Die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich bereiten sich darauf vor, in Kürze anzukündigen, dass sie der Ukraine den Abschuss von Nato-Waffen tief in russisches Hoheitsgebiet erleichtern werden, was die bisher größte Eskalation des Krieges mit Russland darstellt.
Innerhalb weniger Tage nach der Ankündigung könnten Langstreckenraketen, die von den Nato-Mächten hergestellt und mit Zieldaten aus den Nato-Ländern versehen wurden, auf russische Städte niedergehen und damit eindeutig die in der russischen Militärdoktrin festgelegte Schwelle für einen Vergeltungsschlag mit Atomwaffen überschreiten.
Anfang dieser Woche feuerte die Ukraine ihre bisher größte Salve explosiver Drohnen auf russisches Territorium ab, was zu einem ersten Todesopfer in der russischen Hauptstadt Moskau und zur Zerstörung dutzender Häuser führte.
Der russische Präsident Wladimir Putin kommentierte die erwarteten Ankündigungen der Nato-Vertreter mit den Worten: „Wenn diese Entscheidung getroffen wird, bedeutet das nichts anderes als die direkte Beteiligung der Nato-Länder, der USA und der europäischen Länder, am Konflikt in der Ukraine.“
Er fügte hinzu: „Ihre direkte Beteiligung verändert natürlich das Wesen, die Natur des Konflikts erheblich.“
Innerhalb des russischen politischen Establishments mehren sich die Forderungen nach einem Vergeltungsschlag Russlands gegen die Nato-Mächte, auch mit Atomwaffen.
Am Mittwoch gab der ehemalige Kreml-Berater Sergej Karaganow der Tageszeitung Kommersant ein Interview, in dem er das Land dazu aufforderte, auf den Einsatz von Atomwaffen als Reaktion auf Nato-Angriffe vorbereitet zu sein. „Es ist höchste Zeit, dass wir erklären, dass wir bei massiven Angriffen auf unser Territorium das Recht haben, mit einem Atomschlag zu antworten“, sagte er.
Die USA und ihre Nato-Verbündeten handeln mit erschütternder Rücksichtslosigkeit. Die Nato-Mächte haben ihr Vorgehen mit der lapidaren Behauptung gerechtfertigt, Putin werde keine Vergeltung für das Vorgehen der USA üben.
Am Montag hatte eine Gruppe führender Republikaner des Repräsentantenhauses ein Schreiben an Präsident Joe Biden veröffentlicht, in dem sie die Aufhebung aller verbleibenden Beschränkungen für den Einsatz der von der Nato bereitgestellten Waffen durch die Ukraine fordern. In dem Schreiben heißt es, dass die „Bedenken hinsichtlich einer Eskalation […] seit dem ersten Tag des Krieges durchweg entkräftet“ worden seien. Weder der Einsatz von Waffen, die von den USA für den Einsatz in Russland bereitgestellt wurden, noch der militärische Einmarsch der Ukraine in die russische Region Kursk – die erste ausländische Besetzung russischen Territoriums seit dem Zweiten Weltkrieg – haben eine russische Eskalationsreaktion ausgelöst“, hieß es.
Diese Argumente halten selbst der einfachsten Prüfung nicht stand. Warum sollte die Tatsache, dass Russland in der Vergangenheit auf kleinere Provokationen keine Vergeltungsmaßnahmen ergriffen hat, bedeuten, dass es auf größere Provokationen in Zukunft nicht reagieren wird? Tatsächlich könnte das Ausbleiben einer Reaktion in der Vergangenheit den Druck auf Putin erhöhen, in gleicher Weise zu eskalieren.
Biden hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin einen „mörderischen Wahnsinnigen auf dem Vormarsch“ genannt. Aber warum sollte man von einem „wahnsinnigen“ Präsidenten erwarten, dass er auf Angriffe auf seine Städte mit Zurückhaltung und Mäßigung reagiert?
Als die Sowjetunion während der Kubakrise im Oktober 1962 Atomwaffen auf Kuba stationierte, erklärte US-Präsident John F. Kennedy, dass es „die Politik dieser Nation sein wird, jede von Kuba aus gegen eine Nation in der westlichen Hemisphäre abgefeuerte Atomrakete als einen Angriff der Sowjetunion auf die Vereinigten Staaten zu betrachten, der eine umfassende Vergeltungsmaßnahme gegen die Sowjetunion erfordert.“
Was hält Putin davon ab, Kennedys Worte an Biden zu wiederholen? „Es wird die Politik dieser Nation sein, jede Rakete, die von der Ukraine aus gegen irgendeine Nation in der östlichen Hemisphäre abgefeuert wird, als einen Angriff der Vereinigten Staaten zu betrachten, der eine umfassende Vergeltungsreaktion gegen die Nato-Allianz erfordert.“
Das Vorgehen der Nato-Mächte hat in der Tat ein Element der bewussten und absichtlichen Provokation.
Russland scheint kurz vor einem bedeutenden militärischen Durchbruch im Donbass zu stehen und startet eine neue Offensive gegen ukrainische Truppen in Charkiw. Angesichts des wachsenden innenpolitischen Widerstands in der Ukraine gegen den Krieg droht die gesamte Ostfront ohne ein substantielles Eingreifen der Nato zusammenzubrechen.
Nur zwei Monate vor den entscheidenden US-Präsidentschaftswahlen versuchen die USA und die Nato-Mächte, „Fakten zu schaffen“, die eine Eskalation des Krieges unabhängig vom Ausgang der Wahlen erzwingen würden.
Der eskalierende Ausbruch des US-Militarismus wird durch die sich vertiefende und lang anhaltende Krise der globalen wirtschaftlichen Vorherrschaft der USA erzwungen. Der Goldpreis – ein Indikator für die Besorgnis über die Zukunft des Dollars – ist gegenüber dem US-Dollar im letzten Monat um drei Prozent, in den letzten sechs Monaten um fünfzehn Prozent, im letzten Jahr um dreißig Prozent und in den letzten fünf Jahren um fast siebzig Prozent gestiegen.
Währenddessen steigt die US-Staatsverschuldung weiter an und erreicht 35,3 Billionen Dollar. Die Vereinigten Staaten zahlen jetzt täglich drei Milliarden Dollar an Zinsen allein für die Bundesschulden.
Eine erhebliche Abwertung des Dollars würde es unmöglich machen, diese massiven Schulden zusammen mit den Schulden der großen US-Unternehmen zurückzuzahlen.
Mit anderen Worten: Die Sicherung der globalen Hegemonie mit allen Mitteln ist eine verzweifelte und existenzielle Frage für den US-Imperialismus, und Washington ist jedes Mittel recht, um sie zu sichern.
Wie Vizepräsidentin Kamala Harris während der Präsidentschaftsdebatte in dieser Woche sagte, bedeutet „Amerikas Ansehen in der Welt zu erhalten, […] sicherzustellen, dass wir die tödlichste Kampftruppe der Welt haben.“
Der Krieg mit Russland ist Teil eines globalen Vorhabens, die Welt unter der Vorherrschaft der USA neu zu ordnen; dazu gehören der Völkermord im Gazastreifen und der Krieg mit dem Iran im Nahen Osten sowie die Vorbereitungen für einen Krieg mit China. Im Zuge dieses irrwitzigen Strebens nach globaler Vorherrschaft ist der amerikanische Imperialismus bereit, das Leben von Millionen von Männern, Frauen und Kindern in allen Ländern der Welt zu opfern.
Dieser eskalierende globale Krieg muss gestoppt werden! Die Schrecken des 20. Jahrhunderts, einschließlich des Einsatzes von Atomwaffen, dürfen sich nicht wiederholen!
Der Krieg geht mit einem verstärkten Angriff auf die sozialen Rechte der Arbeiterklasse im eigenen Land einher. Die Arbeiter müssen sich dem Bestreben widersetzen, sie für die Kriegstreiberei bezahlen zu lassen, und dafür kämpfen, den Kampf für Arbeitsplätze und Löhne mit dem Kampf gegen den globalen imperialistischen Krieg zu vereinen.