Am kommenden Mittwoch findet am Amtsgericht Tiergarten die Hauptverhandlung gegen den rechtsradikalen Professor Jörg Baberowski wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung statt. Der Professor hatte am 30. Januar 2020 an der Humboldt-Universität Berlin große Mengen studentischen Wahlkampfmaterials zerstört, den Abgeordneten des Studierendenparlaments Sven Wurm tätlich angegriffen, ihm ein Mobiltelefon aus der Hand geschlagen und gedroht: „Soll ich Dir was in die Fresse hauen?“
Nachdem Wurm Strafanzeige gegen den Professor gestellt hatte, erließ die Staatsanwaltschaft im Juni letzten Jahres einen Strafbefehl wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung, weil die Faktenlage dank eines Videos der Gewalttat absolut eindeutig war. Der Angeklagte nahm sich daraufhin gleich zwei Anwälte – darunter den rechten Szeneanwalt Joachim Steinhöfel – und legte Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Für Mittwoch, den 27. April um 9:15 Uhr ist vor dem Amtsgericht Tiergarten in Saal 862 die öffentliche Hauptverhandlung terminiert.
„Der Prozess hat große politische Bedeutung“, erklärt Wurm gegenüber der WSWS. „Es geht darum, ob Studierende ihre Professoren sachlich kritisieren dürfen, ohne massiv bedroht und körperlich angegriffen zu werden. Als Hochschulgruppe der IYSSE haben wir die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen und die rechtsradikalen Standpunkte Baberowskis kritisiert. Das ist nicht nur unser Recht, sondern unsere Pflicht als Studierende unserer Universität“, so Wurm. „Zudem liegt ein klarer Eingriff die Autonomie der verfassten Studierendenschaft vor, denn es ging ja um die Behinderung unserer Arbeit zu den StuPa-Wahlen.“
Tatsächlich ist Baberowski schon lange dafür bekannt, Andersdenkende zu bedrohen und einzuschüchtern. Schon im Jahr 2019 hatten die beiden studentischen Senatorinnen Bafta Sarbo und Juliane Ziegler Strafanzeige gegen Baberowski gestellt, weil dieser sie öffentlich als „unfassbar dumm“ und als „linksradikale Fanatiker“ diffamiert hatte, weil sie sein geplantes „Zentrum für vergleichende Diktaturforschung“ sachlich kritisiert hatten.
Ähnlich aggressiv ging Baberowski auch gegen Kollegen vor. Als Professoren der Humboldt-Universität einen Brief an den Leiter des Lit-Verlags gegen dessen Unterschrift unter die fremdenfeindliche „Erklärung 2018“ unterzeichneten, beschimpfte Baberowski sie als „Denunzianten“, die eine Hetzkampagne betrieben, und rückte ihr Verhalten in die Nähe des Judenboykotts der Nazis, indem er sich an „finstere Zeiten“ erinnert fühlte und schrieb: „Kauft nicht beim Ausgestoßenen!“ Schließlich drohte er ihnen mit den Worten: „Die Gedemütigten und Ausgeschlossenen werden sich daran erinnern, wer sie an den Pranger gestellt hat.“
Wurm selbst und die Hochschulgruppe der IYSSE, der er angehört, hatte Baberowski zuvor mehrfach öffentlich als „Psychopathen“, „Denunzianten“, „Faschisten“, „Kriminelle“, „Geisteskranke“ und „Gewalttäter“ verleumdet.
Mit dem Angriff auf Wurm hat Baberowski diesen Verunglimpfungen und Drohungen Taten folgen lassen. Das Beweisvideo zeigt, wie der Professor zahlreiche Plakate der Hochschulgruppe IYSSE für die Wahlen zum Studierendenparlament von einer Tafel für studentische Aushänge reißt und vernichtet. Als er bemerkt, dass Sven Wurm diesen Akt des Vandalismus filmt, wird er handgreiflich und schlägt nach dem Abgeordneten des Studierendenparlaments. Er trifft dessen Hand und schlägt ihm so das Mobiltelefon aus der Hand, das auf den Boden fällt. Dann ruft er aus: „Soll ich Dir was auf die Fresse hauen?“
Auf diese Weise versuchte Baberowski, Wurm und die anderen Mitglieder der IYSSE, die seit vielen Jahren im Studierendenparlament vertreten sind, einzuschüchtern und sie an der Ausübung ihrer politischen Arbeit zu hindern. Es ist daher auch ein gravierender Eingriff in die Autonomie der verfassten Studierendenschaft, der nicht nur vom Studierendenparlament der HU, sondern auch von zahlreichen weiteren Studierendenvertretungen in Deutschland und Österreich aufs Schärfste verurteilt wurde.
Besonders heikel ist, dass Baberowski am Geschichtsinstitut lehrt, an dem Wurm gerade seinen Masterabschluss macht. Das Opfer der Attacke könnte also dem gewalttätigen Professor in einer Prüfung wiederbegegnen, von der sein weiterer Lebensweg abhängt.
Mit seiner Gewalttat versucht Baberowski, jede Kritik an seinen rechtsradikalen Positionen zu unterdrücken. Mit diesem Ansinnen war er zuvor schon zwei Mal vor Gericht gescheitert. Am 1. Juni 2017 erklärte das Oberverwaltungsgericht Köln, dass Baberowski angesichts seiner Aussagen legitimerweise als „rassistisch“, „rechtsradikal“ und „gewaltverherrlichend“ bezeichnet werden kann, woraufhin der Professor seine Klage gegen den AStA der Universität Bremen zurückzog.
Das Gericht stützte die Entscheidung auf Aussagen Baberowskis, die zuvor vom Bremer AStA zitiert worden waren. So hatte Baberowksi in Hinblick auf brennende Asylunterkünfte erklärt: „Ich glaube, angesichts der Probleme, die wir in Deutschland haben mit der Einwanderung, die jetzt gerade stattfindet, ist es ja noch eher harmlos, was wir haben.“
Mit Bezug auf den Krieg gegen Terror hatte Baberowski erklärt, dass man ihn nur mit den Mitteln des Terrors gewinnen könne: „Wenn man nicht bereit ist, Geiseln zu nehmen, Dörfer niederzubrennen und Menschen aufzuhängen und Furcht und Schrecken zu verbreiten, wie es die Terroristen tun, wenn man dazu nicht bereit ist, wird man eine solche Auseinandersetzung nicht gewinnen. Dann sollte man die Finger davon lassen.“
Im November 2017 versuchte Baberowski dann, die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP), deren Jugendorganisation die IYSSE sind, zu verklagen, weil diese einen Studenten zitiert hatte, der Baberowski „Geschichtsfälschung“ vorgeworfen hatte. Das Landgericht Hamburg wies auch diese Klage ab, weil es allein in Baberowskis Aussagen zu Hitler hinreichende Anknüpfungspunkte für diese Bezeichnung sah.
Das Gericht hatte insbesondere ein Zitat Baberowskis angeführt, das Hitler mit Stalin verglich: „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird. Stalin dagegen hat die Todeslisten voller Lust ergänzt und abgezeichnet, er war bösartig, er war ein Psychopath“, hatte Baberowski 2014 im Spiegel erklärt.
Ähnliche Verharmlosungen der Nazis und ihrer Verbrechen ziehen sich durch Baberowskis gesamtes Werk. So erklärte er in einem Text von 2007, dass die Rote Armee für die Gräueltaten des Vernichtungskriegs der Nazis verantwortlich sei: „Stalin und seine Generäle zwangen der Wehrmacht einen Krieg neuen Typs auf, der die Zivilbevölkerung nicht mehr verschonte“, schrieb Baberowski damals.
Diese Kombination aus der Verharmlosung der Nazi-Verbrechen, der Hetze gegen Flüchtlinge und des Trommelns für brutale Kriege machten Baberowski zu einer zentralen Figur der Neuen Rechten. Im Jahr 2015 gründete der Professor den „Salon Baberowski“ (Die Zeit), in dem sich mindestens halbjährlich alles trifft, was in der Szene Rang und Namen hat.
Nun agiert Baberowski nicht mehr nur als rechter Ideologe und Nazi-Apologet, sondern direkt als rechtsextremer Aktivist und Gewalttäter. Er will jeden unterdrücken und vom Campus werfen, der seine rechtsradikale Agenda kritisiert. Deshalb ist der Prozess gegen ihn von großer Bedeutung.