Perspektive

Die Aufrüstung der Ukraine durch die USA im Vorfeld des Kriegs

Vorgestern hielt US-Präsident Biden eine Rede, in der er der Ukraine Waffenlieferungen im Wert von 1 Milliarde Dollar zusagte, darunter Kampfdrohnen und Langstrecken-Luftabwehrsysteme, die im Krieg gegen Russland eingesetzt werden sollen.

Die aktuellen Bemühungen um eine diplomatische Lösung erwähnte Biden mit keiner Silbe. Dafür warnte er, dass sich die Vereinigten Staaten auf „einen langen und schwierigen Kampf“ einstellen sollten.

Der US-Präsident kündigte an, dass die Ukraine 9.000 Panzerabwehrsysteme, 800 Luftabwehrsysteme, 7.000 Kleinwaffen und 20 Millionen Schuss Munition erhalten werde. Andere Regierungsvertreter stellten anschließend klar, dass der Ukraine auch Angriffsdrohnen und Langstrecken-Luftabwehrraketen aus Sowjetzeiten zur Verfügung gestellt werden.

Angehörige der ukrainischen Territorialen Verteidigungskräfte üben in einem Außenbezirk von Kiew den Einsatz einer NLAW-Panzerabwehrwaffe, 9. März 2022 (AP Photo/Efrem Lukatsky)

Das Wichtigste an Bidens Rede waren jedoch seine Ausführungen zu den Hintergründen des Krieges. Sie machen deutlich, wie umfangreich und gezielt die USA die Ukraine auf den Konflikt mit Russland vorbereitet haben.

Biden zeichnete das Bild eines jahrelangen Stellvertreterkonflikts, in dem die Vereinigten Staaten Waffen im Wert von Milliarden Dollar an die Ukraine geliefert haben. „Wir haben mit unserer Hilfe für die Ukraine begonnen, bevor dieser Krieg ausbrach“, sagte Biden, und fuhr fort:

Wir haben der Ukraine im letzten Jahr mehr Sicherheitsunterstützung zukommen lassen, als jemals zuvor – Waffen im Wert von 650 Millionen Dollar, einschließlich Luftabwehr- und Panzerabwehrausrüstung vor der Invasion. Als die Invasion begann, waren sie also bereits im Besitz der Waffen, die sie brauchten, um dem russischen Vormarsch entgegenzutreten.

Und als der Krieg begann, haben wir sofort Hilfe im Wert von weiteren 350 Millionen Dollar bereitgestellt, um ihren Bedarf zu decken: Hunderte von Luftabwehrsystemen, Tausende von Panzerabwehrwaffen, Transporthubschrauber, bewaffnete Patrouillenboote und andere hochmobile Fahrzeuge, Radarsysteme zur Erkennung anrückender Artillerie und unbemannter Drohnen, sichere Kommunikationsgeräte und taktische Ausrüstung, Satellitenbilder und Analysekapazitäten. Das hat der Ukraine eindeutig geholfen, den russischen Streitkräften dramatische Verluste beizubringen.

Diese Äußerungen widerlegen die Darstellung der Medien, die Ukraine sei als kleines und vom Pech verfolgtes Land unvermittelt von einer brutalen Großmacht überfallen worden.

Das ukrainische Militär hatte sich mit Hilfe von US-Beratern, die im Lande tätig waren, auf den Krieg vorbereitet, den die Regierung Biden inzwischen angezettelt hat. Die ukrainische Zivilbevölkerung, die jetzt ins Kreuzfeuer gerät, wird als Kollateralschaden der antirussischen Strategie des US-Imperialismus abgeschrieben. Gerade weil die Ukraine kein Nato-Mitglied ist, konnte sie bis an die Zähne bewaffnet und als Köder benutzt werden, um die russische Regierung zu ihrer katastrophalen und tödlichen Invasion zu provozieren.

Die Hintergründe dieses Krieges zu verstehen bedeutet nicht, die russische Invasion zu billigen, die eine strategische Dummheit und politisch reaktionär ist. Es ist die Verzweiflungstat des bankrotten Regimes, das aus der Auflösung der UdSSR hervorgegangen ist.

Dennoch muss man der verlogenen Darstellung entgegentreten, die die Propagandaorgane der USA und der Nato-Mächte von diesem Krieg verbreiten, der bereits Tausende von Menschenleben gekostet hat und zu einem Atomkrieg eskalieren kann.

Im Jahr 2013 prahlte die damalige stellvertretende US-Außenministerin für europäische und eurasische Angelegenheiten, Victoria Nuland, dass die Vereinigten Staaten 5 Milliarden Dollar ausgegeben hätten, um die Ukraine bei der Annäherung an die EU und bei anderen Zielen zu unterstützen.

Das Ergebnis dieses Geldflusses und auch direkterer Interventionen durch die imperialistischen Mächte war der Putsch von 2014, der von faschistischen Kräften wie Swoboda und dem Rechten Sektor angeführt wurde.

Innerhalb weniger Monate verzichtete das ukrainische Parlament auf den bündnisfreien Status des Landes und kündigte an, die Zusammenarbeit mit der Nato zu vertiefen, „um die für eine Mitgliedschaft in der Allianz erforderlichen Kriterien zu erfüllen“.

Der Putsch von 2014 führte zur Abspaltung von Donezk und Lugansk in der Ostukraine sowie zur russischen Annexion der Krim, einer mehrheitlich russischsprachigen Region, im Anschluss an ein Referendum.

In dem Bemühen, den Krieg in der Ostukraine einzudämmen, unterzeichneten die Republiken Donezk und Lugansk einen Waffenstillstand, der als Minsker Abkommen bekannt wurde. Er wurde in den folgenden Jahren systematisch unterlaufen.

Trotz des Waffenstillstands pumpten die Vereinigten Staaten weiterhin Waffen in die Ukraine und bildeten deren Militär aktiv aus.

Ein entscheidender Wendepunkt war das erste Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump Ende 2019. Dabei ging es um den Vorwurf, Trump habe Waffenlieferungen an die Ukraine davon abhängig gemacht, dass Selenskyj Ermittlungen gegen Bidens Sohn Hunter anordnet, der sich seine Mitgliedschaft im Vorstand von Burisma, einem ukrainischen Energieunternehmen, mit rund 1 Million Dollar pro Jahr vergüten ließ.

Während des Amtsenthebungsverfahrens wurde deutlich, welche zentrale Rolle die Ukraine in der geopolitischen Strategie der USA spielt. Die ehemalige US-Botschafterin in der Ukraine, Marie Yovanovich, sagte aus, dass die Ukraine „mit ihrer enormen Landmasse und großen Bevölkerung das Potenzial hat, ein bedeutender Kraftmultiplikator in Sicherheitsfragen zu sein... Heute ist die Ukraine ein Schlachtfeld im Wettstreit der Großmächte, mit einem heißen Krieg um die Kontrolle des Territoriums und einem hybriden Krieg um die Kontrolle der ukrainischen Führung.“

Zur Zeit des Amtsenthebungsverfahrens zogen sich die Vereinigten Staaten aus dem INF-Vertrag über den Abbau nuklearer Mittelstreckensysteme zurück und entwickelten solche Atomwaffen, die von Osteuropa oder der Ukraine aus russisches Gebiet erreichen könnten. Der Ausstieg aus dem INF-Vertrag war ein entscheidendes Element der Vorbereitungen der USA auf den „Wettstreit der Großmächte“, der in der nationalen Sicherheitsstrategie 2018 als „Hauptanliegen der nationalen Sicherheit der USA“ bezeichnet wird.

Bidens aktuelle Ausführungen machen deutlich, dass die militärische Unterstützung für die Ukraine 2021 erheblich ausgeweitet wurde. Die USA gewährten der Ukraine „mehr Militärhilfe als je zuvor“.

Ein weiterer entscheidender Wendepunkt war die strategische Partnerschaft zwischen den USA und der Ukraine, die am 1. September 2021 verkündet wurde. Die USA erklärten aus diesem Anlass, dass sie „die versuchte Annexion der Krim durch Russland niemals anerkennen“ würden und „beabsichtigen, die Bemühungen der Ukraine zur Abwehr einer bewaffneten Aggression zu unterstützen“. Mit der strategischen Partnerschaft wurde die im März 2021 in einem ukrainischen Strategiedokument kodifizierte Doktrin gebilligt, dass die Ukraine die Krim und den Donbass „zurückerobern“ sollte, notfalls mit Gewalt.

Bei der Bekanntgabe der „strategischen Partnerschaft“ wies das Weiße Haus darauf hin, dass „die Vereinigten Staaten seit 2014 2,5 Milliarden Dollar für die Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte bereitgestellt haben, davon allein in diesem Jahr mehr als 400 Millionen Dollar“.

Während die USA weiterhin Milliarden in Waffenlieferungen an die Ukraine steckten, veröffentlichte Russland im vergangenen Dezember eine Reihe von Forderungen nach Sicherheitsgarantien. Unter anderem wurde verlangt, dass die Ukraine nicht Mitglied der Nato werden dürfe. In anschließenden Interviews erklärte der russische Präsident Wladimir Putin, dass die Aufnahme der Ukraine in die Nato einen Krieg unausweichlich machen würde.

Als sich die Regierung Biden weigerte, auf Russlands Forderungen nach Sicherheitsgarantien einzugehen, ließ Russland dieser Warnung Taten folgen. Im Dezember 2021 hatte Biden ausdrücklich erklärt: „Ich lasse mir von niemandem roten Linien vorgeben.“

Diese Vorgeschichte erklärt die Gewissheit, mit der das Weiße Haus den Einmarsch Russlands in die Ukraine vorhersagte. So sagte Biden am 20. Januar 2022: „Ich vermute, dass er einmarschieren wird. Er muss etwas tun.“ Wenn Biden zu dieser präzisen Vorhersage in der Lage war, dann deshalb, weil seine Regierung auf eben diesen Ausgang hingearbeitet hatte.

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