MERA25-Bundestagskandidatin wegen Solidarität mit Palästina gekündigt

Screenshot des X-Profils von Melanie Schweizer

Am 28. Februar wurde die MERA25-Bundestagskandidatin Melanie Schweizer in Folge einer politischen Schmähkampagne vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gekündigt und aus dem Beamtenstatus entlassen. Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) hat klar dokumentierte Differenzen mit MERA25. Die Entlassung von Schweizer stellt jedoch einen massiven Angriff auf grundlegende demokratische Rechte dar, den wir aufs Schärfste verurteilen.

Schweizer war verbeamtete Juristin und arbeitete als Referentin im Arbeitsministerium. Bei der diesjährigen Bundestagswahl kandidierte sie für MERA25 auf der Berliner Landesliste und als Direktkandidatin in Berlin Mitte. Auslöser der Hetzkampagne, die zur Kündigung Schweizers führte, war ein Tweet vom 6. Dezember in dem sie der Zionistin Malca Goldstein-Wolf eine „Diffamierungskampagne“ vorwarf, weil diese den renommierten Journalisten Georg Restle auf Grund seiner Kritik an Netanjahus Krieg als Antisemit bezeichnete.

Daraufhin recherchierte Goldstein-Wolf offenbar Schweizers Beruf und als sie herausfand, dass diese für das Bundesarbeitsministerium arbeitet, machte sie dies auf Twitter bekannt und initiierte eine Hetzkampagne gegen sie. Hunderte zionistische Trolle verbreiteten daraufhin übelste Verleumdungen gegen Schweizer und verlangten vom Bundesarbeitsministerium, sie zu kündigen.

Auch die Medien stiegen sofort in die Hetzkampagne ein. Am 11. Dezember titelte die Bild-Zeitung mit „Heil schockiert! Mitarbeiterin verbreitet übelsten Israel-Hass“ und ging so weit, Schweizer Holocaust-Verharmlosung vorzuwerfen.

Schweizer wurde daraufhin zu einem Personalgespräch eingeladen, im Januar suspendiert und schließlich im Februar fristlos aus ihrem Beruf und dem Beamtenverhältnis entlassen. Zeitgleich wurde in der heißen Phase des Wahlkampfs ihr LinkedIn-Account ohne Begründung gesperrt.

In dem offiziellen Entlassungsschreiben wird ihr u.a. vorgeworfen, dass sie im Dienst Ohrringe in Form von Wassermelonen getragen habe, was als politisches Symbol gilt. Einige Mitarbeiter hätten erklärt, nicht mehr mit Schweizer zusammenarbeiten zu wollen und ihre politische Gesinnung hätte damit Auswirkungen auf den Dienst. Zudem hätte sie mit ihren Äußerungen auf Twitter gegen das „Mäßigungsgebot“ für Beamte verstoßen.

Schweizer erklärte, dass es zuvor nie Vorwürfe hinsichtlich ihrer Dienstausführung gegen sie gegeben habe. Zudem hätte sie auch bereits vor dem 7. Oktober das Thema Palästina öfters mit Kollegen angesprochen.

Die Entscheidung Schweizer zu kündigen und die dazugehörige Begründung sind ein weitgehender Angriff auf grundlegende demokratische Rechte. Schweizer hat ihre politischen Aussagen nicht in ihrem Dienst getätigt, sondern als Kandidatin für die Bundestagswahl. MERA25, für die sie kandidierte, ist eine Partei, die vom ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis gegründet wurde. Die Partei stellt in ihrem Programm und in ihrer Praxis die kapitalistische Ordnung nicht in Frage. Schweizers Verurteilung des Völkermords in Gaza entspricht den Einschätzungen zahlreicher UN-Institutionen und anderen Menschenrechtsorganisationen. Von einem Verstoß gegen das „Mäßigungsgebot“ kann daher in keiner Weise gesprochen werden.

Vielmehr sollen mit dem Vorgehen gegen Schweizer alle eingeschüchtert und kriminalisiert werden, die die Kriegs- und Völkermordspolitik verurteilen. Selbst Bundestagskandidaten einer bürgerlichen Partei werden aus dem Amt entfernt, wenn sie es wagen, den israelischen Genozid an den Palästinensern und seine Unterstützung durch die Bundesregierung auch nur zu kritisieren.

Schweizers Fall ist dabei lediglich einer der prominentesten. Da die meisten dieser Entlassungen nicht an die Öffentlichkeit gelangen, gibt es dazu keine Statistiken. Laut Schweizer ist davon auszugehen, dass seit dem 7. Oktober 2023 „hunderte“ oder gar „tausende“ Genozidgegner aus politischen Gründen gekündigt wurden.

Unzählige Journalisten und Wissenschaftler wurden wegen Israel-Kritik entlassen oder ihnen wurde mit der Kündigung gedroht. In der Kunstszene müssen alle kritischen Vereine und Initiativen um die Streichung ihrer Gelder fürchten. So wurde beispielsweise bereits im November 2023 dem renommierten Kulturzentrum Oyoun sämtliche Fördergelder gestrichen, was dessen Schließung zur Folge hat. Im Mai 2024 folgten das Verbot der Palästina Solidarität Duisburg (PSDU) und die Kündigung eines ihrer führenden Aktivisten. Unmittelbar vor den Bundestagswahlen zensierten Münchner und Berliner Universitäten zudem einen Vortrag der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese.

Ein weitreichender Fall ereignete sich vor kurzem auch in München. Dort wurde der Klimaaktivistin Lisa Poettinger untersagt, Mitte Februar ihr Referendariat zur Lehramtsausbildung anzutreten, was einem Berufsverbot gleichkommt. Die Begründung, die sie dafür vom Bayerischen Kultusministerium erhielt, ist weitreichend: Unter anderem wird ihr vorgeworfen, sie habe in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung das System der „Profitmaximierung“ kritisiert und trete für den „Klassenkampf“ ein, was nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Auch wird angeführt, dass sie Mitglied der Linkspartei ist. Zusätzlich wird ihr vorgeworfen an Klimaprotesten in Lützerath teilgenommen und ein transfeindliches Plakat der AfD abgerissen zu haben.

Das Vorgehen der Bundes- und Landesbehörden ist ein deutliches Warnsignal. Vor dem Hintergrund der größten Militarisierungs- und Aufrüstungsoffensive seit Hitler, die aktuell von der herrschenden Klasse vorbereitet wird, soll jede Form der Opposition gegen Kapitalismus, Faschismus und Krieg unterdrückt werden.

Die Vorwürfe, die das Bayerische Kultusministerium gegen Poettinger erhebt, ähneln den Begründungen, mit denen der Staat und die Gerichte die Beobachtung der SGP durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtfertigen. „Marxistisches Klassendenken sowie eine Propagierung des Klassenkampfes“ und auch die „Agitation gegen angeblichen ‚Imperialismus’ und ‚Militarismus’“ seien nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Bereits 2022 warnte die SGP in einer Erklärung, dass dies die Grundlage für einen Angriff auf zahllose Organisationen und jedwede linke Opposition bereite. „Buchhändler, die marxistische Literatur verbreiten, Arbeiter, die für höhere Löhne streiken, oder Friedensaktivisten“ könnten alle „mit einem Federstrich kriminalisiert werden“, erklärten wir. Das bestätigt sich nun und unterstreicht die Dringlichkeit der Perspektive der SGP. Die Verteidigung demokratischer Rechte erfordert die Entwicklung einer unabhängigen Bewegung der Arbeiterklasse, die den Kampf gegen soziale Ungleichheit, Krieg und Diktatur mit dem Kampf gegen ihre Ursache, den Kapitalismus, verbindet.