Bundeshaushalt 2025: Ein vom Kapital diktierter Kriegshaushalt

Am Mittwoch, den 17. Juli, hat das Bundeskabinett den neuen Haushalt 2024 abgesegnet, der nach der Sommerpause im Parlament diskutiert und bis November beschlossen werden soll.

Der neue Haushalt soll laut seinen Architekten, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dafür sorgen, dass „Deutschland ein wichtiger Stabilitätsanker in Europa bleibt“. Er soll „die eigene Verteidigungsfähigkeit und die seiner Bündnispartner“ stärken und „die Ukraine solange wie nötig unterstützen“.

Tatsächlich ist es ein vom Kapital diktierter Kriegshaushalt, den die Arbeiterklasse bezahlen wird. Er ist die Antwort der herrschenden Klasse auf die tiefe kapitalistische Krise und die Eskalation des Krieges, sowohl in der Ukraine gegen Russland als auch im Nahen Osten.

Es genügt, darauf hinzuweisen, dass für Bundeswehr und Aufrüstung über 53 Milliarden und für die innere Sicherheit weitere Milliarden vorgesehen sind, während – wie Lindner prahlt – die Schuldenbremse eingehalten wird. Gleichzeitig wird der um knapp acht Milliarden verminderte Haushalt das Bürgergeld kürzen und die versprochene Kindergrundsicherung auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben, während das Kindergeld gerade mal um 5 Euro (!) angehoben wird.

Bundeskanzler Scholz beim Truppenbesuch in Litauen [Photo by Bundesregierung/Bergmann]

Der Verteidigungsetat steigt in diesem Jahr um 1,25 Milliarden Euro auf 53,25 Milliarden Euro. Tatsächlich wendet die Regierung für Aufrüstung und Krieg aber weit mehr auf. So heißt es in einer Übersicht der Regierung zum Haushalt, dass „unter Einbezug der relevanten Anteile anderer Einzelpläne“ die Nato-Zielgröße von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht wird. Bei einem BIP von 4,122 Billionen Euro sind dies mindestens 82,4 Milliarden Euro.

Vermutlich ist die Summe sogar weit größer, denn schon bisher brüstet sich Scholz bei der Nato mit Verteidigungsausgaben in Höhe von 90 Milliarden Euro. Schon im laufenden Jahr gibt die Regierung zusätzlich zum reinen Verteidigungsetat noch „verteidigungsrelevante Ausgaben“ in Höhe von 14 Milliarden Euro aus anderen Haushaltsbereichen an. Weitere Projekte über 20 Milliarden Euro werden aus dem Bundeswehr-Sonderfonds gespeist. Hinzu kommt die Militärhilfe für die Ukraine, die aktuell mit 4 Milliarden Euro im Haushalt für 2025 veranschlagt wird. In diesem Jahr plant die Regierung, Kiew mit 7,48 Milliarden Euro zu unterstützen.

Im Jahr 2028, wenn der Bundeswehr-Sonderfonds voraussichtlich erschöpft sein wird, soll der Verteidigungshaushalt um einen riesigen Zuwachs von fast 30 Milliarden Euro auf rund 80 Milliarden Euro ansteigen.

Dies alles ist den militärischen Führungskräften und Kriegsgurgeln nicht genug. „Das Ergebnis ist nicht so, wie wir es uns vorgestellt haben“, schreiben Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Generalinspekteur Carsten Breuer in einem internen Tagesbefehl an die Truppe. Insbesondere sind sie unzufrieden, dass der Zuwachs gegenüber diesem Jahr nur 1,25 Milliarden Euro (und nicht, wie gefordert, 6,7 Milliarden Euro) beträgt.

Allerdings bestätigen auch Pistorius und Breuer in ihrem Brief, wie Der Spiegel schreibt, dass schon jetzt „die Einsatzbereitschaft absolute Priorität genieße und ähnlich wie Übungen und Manöver ‚von Einsparungen im Haushaltsvollzug 2025 ausgenommen‘ seien“.

Es passt ins Bild, dass Pistorius aktuell ausgewählte Bundeswehrstandorte im Land bereist. Dabei lässt er keinen Zweifel daran, dass die Aufrüstungs- und Kriegsoffensive in allen Dimensionen unvermindert weitergehen wird. Am Donnerstag besuchte er das 2021 im niederrheinischen Uedem etablierte Weltraumkommando und kündigte an, es weiter auszubauen. „Wir brauchen militärische Kontrolle für den Satellitenbetrieb und wir müssen uns stärker aufstellen im Weltraum“, so Pistorius.

Am gleichen Tag besuchte er den Fliegerhorst Büchel, das Zentrum der Luftwaffe, wo auch die in Deutschland stationierten US-Atomwaffen lagern. Bei der Vorbereitung auf die von der Bundeswehr bestellten nuklearwaffenfähigen F-35 Kampfjets liege man „bislang komplett im Zeitplan“, prahlte Pistorius. „In nie dagewesener Geschwindigkeit“ mache man „den Standort hier fit“.

Auf eine Frage der Medien, ob der von ihm als zu niedrig befundene Militäretat irgendeine Auswirkung auf die Beschaffung der F-35 habe, antwortete er: „Es wird keine Auswirkungen haben, weil diese Vorhaben durchfinanziert sind, bis zum Ende durchfinanziert sein werden, und deswegen hat es überhaupt keinen Einfluss.“

Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass der neue Militärhaushalt im Zuge der Bundestagsdebatte noch weiter aufgebläht werden wird. „Ich habe das Ziel nicht aufgegeben, dass wir im nun anstehenden parlamentarischen Verfahren noch mehr Mittel dazu bekommen“, versicherte Pistorius den Zeitungen Rheinische Post und General-Anzeiger. Er bleibe bei seinen „Zahlen, damit die Soldatinnen und Soldaten den Anforderungen der kommenden Jahre im Interesse unserer aller Sicherheit gerecht werden können.“

Wie die WSWS  bereits erklärt hat, präsentiert die Ampel-Koalition für das kommende Jahr „einen Spar- und Kriegshaushalt, der die arbeiterfeindliche und militaristische Agenda der Regierung weiter verschärft“. Gleichzeitig verrät der neue Bundeshaushalt die Handschrift von Lobbyisten aus den Topetagen der deutschen Banken und Konzerne.

Dies zeigt sich nicht nur in den Sparmaßnahmen über rund 8 Milliarden Euro, um die Schuldenbremse einzuhalten, oder in der konsequenten Weigerung, milliardenschwere Superreiche und Topkapitalisten stärker zu besteuern. Auch ihre „Lösung“ für die Rentenkrise trägt die Handschrift des Finanzkapitals.

Um die Rente weiter zu finanzieren, investiert die Ampel-Koalition 12,36 Milliarden in eine neue „Stiftung Generationenkapital“ und will diese Investitionen fortan jedes Jahr um drei Prozent erhöhen. Der aus Steuergeldern stammende Betrag soll am Kapitalmarkt „renditeorientiert“ angelegt werden. Damit will die Regierung bis Mitte der 2030er Jahre „einen Kapitalstock mit einem Gesamtvolumen von 200 Milliarden Euro“ aufbauen, wie Lindner erklärte, um jährliche Ausschüttungen an die gesetzliche Rentenversicherung zu finanzieren.

Dieser „Paradigmenwechsel“ soll die Regierung künftig davon befreien, die umlagefinanzierte gesetzliche Rente mit größeren Beiträgen aus dem Haushalt abzusichern. Es ist bezeichnend, dass die Ampel vor den Risiken der Kursschwankungen und selbst Börsencrashs wie 2008 die Augen völlig verschließt.

Auch in der Klimafrage wird der durch und durch reaktionäre Charakter des Haushalts deutlich. Die Regierung will sich mehr und mehr aus der Förderung erneuerbarer Energie zurückziehen, „sobald der Strommarkt ausreichend flexibel“, d.h. rentabel sei. Um die Kosten für diese Förderung schon kurzfristig zu senken, will die Bundesregierung vom 1. Januar 2025 an die Schwelle, ab der die erneuerbaren Energien ihren Strom selbst vermarkten müssen, stark absenken.

Es ist klar, dass Aufrüstung, Rücksicht auf Superreiche und die Einhaltung der Schuldenbremse zwangsläufig auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung und der Umwelt gehen. Insbesondere werden die sozial Schwachen ins Visier genommen.

Noch sind nicht alle Einsparungen, die mit der 8-Milliarden-Kürzung gegenüber dem Haushalt 2024 einhergehen, im Detail bekannt. Sie werden die Sozialhilfe, den Pflegebereich, das Wohnungswesen, die Infrastruktur, den Umweltschutz und den Klimaschutz empfindlich treffen.

Im Sozialbereich ist der Plan durchgesickert, 2,6 Milliarden Euro am Bürgergeld einzusparen. In diesem Zusammenhang sollen die Zumutungen für Arbeitslose verschärft werden. Dazu haben Scholz, Lindner und Habeck ein geradezu gehässiges „Einigungspapier“ verfasst. Demnach soll es künftig zumutbar sein, drei Stunden am Tag zu pendeln, um eine Arbeit aufzunehmen. Arbeitslose sollen gezwungen werden, jede Arbeit im Umkreis von 50 Kilometern aufzunehmen.

Wer das ablehnt oder sich anderweitig unkooperativ verhält, dem soll das Jobcenter künftig das Bürgergeld teilweise oder ganz entziehen. Damit sollen im Haushalt 900 Millionen Euro eingespart werden. Bei den bisher schon unterfinanzierten Jobcenter-Filialen sollen 1,6 Milliarden Euro eingespart werden.

Von der geradezu provokativen Absicht, den Kindersofortzuschlag und das Kindergeld um jeweils 5 Euro anzuheben, lenkte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) mit der Bemerkung ab, dies sei zusammen mit einigen weiteren Maßnahmen als „Vorbereitung für den ersten Schritt zur Kindergrundsicherung“ zu verstehen.

Wie die WSWS dazu schrieb, sind die Maßnahmen im Haushaltsentwurf „nicht einmal der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein.“ An der unhaltbaren Situation von Millionen werden sie jedenfalls nichts verbessern. In Deutschland ist mittlerweile fast jedes vierte Kind arm oder armutsgefährdet, und auch die Rentnerarmut steigt ständig, während sich am anderen Ende der Skala immer mehr Superreichen tummeln.

Natürlich sind sich die Regierung und die herrschende Klasse darüber bewusst, dass ihre Kriegspolitik und die damit verbundenen heftigen sozialen Kürzungen den Widerstand der Arbeiterklasse provozieren. Das ist der Grund, warum die Ampel-Regierung den staatlichen Unterdrückungsapparat weiter aufrüstet.

Um die „Innere Sicherheit“ zu stärken, sollen über eine Milliarde Euro zusätzlich an die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe fließen. Allerdings werden sie an anderer Stelle im Bereich „Integration und Migration“ eingespart, wo die Ampel das Geld für Sprach- und Integrationskurse für Zuwanderer von 1,1 Milliarden Euro auf 500 Millionen Euro mehr als halbieren will.

Wie der neue Haushaltsentwurf zeigt, tut die Ampel alles in ihrer Macht Stehende, um sich gegen einen drohenden sozialen Aufstand zu wappnen, indem sie nicht nur den Staatsapparat aufrüstet, sondern auch die AfD durch ihre einwandererfeindliche Politik stärkt und unterstützt. Um Armut und soziale Ungleichheit zu bekämpfen und die Hinwendung der herrschenden Klasse zu Faschismus und Krieg zu stoppen, müssen Arbeiterinnen und Arbeiter sich unabhängig und international zusammenschließen und für ein sozialistisches Programm kämpfen.

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