP) an. Bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr gewann die EMEP zwei Parlamentssitze auf der Liste der DEM-Partei und unterstützte den Vorsitzenden der Republikanischen Volkspartei (CHP), Kemal Kılıçdaroğlu, bei den Präsidentschaftswahlen gegen Recep Tayyip Erdoğan.
Die Konferenz begann mit einer Eröffnungsrede von Seyit Aslan, Parteichef der EMEP. Aslan legte dar, dass der Völkermord in Gaza Teil eines „internationalen Kampfes um die Vorherrschaft“ sei. Indem er Russland und China als zwei neue „imperialistische Mächte“ darstellte, wiederholte Aslan eine pseudolinke These, welche die imperialistische Aggression von USA und Nato relativiert.
„Während einige der imperialistischen Staaten versuchen, ihre frühere koloniale Macht wiederzuerlangen, sind auch zwei neue imperialistische Mächte, Russland und China, in diesen Verteilungskrieg verwickelt“, so Aslan.
In Wirklichkeit sind Russland und China zwar reaktionäre kapitalistische Regime, jedoch keine imperialistischen Mächte, sondern die Hauptziele einer imperialistischen Aggression vonseiten der USA und der Nato. Die Strategie des US-Imperialismus, den eigenen anhaltenden wirtschaftlichen Niedergang auf der Weltbühne durch militärische Mittel auszugleichen, gewann nach der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie im Jahr 1991 an Dynamik. Der US-Nato-Imperialismus hat im Nahen Osten, in Zentralasien, Afrika und auf dem Balkan bereits zahlreiche Kriege um Ressourcen und Hegemonie geführt.
Dies waren Vorbereitungen für die vollständige imperialistische Unterwerfung und Ausplünderung von Russland und China. 2016 bemerkte David North, Chefredakteur der WSWS, in seinem Vorwort zu „30 Jahre Krieg. Amerikas Griff nach der Weltherrschaft 1990-2020“:
Die Kriege, die im letzten Vierteljahrhundert von den USA angezettelt wurden, müssen als Kette zusammenhängender Ereignisse aufgefasst werden. Die strategische Logik des Weltmachtstrebens der USA geht über neokoloniale Operationen im Nahen Osten und in Afrika hinaus. Die laufenden regionalen Kriege sind zusammengehörige Elemente einer rasch eskalierenden Konfrontation der USA mit Russland und China.
Die finanzielle, militärische und politische Unterstützung der imperialistischen Mächte unter Führung der USA für Israels Völkermord in Gaza rührt daher, dass der Krieg im Nahen Osten im Kern eine Front im globalen Krieg gegen China und Russland ist.
Aslans wiederholt nicht nur die pseudolinke Behauptung vom „russischen und chinesischen Imperialismus“, die dazu dient, die Aggression des US-Nato-Imperialismus zu legitimieren. Er leitet daraus auch die Verteidigung einer reaktionären „Zweistaatenlösung“ in Palästina durch seine Partei ab.
Diese bankrotte „Lösung“, die von den imperialistischen Mächten und ihren Verbündeten wie der Türkei vorgeschlagen wurde, diente als politischer Deckmantel für die Katastrophe, unter der das palästinensische Volk seit Jahrzehnten zu leiden hat. Von der Errichtung des zionistischen Staates Israel als Besatzungsmacht im Jahr 1948 mit Unterstützung der von Stalin geführten Sowjetbürokratie bis zum heutigen Völkermord in Gaza haben die Ereignisse bewiesen, dass der einzige Weg nach vorn der Kampf für ein sozialistisches Palästina als Teil einer Sozialistischen Föderation im Nahen Osten ist.
Selbst Al-Taher, der Beauftragte für internationale Beziehungen der PFLP, wies trotz der Grenzen seiner nationalistischen Perspektive auf diese Täuschung hin und sagte in seiner Rede: „Die USA fordern eine Zwei-Staaten-Lösung... Es kann eine unbewaffnete Entität sein, eine Entität unter Kontrolle, eine winzige palästinensische Entität, eine Struktur unter ihrer Kontrolle, ein militärischer und wirtschaftlicher Zustand, aber kein Staat... Die Zweistaatenlösung ist eine echte Täuschung. Das Ziel ist ein künstlicher Staat unter israelischer Kontrolle.“
Die Einladung zur Konferenz von Achcar, einem entschiedenen Verteidiger des US-Nato-Imperialismus und des ukrainischen Regimes im Ukraine-Krieg, machte den bankrotten Charakter der Veranstaltung deutlich. Achcar, Professor an der School of African and Oriental Studies (SAOS) in London, hält gegen Bezahlung Vorträge vor dem britischen Militär. Er schreibt für die Zeitschrift der Pablisten International Viewpoint und für Le Monde diplomatique.
Die antimarxistischen Imperialismusvorstellungen des Pablisten Achcar und des Stalinisten Aslan sind miteinander vereinbar. Im März 2022 erklärte Achcar offen, er sei „für die Lieferung von Flugabwehr- und Panzerabwehrwaffen an die Ukraine sowie aller Waffen, die für die Verteidigung des Territoriums unerlässlich sind“. Der pseudolinke Chor, der behauptet, die Ukraine sei militärisch nicht angemessen unterstützt worden, trägt heute die politische Verantwortung für die Genehmigung von Angriffen der USA und der Nato auf russisches Territorium und die Eskalation der Gefahr eines Atomkonflikts.
Achcars Verurteilung der USA und ihres zionistischen Verbündeten in Gaza kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er und das Vereinigte Sekretariat der Pablisten offen die imperialistische Aggression in Nordafrika und im Nahen Osten unterstützt haben, einschließlich die Nato-Intervention gegen Mummar Gaddafi in Libyen im Jahr 2011 und den Stellvertreterkrieg für einen Regimewechsel in Syrien.
„Die westliche Reaktion riecht natürlich nach Öl“, sagte Achcar im Jahr 2011. Dies sei jedoch kein Grund, die imperialistische Intervention in Libyen abzulehnen:
Hier ist eine Bevölkerung wirklich in Gefahr, und es gibt keine plausible Alternative, wie sie zu schützen ist. Der Angriff von Gaddafis Truppen war nur noch Stunden oder höchstens Tage entfernt. Man kann sich nicht im Namen antiimperialistischer Prinzipien einer Aktion widersetzen, die ein Massaker an der Zivilbevölkerung verhindern wird.
Die imperialistische Intervention, die von Achcar mit der Lüge unterstützt wurde, „ein Massaker an der Zivilbevölkerung zu verhindern“, führte zur Ermordung Tausender, unter ihnen Gaddafi, und zur Zerstörung eines Landes, das zu den am stärksten entwickelten in Afrikas zählte. Libyen wurde durch rivalisierende Milizen gespalten, und in dem darauf folgenden Jahrzehnt des Bürgerkriegs starben weitere zehntausende Menschen. Mit Al-Qaida verbundene islamistische Kräfte, die in Libyen von den Imperialisten als „Freiheitskämpfer“ angepriesen wurden, wurden dann nach Syrien verlegt und zu Schlüsselelementen im Krieg für den Regimewechsel.
Heute setzt Achcar die Palästinenser, die Ziel des völkermörderischen Krieges der imperialistischen Staaten und Israels sind, mit dem ukrainischen Regime gleich, das als Stellvertreter im Krieg der gleichen imperialistischen Staaten gegen Russland dient. Anfang März schrieb er in International Viewpoint:
Wir setzen Ukraine und Gazastreifen gleich, um zu zeigen, dass wir gegen jede Invasion sind, ob russisch, israelisch oder amerikanisch, und dass wir als Internationalisten konsequent universelle Werte wie Frieden, die Rechte der Völker, Selbstbestimmung usw. verteidigen.
Achcar und zahlreiche andere pseudolinke Figuren und Strömungen behaupten, dass der US-Nato-Imperialismus und seine faschistischen Stellvertreter in der Ukraine einen „guten Krieg“ führen, während der Völkermord in Gaza ein „schlechter Krieg“ ist. In Wirklichkeit sind beide Teil des Kampfes der US-geführten imperialistischen Mächte zur Neuaufteilung der Welt. Im April verabschiedete der US-Imperialismus in ein und demselben Gesetzentwurf ein Paket von zig Milliarden Dollar an Militärhilfe für die Ukraine, Israel und Taiwan, was beweist, dass diese Fronten von den USA als Teil desselben globalen Krieges betrachtet werden.
Die Internationale Nahost-Konferenz in Istanbul diente dazu, Arbeiter und Jugendliche zu verwirren und politisch zu entwaffnen, indem die Verbindung zwischen diesen Kriegen verschleiert und die Rolle der imperialistischen Mächte relativiert wird. Gleichzeitig lassen die USA und die Nato den Krieg in der Ukraine zu einem Atomkonflikt eskalieren und unterstützen Israels Völkermord in Gaza weiterhin uneingeschränkt. Auf dieser Versammlung von Gegnern des Marxismus fehlte jede Spur einer sozialistischen internationalistischen Perspektive.
Wer nach einer solchen Perspektive sucht, kann sie nur im Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) finden, das für den Aufbau einer internationalen sozialistischen Bewegung von Arbeitern und Jugendlichen gegen den Krieg kämpft.
Am 2. Juni erklärte das IKVI in einer Erklärung: „Stoppt die US-Nato-Eskalation zum Atomkrieg! Vereinigt die internationale Arbeiterklasse gegen imperialistischen Krieg und Völkermord!“:
Es gibt nur eine Möglichkeit, die Abwärtsspirale in die Katastrophe aufzuhalten: Die Arbeiterklasse muss intervenieren und ein Ende des Kriegs erzwingen. Diese Forderung muss mit dem Kampf zur Beendigung des völkermörderischen Angriffs Israels auf den Gazastreifen verbunden werden. […]
Die Arbeiterklasse muss ihre Macht nutzen, um diesen Krieg, der auf eine Katastrophe zusteuert, zu stoppen. Um ihre Macht zum Einsatz zu bringen, muss die Kluft zwischen dem fortgeschrittenen Stadium der globalen Krise und dem aktuellen Stand des politischen Bewusstseins der Massen überwunden werden. Die Lösung dieses historischen Problems erfordert die Entwicklung einer marxistisch-trotzkistischen Führung. Die internationale Arbeiterbewegung muss auf der Grundlage einer sozialistischen Politik erneuert werden und wieder den Weg der Revolution einschlagen.
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