Brüssel: Massenprotest gegen Schließung von Audi-Werken in Belgien

Zehntausende demonstrierten am Montag in Brüssel gegen die Pläne von Audi, das belgische Werk in Vorst zu schließen. Der Mutterkonzern VW baut im Zuge einer weltweiten Umstrukturierung der Automobilindustrie zehntausende Arbeitsplätze ab. Der soziale Unmut ist groß angesichts der Tatsache, dass sich Audi bei jährlich über 6 Milliarden Euro Gewinn darauf vorbereitet, tausende Arbeiter zu entlassen. Beschäftigte aus der Automobilindustrie, der Metallverarbeitung, dem Lkw-Verkehr, dem Bildungswesen und anderen Branchen schlossen sich dem Protest an, und die Beschäftigten des Brüsseler Nahverkehrs streikten aus Solidarität.

Arbeiter des deutschen Automobilherstellers Audi protestieren in der Innenstadt der belgischen Hauptstadt Brüssel gegen die drohenden Massenentlassungen, 16. September 2024 [AP Photo/Sylvain Plazy]

Nach einem Gewinn von 6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr plant Audi, Belgien zu verlassen, während die Automobilhersteller in ganz Europa zehntausende Arbeitsplätze vernichten. Anfang September legten die Beschäftigten im Werk Vorst bei Brüssel die Arbeit nieder und beschuldigten die Audi-Geschäftsführung und Gewerkschaftsvertreter, gemeinsam Pläne für eine Werksschließung zu verbergen. Die Gewerkschaftsbürokratien arbeiten daran, einen Kampf gegen den Stellenabbau zu sabotieren; sie kündigten kurz vor der Kundgebung an, dass die Beschäftigten die Arbeit „auf freiwilliger Basis“ wieder aufnehmen sollten.

Die drei großen belgischen Gewerkschaften und pseudolinken Parteien, darunter die maoistische Belgische Arbeiterpartei (PTB), veranstalteten die Kundgebung und unterstützten Shawn Fain, den Chef der korrupten Gewerkschaftsbürokratie der United Auto Workers (UAW) in den Vereinigten Staaten. Fain unterstützte die belgischen Gewerkschaften und warb in einem auf der PTB-Website veröffentlichten Video für den „Aufstehstreik“, mit dem er im vergangenen Jahr einen Ausverkaufsvertrag gegen die US-Autoarbeiter durchsetzte, unter dem Motto: „Die Industrie gehört uns! Lasst uns am 16. September auf die Straße gehen.“

Die belgischen Gewerkschaften spiegelten dieselbe nationalistische, pro-imperialistische Politik der UAW-Bürokratie wider, die US-Präsident Joe Biden als seine „Nato im Inneren“ gefeiert hat. Sie versuchten, die explosive soziale Wut zu unterdrücken, indem sie die reaktionäre Linie propagierten, dass EU-Rettungspakete für Unternehmen verwendet werden sollten, um die Automobilindustrie entlang der EU-Pläne zum Aufbau einer „Kriegsindustrie“ für den Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine umzustrukturieren.

Im offiziellen Flugblatt der PTB für die Kundgebung forderte der PTB-Funktionär Nabil Boukili, „Werksschließungen zu untersagen, bis es einen alternativen Industrieplan gibt: entweder die Herstellung eines anderen Modells des Unternehmens oder den Verkauf des Standorts“ an einen anderen Käufer. Weiter rief er dazu auf, dass „das politische Establishment reagieren muss“, und schürte so Illusionen über die Rolle der EU und der belgischen herrschenden Klasse.

Auf der Kundgebung erklärten Arbeiter gegenüber einem WSWS-Reporterteam, das aus Frankreich und Deutschland angereist war, dass sie einen europäischen und internationalen Kampf der Belegschaften gegen die globale Umstrukturierung der Autoindustrie unterstützen, die von den europäischen Regierungen betrieben wird.

Die WSWS sprach mit Mario und seinen Kollegen aus der Metallindustrie, die aus Solidarität mit den Audi-Arbeitern aus Charleroi nach Brüssel angereist sind. Sie waren entlassen worden, als Caterpillar Werke in Peoria (Illinois) in den Vereinigten Staaten und in Belgien schloss. Jetzt bei Audi, sagten sie: „Die Arbeit wurde erledigt, das Unternehmen machte Gewinne. Aber sie wollen immer mehr, immer mehr. Das ist die Gesellschaft, wie sie von der Finanzwelt geführt wird... Es ist die Regierung, die transnationalen Konzerne, die das wollen.“

Den Audi-Arbeitern „wurde gesagt, dass Elektroautos ihnen Arbeit geben würden, dass sie viele Aufträge bekommen würden und so weiter. Aber plötzlich funktioniert das nicht mehr, weil jeder merkt, dass Elektroautos wirklich nicht billig sind“, fügten sie hinzu. „In der Gegend von Charleroi haben viele Menschen ihre Arbeit verloren, viele Unternehmen der Automobilbranche verschwinden jetzt. Es gibt immer weniger von ihnen... Die Autokrise ist in jedem Sektor zu finden, bei Marken aus Frankreich, Deutschland, überall.“

Sie wandten sich entschieden gegen die Pläne der EU, die Industrie für den Krieg umzustrukturieren, den EU und der Nato in der Ukraine gegen Russland führen: „Wer wird wirklich für den Krieg bezahlen? Es ist der Soldat, auf den geschossen wird, während diese Leute an einem Tisch sitzen und sich unterhalten und in Sicherheit sind... Auf der anderen Seite wollen die Russen auch leben, sie wollen keine Bomben, die auf ihren Köpfen landen, und wir auch nicht. Wir wollen keine Schrecken vor unserer Haustür, dafür wollen wir nicht arbeiten. Arbeiter sollten keine Rädchen in der Kriegsmaschinerie sein“.

Ein anderer Arbeiter stimmte den WSWS-Reportern zu, dass die Audi-Arbeiter und die Automobilarbeiter in Europa im Allgemeinen gemeinsam zum Kampf mobilisiert werden müssen: „Ihnen wurden alle möglichen wunderbaren Dinge versprochen, aber letztendlich fallen die Versprechungen über Arbeitsplätze in sich zusammen. Und sie sind nicht die Einzigen. Es gibt viele kleine Unternehmen, in denen die Bosse die Zukunft der Arbeiter angreifen, wann immer sie wollen... In Deutschland sind die Lohnbedingungen nicht die gleichen. Die Löhne sind ganz klar niedriger. Ich denke, dass auch die deutschen Arbeiter ihre Unzufriedenheit äußern müssen.“

Er betonte auch die Klassenkluft zwischen Arbeitern und der Gewerkschaftsbürokratie, die mit dem Audi-Management, dem belgischen kapitalistischen Staat und der EU zusammenarbeitet: „Ein einfacher Arbeiter arbeitet, um zu leben. Aber die da oben leben von der Arbeit der anderen. Und das macht wirklich einen enormen Unterschied.“

Toto, der bei einem Industriezulieferer arbeitet, lehnte die massive Zunahme der sozialen Ungleichheit ab, die durch die Verhandlungen der Gewerkschaftsbürokratien mit den Autoherstellern und den EU-Institutionen erzeugt werde. „Das ist mehr für die Bosse, die immer mehr Gewinne machen, und was passiert dann? Die Menschen, d.h. die Arbeiter werden immer ärmer“, sagte er und fügte hinzu: „Ganz Europa sollte mobilisiert werden, nicht nur hier in Belgien. Heute befindet sich die europäische Hauptstadt in Brüssel, und so findet alles hier statt. Aber es stimmt, ich denke, Europa sollte sich mobilisieren und ein bisschen mehr aufwachen.“

Zur Rolle der Gewerkschaftsbürokratien fügte er hinzu: „Ich denke, sie sind selbst schon Kapitalisten in ihren Büros, ich denke, dass sie sich davon vielleicht nicht so betroffen fühlen.“

Ahmed, ein LKW-Fahrer, stimmte den WSWS-Reportern zu, die sagten, dass die Arbeiter den Wohlstand schaffen, die Macht haben und den Stellenabbau stoppen können, indem sie den Bossen die Kontrolle über die Industrie abnehmen. Ahmed sagte: „Ohne Arbeiter haben sie nichts. Deshalb gehen sie in Länder wie China. Denn dort gibt es Arbeit, es gibt viele Menschen und die Preise sind sehr niedrig.“

Er wandte sich gegen die Kriegspläne der EU und wies darauf hin, dass der Nato-Krieg gegen Russland zu einem Anstieg der Energiepreise und einem Rückgang der Arbeit geführt habe, der ihn 500 Euro pro Monat koste. Er prangerte die Unterstützung der EU und der USA für Israels Völkermord in Gaza an: „Mein Herz ist gebrochen, und ich kann nichts dagegen tun, außer Gott um Hilfe zu bitten. Israel ist sehr mächtig. Viele Menschen bemerken das nicht. Israel wird von IWF und Weltbank und der Regierung der Vereinigten Staaten unterstützt... Die Europäische Union ist wie ein Hund. Sie folgt ihrem Herrn, um ehrlich zu sein.“

Während Ahmed die US-amerikanischen und israelischen Regierungen vehement ablehnte, betonte er, sich mit kämpfenden Arbeitern überall solidarisch zu fühlen: „Natürlich mit jedem Arbeiter, ohne einen Unterschied zu machen, in welchem Land... mit jedem, sogar in Israel. Viele Leute sagen einfach, okay, Muslime hassen Israel oder Juden. Aber ich habe nie Juden gehasst, denn Juden und Muslime haben immer zusammengearbeitet und zusammengelebt. Ich denke, das Problem sind die Zionisten, sie sind das größte Problem und die größte Bedrohung für die Menschheit.“

„Wir haben die Macht. Wir können sie nutzen. Aber die meisten Leute organisieren sich nicht, das ist das Problem“, sagte Ahmed und bemerkte seine Enttäuschung über die PTB. „Ich wollte Mitglied einer politischen Partei sein, aber ich habe den Glauben verloren... Vor dreißig Jahren haben sie viele Dinge versprochen, aber als es soweit war, sagten sie: ‚Wir können es nicht tun. Wir müssen eine Koalition mit anderen Parteien bilden.‘“

Um den Widerstand gegen die Angriffe auf die Autoarbeiter in einem gemeinsamen Kampf zu mobilisieren und zu vereinen, ist es notwendig, unter Autoarbeitern in ganz Europa Aktionskomitees zu bilden, die von den Gewerkschaftsführungen unabhängig sind und die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees aufzubauen. Nur solche Organisationen können die Zusammenarbeit der Gewerkschaftsbürokratien mit den Arbeitgebern und dem Staat überwinden. Dies erfordert auch einen Kampf für Sozialismus, um die Kriegspläne der imperialistischen Mächte zu stoppen und die Industrie unter die demokratische Kontrolle der Arbeiter zu stellen.

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