Warum unterstützen Musk und Springer die AfD?

Der Multimilliardär und Trump-Vertraute Elon Musk setzt seine Wahlkampfhilfe für die AfD fort. Nachdem er auf X verkündet hatte, nur die AfD könne Deutschland retten, und in der Welt am Sonntag zur Wahl der rechtsextremen Partei aufgerufen hatte, führte er am Donnerstagabend auf X ein langes Gespräch mit der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel, dem bis zu 210.000 Zuhörer folgten.

Alice Weidel und Elon Musk auf X (Screenshot)

Musk und Weidel überhäuften sich 75 Minuten lang gegenseitig mit Komplimenten, schäkerten und kicherten und feuerten sich mit bewundernden „Yeah“-Rufen an. Das obszöne Spektakel zeigte, dass die beiden in allen wesentlichen politischen Fragen übereinstimmen: Abschiebung von Migranten, Deregulierung der Wirtschaft, Steuersenkung für die Reichen, Ablehnung von Corona-Schutzmaßnahmen, Rückkehr zur Kernenergie, massive Aufrüstung, Unterstützung des israelischen Genozids in Gaza, und so weiter und so fort.

Musk wiederholte mit Nachdruck seinen Wahlaufruf für die AfD. Er empfehle den Leuten in Deutschland:

Wenn man mit der Situation unzufrieden ist, muss man für eine Veränderung stimmen, und deshalb empfehle ich den Leuten wirklich dringend, die AfD zu wählen. Das ist meine dringende Empfehlung. Wie ich öffentlich gesagt habe, denke ich, dass nur die AfD Deutschland retten kann, und das möchte ich ganz klar sagen: Nur die AfD kann Deutschland retten, Ende der Geschichte! Die Menschen müssen sich wirklich hinter die AfD stellen, sonst wird es in Deutschland noch sehr, sehr viel schlimmer werden.

Musk ist mit einem Vermögen von mehr als 400 Milliarden Dollar der reichste Mann der Welt. Er gehört zu den engsten Vertrauten des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump, für den er ein „Amt für Regierungseffizienz“ leiten soll, mit dem erklärten Ziel, den Haushalt um mehr als ein Viertel zu kürzen und Hunderttausende von Arbeitsplätzen zu streichen. Musk nutzt das soziale Netzwerk Twitter, das er für 44 Milliarden Dollar gekauft und in X umbenannt hat, um rechtsextreme Bewegungen auf der ganzen Welt zu fördern.

Dass neben dem argentinischen Präsidenten Javier Milei, der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni und der britischen Partei Reform UK nun auch Alice Weidel zu Musks Favoriten gehört, wirft ein deutliches Licht auf den Klassencharakter der AfD. Sie hat Wählerstimmen gewonnen, indem sie die Wut auf die etablierten Parteien ausschlachtete, die nur noch sozialen Niedergang und Umverteilung zugunsten der Reichen organisieren, und in eine ultrarechte Richtung lenkte. Nun identifiziert sie sich offen mit den parasitärsten Vertretern des Kapitals.

Donald Trump, der sein Vermögen im kriminellen Milieu der Immobilienspekulanten und Spielcasino-Betreiber machte, bildet eine Regierung von Oligarchen, um eine Politik des sozialen Kahlschlags, der militärischen Eroberungen und der faschistischen Diktatur zu verfolgen.

Die Wiederwahl des Möchtegern-Führers sei „Ausdruck einer grundlegenden Neuausrichtung der Politik in den Vereinigten Staaten und weltweit“, schrieb die WSWS in ihrer Neujahrserklärung. „Die neue Regierung wird eine Regierung von den Reichen und für die Reichen sein. In einem in der amerikanischen Geschichte nie dagewesenen Ausmaß wird die Oligarchie die direkte Kontrolle über den Staat ausüben.“ Das Vermögen von Musk und weiteren Milliardären in Trumps Regierung wird auf fast eine halbe Billion Dollar geschätzt.

Trump verfolgt eine Politik der inneren Repression, die in der Drohung gipfelt, Millionen Migranten gewaltsam abzuschieben, und der militärischen Expansion. So hat er damit gedroht, Grönland und den Panama-Kanal gewaltsam zu annektieren und Kanada zum 51. amerikanischen Bundesstaat zu machen.

Von den europäischen Nato-Mitgliedern verlangt er, die Militärausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern. Für Deutschland, das derzeit nur dank des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro auf zwei Prozent kommt, würde dies eine Vervierfachung des regulären Militärhaushalts auf 200 Milliarden Euro im Jahr bedeuten. Das entspräche etwa der Hälfte des gesamten Bundeshaushalts.

Alice Weidel unterstützt dieses Ziel, das nur durch eine weitgehende Streichung sämtlicher Sozialausgaben zu erreichen wäre. Dem ZDF erklärte sie, bei entsprechendem Bedarf wären auch Ausgaben über den von Trump genannten fünf Prozent denkbar: „Das halte ich für möglich und sehr wahrscheinlich, wenn sie es wirklich ernst meinen mit der Ertüchtigung der Bundeswehr und auch mit der eigenen Landesverteidigung.“

Zu den bizarrsten Passagen des Gesprächs von Weidel mit Musk gehörte eine Passage, in der die beiden Adolf Hitler als „Sozialisten“ und „Kommunisten“ bezeichneten und damit den Nazi-Diktator gewissermaßen von rechts angriffen.

Auf Musks Aufforderung, zum Vorwurf Stellung zu nehmen, die AfD sei „rechtsextrem und irgendwie mit den Nazis verbunden“, erwiderte Weidel, die Nationalsozialisten seien in Wirklichkeit, wie der Name sage, Sozialisten gewesen. „Yeah, yeah, sie haben die Industrie wie verrückt verstaatlicht,” ergänzte Musk. Weidel fuhr fort:

Ja, absolut. Hitler war ein Kommunist und betrachtete sich selbst als Sozialist. Sie finanzierten private Unternehmen und verlangten dann Steuern, riesige Steuern. Und dann haben sie auch noch die gesamte Industrie verstaatlicht. Der größte Erfolg nach dieser schrecklichen Zeit in unserer Geschichte bestand darin, Adolf Hitler als Rechten und Konservativen abzustempeln. Er war genau das Gegenteil, er war kein Konservativer, er war kein Libertärer, er war ein kommunistischer, sozialistischer Typ. Wir sind genau das Gegenteil, wir sind eine libertäre, konservative Partei.

Dass Hitler ein fanatischer Antikommunist war, weiß jedes Schulkind. Die paramilitärischen Banden der Nazis verfolgten Kommunisten brutal und brachten bereits vor Hitlers Machtübernahme viele um. Kaum an der Macht, verbot Hitler die Kommunistische Partei und bald danach auch die SPD und die Gewerkschaften. Die ersten Konzentrationslager wurden nicht für Juden, sondern für Kommunisten und Sozialdemokraten gebaut.

Die führenden Vertreter von Wirtschaft, Militär und Politik machten Hitler zum Reichskanzler und mit dem Ermächtigungsgesetz zum Diktator, weil sie ihn brauchten, um die organisierte Arbeiterklasse zu zerschlagen und den Krieg vorzubereiten. Hitler hatte deswegen viele internationale Bewunderer – auch in den USA. Zu den bekanntesten zählte Henry Ford, der wie heute Elon Musk einen großen, international tätigen Autokonzern führte.

Im Zweiten Weltkrieg steigerten die Nazis die Ausbeutung dann zu nie gekannter Brutalität. 26 Millionen Menschen aus ganz Europa mussten in Deutschland und den besetzten Gebieten Zwangsarbeit für die deutsche Wirtschaft leisten. KZ-Häftlinge wurden buchstäblich zu Tode gearbeitet. Das kapitalistische Privateigentum tastete Hitler dabei nicht an. Die einzigen Enteignungen, die sein Regime vornahm, war die „Arisierung“ jüdischen Besitzes, der an seine Günstlinge verteilt wurde.

Der Staat nahm nur Einfluss auf die Produktion, soweit die Kriegswirtschaft dies erforderte. Die Profite der Kapitalisten beschnitt er dabei nicht. Bis heute gehen die Vermögen vieler deutscher Milliardärsfamilien – der Klatten und Quandt (BMW), der Porsche und Piëch (Volkswagen), der Schaeffler (Schaeffler und Continental) oder von August von Finck (Degussa), der Millionen an die AfD spendete – auf die Verbrechen der Nazis zurück.

Leo Trotzki schrieb 1933 in seinem hervorragenden Artikel „Porträt des Nationalsozialismus“:

Der deutsche wie der italienische Faschismus stiegen zur Macht über den Rücken des Kleinbürgertums, das sie zu einem Rammbock gegen die Arbeiterklasse und die Einrichtungen der Demokratie zusammenpressten. Aber der Faschismus, einmal an der Macht, ist alles andere als eine Regierung des Kleinbürgertums. … [Er] erhebt sich über die Nation als reinste Verkörperung des Imperialismus. … Die gewaltsame Zusammenfassung aller Kräfte und Mittel des Volkes im Interesse des Imperialismus – die wahre geschichtliche Sendung der faschistischen Diktatur – bedeutet die Vorbereitung des Krieges; diese Aufgabe duldet keinerlei Widerstand von innen und führt zur weiteren mechanischen Zusammenballung der Macht. Den Faschismus kann man weder reformieren noch zum Abtreten bewegen. Ihn kann man nur stürzen. Der politische Weg der Naziherrschaft führt zur Alternative Krieg oder Revolution. (Leo Trotzki, „Porträt des Nationalsozialismus“, Mehring Verlag 2023, S. 350-51)

Das konservative, libertäre Programm, das Weidel nach eigener Aussage vertritt, knüpft an das Programm der Nazis an. Es ist das Programm der Unterordnung aller gesellschaftlichen Bedürfnisse unter die hemmungslose Bereicherung der Oligarchen und unter die Erfordernisse des imperialistischen Kriegs sowie der Beseitigung aller Schranken, die diesem Ziel im Wege stehen. Der Staat soll auf seine repressiven Aufgaben – Polizei, Geheimdienste und Militär – reduziert werden, um sozialen Widerstand zu unterdrücken und imperialistische Kriege zu führen. Gesellschaftliche Aufgaben wie Bildung, Gesundheit und Infrastruktur sollen dagegen privatisiert oder – wie Sozialhilfe, Pflege, Renten und Umweltschutz – ganz gestrichen werden.

Dieses Programm wird in der einen oder anderen Form von allen etablierten Parteien unterstützt.

FDP-Chef Christian Lindner forderte schon nach dem Bruch der Ampel, „Mehr Musk und Milei wagen“, und bettelte Elon Musk über X an, doch mit ihm statt mit Weidel zusammenzuarbeiten.

Die führende CDU-Politikerin Julia Klöckner postete am Donnerstag auf ihren Social-Media-Kanälen eine Kachel mit dem Zitat: „Für das, was ihr wollt, müsst ihr nicht die AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU.“ Erst nach Protesten entfernte sie sie wieder.

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht, die im Oktober auf Welt-TV selbst mit Weidel debattiert und dabei eine politische Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen hatte, warf der AfD-Führerin lediglich vor, dass sie sich mit einem US-Milliardär einlasse, statt deutsche imperialistische Interessen zu vertreten. In einem Video-Statement erklärte Wagenknecht: „Jetzt hat auch die AfD ihren US-Paten gefunden. Wer die Unterwürfigkeit deutscher Politiker gegenüber dem US-Establishment satt hat, dem bleibt nur BSW wählen. Wir stehen für eine selbstbewusste Politik, die die Interessen unseres Landes in den Mittelpunkt stellt.“

Auch die etablierte Presse wirbt nun erstmals offen für die AfD. Nachdem es im Springer-Verlag zu Protesten und Rücktritten wegen der Veröffentlichung von Musks Wahlaufruf für die AfD auf der Titelseite der Welt am Sonntag gekommen war, ist inzwischen klar, dass Verlagschef und -eigentümer Mathias Döpfner persönlich dahinterstand.

Döpfner, der in den USA die Medien Politico und Business Insider gekauft hat, ist ein Bewunderer von Musk, dem er vor vier Jahren den „Axel Springer Award“ verlieh. Er pflegt zu Musk einen direkten Draht. Laut Recherchen des Spiegel soll Döpfner Musk den Kauf von Twitter empfohlen und ihm angeboten haben, das soziale Netzwerk für ihn zu managen.

Der Spiegel hat auch erfahren, dass Die Welt Musk und Weidel zu ihrem „Wirtschaftsgipfel“ Ende Januar eingeladen hat, an dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz, CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz sowie Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) teilnehmen wollen. Bestätigt wurde dies bisher nicht.

Die sogenannte Brandmauer, die die etablierten Parteien und Medien bisher gegen die rechtsextreme AfD beschworen haben, bröckelt wie eine morsche Wand. Die herrschenden Kreise in ganz Europa reagieren auf die Rückkehr Trumps ins Weiße Haus und die damit verbundene Verschärfung internationaler und sozialer Spannungen mit einem scharfen Ruck nach rechts.

In Italien und den Niederlanden führen faschistische Parteien bereits die Regierung, in Frankreich steht das rechtsextreme Rassemblement National an der Schwelle des Präsidentenpalastes, und in Österreich verhandelt die ÖVP, die Schwesterpartei der deutschen CDU und CSU, mit der rechtsextremen FPÖ über eine Regierung unter Führung von Herbert Kickl, der über enge Verbindungen ins Neonazi-Lager verfügt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die AfD in eine Regierung aufgenommen wird.

Verhindern kann dies nur eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse, die den Kampf gegen Sozialabbau, Faschismus und Krieg mit dem Kampf gegen ihre Ursache, den Kapitalismus verbindet.

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